Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 17. Juli 1995
Aktenzeichen: 26 WF 42/95
(OLG Köln: Beschluss v. 17.07.1995, Az.: 26 WF 42/95)
Erstattungsfähigkeit der Gebühren des Unterbevollmächtigten
ZPO § 91 I 2; BRAGO §§ 31, 52, 53 1) Die durch die Beauftragung eines Hauptbevollmächtigten am Wohnsitz der Partei und eines Unterbevollmächtigten am Ort des Prozeßgerichts entstandenen Kosten sind nur insoweit erstattungsfähig, als sie die Kosten eines Hauptbevollmächtigten am Prozeßgericht und eines notwendigen Verkehrsanwalts am Wohnort der Partei nicht übersteigen. 2) Zeitversäumnis, die nach § 91 I 2 ZPO zu entschädigen ist, muß entweder durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen veranlaßt sein.
Unter die 1. Alternative fällt auch die Zeitversäumnis, die durch notwendige Reisen zum Prozeßbevollmächtigten der Partei zum Zwecke der Informationserteilung entstanden ist.
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig und führt auch in der
Sache zum Erfolg.
1. Das Amtsgericht hätte nicht selbst über die Erinnerung des
Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 7. 12. 1994
entscheiden dürfen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 RpflG besteht eine
Entscheidungsbefugnis des Richters nur insoweit, als er die
Erinnerung für zulässig und begründet erachtet oder, falls er
anstelle des Rechtspflegers entschieden hätte, hiergegen ein
Rechtsmittel nicht gegeben wäre. Keiner dieser Fälle liegt hier
vor. Aus der angefochtenen Entscheidung ist zu ersehen, daß die
Amtsrichterin die Erinnerung für unbegründet erachtet hat. Gegen
die eigene Entscheidung des Richters ist gemäß § 1O4 Abs. 3 ZPO die
sofortige Beschwerde gegeben. Danach hätte das Amtsgericht die
Sache gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 RpflG dem Senat zur Entscheidung
über die Erinnerung des Beklagten vorlegen müssen.
Die fehlerhafte Verfahrensweise führt zur Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses, wobei die durch den Beschluß veranlaßten
Kosten gemäß § 8 GKG außer Ansatz bleiben.
Eine Zurückverweisung an das Amtsgericht ist jedoch nicht
erforderlich (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 19. Auflage 1995, Rdn. 16 zu
§§ 1O3, 1O4 mit Rechtssprechungsnachweisen); vielmehr kann der
Senat selbst in der Sache entscheiden. Dagegen bestehen im
vorliegenden Fall umso weniger Bedenken, als die Amtsrichterin den
Beschwerdeführer unter dem 8. 3. 1995 um Mitteilung gebeten hat, ob
die Akte im Hinblick auf die Beschwerde gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluß dem Oberlandesgericht noch vorgelegt
werden solle, was der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdeschrift
vom 14. 3. 1995 ausdrücklich bejaht hat. Damit ist in einer dem
Verfahren der Durchgriffserinnerung ähnlichen Weise sichergestellt
worden, daß die Entscheidung des Senats in der Sache nicht gegen
den Willen des betroffenen Beschwerdeführers erfolgt.
2. Die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Beklagten
gegen den Kostenfestsetzungbeschluß vom 7. 12. 1994 betreffend die
Kostenausgleichung erster Instanz hat auch in der Sache Erfolg. Der
Beklagte wendet sich zum einen gegen den Ansatz der
außergerichtlichen Kosten der Klägerin, soweit diese insgesamt
4.387,37 DM überschreiten, zum anderen gegen die
Nichtberücksichtigung eigener Zeitversäumniskosten in Höhe von
12O,OO DM gemäß Schriftsatz vom 26. 1O. 1994 (Bl. 345 d.A.). In
beiden Punkten sind die Rügen des Beklagten begründet.
a) Die Klägerin hat in erster Instanz Rechtsanwaltskosten für
ihren als Hauptbevollmächtigten tätig gewordenen Rechtsanwalt
Krüger und für den als Unterbevollmächtigten tätig gewordenen
Rechtsanwalt Hompesch zur Kostenausgleichung angemeldet (Bl. 276,
277 d. A.). Das Amtsgericht hat ausgeführt, diese Kosten seien in
voller Höhe erstattungsfähig, weil sie nur geringfügig über den
fiktiven Kosten lägen, die entstanden wären, hätte die Klägerin nur
einen Prozeßbevollmächtigten am Ort des Prozeßgerichts beauftragt
und zusätzlich die Kosten notwendiger Informationsreisen - wegen
der Dauer und Schwierigkeit der Sache seien insoweit drei
Informationsreisen zuzubilligen gewesen - aufwenden müssen. Dabei
ist aber nicht berücksichtigt worden, daß für die Klägerin eine
zumutbare Möglichkeit bestand, die Rechtsanwaltskosten deutlich
niedriger zu halten, wenn sie nämlich statt der Beauftragung eines
Hauptbevollmächtigten an ihrem Wohnort und eines
Unterbevollmächtigten am Ort des Prozeßgerichts (§ 53 BRAGO) von
der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte, einen Hauptbevollmächtigten
am Ort des Prozeßgerichts zu beauftragen und außerdem für den
Verkehr mit diesem Anwalt ein Rechtsanwalt an ihrem Wohnort als
Verkehrsanwalt (§ 52 BRAGO) einzuschalten. Dann wäre nämlich eine
volle Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer weniger entstanden als bei
der von der Klägerin gewählten Konstellation. Genau darauf zielt
auch die Erinnerung des Beklagten (Bl. 385). Bestellt - wie hier -
eine Partei, regelmäßig wegen weiter Entfernung vom Sitz des
Prozeßgerichts oder wegen besonderen Vertrauens, einen in ihrer
Nähe ansässigen Anwalt als Hauptbevollmächtigten und einen
Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts, dann sind die
Mehrkosten nicht erstattungsfähig, soweit sie die Kosten eines
Hauptbevollmächtigten am Prozeßgericht und eines notwendigen
Verkehrsanwalts am Wohnsitz der Partei übersteigen (vgl.
