Bundespatentgericht:
Urteil vom 15. März 2001
Aktenzeichen: 2 Ni 19/99
(BPatG: Urteil v. 15.03.2001, Az.: 2 Ni 19/99)
Tenor
1.
Das europäische Patent 0 674 828 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 5 dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass der letzte Halbsatz in Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält: "..., welche sich zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt" und sich die Patentansprüche 2 bis 5 bei ansonsten unverändertem Wortlaut auf diesen eingeschränkten Patentanspruch 1 zurückbeziehen.
2.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin drei Viertel, die Beklagte ein Viertel.
4.
Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung von jeweils 5.000.--DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter Inanspruchnahme der Prioritäten der deutschen Gebrauchsmusteranmeldungen 92 17 265 und 92 17 302 vom 17. Dezember 1992 am 8. Dezember 1993 international angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 674 828 (Streitpatent), das eine Vorrichtung mit einem Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung eines elektronischen Moduls betrifft und vom Deutschen Patentund Markenamt unter der Nummer 593 03 280 geführt wird. Das Patent umfasst 14 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache Deutsch folgenden Wortlaut hat:
"1. Elektronisches Modul, insbesondere Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17) aufweist zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (28) zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers, mit einem Kunststoffrahmen (1), der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Oberund/oder Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welche sich bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt."
Wegen der ebenfalls angegriffenen Unteransprüche 2 bis 5 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 5 des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:
1.
europäische Offenlegungsschrift 0 417 648 A2 (Anlage K3), 2.
europäische Offenlegungsschrift 0 459 044 A1 (Anlage K4), 3.
Datenblatt Mitsubishi Electric Corporation, Specification of IC Card Type No. MF32M1-L2DATXX, Revision May 1991 (Anlage K5), 4.
Datenblatt Mitsubishi Memory Card, Juli 1991 (Anlage K6), 5.
"Speicher: Viel Leistung -wenig Platz" in "Elektronik" 17./19.8.1988, S. 42 und 43 (Anlage K7, in der mündlichen Verhandlung als K9 bezeichnet);
6.
Catherine Gross "Les cartes memoires" in ELECTRONIQUE No. 21, Oktober 1992, S. 80 bis 82 (Anlage K8, in der mündlichen Verhandlung als K10 bezeichnet).
Darüber hinaus habe das japanische Unternehmen M... Corporation bereits im Jahr 1991 durch nach ihrem "standard design" gefertigte IC-Cards den Gegenstand des Patentanspruchs 1 vollständig vorweggenommen.
Die Klägerin, die in der Klageschrift beantragt hat, das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären, dies aber nur auf die mangelnde Patentfähigkeit der Patentansprüche 1 bis 5 gestützt hatte, hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sich die Klage von Anfang an nur auf die Ansprüche 1 bis 5 bezogen habe, deren Nichtigerklärung "in vollem Umfang" gemeint gewesen sei.
Sie beantragt, das europäische Patent 0 674 828 im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 5 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte, die den ursprünglichen Antrag der Klägerin dahingehend gedeutet hat, dass das Streitpatent im gesamten Umfang seiner 14 Patentansprüche angegriffen sei, weshalb sie auch einen alle Ansprüche umfassenden Hilfsantrag gestellt habe, hat das Patent in der mündlichen Verhandlung nur noch mit folgendem Patentanspruch 1, auf den sich die Patentansprüche 2 bis 5 bei ansonsten unverändertem Wortlaut zurückbeziehen, eingeschränkt verteidigt:
"1. Elektronisches Modul, insbesondere Speichermodul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste (16, 17) aufweist zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten (28) zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers, mit einem Kunststoffrahmen (1), der eine bestückte Leiterplatte (2) aufnimmt und der an seiner Oberund/oder Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung (7, 8) trägt, welche sich zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials bis auf die Leisten (16, 17) erstreckt."
Die Beklagte beantragt, die weitergehende Klage abzuweisen.
Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 5 des Streitpatents in deren beschränkt verteidigten Fassung für patentfähig.
