Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 30. März 2010
Aktenzeichen: 6 U 76/06
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 30.03.2010, Az.: 6 U 76/06)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.7.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 2 O 120/05 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche aus der Verletzung von Urheberrechten an der Software M€ und 4€.
Die Klägerin ist ein Softwarehaus. Sie ist aufgrund einer Vereinbarung vom 16.11.1999 Mitglied der O€ Cooperation GmbH, eines Unternehmensverbundes, der das Ziel hat, gemeinsame Software-Entwicklungen zu betreiben, die Vermarktung von Softwareprodukten zu verbessern und gemeinsame Einkaufsverträge abzuschließen (Bl. 333-340 d. A.). Der Geschäftsführer der Klägerin ist auch Geschäftsführer der O€ Cooperation GmbH.
Der Beklagte ist seit dem 1.7.2002 Insolvenzverwalter über das Vermögen der M€ GmbH (Schuldnerin). Die Schuldnerin ist eine der Tochtergesellschaften, über die die Konzernmutter M€ AG bundesweit Bau- und Sanitärprodukte vertrieb.
Die Klägerin gründete zusammen mit der M€ AG die M€ GmbH (M€ m), von der beide Gesellschafterinnen je 49 % Anteile hielten. Eine Minderheitsgesellschafterin war mit 2 % beteiligt. Der Geschäftsführer der Klägerin ist auch Geschäftsführer der M€m. Die M€ AG gründete ferner als Tochterunternehmen die Me€ GmbH (Me€).
Die Me€ übersandte der Schuldnerin mit Schreiben vom 20.10.2001 (Bl. 129 d. A.) EDV-Rahmenverträge mit der Bitte um Unterzeichnung. Die Me€ schloss mit der Schuldnerin unter dem 1.11./22.11.2001 einen Vertrag über ein Leistungspaket "Projekt 4€", das u. a. die Entwicklung einer 4€-Oberfläche für die bestehende M€-Anwendung zum Gegenstand hatte (Bl. 128-129 d. A.). Bei 269 Benutzern betrug die von der Schuldnerin zu zahlende Vergütung pro Jahr 73.602,83 DM zzgl. Mehrwertsteuer.
Alle Gesellschaften der M€-Gruppe stellten am 1.4.2002 Insolvenzantrag, über das Vermögen aller Gesellschaften € darunter die M€m, die Me€ und die Schuldnerin - wurde am 1.7.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 25.09.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der M€m wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes eingestellt.
Da sie von der M€m keine Zahlungen mehr erhielt, richtete die Klägerin an diese unter dem 5.6.2002 (Bl. 21 d. A.) ein Schreiben unter dem Betreff "Kündigung aller Verträge", in dem sie erklärte, mit Beendigung des operativen Geschäfts der M€m zum 30.6.2002 würden sämtliche bestehenden Miet-, Lizenz- und Wartungsverträge gekündigt.
Die M€m erhob gegen den Beklagten Klage vor dem Landgericht Düsseldorf (10 O 364/05) aus eigenem Recht und aus am 19.8.2005 abgetretenem Recht der O€ GmbH. Die M€m begehrte eine Entschädigung für die Nutzung eines unter Eigentumsvorbehalt an die Schuldnerin gelieferten und im November 2004 an die Klägerin wieder herausgegebenen Servers mit Farbmonitor sowie darauf installierter Lohnbuchhaltungssoftware in Höhe von 5.076,62 € für den Zeitraum Juli 2002 bis Oktober 2004. Diese Klage ist durch rechtskräftiges Berufungsurteil des OLG Düsseldorf vom 30.11.2006 (I-6 U 108/06, Bl. 539-551 d. A.) abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf ausgeführt, die M€m sei nicht Eigentümerin von Hard- und Software gewesen. Sie habe auch ein Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Schuldnerin nicht hinreichend dargelegt, Angebot und Auftragsbestätigung stammten von der O€ GmbH. Der M€m stünden auch keine Ansprüche aus abgetretenem Recht der O€ GmbH oder aus gewillkürter Prozessstandschaft zu. Denn es sei nicht ersichtlich, dass die O€ GmbH unter Eigentumsvorbehalt geliefert habe.
Die M€m erhob gegen den Insolvenzverwalter der M€m vor dem Landgericht Erfurt Klage (2 HKO 152/05), mit der sie die Feststellung der Vergütung von EDV-Dienstleistungen für die Zeit von Februar bis einschließlich Juni 2002 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) zur Tabelle begehrte. Außerdem beantragte sie die Verurteilung des Insolvenzverwalters der M€m zur Abtretung von vertraglichen und nachvertraglichen Ansprüchen gegen die hiesige Schuldnerin, vertreten durch den hiesigen Beklagten. Dabei verkündete sie dem Beklagten den Streit, der dem Rechtsstreit auf Seiten der M€m beitrat.
Mit am 12.10.2006 verkündetem rechtskräftigem Urteil hat das Landgericht Erfurt auf die Klage der M€m deren Forderung über 388.026,62 € zur vom Insolvenzverwalter der Me€ geführten Insolvenztabelle festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Me€ schulde der M€m aus einem mündlich abgeschlossenen Rahmenvertrag für EDV-Dienstleistungen, u. a. für die Wartung und Entwicklung sowie Lizenzierung der Programme M€ und 4€, aus der Zeit von Februar 2002 bis Juni 2002 den zur Tabelle festzustellenden Betrag.
Das Landgericht Erfurt hat die Klage abgewiesen, soweit die M€m von dem Insolvenzverwalter der Me€ die Abtretung vertraglicher oder nachvertraglicher Ansprüche wegen der Software M€ und 4€ gegen die hiesige Schuldnerin begehrt hat. Mit der Kündigung der O€ GmbH vom 5.6.2002 gegenüber der M€m habe nicht nur diese, sondern auch die Me€ ihr Nutzungsrecht verloren, das abgeleitete Nutzungsrecht der Me€ sei an die O€ GmbH heimgefallen. Vom Heimfall seien auch diejenigen Nutzungsrechte erfasst, die der Lizenznehmer an Dritte und die diese wiederum weiter übertragen hätten. Anspruchsberechtigt sei deshalb allein die O€ GmbH.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe das Softwareprogramm M€, ein komplexes Warenwirtschaftssystem mit integriertem Rechnungswesen, sowie das Softwareprogramm 4€, ein Lohn- und Gehaltsprogramm, durch eigene Mitarbeiter entwickelt. Das Programm M€ beruhe auf einer von der Klägerin entwickelten Software I€ und sei speziell für die Unternehmen der M€-Gruppe weiterentwickelt worden. Das Programm 4€ sei seit etwa 1997 von der Klägerin unter dem Programmnamen IN€ entwickelt, speziell auf die M€-Gruppe umgeschrieben und zugeschnitten und von der Schuldnerin unter dem Namen 4€ genutzt worden.