Zöller/Herget, a.a.O., Rdn. 13 zu § 91, Stichwort
,Unterbevollmächtigter" mit Rechtssprechungsnachweisen). So liegt
der Fall hier. Hätte die Klägerin von der letztgenannten
Möglichkeit Gebrauch gemacht, wären für ihre Hauptbevollmächtigten
drei volle Anwaltsgebühren (Prozeßgebühr, Verhandlungsgebühr und
Beweisgebühr) sowie für den Verkehrsanwalt eine weitere volle
Prozeßgebühr gemäß § 52 BRAGO angefallen. Eine Beweisgebühr neben
der Gebühr des § 52 BRAGO hätte der Verkehrsanwalt nicht verdient.
Bei der von der Klägerin gewählten Konstellation sind hingegen
gemäß §§ 31, 53 BRAGO insgesamt fünf volle Gebühren angefallen und
zwar jeweils 2 ½ Gebühren für den Hauptbevollmächtigten und den
Unterbevollmächtigten. Demgemäß sind die von der Klägerin zur
Ausgleichung angemeldeten Kosten um eine volle Gebühr von 914,OO DM
zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer = insgesamt 1.O51,1O DM zu kürzen, so
daß ein Betrag von 4.387,37 DM verbleibt, der in die
Kostenausgleichung einzustellen ist.
b) Was die angemeldeten Kosten für die Zeitversäumnis für den
Beklagten in Höhe von 12O,OO DM angeht, hat das Amtsgericht unter
Hinweis auf Münchner Kommentar/Belz zur ZPO, 1992, Rn. 23 gemeint,
die angemeldeten Kosten seien grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
Insoweit hat das Amtsgericht die angeführte Belegstelle aber
offensichtlich mißverstanden. An der betreffenden Stelle ist
nämlich ausdrücklich hervorgehoben, daß eine Entschädigung für
Zeitversäumnis nach dem Wortlaut des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur
dann in Betracht kommt, wenn sie entweder die Folge notwendiger
Reisen oder durch die Wahrnehmung von Terminen bedingt war. Auf
andere Gründe zurückzuführende Zeitversäumnis, etwa eine solche
durch schriftliche oder mündliche Information des
Verfahrensbevollmächtigten, führt nicht zu einer Kostenerstattung.
Das bedeutet für die hier angemeldeten Kosten: Soweit es sich um
die Zeitversäumnis handelt, die durch die notwendigen Reisen als
solche entstand, ist eine Entschädigung grundsätzlich möglich.
Nicht zu entschädigen ist hingegen die Zeitversäumnis, welche dann
durch die Besprechung der Partei mit ihrem Anwalt verursacht wurde
(vgl. auch Zöller/Herget a.a.O., Stichwort ,Zeitversäumnis"). Nur
so ist angesichts des klaren gesetzlichen Wortlauts das vom
Amtsgericht angeführte Zitat zu verstehen.
c) Was die Höhe der angemeldeten Kosten angeht, muß davon
ausgegangen werden, daß drei Informationsreisen des Beklagten zu
seinem Prozeßbevollmächtigten als notwendig anzusehen sind. Denn
eine entsprechende Anzahl von Informationsreisen (,mindestens
drei") hat das Amtsgericht in dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 7.
12. 1994 im Rahmen der fiktiven Berechnung der außergerichtlichen
Kosten der Klägerin auch dieser zugebilligt (Bl. 361 d.A.).
Schließlich ist, was die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der
hier streitigen Kosten angeht, darauf hinzuweisen, daß das
Amtsgericht hinsichtlich der Kosten des Beklagten in zweiter
Instanz - zu Recht - keine Bedenken gehabt hat, derartige Kosten
als erstattungsfähig anzusehen. Denn auch für die zweite Instanz
hat der Beklagte gemäß Schriftsatz vom 26. 1O. 1994 eine
Entschädigung für Zeitversäumnis, u. a. bedingt durch
Informationsreisen zu seinen zweitinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten, zur Erstattung angemeldet (Bl. 345, 346
d.A.), die vom Amtsgericht in dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 7.
12. 1994 betreffend die Kosten des Berufungsverfahrens auch in
vollem Umfang berücksichtigt worden sind (Bl. 363 f. d.A.). Warum
hinsichtlich der entsprechenden Kosten erster Instanz eine andere
Beurteilung erfolgen soll, ist nicht ersichtlich.
d) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen betragen
die ausgleichsfähigen Kosten der Parteien somit a) Klägerin
5.438,47 DM minus 1.O51,1O DM = 4.387,37 DM b) Beklagter: 3.396,12
DM insgesamt 7.783,49 DM
Von den Gesamtkosten trägt die Klägerin 76 % = 5.915,45 DM
abzüglich eigene Kosten = 4.387,37 DM
Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin: 1.528,O8
DM.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO, 8 GKG.
Beschwerdewert: 343,46 DM.
6 - -
OLG Köln:
Beschluss v. 17.07.1995
Az: 26 WF 42/95
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