Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 118/04
(BPatG: Beschluss v. 15.03.2005, Az.: 33 W (pat) 118/04)
Tenor
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 9. März 2004 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 25. August 2000 die Wortmarkejustinpointfür folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet
"Dienstleistung eines Werbebüros, Vermietung von Werbeflächen/-trägern, Werbeträger, Werbemedien (Produkte)".
worden.
Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung zunächst durch Zwischenbescheid vom 8. Januar 2003 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG beanstandet. Zu dieser Beanstandung hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 4. Februar 2003 Stellung genommen. Die Markenstelle hat daraufhin erneut mit Schriftsatz vom 28. Januar 2004 mitgeteilt, dass eine Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses erforderlich sei, bevor eine Entscheidung hinsichtlich der Schutzfähigkeit der beanspruchten Marke ergehen könne.
Daraufhin hat der Anmelder sein Waren- und Dienstleistungsverzeichnis gefasst wie folgt:
"Klasse 06: Werbeträger, nämlich Schilder aus Metall;
Klasse 09: Werbeträger, nämlich Leuchtschilder, Leuchtplakate, Leuchtsäulen, Monitore, Großmonitore, Infoscreens, LED-Tafeln;
Klasse 35: Dienstleistungen eines Werbebüros; Vermietung von Werbeflächen und von Werbeträgern".
Die Markenstelle für Klasse 35 hat mit Beschluss vom 9. März 2004 die Anmeldung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG iVm § 37 Abs 1 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die in bekannten Wörtern der englischen Sprache gehaltene Wortfolge "justinpoint" ohne weiteres mit "auf den Punkt genau" - "ganz genau", "präzise", "akkurat" zu übersetzen sei. Da es sich bei der genauen präzisen und akkuraten Arbeitsweise des Anbieters um eine besonders verkehrswesentliche Eigenschaft und um ein für Kunden wichtiges Merkmal der Erbringung der Dienstleistungen handle, werde der Verkehr hierin nur eine beschreibende Qualitätsangabe sehen. Dies gelte auch im Hinblick auf die beanspruchten Waren, bei denen die angemeldete Bezeichnung lediglich darauf hinweise, dass diese besonders präzise und akkurat gefertigt worden seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders.
Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.
Er trägt vor, dass "justinpoint" eine Wortschöpfung sei, die keinen definierten und erst recht keinen eindeutigen Sinngehalt vermittle. Die Markenstelle habe auch eine Benutzung der Bezeichnung weder aufzeigen noch nachweisen können, so dass dem Begriff insbesondere auch kein durch Benutzung erworbener Sinngehalt beigemessen werden könne.
Dem Anmelder sei im übrigen durch den Bescheid vom 28. Januar 2004 der Eindruck vermittelt worden, dass die ursprünglichen Beanstandungen fallengelassen worden seien. Üblicherweise sei das Vorgehen der Markenstelle so, dass aus verfahrensökonomischen Gründen eine Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nämlich erst dann vorgenommen werde, wenn hinsichtlich der absoluten Schutzvoraussetzungen Klarheit herrsche. Dem Anmelder hätte daher erneut rechtliches Gehör gewährt werden müssen, wenn die Markenstelle nach Eingang des geänderten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nach wie vor Bedenken hinsichtlich der Eintragbarkeit aus absoluten Gründen gehabt hätte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Wortfolge für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß § 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen insoweit keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.
1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK; 2003, 1050 - Cityservice). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht.
Es dürfen dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungskraft an Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft). Einem Werbeslogan wird der Verkehr zwar häufig eine beschreibende Werbeaussage entnehmen; dies schließt aber eine Identifizierungsfunktion nicht von vornherein aus. Deshalb ist in jedem Fall zu prüfen, ob der Werbeslogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ob er zumindest noch eine gewisse Unterscheidungskraft aufweist. Während bei Werbeslogans, die lediglich beschreibende Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten, von mangelnder Unterscheidungskraft auszugehen ist, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit der Werbeaussage Indizien für die hinreichende Unterscheidungskraft bieten.