Die M€m habe ausschließlich als Clearingstelle bezüglich der EDV-Dienstleistungen und EDV-Lieferungen für die Unternehmen des M€-Konzerns fungiert. Sie, die Klägerin, habe mit der M€m einen mündlichen Nutzungsvertrag abgeschlossen. Die M€m sei dafür verantwortlich gewesen, die Software über die als zentrale Abrechnungsstelle fungierende Me€ an die Tochterunternehmen der M€ AG weiterzulizenzieren und die Wartungsleistungen durchzuführen. Dies sei derart erfolgt, dass die Me€ ihrerseits mit den Unternehmen der M€-Gruppe, u. a. der Schuldnerin, Verträge über die Zurverfügungstellung der Software und deren Vergütung geschlossen habe (nicht unterschriebener Mustervertrag Bl. 8-20 d. A.).
Mitte Februar 2002 sei es aufgrund von Liquiditätsproblemen der M€-Gruppe zu Zahlungsstockungen und -ausfällen gekommen. Die letzten Zahlungen seitens der M€m habe die Klägerin für Februar 2002 erhalten. Der Insolvenzverwalter der M€m, gleichzeitig Insolvenzverwalter der Me€, sei mit der von ihr, der Klägerin, mit Schreiben vom 5.6.2002 erklärten Kündigung einverstanden gewesen. Er verteidige sich im von der M€m gegen ihn als Insolvenzverwalter der Me€ beim Landgericht Erfurt geführten Rechtsstreit mit der Wirksamkeit dieser Kündigung.
Dieser Insolvenzverwalter habe für die von ihm verwalteten Tochtergesellschaften der M€ AG jeweils neue Verträge für die Nutzung der Software M€ und 4€ ab dem 1.7.2002 geschlossen. Dabei habe die Klägerin gegenüber diesen Gesellschaften ein monatliches Lizenzentgelt für die Nutzung des Warenwirtschaftssystem und der Finanzbuchhaltung in Höhe von 2.000 € monatlich, ohne Softwarewartung, berechnet. Dies habe für die Monate Juli bis einschließlich September 2002 gegolten. Für die Monate Oktober bis Dezember 2002 sei ein Nachlass von 500 € auf monatlich 1.500 € und für die Folgemonate ab Januar 2003 von 1000€ auf monatlich 1000 € gewährt worden. Für die Nutzung des Lohn- und Gehaltsprogramms seien 400 € monatlich zu veranschlagen. Diese Sätze seien üblich und angemessen.
Die Klägerin hat gemeint, ihr stünden die Nutzungsrechte, welche aus dem Urheberrecht resultierten, zu, weil die Kündigung des Nutzungsvertrages mit der M€m dazu führe, dass die von dieser abgeleiteten Nutzungsrechte, auch dasjenige der Schuldnerin, an sie, die Klägerin, heimfielen.
Die Klägerin hat durch Schriftsatz vom 11.3.2005, bei Gericht eingegangen am 14.3.2005, Klage erhoben. Den am 16.3.2005 angeforderten Kostenvorschuss vom 16.3.2005 zahlte die Klägerin am 24.3.2005 ein. Die Klage wurde dem Beklagten jedoch erst am 21.12.2005 zugestellt.
Die Klägerin hat in der Klageschrift beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, die Computerprogramme M€ (Software für Warenwirtschaftssystem, Lohnbuchhaltung, Anlagenbuchhaltung sowie Finanzbuchhaltung) sowie die Software 4€ (Weiterentwicklung der Software M€) zu nutzen oder durch die Mitarbeiter der Gemeinschuldnerin oder durch Dritte für die Gemeinschuldnerin nutzen zu lassen,
2. den Beklagten zu verurteilen, sämtliche Kopien der in Ziffer 1. aufgeführten Software zu löschen und die entsprechenden Vervielfältigungsstücke, so sie körperlich vorhanden sind, zu vernichten,
3. den Beklagten zu verurteilen,
a) ihr Auskunft über den Umfang und die Zeitdauer der Nutzung der im Antrag zu Ziffer 1. aufgeführten Softwares seit dem 1.7.2002 bis zum Tage der mündlichen Verhandlung zu erteilen, aufgesplittet nach Anzahl der Nutzer, Anzahl der PC-Arbeitsplätze sowie Zeitdauer der Nutzung,
b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern,
c) ihr Schadensersatz in Form von entgangenen Lizenzentgelten gemäß der seitens des Beklagten zu erteilenden Auskunft zu Ziffer 3. a) als Masseschuld zu zahlen.
Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 19.1.2006 und mit Schriftsatz vom 13.3.2006 erklärt, er habe die EDV-gestützte Lohnbuchhaltung der Schuldnerin bis Ende 2002, die EDV-gestützte Warenwirtschaft bis zum 30.6.2003 und die EDV-gestützte Finanzbuchhaltung bis zum 30.9.2005 genutzt. Dabei habe es sich um die Software M€ und 4€ gehandelt. Kopien der Software habe es nicht gegeben, Updates der auf dem Rechner befindlichen Software habe die Schuldnerin unmittelbar per Datentransfer erhalten. In seinem Besitz befänden sich weder Rechner noch Software. Den Server der Schuldnerin habe er ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an die M€m im November 2004/April 2005 herausgegeben. Die übrigen Rechner seien verschrottet worden, Disketten oder CD-Rom mit Software seien nicht vorhanden.
Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.2.2006 die Klageanträge zu 1., 2. und 3.a) in der Hauptsache für erledigt erklärt und den Klageantrag zu 3.c) beziffert. Für Nutzung des Lohn- und Gehaltsbuchhaltungsprogramms hat sie für die Zeit von Juli 2002 bis Dezember 2002 monatlich jeweils 400 € (insgesamt 2.400 €) begehrt, für die Nutzung des Warenwirtschaftsystems sowie Finanzbuchhaltung für die Zeit von Juli bis September 2002 monatlich 2.000 € (insgesamt 6.000 €), für die Zeit von Oktober bis Dezember 2002 monatlich 1.500 € (insgesamt 4.500 €) und für die Zeit von Januar 2003 bis September 2005 monatlich jeweils 1.000 € (insgesamt 21.000 €).
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass der Rechtsstreit betreffend die ursprünglichen Klageanträge zu 1., 2. und 3. a) in der Hauptsache erledigt ist,
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Form von entgangenen Lizenzentgelten als Masseschuld in Höhe 33.900,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich den Erledigungserklärungen der Klägerin nicht angeschlossen, weil bei Zustellung der Klageschrift am 21.12.2005 weder eine Beeinträchtigung angeblicher Urheberrechte der Klägerin noch eine Wiederholungsgefahr bestanden habe. Ohne den Server habe er nicht mehr auf die Lohnsoftware zurückgreifen können.
