Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juli 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 227/02
(BPatG: Beschluss v. 09.07.2003, Az.: 32 W (pat) 227/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 17. Dezember 1999 für Sanitärkeramik, nämlich Waschtische, Doppelwaschtische, Handwaschbecken, Handwaschbecken-Halbsäulen, Ablagen, Waschtischsäulen, Waschtischhalbsäulen, Sitzwaschbecken (Wand- und Standmodelle), Klosetts (Wand- und Standmodelle), Spülkästen, Urinale; Badewannen, Duschwannen, Badmöbel; Accessoires, nämlich WC-Sitze, Glashalter mit und ohne Gläser, Seifenhalter, Seifenschalen, Handtuchhalter, Handtuchringe, Handtuchhaken, Badetuchhalter, Wannengriffe, Klossettbürstengarnituren; Spiegel; Armaturen für Sanitärkeramik, nämlich Waschtisch-Batterien, Wannenfüll- und Brausebatterien, Brausebatterien, Duschgarnituren, Absperr- und Regelventile, Geruchsverschlüsse, Abflußarmaturen; Duschwannen, Duschkabinen, Duschabtrennungen, Duschgarnituren und aus diesen Waren zusammengestellte Duschsystemeangemeldete und am 10. Februar 2000 eingetragene Wortmarke RENOVA ist Widerspruch erhoben aus der seit 27. Februar 1996 für Renovierung, Überarbeitung und Umgestaltung von Küchen- und Badezimmereinrichtungen; Küchen- und Badezimmermöbel und deren Einzel- und Bestandteile; Einbau-Küchengeräte, nämlich Spülen, Kühlschränke, Herde, Backöfen, Kochmulden, Mikrowellenherde und Dunstabzugshauben;
eingetragenen Wort-/Bild-Marke 395 05 668 siehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht worden sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie legt weitere Benutzungsunterlagen in Form von Rechnungen vor und weist auf die enge Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren hin, da jeweils der Möbelbereich beansprucht werde.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluss vom 23. Mai 2002 aufzuheben und die deutsche Marke 399 80 169 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 395 05 668 zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die bestrittene Benutzung immer noch nicht glaubhaft gemacht sei. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen könne nicht in nachprüfbarer Weise die Art, der Ort, die Zeit und der Umfang der Benutzung entnommen werden. Auch sei bei der Feststellung des Ähnlichkeitsgrades der Marken zu berücksichtigen, dass bei der Widerspruchsmarke der Wortbestandteil "Renova" nur einer von drei gleichwertigen Bestandteilen der Marke sei.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, jedoch mangels Bestehens einer Verwechslungsgefahr der sich jeweils gegenüberstehenden Marken nicht begründet.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).
1.) Warenähnlichkeit Die Benutzung der Widerspruchsmarke ist glaubhaft gemacht für Küchenbestandteile (in Form von Arbeitsplatten) und Renovierung von Küchen- und Badezimmereinrichtungen. § 43 Abs. 1 MarkenG bestimmt, dass der Widersprechende aus einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang, wenn der Gegner die Benutzung der Marke bestreitet, glaubhaft zu machen hat, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der Marke, gegen die sich der Widerspruch richtet, gemäß § 26 MarkenG benutzt wurde, sofern sie zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarke erstmals am 21. August 2001 bestritten. Die Veröffentlichung der angegriffenen Marke erfolgte am 16. März 2000, die Eintragung der Widerspruchsmarke am 27. Februar 1996. Damit scheidet eine Benutzungspflicht nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aus. Die Benutzungspflicht der Widerspruchsmarke ergibt sich folglich im Zeitraum des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG. Endet der Zeitrang von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach der Veröffentlichung der Eintragung, so hat der Widersprechende glaubhaft zu machen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Benutzungszeitraum reicht deshalb vom 9. Juli 1998 bis zum 9. Juli 2003.
Bei der Entscheidung dürfen nur diejenigen Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden, für die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Eine Glaubhaftmachung ergibt sich zum einen für die Waren "Bestandteile von Küchenmöbeln" in Form von Küchenarbeitsplatten. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung wurde eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Firma R1... GmbH eingereicht, aus der sich ergibt, dass diese Gesellschaft als Lizenznehmerin der Markeninhaberin die Widerspruchsmarke in den Jahren 1998, 1999 und 2000 gemäß eingereichter Briefbögen, Prospekte und Rechnungskopien benutzt wurde; weitere Rechnungskopien wurden mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Die Tatsache, dass in dieser eidesstattlichen Versicherung die Lizenznehmerin "R1..." GmbH nicht mit ihrer voll- ständigen Firma "R2... mbH" bezeichnet wurde, erweckt für sich genommen keine Zweifel an der Glaubhaftmachung der Benutzung. Auf den Rechnungen, die der eidesstattlichen Versicherung beigefügt sind, ist die Handelsregistereintragung im Handelsregister der AG München unter HRB 106 595 vermerkt; die korrekte Firma ergibt sich aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug. Damit steht die Person der Lizenznehmerin fest.