Gründe
Rechtsgrundlage für die gegen ein europäisches Patent gerichtete Nichtigkeitsklage ist Artikel 138 EPÜ in Verbindung mit Artikel II § 6 IntPatÜG. Danach kann ein europäisches Patent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gem. Artikel 138 Abs.1 lit a EPÜ, Artikel II § 6 Nr.1 IntPatÜG unter anderem dann für nichtig erklärt werden, wenn sein Gegenstand nach den Artikeln 52 bis 57 EPÜ nicht patentfähig ist. Die in §§ 22, 21 PatG genannten Nichtigkeitsgründe spielen im Nichtigkeitsverfahren, das ein europäisches Patent zum Gegenstand hat, keine Rolle. Ausschließlich das Verfahren richtet sich nach deutschem Recht (Art. 138 Abs.1 S.1, 1. HS EPÜ).
Die Teilnichtigkeitsklage, mit der danach der in Art. II § 6 Abs.1 Nr. 1, Abs.2 IntPatÜG, Art. 138 Abs.1 lit a, Abs.2 iVm Art. 54 und Art. 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist nur teilweise begründet, nämlich im Umfang der von der Beklagten in zulässiger Weise erklärten Beschränkung. Insoweit ist das Streitpatent ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (vgl Benkard, PatG 9. Aufl., § 22 Rn 33 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die weitergehende Klage hat keinen Erfolg, denn der Gegenstand des Streitpatents ist, soweit er angegriffen wurde, im verteidigten Umfang patentfähig. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Stand der Technik nach den von der Klägerin benannten Druckschriften sowie die geltend gemachte Benutzungshandlung den Fachmann allein unter Einsatz seiner fachlichen Fähigkeiten in die Lage gesetzt hätten, zum beanspruchten Modul zu gelangen. Die durch die ordnungsgemäße Patenterteilung erlangte Rechtsstellung kann der Patentinhaberin nur dann genommen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass sie diese zu Unrecht erlangt hat (BGH GRUR 91, 522 ff mwN), was vorliegend nicht der Fall ist.
I.
Das Streitpatent betrifft laut Beschreibungseinleitung zum einen ein elektronisches Modul, insbesondere ein Speichermodul, und zum anderen einen Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung des elektronischen Moduls auf einer Leiterplatte. Durch derartige Module können Systemkomponenten, wie z.B. Zentralbaugruppen oder Kommunikationsprozessoren von Automatisierungsgeräten, mit einem variablen Speicherausbau realisiert werden. Sie können je nach Anforderung der Automatisierungsaufgabe, mit einem Speicher unterschiedlicher Größe ausgestattet sein. Das Modul und der zu seiner Aufnahme auf der Leiterplatte bestimmte Kunststoffträger müssen hierbei die Anforderungen der Industrietauglichkeit erfüllen (Sp. 1, Z. 3 bis 19).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent das technische Problem zugrunde, ein derartiges Modul und den zu seiner Aufnahme bestimmten Kunststoffträger zu schaffen, die mit einfachen Mitteln eine gute elektromagnetische Verträglichkeit gewährleisten und Potentialverschiebungen zwischen dem elektronischen Modul und seiner Umgebung vermeiden (Sp 1 Abs 3).
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent im Anspruch 1 ein elektronisches Modul vor, das nach der Beschränkung -ohne Bezugszeichen -folgende Merkmale aufweist:
1. Das elektronische Modul weist an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste auf, 1.1. die Leisten dienen der Aufnahme und der Halterung des Moduls 1.2. in dazu korrespondierenden Nuten 1.3.
zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers 2.
das elektronische Modul weist einen Kunststoffrahmen auf, 2.1. der eine bestückte Leiterplatte aufnimmt und 2.2. der an seiner Oberund/oder Unterseite eine elektrisch leitende Abdeckung trägt, 3.2.1. welche sich bis auf die Leisten erstreckt 3.2.2. zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials.
Das wesentliche Lösungsmerkmal besteht darin, ein elektronisches Modul mit zwei Leisten zur dessen Aufnahme und Halterung in korrespondierenden Nuten zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers anzugeben, bei dem sich die Abdeckung bzw. die Abdeckungen des Moduls zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials bis auf die Leisten erstreckt bzw. erstrecken.
II.
Die merkmalsmäßige Ergänzung des Patentanspruchs 1 durch das Merkmal 3.2.2. der vorstehenden Merkmalsanalyse ist zulässig.