Der Beklagte hat gemeint, die Klägerin sie nicht aktivlegitimiert. Hierzu hat er behauptet, die Klägerin habe ausweislich einer in dem vor dem Landgericht Düsseldorf geführten Parallelverfahren vorgelegten Abtretungserklärung vom 19.8.2005 (Bl. 44 d. A.) Ansprüche aus der Lieferung und Nutzung sowie Schadensersatz wegen Nichtherausgabe der Software, welche gemäß Rechnungen Nr. 500008 und 500041 (Bl. 45-46 d. A.) an die Schuldnerin geliefert worden sei, an die M€m abgetreten. Diese Software sei im Übrigen nicht an die Schuldnerin, sondern an die M€ GmbH O€ ausgeliefert worden (Bl. 47-48 d. A.).
Der Beklagte hat gemeint, die Kündigung des behaupteten Nutzungsvertrages zwischen der Klägerin und der M€m vom 5.6.2002, so sie denn erfolgt sein sollte, wäre mit Blick auf die erst am 1.7.2002 erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M€m wegen § 112 InsO unwirksam gewesen.
Im Verhältnis der Klägerin zur im Jahre 2002 in die Krise geratenen M€m seien die Regeln über den Eigenkapitalersatz anwendbar, welche sich wegen der Krise sämtlicher Gesellschaften der M€ AG auch auf die weiteren Glieder der behaupteten Nutzungskette bis zur Gemeinschuldnerin erstreckten. Sollte die Klägerin der M€m eine Lizenz zur Softwarenutzung eingeräumt haben, liege wegen deren Krise eine kapitalersetzende Nutzungsüberlassung vor, welche die Klägerin zur weiteren Einräumung der Nutzungsberechtigung verpflichtet hätte, was zur Unwirksamkeit der Kündigung und zur Unbegründetheit der Klageanträge führe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Klageanträge zu 1., 2. und 3. a) in der Hauptsache erledigt seien, da diese Anträge nicht begründet gewesen seien. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin sei die Schuldnerin zunächst aufgrund einer Vertragskette zur Nutzung der Software berechtigt gewesen. Die Klägerin habe nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass die Nutzungsverträge beendet worden seien. Dies sei aber angesichts des Bestreitens des Beklagten erforderlich gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin nichts zur Wirksamkeit einer etwaigen Kündigung vorgetragen. Das Nutzungsrecht der M€m und der Gemeinschuldnerin sei auch nicht nach Maßgabe von § 103 InsO erloschen. Es sei mangels Darlegungen der Parteien davon auszugehen, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen der M€m Erfüllung des Lizenzvertrages gewählt habe. Auf die Frage, ob die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts den Klageanträgen entgegenstünden, komme es nicht an.
Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 24.7.2006, hat die Klägerin durch bei Gericht am 24.8.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 25.9.2006, einem Montag, eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin meint, das Landgericht habe ihre Klage zu Unrecht und überraschend abgewiesen. Sie, die Klägerin, habe dargelegt, dass sie die streitgegenständliche Software entwickelt habe. Deshalb sei es Sache des Beklagten gewesen, darzulegen, von wem er sein Nutzungsrecht ableite. Dies habe er nicht getan. Er habe lediglich den Vortrag der Klägerin bestritten, dass die Lizenzkette zwischen ihr und der MP€ GmbH durch eine Kündigung unterbrochen worden sei. Im Widerspruch dazu habe er behauptet, er leite sein Nutzungsrecht von der M€ AG ab, habe dies aber nicht nachgewiesen. Dass der Beklagte nicht mehr zur Nutzung der streitgegenständlichen Software berechtigt sei, ergebe sich im übrigen aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt vom 12.10.2006, das auch den hiesigen Beklagten binde, weil ihm im dortigen Verfahren der Streit verkündet worden sei.
Die Klägerin behauptet, sie habe das Programm I€, ein Warenwirtschaftssystem nebst Anlagen- und Finanzbuchhaltung, als standardisierte Software entwickelt. Sie, die Klägerin, habe der M€m die Sourcecodes für das Programm zur Verfügung gestellt. Deren Mitarbeiter hätten das Programm an die Bedürfnisse innerhalb des M€-Konzerns angepasst. Die besonders entwickelten Programmfunktionen habe jedoch allein die M€ AG genutzt, nicht die Schuldnerin. Die Schuldnerin habe das Standardprogramm I€ der Klägerin genutzt, welches aus Marketinggründen in M€ umbenannt worden sei. Vorsorglich habe die M€m die Verwertungsrechte mit Erklärung vom 26.3.2007 (Bl. 332 d. A.) an die Klägerin übertragen.
Das Programm 4€ sei eine komplette Neuentwicklung des Warenwirtschaftssystems nebst Anlagenbuchhaltung, Finanzbuchhaltung und Lohnbuchhaltung, welches sie, die Klägerin, derzeit über den Namen In€ vertreibe. Die Weiterentwicklung des Programms I€ sei weitgehend eingestellt worden. Dieses Anwendungsprogramm sei von Mitarbeitern der Klägerin und mehreren Kooperationspartnern für die Klägerin entwickelt worden. Die Verwertungs- und Vertriebsrechte lägen ausweislich des Kooperationsvertrages vom 16.11.1999 bei der O€ GmbH. Die Gemeinschuldnerin bzw. der Beklagte hätten von dieser neu entwickelten Anwender-Software In€ nur das Lohn-/Gehalts-Modul unter dem Namen 4€ genutzt. Soweit der O€ hieran Verwertungsrechte zustünden, habe diese ihr, der Klägerin, die vermögenswerten Rechte an dem Gehaltsmodul mit Vertrag vom 26.3.2007 (Bl. 349 d. A.) abgetreten.
Für die O€ spreche die Urheberrechtsvermutung gemäß § 10 UrhG, da sie in der Programminformation als Urheberin angegeben sei (Bildschirmausdrucke Bl. 375-376 d. A.).
Die Klägerin hat zunächst im Berufungsverfahren ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter verfolgt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 30.6.2009 ist sie darauf hingewiesen worden, dass die Berechnung der Klageforderung unklar sei, weil die Klägerin bei der Teilforderung in Höhe von 21.000 € für die Softwarenutzung ab Januar 2003 bis einschließlich September 2005 von einem Zeitraum von 21 Monaten ausgehe, obwohl der Zeitraum 33 Monate umfasse. Daraufhin hat die Klägerin im Termin erklärt, dass lediglich die 21 Monate vom 1.1.2004 bis zum 30.9.2005 der Klageforderung zugrunde liegen. Mit Schriftsatz vom 6.7.2009 hat sie erklärt, ihr bisher gestellter Klageantrag sei dahin auszulegen, dass der gesamte Zeitraum der Nutzung beziffert geltend gemacht werden sollte.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 20.7.2006 - 2 O 120/05 -
1. festzustellen, dass sich der Rechtsstreit betreffend die ursprünglichen Klageanträge zu 1., 2. und 3.a) in der Hauptsache erledigt hat,
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Form von entgangenen Lizenzentgelten als Masseschuld in Höhe 45.900,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die geänderte Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig.
