Landgericht München II:
Urteil vom 18. November 2009
Aktenzeichen: 1 HK O 3775/09, 1 HK O 3775/09
(LG München II: Urteil v. 18.11.2009, Az.: 1 HK O 3775/09, 1 HK O 3775/09)
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, sich im Zusammenhang mit einem Kreditvermittlungsvertrag zur Baufinanzierung vom Verbraucher einen Auftrag zur Bewertung der die Baufinanzierung betreffenden Liegenschaft erteilen zu lassen, für den ein Entgelt unabhängig davon zu entrichten ist, ob es zum Abschluss des gewünschten Kreditvertrags kommt.
II.
Die Beklagte wird verurteilt es zu unterlassen, sich im Zusammenhang mit einem Kreditvermittlungsvertrag zur Baufinanzierung von einem Verbraucher zur Bewertung einer Liegenschaft beauftragen zu lassen und dabei das Entgelt wie folgt zu vereinbaren:
"... Nach der Honorartafel zu § 34 Abs. 1 HOAI ... Normalstufe, niedrigster Satz, zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 8% und zzgl. MwSt..."
III.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der in Ziffern I und II. genannten Verbote ein Ordnungsgeld bis zu Euro 250.000,-- (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
IV.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 178,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.06.2009 zu bezahlen.
V.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI.
Das Urteil ist in Ziffer I. und II. gegen eine Sicherheitsleistung von jeweils 15.000,-- Euro vorläufig vollstreckbar, in Ziffern IV. und V. gegen eine Sicherheitsleistung von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass sich die Beklagte neben einer Provision für eine erfolgreiche Darlehensvermittlung gesondert ein Entgelt für die Bewertung einer Immobilie versprechen lässt, wobei sie bei Vertragsschluss nicht einmal die genaue Höhe des Entgelts angibt.
Die Klägerin ist eine qualifizierte Einrichtung gemäß § 8 Absatz 3 Nr. 3 UWG. Die Beklagte vermittelt unter anderem im Bereich der Baufinanzierung Kreditverträge.
Am 16.10.2008 unterzeichneten die Eheleute €, die nach einer Baufinanzierung für ihr Grundstück in G-N suchten, einen von der Beklagten vorbereiteten Kreditvermittlungsauftrag (Anlage K 3) sowie einen Auftrag zur Bewertung ihrer Liegenschaften (Anlage K 4). Die Beklagte hatte die Erstellung eines solchen Gutachtens zur Voraussetzung für eine erfolgreiche Kreditvermittlung erklärt.
In dem Bewertungsauftrag lautet die Honorarvereinbarung:
"Das Honorar für diese Leistung wird nach der Honorartafel zu § 34 Absatz 1 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure), Normalstufe, niedrigster Satz, zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 8% und zuzüglich Mehrwertsteuer geschuldet und zwar unabhängig vom Ergebnis der Schätzung auch dann, wenn der Kreditantrag zurückgezogen oder nicht positiv erledigt wird. Sie bzw. ihre Partnerbank kann / können die Schätzung umgehend erstellen bzw. erstellen lassen. Der Auftraggeber ist verpflichtet, auf Anforderung die mutmaßlichen Gutachterkosten als Vorleistung zu bezahlen und den Rest nach Fertigstellung des Gutachtens und Übersendung einer Rechnung."
Die Beklagte erstellte die Immobilien-Expertise unter dem Datum 01.11.2008 und berechnete hierfür einen Betrag in Höhe von 1.905,12 Euro, den die Eheleute ... an die Beklagte zahlten.
Am 15.01.2009 teilte die Beklagte den Eheleuten ... mit, dass das von ihnen gewünschte Fremdgewährungsdarlehen in Höhe von 425.000,-- Euro nicht vermittelt werden könne. Möglich sei lediglich ein Darlehen über 166.000,-- Euro, das für die Eheleute ... angesichts des Finanzierungsbedarfs nicht in Betracht kam.
Mit Anwaltsschreiben vom 28.05.2009 (Anlage K 6) ließ die Klägerin die Beklagte wegen der Forderung des Entgelts für die Erstellung des Gutachtens abmahnen und setzte eine Frist zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung bis 04.06.2009.
In einer weiteren Abmahnung vom 06.07.2009 (Anlage K 7) beanstandete die Klägerin das Anbieten von Leistungen ohne Angabe von (End-) Preisen. Die Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagten als Darlehnsvermittlerin, sei es untersagt, für eine Leistung im Zusammenhang mit der Vermittlung des Verbraucherdarlehensvertrages ein Entgelt zu verlangen. Die Beklagte habe sich im Zusammenhang mit dem Antrag auf Gewährung eines oder mehrerer Kredite gegen Entgelt einen Auftrag zur Wertermittlung erteilen lassen, worin eine Vergütung liege.
Es handle sich hierbei nicht um Auslagen, da die Beklagte selbst als Verfasser, Lieferant und alleiniger Haftungsträger das Gutachten unterzeichnet habe und somit keine Fremdkosten vorliegen würden.
Darüber hinaus sei das Gutachten wertlos.