Eine Marke ist dann benutzt, wenn sie in verkehrsüblicher Weise als Herkunftshinweis im Rahmen der üblichen wirtschaftlichen Betätigung benutzt wird. Bei den durch die Widerspruchsmarke geschützten Waren ist es üblich, dass die Marke auf der Ware oder der Verpackung angebracht ist. Bei Möbelteilen in Form von Küchenarbeitsplatten ist es auch verbreitet, dass sich die Kennzeichnung auf Musterständern befindet. Den eingereichten Unterlagen, auf die sich die eidesstattliche Versicherung bezieht, kann nur eine Benutzung der Widerspruchsmarke für Küchenarbeitsplatten entnommen werden. Der Prospekt "Wir bringen neue Impulse für ihre Geschäft!" zeigt auf der letzten Seite ein Display mit Mustern von Originalarbeitsplatten für den Ausstellungsraum. Küchenarbeitsplatten werden in verkehrsüblicher Weise als Meterware angeboten. Die Platten, von denen die Maßstücke abgeschnitten werden, sind normalerweise mehrere Meter lang und eignen sich üblicherweise nicht in ihrer Gesamtlänge zum Ansehen. Deshalb gibt es Musterständer, wie den abgebildeten, die die Marke tragen. Weitere Beispiele üblicher Warenbenutzung sind den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Die Kennzeichnung von den hier gegenständlichen Renovierungsdienstleistungen, die unkörperlicher Natur sind, folgt in verkehrsüblicher Weise in Angeboten, Prospekten und ähnlichem. In der eidesstattlichen Versicherung ist insoweit Bezug genommen auf den Prospekt "Wir möbeln Ihre Küche auf.", der die Widerspruchsmarke trägt. Desweiteren sind hier maßgebend die Rechnung an eine Firma M... GmbH vom 6. Oktober 2001 (Badbereich) und eine beispielshafte Rechnung an Herrn und Frau R... vom 26. Oktober 2001 (Küchenbereich). Für einen Ausschluss der Scheinbenutzung reicht dieser Vortrag aus.
Weder Küchenarbeitsplatten, noch Renovierungsdienstleistungen sind mit den Schutzgegenständen der angegriffenen Marke, die Sanitärgegenstände für das Bad und Badmöbel beansprucht, ähnlich. Von einer Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kann nur gesprochen werden, wenn die zu vergleichenden Waren bzw. Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbes. Beschaffenheit, regelmäßige betriebliche Herkunft und Vertriebsart, Verwendungszweck, Nutzung, wirtschaftliche Bedeutung und Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. BGH GRUR 1999, 731, 732 - Canon II). Küchenarbeitsplatten und Sanitärgegenstände für das Bad weisen keinerlei Ähnlichkeiten auf. Badmöbel und Küchenarbeitsplatten sind zwar im weitesten Sinne jeweils dem Möbelbereich zuzuordnen. Badmöbel sind jedoch fertige Gegenstände, wogegen Küchenarbeitsplatten lediglich Teile der Kücheneinrichtung sind. Hinzu kommt, dass es sich jeweils um ganz spezielle Waren handelt. Küchenarbeitsplatten sind üblicherweise Meterware, die noch speziell fachmännisch zugeschnitten und eingepasst werden müssen, so dass diese in der Regel bei speziellen Küchenfachbetrieben oder in den Holzabteilungen der Baumärkte erworben werden. Badmöbel dagegen werden normalerweise auf die entsprechenden Sanitärprodukte hin abgestimmt und werden deshalb im Sanitärfachhandel bzw. den Sanitärabteilungen der Baumärkte angeboten. Entscheidende Berührungspunkte können somit nicht festgestellt werden.
Auch eine Ähnlichkeit zwischen den Sanitärwaren der angegriffenen Marke und der Renovierungsdienstleistungen der Widersprechenden ist nicht gegeben. (Körperliche) Waren und (unkörperliche) Dienstleistungen sind generell auch dann nicht ähnlich, wenn die Waren Hilfsmittel bei der Erbringung der Dienstleistung sind. Gleichwohl können besondere Umstände die Feststellung der Ähnlichkeit nahelegen. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistungen unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung bzw. mit dem Vertrieb der Ware befasst oder, dass der Warenhersteller oder Vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt. Auf dem vorliegenden Waren- und Dienstleistungsgebiet ist dies nicht feststellbar. Anbieter von Sanitärkeramik bieten - soweit ersichtlich - keine Renovierungsdienstleistungen an. Die bekannten Sanitärprodukthersteller liefern ausschließlich an den Fachhandel oder vielleicht noch an Baumärkte. Mit Renovierungsdienstleistungen befassen sich in der Regel Handwerksbetriebe. Soweit Renovierungskonzepte industriell angeboten werden, so sind dies Anbieter, die im Sanitärbereich keine eigenen Produkte anbieten, sondern - wie es auch die Rechnungen der Widersprechenden zeigen - die Produkte von bekannten Herstellern verwenden.
2.) Die genaue Einordnung der Kennzeichnungskraft und die Frage der Ähnlichkeit der Marken können bei dieser Sachlage wegen des Fehlens der Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit dahinstehen.
Eine Verwechslungsgefahr kann folglich nicht festgestellt werden.
Die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) ist nicht veranlasst.
Winkler Viereck Sekretaruk Hu Abb. 1
BPatG:
Beschluss v. 09.07.2003
Az: 32 W (pat) 227/02
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