Die Beklagte meint, der Umstand, dass die Klägerin nunmehr Abtretungserklärungen der O€ GmbH vorlege und dass sie die Klage auf ein von dieser abgetretenes Recht stütze, stelle eine unzulässige Klageänderung bzw. eine unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz dar. Soweit die Klage erstmals durch den Übertragungsvertrag vom 26.3.2007 begründet worden sein sollte, hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Lizenzkette zur Gemeinschuldnerin sei nicht unterbrochen. Die Kündigungserklärung der Klägerin gegenüber der M€m sei unwirksam. Die M€m ihrerseits habe keine Kündigung einer Lizenzvereinbarung erklärt. Auch habe die Klägerin durch ihre Vereinbarungen mit dem Insolvenzverwalter verschiedener Gesellschaften des M€-Konzerns Software-Lizenzvereinbarungen geschlossen, die die Lizenzkette zur Gemeinschuldnerin wieder geschlossen hätten.
Im Übrigen habe die etwaige Kündigung des Nutzungsvertrages zwischen der Klägerin und der M€m keine Auswirkung auf das der Schuldnerin zustehende, ihr von der Me€ eingeräumte Nutzungsrecht. Das von einem zur Weiterlizenzierung berechtigten Nutzungsrecht (Tochterrecht) abgeleitete Nutzungsrecht (Enkelrecht) erlösche durch eine derartige Kündigung nicht.
Die Klägerin beanspruche im übrigen Nutzungsersatz/Schadensersatz/Lizenzentgelte für Software, die bereits Gegenstand des Rechtsstreits 10 O 364/05 LG Düsseldorf (= 6 U 108/06 OLG Düsseldorf) gewesen seien. Soweit es die Software €-In€ angehe, habe die Schuldnerin die Software (für rund 300 €) gekauft. Deshalb könne die Urheberin dieser Software von den Beklagten weder Nutzungsersatz noch Schadensersatz verlangen, weil er die Software berechtigt genutzt habe.
Der Senat hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 13.11.2007 Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, bei dem von dem Beklagten benutzten Programm M€ handele es sich um die von der Klägerin oder der O€ GmbH entwickelte Anwendersoftware I€, die lediglich für die Zwecke der M€ Gruppe einen anderen Namen erhalten habe, die von der Klägerin vorgelegte Programminformation (Bl. 375 d. A.) stamme aus dem Programm I€ und bei dem vom Beklagten benutzten Programm 4€ handele es sich um das umbenannte Modul Lohn und Gehalt der von der O€ GmbH entwickelten Software In€, durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen R€ (Gutachtenordner). Der Sachverständige hat sich zu Einwendungen der Beklagten noch einmal gutachterlich geäußert (Bl. 508-513 d. A.).
Der Senat hat die Akten des Verfahren des Landgerichts Erfurt 2 HKO 152/05 beigezogen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
A.) Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz neu vorgetragen und die Klage geändert hat, ist dies zulässig.
1.) Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz offen gelegt, dass sie als "Mitglied", d. h. Gesellschafterin, der O€ GmbH aufgrund der Regelungen über die Zusammenarbeit innerhalb der O€ vom 16.11.1999 nach deren Ziffern 1. und 13. für die von den Mitgliedern der O€ GmbH entwickelten Softwareprodukte Finanzbuchhaltung, Lohn/Gehalt und Anlagenbuchhaltung die Vertriebsrechte besitzt und die Klageansprüche nicht (nur) als Urheberin, sondern auch als Inhaberin des Verbreitungsrechts geltend macht.
Ob dies eine Klageänderung darstellt, weil die Klage nunmehr statt auf das Urheberrecht auf ein Verbreitungsrecht gestützt wird, oder die Offenlegung einer zulässigen, bisher verdeckt gebliebenen Prozessstandschaft, kann offen bleiben. Eine solche Klageänderung wäre jedenfalls zulässig. Denn der Senat erachtet eine darin liegende Klageänderung als sachdienlich i. S. von § 533 Nr. 2 ZPO.
Die Berücksichtigung dieser unstreitigen Vereinbarung in der Berufungsinstanz scheitert nicht an § 533 Nr. 2 ZPO. Denn bei der Einführung dieser Vereinbarung in den Rechtsstreit handelt es sich um eine neue Tatsache, deren Berücksichtigung zulässig ist, weil sie einen Gesichtspunkt betrifft, den das Gericht des ersten Rechtszuges für unerheblich gehalten hat, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass das Schreiben der Klägerin an die M€m vom 5.6.2002 keine Kündigung darstelle, sondern eine solche Kündigung lediglich ankündige. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Lizenzkette, die zur Nutzung der streitgegenständlichen Software durch den Beklagten berechtige, weiterhin bestehe, so dass Ansprüche der Klägerin ausschieden. Bei einer derartigen Würdigung ist die Frage, ob der Klägerin überhaupt nach dem UrhG schutzwürdige Rechte zustehen, unerheblich. Vortrag hierzu kann deshalb gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in der Berufungsinstanz berücksichtigt werden.
2.) Offen bleiben kann, ob dasselbe für die Erklärung der M€m vom 26.3.2007 gilt, nach der die Klägerin prozessual ermächtigt sein soll, wegen der durch die von der M€m an der Software I€ vorgenommenen Änderungen begründeten Rechte, gegenüber dem Beklagten Ansprüche geltend zu machen. Denn auf etwa bei der M€m befindliche Rechte kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an.
Dasselbe gilt für den zwischen der Klägerin und der O€ GmbH abgeschlossenen Übertragungsvertrag vom 26.3.2007, der die Klägerin ermächtigt, falls ihr die Verwertungsrechte nicht ohnehin zustehen, die streitgegenständlichen Ansprüche geltend zu machen.
3.) Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz ihren Zahlungsantrag rechnerisch korrigiert und um 12.000 € erhöht hat, stellt dies gemäß § 264 Nr. 1 ZPO keine Klageänderung dar. Die Korrektur ist mithin zulässig, ohne dass die einschränkenden Voraussetzungen des § 533 ZPO vorliegen müssten.
B.) Die Berufung der Klägerin muss in der Sache zurückgewiesen werden.
I.) Der auf Feststellung der Erledigung ihres Auskunftsantrages zu 3. a.) gerichtete Antrag der Klägerin kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil für diesen Antrag nach einseitiger Erledigungserklärung kein Raum besteht.