Ferner liege ein Verstoß gegen § 1 Absatz 1 Satz 1 PAngVO vor, da die Beklagte keinen Endpreis angegeben habe, sondern der Letztverbraucher den zu zahlenden Preis selbst ermitteln müsse. Ein Ausnahmefall nach § 9 Absatz 5 Nr. 1 PAngVO liege nicht vor, da die Beklagte weder Architekt noch Ingenieur sei. Ebenfalls handle es sich bei der Erstellung des Wertgutachtens für ein Grundstück um eine Standardleistung, die in einer Vielzahl von Fällen in gleicher Weise angeboten und erbracht werde, so dass die Beklagte ein Preisverzeichnis nach § 5 Preisangabenverordnung hätte erstellen müssen, indem sie - gestaffelt nach Grundstückswert - die jeweiligen Vergütungssätze hätte aufschlüsseln müssen.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, sich im Zusammenhang mit einem Kreditvermittlungsvertrag zur Baufinanzierung von Verbraucher einen Auftrag zur Bewertung der die Baufinanzierung betreffenden Liegenschaft erteilen zu lassen, für den ein Entgelt unabhängig davon zu entrichten ist, ob es zum Abschluss des gewünschten Kreditvertrags kommt.
2. Die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, sich von einem Verbraucher zur Bewertung einer Liegenschaft beauftragen zu lassen und dabei das Entgelt wie folgt zu vereinbaren:
"... Nach der Honorartafel zu § 34 Abs. 1 HOAI € Normalstufe, niedrigster Satz, zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 8% und zzgl. MwSt."
3. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der in Ziffern 1 und 2. genannten Verbote ein Ordnungsgeld bis zu Euro 250.000,-- (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 178,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.06.2009 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Sie ist der Meinung, dass die §§ 655 a ff. BGB auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und den Eheleuten ... nicht anwendbar sei, da lediglich der Darlehensgeber zur Entgeltzahlung verpflichtet sei. Die Beklagte werde von der Bank entlohnt.
Hinsichtlich des Auftrags zur Bewertung der Liegenschaften werde das Nebenentgelt nicht für Leistungen der Beklagten als Darlehensvermittler vereinbart, sondern für die Gutachtenserstellung durch einen Dritten. Gemäß § 655 d Satz 2 BGB könne vereinbart werden, dass diese Kosten dem Darlehensvermittler zu erstatten seien.
Der Unterlassungsanspruch nach der Preisangabenverordnung bestehe bereits deswegen nicht, weil diese nur im Hinblick auf die unmittelbar angebotenen oder beworbenen Produkte gelte, nicht aber für Produkte, die lediglich für die Verwendung der angebotenen oder beworbenen Produkte erforderlich seien. Die Wertermittlung sei notwendig, um den Kreditvermittlungsantrag sachgerecht bearbeiten zu können.
Ferner stehe der genaue Preis erst fest, wenn der Wert des Grundstücks ermittelt sei.
Außerdem liege ein Ausnahmefall nach § 9 Absatz 5 Nr. 1 PAngVO vor. Die HOAI sei anwendbar. Ein Preisverzeichnis könne nicht erstellt werden, da sich das tatsächliche Honorar erst durch Einsetzen des ermittelten Grundstückswerts errechnen lasse.
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Auf die Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 28.10.2009 wird Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der Sache auch begründet.
1. Der gemäß § 8 Absatz 3 Nr. 3 UWG, §§ 3, 4 UKlaG klagebefugten Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 655 d Absatz 1 BGB, 2 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nr. 1 UKlaG zu.
Auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und den Eheleuten € sind die §§ 655 a ff. BGB anwendbar, da die entgeltliche Vermittlung gemäß § 655 a BGB gegenüber dem Verbraucher darin besteht, dass sich der Verbraucher für die Erstellung des Gutachtens zu einer Entgeltzahlung verpflichtet.
31Die von der Klägerin vorgenommene Trennung des Kreditvermittlungsvertrages und des Vertrages über die Bewertung der Liegenschaft ist eine unzulässige Umgehung des Verbots der erfolgsunabhängigen Vermittlervergütung gemäß § 655 e BGB.
Es handelt sich bei der Honorarvereinbarung in dem Auftrag zur Bewertung der Liegenschaften nicht um Auslagen der Beklagten als Darlehensvermittlerin, da im vorliegenden Fall die Eheleute ... die Beklagte mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt haben und die Beklagte dies auch selbst ausgeführt hat. Es handelt sich nicht um Fremdkosten, die der Beklagten durch die Beauftragung eines außenstehenden Sachverständigen entstanden sind.
332. Die Preisangabenverordnung ist anwendbar, da die Bewertung der Liegenschaft auch nach dem Vortrag der Beklagten zur sachgerechten Bearbeitung des Kreditantrags unbedingt erforderlich ist, so dass es sich um eine unmittelbar angebotene Leistung handelt.
34Da es sich nicht um Auslagen handelt, die aus Honoraren von Personen stammen, die nach der HOAI abrechnen, liegt auch ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 i.V.m. § 1 Absatz 1 Satz 1 PAngVO und §§ 2 Absatz 1 UKlaG i.V.m. § 1 Absatz 1 Satz 1 PAngVO vor. Ein Ausnahmefall gemäß § 9 Absatz 8 Nr. 3 liegt aus oben dargelegten Gründen nicht vor.
Das Gericht hat den Antrag Ziffer 2 dahin klargestellt, dass er sich auf diesen konkreten Fall im Zusammenhang mit einem Kreditvermittlungsvertrag zur Baufinanzierung mit einem Verbraucher bezieht.
Gemäß §§ 12 Absatz 1 Satz 2 UWG steht dem Kläger die geltend gemachte Pauschale von 178,50 Euro als Aufwendungen zu.
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Absatz 2,286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 ZPO;
der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 ZPO.
LG München II:
Urteil v. 18.11.2009
Az: 1 HK O 3775/09, 1 HK O 3775/09
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