So ist die vorgenommene merkmalsmäßige Ergänzung im vorliegenden Anspruch 1 bezüglich der elektrisch leitenden Abdeckungen, welche sich bis zu den Leisten erstrecken und -so die Ergänzung -zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials dienen, in der Patentschrift offenbart, vgl Beschreibung Spalte 3, Zn 40 bis 46 sowie Patentanspruch 6.
Nach der Beschreibungseinleitung betrifft das Patent zudem ein elektronisches Modul, das an zwei gegenüberliegenden Seiten jeweils eine Leiste aufweist, und einen Kunststoffträger zur Aufnahme und Halterung des elektronischen Moduls in zu den Leisten korrespondierenden Nuten des Kunststoffträgers, wobei das elektronische Modul und der korrespondierende Kunststoffträger gemeinsam zur Lösung der gestellten Aufgabe beitragen, vgl Beschreibung Spalte 1, Zn 20 bis 27 iVm Spalte 2, Zn 15 bis 18.
Somit ist eine Beschränkung des auf ein elektronisches Modul gerichteten Patentanspruchs 1 durch Angaben in einem auf einen Kunststoffträger gerichteten Patentanspruch 6 insofern zulässig, als diese Angaben das elektronische Modul dahingehend betreffen, dass Mittel (elektrisch leitende Blattfedern 29, 30, 31, 32 iVm Laschen 45, 46) zur elektrischen Verbindung, d.h. elektrischen Kontaktierung, der elektrisch leitenden Abdeckung (7, 8) des Moduls im Bereich seiner Leiste mit einem Bezugspotential vorgesehen sind, vgl Patentanspruch 6 iVm Spalte 4, Zeilen 36 bis 47.
Die diskutierte Beschränkung ist auch ursprünglich in der PCT-Anmeldung PCT/DE 93/01173 offenbart, und zwar in den Ansprüchen 1 und 7 sowie in der Beschreibung Seite 1, 1. und 3. Abs sowie Seite 5, 1. Abs.
Die in Rede stehende Beschränkung ist zwar in der Form einer Zweckangabe gefaßt, jedoch für den Fachmann besagt diese Angabe vorliegend, dass die Abdeckung des Moduls räumlichkörperlich so auszugestalten ist, dass diese sich soweit auf die Leisten -die zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten zweier U-förmiger Schienen des Kunststoffträgers dienen -erstreckt, dass im Bereich dieser Leisten und, da diese Leisten nur im Bezug zu den U-förmigen Schienen näher definiert sind, auch im Bereich dieser U-förmigen Schienen des Kunststoffträgers die elektrische Kontaktierung mit einem Bezugspotential möglich ist, vgl BGH GRUR 1981, 259 Leitsatz, 260 Abschn. II. 2.a) "Heuwerbungsmaschine II".
III.
a) Der Gegenstand des beschränkt verteidigten Patentanspruchs 1 ist neu (Art 54 EPÜ / § 3 PatG), da, wie es sich aus der nachfolgenden Abhandlung zur erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns ergibt, in dem Stand der Technik gemäß den von der Klägerin benannten Druckschriften und bei der geltend gemachten Benutzungshandlung ein elektronisches Modul mit zwei Leisten zur dessen Aufnahme und Halterung in korrespondierenden Nuten zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers nicht als bekannt nachzuweisen ist, bei dem die Abdeckung bzw. die Abdeckungen des Moduls sich zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials bis auf die Leisten erstreckt bzw. erstrecken.
b) Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art 56 EPÜ / § 4 PatG) des zuständigen Fachmanns eines berufserfahrenen, mit Konstruktion und Fertigung von elektromagnetisch verträglichen elektronischen Modulen befaßten Diplom-Ingenieurs mit Fachhochschulabschluß.