Der Auskunftsantrag ist im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht worden, bei der der Leistungsantrag im Laufe des Rechtsstreits beziffert worden ist. Dieser der Stufenklage vorgeschaltete Auskunftsantrag hat keine selbständige Bedeutung, sondern ist nur ein Hilfsmittel zur Bezifferung des in einer späteren Stufe geltend gemachten Leistungsantrages, der das eigentliche Klageziel darstellt. Es gibt kein schützenswertes Interesse des Klägers, nach erteilter Auskunft und nach Übergang auf die Leistungsstufe die Erledigung seines Auskunftsantrages festgestellt zu wissen (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.1995, 7 U 216/94 LS 1, zitiert nach Juris; OLG Bremen, Urteil vom 27.2.1996, 3 U 44/95, zitiert nach Juris, Rn 5). Ein solches Interesse kann nur darin liegen, von den Kosten der zunächst zu Recht erhobenen Auskunftsklage verschont zu bleiben. Diesem Interesse wird im Rahmen der Schlusskostenentscheidung Rechnung getragen.
Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall, in dem er ausschließlich über eine Revision gegen eine Teilentscheidung über den Auskunftsanspruch zu befinden hatte, ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Feststellungsausspruch bei einseitig gebliebener Erledigungserklärung bejaht (Urteil vom 5.5.1999, XII ZR 184/97, zitiert nach Juris). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Senat hat nicht lediglich über den Auskunftsanspruch, sondern auch über die bereits bezifferte Leistungsklage zu entscheiden.
II.) Unschädlich ist, dass die Klägerin den Klageantrag zu 3. b), mit dem der Beklagte verpflichtet werden sollte, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern, weder weiter verfolgt noch für erledigt erklärt hat.
Den als Hilfsantrag zu qualifizierenden Antrag auf Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung muss der Kläger nicht notwendigerweise zur Verhandlung und Entscheidung stellen (BGH, Urteil vom 21.2.1991, III ZR 169/88, NJW 1991, 1893, zitiert nach Juris). Hier hat sich die Klägerin in zulässiger Weise dagegen entschieden.
III.) Die Klageanträge zu 1.), 2.) und 3.c.) bleiben ohne Erfolg.
1.) Der Klageantrag zu 1.), durch den dem Beklagten untersagt werden sollte, die Programme M€ und 4€ zu nutzen oder nutzen zu lassen, war zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt.
Ein Anspruch der Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG bestand nicht. Zwar stand der Klägerin ein nach dem UrhG geschütztes Recht zu. Der Beklagte hat es jedoch nicht widerrechtlich verletzt.
a.) Bei der streitgegenständlichen Software M€ und 4€ handelt es sich um urheberrechtlich schutzfähige Werke gemäß § 69a Abs. 3 UrhG.
Nach der früheren Rechtsprechung des BGH kam es für die Schutzfähigkeit von Computerprogrammen darauf an, ob sie eine gewisse Komplexität aufwiesen. Diese Rechtsprechung ist durch die Aufnahme von Computerprogramme betreffenden Spezialvorschriften in das UrhG, die auf einer europäischen Richtlinie beruhen, überholt. Die Urheberrechtsfähigkeit hat der Beklagte auch nicht in Abrede gestellt.
b.) Der Klägerin stehen durch das UrhG geschützte Rechte an der streitgegenständlichen Software zu.
aa.) Unerheblich ist, dass der Beklagte geltend macht, die Software sei bearbeitet worden, die Bearbeiter seien Miturheber geworden. Wer unberechtigt die bearbeitete Software benutzt, verletzt auch das Urheberrecht des ursprünglichen Urhebers.
bb.) Aus dem vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten ergibt sich, dass die O€ GmbH - nicht die Klägerin - Urheberin der Programme I€ und In€ ist.
Der Sachverständige hat zum einen bestätigt, dass die Bildschirmausdrucke, die die Klägerin zur Akte gereicht hat, aus diesen beiden Programmen stammen. Das ergab sich für In€ bereits aus dem Bildschirmausdruck selbst. Der weiter von der Klägerin vorgelegte Bildschirmausdruck ließ nicht erkennen, dass er aus dem Programm I€ stammte. Dort heißt es "o€" in der Menüleiste. Der Sachverständige hat jedoch überzeugend festgestellt, dass dieser Bildschirmausdruck aus dem Programm I€ stammt.
Dieser Umstand führt dazu, dass zugunsten der O€ GmbH die Urheberrechtsvermutung des § 10 UrhG streitet (BGH, Urteil vom 14.7.1993, I ZR 47/91). Zwar kann sie selbst nicht als Urheberin gemäß § 10 Abs. 1 UrhG angesehen werden, weil Urheber i. S. von § 7 UrhG nur eine natürliche Person sein kann. Allerdings führt ihre Nennung dazu, dass sie vom Urheber als ermächtigt gilt, seine Rechte geltend zu machen, § 10 Abs. 2 UrhG.
cc.) Aus dem Gutachten des Sachverständigen R€ ergibt sich, dass es sich bei I€ um M€ und bei In€ um 4€ handelt.
Zwar hat die Klägerin dem Sachverständigen M€ und 4€ nicht zur Prüfung zur Verfügung gestellt, sondern nur I€ und In€. Der Sachverständige hat also keinen direkten Vergleich zwischen I€ und M€ einerseits und In€ und 4€ andererseits durchführen können.
Allerdings hat der Sachverständige durch sorgfältige Durchsicht des ihm von der Klägerin für 4€ und M€ überlassenes Schulungsmaterials der M€m festgestellt, dass in diesen Unterlagen die Namen M€ und 4€ erwähnt sind und dass diverse Übereinstimmungen zwischen dem Schulungsmaterial und den Programmen I€ und In€ bestehen, so dass er zu dem Schluss kam, dass die Programme identisch sind. So wird z. B. auf dem Deckblatt der Schulungsunterlagen für M€ die O€-Hotline für I€ als Ansprechpartner angegeben. Dies hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
Vergeblich wendet der Beklagte gegen das Gutachten ein, der Gutachter habe nur neuere Versionen von I€ und In€ untersucht. Dem steht entgegen, dass der Sachverständige von der Klägerin eine Dokumentations-CD über die Weiterentwicklung der Software seit 1998 erhalten hat.
Zutreffend ist zwar, dass - da dem Sachverständigen die Software M€ und 4€ nicht zur Verfügung stand - dieser nicht mit letzter Sicherheit feststellen konnte, dass die jeweiligen beiden Programme identisch sind. Er hat allerdings eine Reihe von Indizien herausgearbeitet, die sich aus der Software selbst, aus ihrer Dokumentation und aus dem Schulungsmaterial der M€m ergeben. Insofern wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Diese Indizien lassen den Schluss zu, dass die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin richtig sind. Diesen Beweis des ersten Anscheins hat der Beklagte nicht widerlegt.
