Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 223/00

(BPatG: Beschluss v. 16.01.2002, Az.: 29 W (pat) 223/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. April 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"City und Partner Service Line"

soll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere Teilnehmerendgeräte und deren Zubehör, nämlich Netzgeräte, Netzladegeräte, Akkumulatoren, Anschlußkabel, an Teilnehmerendgeräten angepaßte Halterungen und Autohalterungen, Tragetaschen, Antennen; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; SIM-Karten (Subscriber Identification Module);

Klasse 35 auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Sekretariatsdienste;

Klasse 37 Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Reparaturarbeiten an Bauwerken, Installation und Montage von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, Reparatur und Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik;

Klasse 38 Telekommunikation, insbesondere Mobilfunk, Betrieb eines Telekommunikationsnetzes, insbesondere Mobilfunknetzes, Nachrichtenübermittelung, Mehrwertdienste, nämlich Leistungen, die im Zusammenhang mit den eigentlichen Netzdiensten bestehen, insbesondere Einrichtung eines Anrufbeantworters als Funktion eines zentralen Computers, einer Mailbox, Übermittlung von Kurznachrichten, Anrufweiterschaltungen, Konferenzschaltungen;

Klasse 39 auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Reisebürodienste;

Klasse 42 auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Hotelreservierung, Wetterberichte; Bau- und Konstruktionsplanung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere der Telekommunikation; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen, insbesondere Telekommunikationsgeräten"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 10. April 2000 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Die angemeldete Angabe liege ganz auf der Linie existierender Bezeichnungen wie "citypartner, City-Tarif, Cityruf, Partnertarif, Service-Leistungen/Rufnummern, mobilservice" usw. und werde lediglich als Hinweis auf ein Telekommunikationsangebot verstanden, das sich dadurch auszeichne, dass es spezielle Vorteile für Telefonate im Stadtbereich sowie mit bestimmten, in der Regel bei Vertragsabschluss gewählten Geschäftspartnern biete. Es liege in der Natur solcher Angebote auf dem Telekommunikationssektor, dass die genauen Voraussetzungen und Bedingungen für die Nutzung des Angebots sich aus der Bezeichnung nicht erkennen ließen. Die angemeldete Bezeichnung werde für auf dem Telefonweg zu erbringende Dienstleistungen als Beschreibung der Art der Erbringung der Dienstleistungen und hinsichtlich der dazu erforderlichen Waren als Bestimmungsangabe verstanden. Soweit hinsichtlich einzelner Dienstleistungen ein nur mittelbar beschreibender Bezug bestehe, wirke die angemeldete Kennzeichnung als reine Sachangabe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie trägt vor, es fehle der angemeldeten Kennzeichnung nicht jegliche Unterscheidungskraft, weil es eines erheblichen interpretatorischen Aufwands bedürfe, um der Wortfolge eine Sachangabe zu entnehmen. Die Wörter "City" und "Partner" seien in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen mehrdeutig. Auch die angemeldete Wortkombination in ihrer Gesamtheit sei nicht geeignet, die Waren und Dienstleistungen konkret zu beschreiben. Insbesondere für die Dienstleistungen auf dem Bausektor existiere kein sachlicher Bezug. Daher bestehe auch kein Bedürfnis, diese Wortfolge als beschreibende Angabe für die Allgemeinheit freizuhalten.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet. Der angemeldeten Kennzeichnung fehlt weder jegliche Unterscheidungskraft noch handelt es sich bei ihr um eine Angabe, die zur Beschreibung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann (§§ 8 Abs. 2 Nr 1 und 2 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; BGH WRP 1999, 1169 - FOR YOU; BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089, 1091 -YES; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; zuletzt BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK). Nach diesen Grundsätzen ist das Zeichen "City und Partner Service Line" in seiner Gesamtheit unterscheidungskräftig (BGH GRUR 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT; BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Bei den Bestandteilen "Service Line" und "Partner Service Line" handelt es sich zwar - wie eine Internet-Recherche des Senats ergeben hat - um Begriffe die von verschiedenen Unternehmen als Hinweis auf eine von ihnen unterhaltene Telefon- oder Internetverbindung, über die insbesondere Geschäftspartner bzw. Kunden Informationen und Hilfestellungen erhalten oder Dienstleistungen abrufen können, verwendet werden. Der Zeichenbestandteil "City Service Line" ist im englischen Sprachraum als Bezeichnung für die städtische Wasser- und Abwasserversorgung nachweisbar. Im deutschen Sprachraum kommt diese Wortfolge kaum vor, wird aber ganz vereinzelt für Informations-Hotlines von Stadtverwaltungen verwendet. Hier jedoch ist die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit zu prüfen. Es ergibt sich aus ihr kein konkreter waren- und dienstleistungsbezogener Begriffsinhalt. Abgesehen davon, dass die Bedeutung "städtische Abwasserversorgung" von "City Service Line" ersichtlich keinen Bezug zu den hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweist, kann man diesem Bestandteil noch weitere Bedeutungen entnehmen. Vom reinen Wortsinn her könnte es sich bei den bei der "City Service Line" abfragbaren Informationen um Informationen über einen "citytarif", um Informationen über die betreffende Stadt, über Veranstaltungen in der Stadt, touristische Attraktionen oder aber auch um Informationsmöglichkeiten über Leistungen der Stadtverwaltung etc. handeln. In Verbindung mit dem weiteren Zeichenbestandteil "Partner" wird ein möglicher sachbezogener Begriffsinhalt noch unklarer. Eine Interpretation des Gesamtzeichens im Sinne einer Bezeichnung für eine Serviceline für Geschäftspartner, Kunden oder für Partner, die für diesen Personenkreis Informationen über die "City" gibt, ist ebenso möglich wie eine Interpretation im Sinne einer Bezeichnung für eine Serviceline, die Informationen über Geschäftspartner und Kunden sowie die "City" gibt, wobei wiederum "City" sowohl "Stadt" als auch "Innenstadt" bedeuten könnte. Denkbar wäre auch ein Verständnis als Serviceline, die über "Partner" in der betreffenden Stadt oder einer Stadt informiert. Vorstellbar ist außerdem, dass die Begriffe "City" und "Partner" als zusammengehörig angesehen werden, wie dies etwa bei Firmenbezeichnungen oder Bezeichnungen für Anwaltskanzleien üblich ist. Aus diesen Gründen lässt sich der angemeldeten Wortfolge keine hinreichend klare Bedeutung in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnehmen, so dass dieser nicht jegliche Fähigkeit zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft fehlt (vgl. zuletzt BGH BlfPMZ 2001, 398, 399 - LOOK).

2. Ein gegenwärtiges oder zukünftiges Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Marke ist ebenfalls nicht ersichtlich. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist bei der Prüfung dieses Schutzhindernisses auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu beachten (vgl. BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Wie oben ausgeführt ist die Wortfolge "City und Partner Service Line" lexikalisch nicht nachweisbar. Eine Internet-Recherche des Senats ergab, dass "City und Partner Service Line" ausschließlich als Kennzeichnung für ein Informationstelefon zu bestimmten Tarifen der Anmelderin, nie aber als sachlicher Hinweis auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen verwendet wird, also derzeit nicht als beschreibende Angabe dient. Wegen ihres unklaren Bedeutungsinhalts stellt sie auch keinen hinreichend konkreten sprachüblich beschreibenden Hinweis auf diese Waren und Dienstleistungen dar, so dass sie auch zur beschreibenden Verwendung in der Zukunft nicht dienen kann.

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BPatG:
Beschluss v. 16.01.2002
Az: 29 W (pat) 223/00


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