Die als Marke angemeldeten drei Wörter, verbunden durch Gedankenstriche, werden die angesprochenen Verkehrskreise - hier im wesentlichen Fachkreise - ohne weiteres als Werbespruch auffassen. Die Marke ist zwar aus geläufigen Wörtern der englischen Alltagssprache zusammengesetzt, dennoch besitzt der Werbeslogan noch die erforderliche Unterscheidungskraft, weil er keinen eindeutigen Sinngehalt in seiner Gesamtheit erkennen lässt und insoweit bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen und Waren zu diffus, mehrdeutig und interpretationsbedürftig bleibt.
Das englische Wort "just" wird als Adjektiv mit "gerecht", "anständig" oder auch "korrekt", als Adverb mit "genau", "eben", "gerade eben" übersetzt (vgl Duden, Oxford, Großwörterbuch Englisch/Deutsch, 2. Aufl., S 1264). "Point" bedeutet im Deutschen "Punkt", "Spitze", "Zeitpunkt" (Duden Oxford Großwörterbuch Englisch aaO, S 1407, 1408). Die gesamte Wortfolge "justinpoint" findet sich in den einschlägigen Wörterbüchern allerdings nicht (vgl Duden Oxford Großwörterbuch Englisch/Deutsch, aaO; Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, Muret-Sanders, 2001, S 622, 852; Cassell's Dicitionary of Slang, 2000, S 681, 682; Europäische Redewendungen, Englisch/Deutsch, 1977, S 269, 270; Anette Becker, Idioms, Englisch-Deutsch, 1997, S 304, 307, 439, 440).
Allerdings hat sich in einer vom Senat durchgeführten Internetrecherche die hier begehrte Wortfolge nachweisen lassen: So findet sich auf der Internetseite "thesundevils.coll.sports.com" der Satz: "It wasn't just in point production, either, that Eddie's absence was felt". Auf der Internetseite "namepros.com" steht der Satz "I am just in point and click ..." und auf der Internetseite (in der es um religiöse Fragen geht) "www.usmi.pcn.net": "Both of them are models of spirituality perfectly fitting with consecrated life, just in point with him who has a colloquy with Jesus and has received a mission".
Diese lediglich sehr vereinzelten Nachweise lassen einen eindeutigen Sinngehalt der begehrten Wortfolge insbesondere in dem von der Markenstelle behaupteten Sinn "genau auf den Punkt" nicht ohne weiteres erkennen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die hier begehrten Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9 und 35, die sämtliche mit Werbeträgern bzw den dazugehörigen Dienstleistungen im Zusammenhang stehen. Die Nachweise aus der Internetrecherche ergeben keinen Bezug zu diesen oder ähnlichen Waren und Dienstleistungen.
Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).
Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortfolge nicht. Eine Verwendung dieser Bezeichnung als beschreibende eindeutige Angabe ist bisher nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit als Sachangabe erfolgen wird.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 71 Abs 3 MarkenG zurückzuweisen. Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung einer Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen angeordnet werden, dh insbesondere im Falle von Verfahrensfehlern wie beispielsweise der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Die Markenstelle hat mit ihrem ersten Beanstandungsbescheid vom 8. Januar 2003 darauf hingewiesen, dass das absolute Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 MarkenG in Betracht kommt. In einem zweiten Beanstandungsbescheid wurde auch das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis beanstandet. In diesem Bescheid vom 28. Januar 2004 heißt es ausdrücklich, dass eine Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses erforderlich sei "bevor eine Entscheidung hinsichtlich der Schutzfähigkeit der beanspruchten Marke ergehen kann". Damit hat die Markenstelle eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG noch zu prüfen sind. Der Anmelder hatte bereits aufgrund des ersten Beanstandungsbescheids ausreichend Zeit, zu diesen Beanstandungen Stellung zu nehmen, was er mit Schriftsatz vom 4. Februar 2003 auch getan hat. Wie sich aus dem Beschluss der Markenstelle vom 9. März 2004 ergibt, hat die Markenstelle die Argumente des Anmelders bei ihrer Entscheidung auch entsprechend berücksichtigt.
Winkler Kätker Dr. Hock Cl/Pü
BPatG:
Beschluss v. 15.03.2005
Az: 33 W (pat) 118/04
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