So hat er sich zum einen nicht mit den für die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin streitenden Indizien auseinander gesetzt. Er hat zum anderen auch nicht Unterlagen vorgelegt, die er mit der von ihm verwendeten Software erstellt hat. Nach den gutachterlichen Ausführungen hätte anhand derartiger Unterlagen abgelesen werden können, mit welcher Software sie hergestellt worden sind. Auf die Aufforderung des Gutachters, derartige Unterlagen vorzulegen, hat der Beklagte erklärt, er habe nicht nur keine Software mehr, sondern auch keine Unterlagen, die mit dieser Software gefertigt worden sind.
Bei einer derartigen Sachlage ist davon auszugehen, dass die nachvollziehbaren Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht widerlegt sind.
dd.) Da nicht die Klägerin, sondern die O€ GmbH Urheberin der streitgegenständlichen Software ist, stehen der Klägerin Ansprüche aus dem Urheberrecht selbst nicht zu. Sie ist jedoch nach dem Kooperationsvertrag vom 16.11.1999 Inhaberin eines Verbreitungsrechts gemäß § 17 UrhG. Dieses Recht nach UrhG ist ein Recht, das Ansprüche aus den §§ 97 ff. UrhG gewährt.
c.) Der Beklagte hat das Verbreitungsrecht der Klägerin jedoch nicht widerrechtlich verletzt.
aa.) Zwar muss davon ausgegangen werden, dass die Lizenzkette von der Klägerin über die M€m und die Me€ zum Beklagten durch die Kündigung der Klägerin vom 5.6.2002 gegenüber der M€m unterbrochen ist.
Das Schreiben der Klägerin an die M€m vom 5.6.2002 stellt eine Kündigung dar. Das Landgericht hat die Textpassage "mit Beendigung des operativen Geschäfts der M€m zum 30.6.2002 werden sämtliche bestehenden Miet-, Lizenz- und Wartungsverträge gekündigt" zu Unrecht sprachlich so verstanden, dass die Kündigung von Lizenzverträgen damit noch nicht ausgesprochen, sondern erst noch angekündigt wird. Das ist sprachlich nicht richtig. Denn die Klägerin hat das Passiv Präsens benutzt und erklärt: "Die Verträge werden € gekündigt ". Wenn die Auffassung des Landgerichts richtig wäre, hätte die Klägerin im Futur schreiben müssen: "Die Verträge werden € gekündigt werden". Das hat sie nicht getan.
Das Schreiben der Klägerin vom 5.6.2002 kann deshalb nur so verstanden werden, dass die Klägerin mit diesem Schreiben gerade die Kündigung aussprechen will und zwar zum 30.6.2002. Für die Richtigkeit dieses Verständnisses spricht auch, dass es keinen Sinn macht, eine Kündigung zu einem unmittelbar bevorstehenden Termin schriftlich anzukündigen.
Diese Kündigung ist auch gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB wirksam. Denn nach dem jedenfalls nunmehr insoweit unbestrittenen Vortrag der Klägerin war die M€m zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 5.6.2002 mit den Zahlungen der Lizenzgebühren mehr als zwei Monate im Verzug, weil sie seit Februar 2002 keine Lizenzgebühren mehr bezahlt hatte.
bb.) Die Lizenzkette ist auch nicht durch den Neuabschluss von Lizenzverträgen mit dem Insolvenzverwalter verschiedener M€-Unternehmen wieder geschlossen worden. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe mit den Insolvenzverwaltern der Schwester-Unternehmen der Schuldnerin Lizenzverträge abgeschlossen. Der Beklagte hat sich für die Schuldnerin unstreitig nicht mit der Klägerin entsprechend geeinigt.
cc.) Der Wirksamkeit dieser Kündigung steht § 112 InsO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann ein Vermieter ein Mietverhältnis mit dem Insolvenzschuldner wegen Rückständen aus der Zeit vor dem Eröffnungsantrag nach Eröffnungsantrag nicht kündigen. Der Softwareüberlassungsvertrag ist ein Mietvertrag (BGH, Urteil vom 15.11.2006, XII ZR 120/04).
§ 112 InsO schränkt das Kündigungsrecht nur ein, soweit die Rückstände aus der Zeit vor dem Eröffnungsantrag stammen (BGH, Urteil vom 18.7.2002, IX ZR 195/01, zitiert nach Juris). Dies war hier nicht der Fall. Hierzu hat die Klägerin jedenfalls in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass nach dem Insolvenzantrag vom 1.4.2002 bis zum 5.6.2002 nichts gezahlt worden ist. Damit konnte die Klägerin wirksam fristlos kündigen, weil Kündigungsgrund nicht Rückstände vor dem Insolvenzantrag waren, sondern solche, die danach aufgelaufen sind.
dd.) Die Klägerin war auch nicht durch die Eigenkapitalersatzregeln gehindert, gegenüber der M€m die Kündigung zu erklären. Es ist nicht ersichtlich, dass die Überlassung der Software an die M€m eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätte, so dass dies die Klägerin hindern würde, Lizenzentgeltansprüche gegen die M€m geltend zu machen.
Zwar werden die Eigenkapitalersatzregeln auch auf konzernverbundene Unternehmen angewandt (BGH, ZIP 1992, 242). Die Voraussetzungen hierfür hat jedoch der Beklagte darzulegen und zu beweisen. Dies ist nicht geschehen.
So ist schon nicht hinreichend dargetan, inwiefern die Überlassung der Lizenzen durch die Klägerin an die M€m eigenkapitalersetzend war und ab wann dies der Fall gewesen sein soll. Zur Vermögenssituation der M€m hat der Beklagte nichts vorgetragen. Insbesondere fehlt auch Vortrag dazu, dass die Lizenzüberlassung aufgrund des Gesellschafterverhältnisses erfolgt ist und dass das Vermögen der M€m durch die Zahlung der Lizenzgebühren verringert worden wäre. Entsprechender Vortrag hierzu ist erforderlich, weil die M€m für die Zahlung der Lizenzgebühren das Recht erhalten hat, die Software weiter zu lizenzieren und hieraus Einnahmen erzielt hat. Bei einer derartigen Sachlage ist davon auszugehen, dass die M€m von der Klägerin für das versprochene Lizenzentgelt eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat, so dass die Anwendung der Eigenkapitalvorschriften von vornherein ausscheidet.
Im übrigen hat der Beklagte in der Berufungserwiderung lediglich vorgetragen, dass die Softwareüberlassung an die Me€ durch die M€ AG eigenkapitalersetzend gewesen sein soll und hierzu Zahlen zur wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin vorgetragen. Dies spielt für die Frage, ob die Klägerin gegenüber der M€m wirksam eine Kündigung erklären konnte, jedoch keine Rolle.
ee.) Die Unterbrechung der Lizenzkette führt jedoch nicht dazu, dass der Beklagte das von der Schuldnerin durch Vertrag mit der Me€ begründete Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Software verloren hat.
Die Frage, ob ein Nutzungsrecht späterer Stufe bestehen bleibt, wenn das Nutzungsrecht früherer Stufe erlischt, ist streitig. Manche meinen, das Urheberrecht sei abstrakt und befinde sich auch nach Kündigung oder Rücktritt vom Lizenzvertrag beim Lizenznehmer. Andere meinen, der Lizenzvertrag sei kausal. Wenn er gekündigt werde bzw. aus anderen Gründen ende, falle das Urheberrecht automatisch an den Urheber zurück (so auch Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15.3.2001, 3 U 57/99). Von der zuletzt genannten Auffassung ist der Senat - ebenso wie das Landgericht Erfurt im Parallelprozess - zunächst ausgegangen.
Diese Rechtsansicht ist für den vorliegenden Rechtsstreit im Verhältnis der Parteien jedoch nicht bindend. Zwar ist dem Beklagten im Verfahren vor dem Landgericht Erfurt der Streit verkündet worden. Im Verhältnis zur Klägerin, die an jenem Rechtsstreit nicht beteiligt war, ist jedoch keine Interventionswirkung gemäß § 74 ZPO eingetreten.
Nunmehr hat der BGH in seiner Entscheidung "Reifen Progressiv" (Urteil vom 26.3.2009, I ZR 153/06, zitiert nach Juris) entschieden, dass ein einfaches Nutzungsrecht, das sich von einem ausschließlichen Nutzungsrecht ableitet, nicht erlischt, wenn das ausschließliche Nutzungsrecht aufgrund eines wirksamen Rückrufs wegen Nichtausübung erlischt.
Im Gesetzgebungsverfahren zur UrhG-Novelle im Jahre 2000 ist diskutiert worden, ob eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen werden soll, dass Nutzungsrechte erlöschen sollen, wenn das Recht, aufgrund dessen sie eingeräumt worden sind, wegfällt (geplanter § 33 Satz 3 UrhG). Dieser Vorschlag ist nicht Gesetz geworden, weil der Gesetzgeber der Meinung war, die Rechtsprechung solle diese Frage klären. Der BGH hat sich unter Heranziehung von § 33 Satz 2 UrhG gegen diesen Vorschlag entschieden. Er hat vielmehr das einfache Nutzungsrecht als dinglich qualifiziert und ausgeführt, die Vergabe einfacher Nutzungsrechte durch einen Nutzungsberechtigten dürfe nicht von der Gefahr begleitet werden, dass bei einem Rückfall des lizenzierten Nutzungsrechts die einfachen Nutzungsrechte ebenfalls erlöschen. Deshalb sei das Enkelrecht nach seiner Abspaltung vom Tochterrecht von dessen Fortbestand unabhängig.
Der Senat geht davon aus, dass die in der zitierten BGH-Entscheidung entwickelten Grundsätze für das vorliegende Verfahren zur Anwendung gelangen. Er gibt deshalb seine bisher im Verfahren vertretene Rechtsauffassung auf, die dem Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 15.3.2001, 3 U 57/99, NJW-RR 2002, 402, zitiert nach Juris) folgte und gegen die sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung "Reifen Progressiv" im Falle des wirksamen Rückrufs eines ausschließlichen Nutzungsrechts entschieden hat.
109Der Senat ist nunmehr der Auffassung, dass die Kündigung der Klägerin gegenüber der M€m wegen Zahlungsverzuges wie ein Rückruf gemäß § 41 UrhG wirkt. Wegen einer solchen Kündigung verliert der Beklagte, der von der Me€ ein Urenkelrecht (bezogen auf die Klägerin) bzw. ein Ururenkelrecht (bezogen auf die O€ GmbH) erworben hat, das Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Software nicht. Zwar erlangt die Klägerin das Verbreitungsrecht an der Software mit der Kündigung zurück, jedoch nur belastet mit dem Nutzungsrecht des Beklagten.
Dabei geht der Senat nach dem Vortrag der Klägerin davon aus, dass die M€m von der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht - wie im BGH-Fall - erhalten hat. Denn die streitgegenständliche Software war nach ihrem Vortrag zwar weitgehend identisch mit der von ihr vertriebenen Standardsoftware, war aber teilweise an die Bedürfnisse der M€-Gruppe angepasst worden und hatte einen eigenen auf die M€gruppen hinweisenden Namen erhalten. Ausschließliche Aufgabe der M€m war es, die Software im Unternehmensverbund weiter zu lizenzieren.
111Die Lizenzentgelte, die der Beklagte schuldet, hat er an seine Vertragpartnerin, die Me€ zu zahlen, die ihrerseits der M€m die Entgelte schuldet, die wiederum Lizenzgebühren an die Klägerin zu zahlen hat. Den Interessen der Klägerin wird grundsätzlich dadurch Rechnung getragen, dass sie sich Entgeltansprüche abtreten lassen kann. Im vorliegenden Fall wird dies allerdings Schwierigkeiten bereiten, weil die Klage der M€m gegen die Me€ im Vorprozess vor dem Landgericht Erfurt auf Abtretung von deren Lizenzansprüchen gegen den Beklagten rechtskräftig abgewiesen worden ist, weil das Landgericht Erfurt sich der bisher herrschenden Meinung angeschlossen hat, wonach mit der Kündigung durch die Klägerin die M€m, die Me€ und der Beklagte ihre Nutzungsrechte vollständig verloren haben und diese an die Klägerin zurückgefallen seien.
Zwar weist der vorliegende Fall zum vom BGH entschiedenen Fall Unterschiede auf. So sind hier vom Beklagten laufende Lizenzentgelte an die Me€ zu zahlen, nicht dagegen eine einmalige Gebühr. Allerdings kann dies nicht zu einer anderen Bewertung des Schicksals des der Schuldnerin zustehenden Nutzungsrechts führen. Denn die Me€ hat der Schuldnerin das Nutzungsrecht bereits vor Zahlung aller Entgelte mit der Überlassung der Software eingeräumt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - anders als im BGH-Fall - die abgeleiteten Nutzungsrechte aufgrund der geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen vom Bestand des Tochterrechts der Me€ abhängig waren. Entsprechende vertragliche Vereinbarungen hat die Klägerin nicht näher dargelegt. Nach ihrem eigenen Vortrag sind die Lizenzverträge zwischen ihr und der M€m einerseits und der M€m und der Me€ andererseits nur mündlich abgeschlossen worden. Die einzige Vertragsunterlage, die das Verhältnis zwischen der Me€ und dem der Schuldnerin betrifft, nämlich die Vereinbarung zum "Projekt 4€" vom 1.11./22.11.2001, enthält keinerlei Vorbehalte hinsichtlich der Nutzungsrechte für den Fall, dass die Me€ ihr Nutzungsrecht verliert. Der von der Klägerin vorgelegte, allerdings nicht unterschriebene "Rahmenvertrag EDV-Leistungen" regelt nur den Fall der Nichtzahlung der Entgelte durch die Schuldnerin: Diese sollen zur Kündigung des Vertrages berechtigen und zum Erlöschen des Nutzungsrechts führen. Dies würde allerdings lediglich dazu führen, dass die Nutzungsrechte der Schuldnerin an die Me€ fallen, einen Heimfall an die Klägerin hätte dies nicht zur Folge. Dass die Me€ dem Beklagten gegenüber eine Kündigung erklärt hätte, hat die Klägerin im Übrigen angesichts des Bestreitens des Beklagten nicht unter Beweis gestellt.
Damit hat die Schuldnerin auch nach der Kündigung der Lizenzverträge durch die Klägerin gegenüber der M€m ihr Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Software behalten.
2.) Wegen der vorstehenden Ausführungen war auch der ursprüngliche auf die Beseitigung gemäß den §§ 97 Abs. 1 S. 1, 98, 69f UrhG gerichteten Klageantrag zu 2.) niemals begründet.
3.) Mit dem Klageantrag zu 3. c.) macht die Klägerin Schadensersatzansprüche in Form entgangener Lizenzentgelte gemäß § 97 Abs. 2 UrhG geltend.
a.) Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin hierfür deshalb die Aktivlegitimation fehlt, weil sie ihre Ansprüche gegen den Beklagten an die M€m abgetreten hat.
Hierzu legt der Beklagte zwar zwei - unvollständige - Rechnungen vom 18.1.2002 und 21.2.2002 und eine Abtretungserklärung vor, die Forderungen aus diesen beiden Rechnungen betreffen. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass über den Klageanspruch zu 3. c.) bereits vor dem Landgericht Düsseldorf und zweitinstanzlich durch das OLG Düsseldorf entschieden worden wäre.
Aus der Kopie der Rechnung Nr. 500008 vom 18.1.2002 geht nur hervor, dass die M€m der M€ GmbH O€ Ware mit dem Namen €-In€ R€ geliefert hat. Um eine Software €-In€ R€ geht es jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Vorliegend geht es um die Software M€ und die Software 4€, die nach dem Vorbringen der Klägerin aus der Software In€ stammen soll. Dass es sich bei €-In€ R€ um In€ handeln soll, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Er hat vielmehr gerade bestritten, eine O€-Software - insbesondere In€ - genutzt zu haben, und vorgetragen, die Schuldnerin habe Software mit den Namen M€ und 4€ genutzt. Der Beklagte hat auch nicht erläutert, warum die Schuldnerin Anfang 2002 Software hätte kaufen sollen, wenn sie einen entsprechenden Bedarf doch wenige Wochen zuvor bereits befriedigt hatte, wie sich aus dem von ihm vorgelegten Lizenzvertrag zwischen der Me€ und der Schuldnerin für 4€ vom 1.11./22.11.2001 ergibt.
Bei einem derartigen Vortrag kann nicht festgestellt werden, dass die Klageforderung bereits vor dem Landgericht Düsseldorf verbraucht worden wäre.
b.) Auch hält der Senat das von der Klägerin geforderte Entgelt von 400 € monatlich für die Nutzung des Programms 4€ nicht für unangemessen. Aus der vom Beklagten selbst vorgelegten Vereinbarung zwischen der Me€ und der Schuldnerin wurde hierfür ein monatliches Entgelt von 18.400,71 DM pro Quartal vereinbart, d. h. 6.133,57 DM pro Monat. Der Beklagte kann angesichts von der Schuldnerin übernommenen Zahlungsverpflichtung für dieses Programm, die mehr als das Siebenfache der von der Klägerin beanspruchten Vergütung beträgt, deren Üblichkeit nicht einfach bestreiten. Bei einem derart vereinbarten Entgelt obliegt es ihm seinerseits darzulegen und zu beweisen, warum die Forderung der Klägerin unangemessen sein sollte. Dies ist unterblieben. Insbesondere hat er auch auf das Auskunftsbegehren der Klägerin hin die Zahl der Nutzer nicht mitgeteilt, die die Höhe des Nutzungsentgelts beeinflussen kann.
Ähnliches gilt für die wegen der die Nutzung des Programms M€ geforderte Vergütung. Insoweit hat die Klägerin dargelegt, wie sie die beanspruchten, gestaffelten monatlichen Lizenzbeträge von 2.000 €, 1.500 € und 1.000 € berechnet. Außerdem hat sie vorgetragen, dass sie mit dem Insolvenzverwalter von sieben anderen Gesellschaften des M€-Konzerns entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen hat. Auch insoweit ist der Beklagte dem nicht ausreichend entgegengetreten. Es ist davon auszugehen, dass die Schuldnerin nicht nur einen Vertrag betreffend die Software 4€ abgeschlossen hat, sondern auch einen solchen für die Software M€. Denn dass diese Software vorhanden war, ergibt sich aus dem vom Beklagten vorgelegten Vertrag vom 1.11./22.11.2001, die ein mit der entsprechenden Anlage des Rahmenvertrages EDV-Leistungen, den die Klägerin mit der Klageschrift vorgelegt hat, identisch ist. Den entsprechenden Vertrag hat der Beklagte zwar nicht vorgelegt. Aus dem Rahmenvertrag ergibt sich jedoch, dass das Entgelt für die Nutzung von M€ mehr als das Doppelte von dem beträgt, was für die Nutzung von 4€ zu zahlen ist. Angesichts dessen hat die Schuldnerin für die Nutzung dieses Programms monatlich wenigstens 12.000 DM zahlen müssen. Deshalb erscheinen die von der Klägerin geltend gemachten Beträge angemessen. Wenn der Beklagte die Angemessenheit bestreitet, gleichzeitig aber keine Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unangemessenheit ergibt, insbesondere zur Anzahl der Benutzer keine Angaben macht, muss sein Bestreiten unbeachtlich bleiben.
c.) Jedoch scheitert auch der Klageantrag zu 3. c.) an dem Umstand, dass der Beklagte durch die Nutzung der Programme 4€ und M€ durch das UrhG geschützte Rechte der Klägerin nicht verletzt hat.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen vor. Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Denn die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Reifen Progressiv" ist ausdrücklich auf den Fall eines Rückrufs wegen Nichtausübung eines ausschließlichen Nutzungsrechts beschränkt worden. Der vorliegende Fall weist vorstehend bereits aufgeführte Unterschiede zum vom BGH entschiedenen Fall auf.
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 30.03.2010
Az: 6 U 76/06
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