Die Literaturstelle "Speicher: Viel Leistung -wenig Platz" (a.a.O./K9) betrifft eine scheckkartengroße IC-Speicherkarte, d.h. ein elektronisches Modul, das einen Kunststoffrahmen (Rahmen) mit am Innenrand beidseitig eingelassenen Stützflächen aufweist, auf denen eine Folie mit elektronischen Bauelementen sowie metallische Abdeckungen (Deckplatte, untere Deckplatte) angeordnet sind, die über in den Kunststoffrahmen (Rahmenkonstruktion) eingearbeitete Steckverbinder (Steckverbinder-Gehäusehälften) an das Massepotential geführt sind, vgl dort Bild 2 mit zugehöriger Beschreibung auf Seite 43, li Sp Absatz "Mechanischer Aufbau". Der von den Stützflächen abgesetzt verstärkte Kunststoffrahmenteil stellt -auch nach der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgetragenen Auffassung -die jeweils an zwei gegenüberliegenden Längsseiten des elektronischen Moduls befindlichen Leisten zur Aufnahme und Halterung des Moduls in dazu korrespondierenden Nuten zweier U-förmiger Schienen eines Kunststoffträgers dar, vgl Bild 1 und 2 mit zugehöriger Beschreibung Seite 42, li Sp und Seite 43, li Sp oben "Mechanischer Aufbau".
Demnach erstrecken sich bei diesem Modul die elektrisch leitenden Abdeckungen nicht bis auf die -so definierten -Leisten. Weiterhin hat der Fachmann hier keinerlei Anlaß, zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials die Abdeckungen bis auf die Leisten, d.i. bis auf den abgesetzt verstärkten Kunststoffrahmenteil, zu führen, da bei diesem Stand der Technik die metallischen Abdeckungen bereits über in den Kunststoffrahmen eingearbeitete Steckverbinder mit dem Massepotential kontaktiert sind, vgl Bild 2 und 3 mit zugehöriger Beschreibung Seite 43, li Sp.
Somit gelangt der Fachmann aufgrund dieser Literaturstelle allein nicht zum Gegenstand des beschränkt verteidigten Patentanspruchs 1.
Auch der übrige genannte Stand der Technik iVm den geltend gemachten Benutzungshandlungen können dem Fachmann keinen Hinweis auf den Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 geben.
Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung gibt auch die ebenfalls elektronische Module betreffende Literaturstelle "Les cartes memoires" (a.a.O./ K10) dem Fachmann keinen Hinweis, die Abdeckungen bis auf die Leisten der Module zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials zu führen. Denn in dieser sich mit Normungsproblemen von über Steckverbindungen kontaktierten Speicherkarten befassenden Druckschriften ist von einem speziellen Modulaufbau mit Kunststoffrahmen, Leisten und metallischen Abdeckungen und deren gegenseitigen geometrischen Relationen, insbesondere von der Kontaktierung metallischer Abdeckungen der Module -soweit welche nach Figur 2 vorhanden sein sollten -keine Rede, vgl dort die Figuren 1 bis 3 mit zugehöriger Beschreibung, insbesondere Seite 82, mittlere Spalte.
Somit vermag auch diese Druckschrift nicht, den Fachmann zur Lehre des verteidigten Patentanspruchs 1 anzuregen.
Das elektronische Module, insbesondere Speichermodule betreffende Datenblatt "M... Corporation 1991" (a.a.O./K6 speziell Seiten 15, 41, 56 und 58) offenbart zwar einen inneren Aufbau eines Moduls (S 15) sowie dessen Gebrauch mittels eines Adapters (S 41) oder eines Auswurf-Aufsatzes (Eject Header S 56), jedoch ist auch in dieser Schrift von einem speziellen Modulaufbau mit Kunststoffrahmen, Leisten und metallischen Abdeckungen und deren gegenseitiger geometrische Relation sowie insbesondere von der Kontaktierung metallischer Abdeckungen dieser Module keine Rede ist. Auch der Hinweis auf Seite 58 dieser Schrift, dass die Endbuchstaben " ....XX" der Typenbezeichnung der Speichermodule eine kundenspezifische Oberflächengestaltung der Speichermodule und/oder kundenspezifische Angaben zu deren Programmcodes (XX indicates customers artwork and/or program codes) bezeichnet, vermag den Fachmann nicht zum Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 anzuregen.
Das IC-Karten betreffende Datenblatt M... Corp. "Specification of IC Card Type MF32M1-L2DATXX" (a.a.O./K5) kann aus den gleichen Gründen ebensowenig wie das vorstehend abgehandelte Datenblatt dem Fachmann einen Hinweis auf den Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 geben. Mangels Angaben in dieser Schrift über den speziellen Modulaufbau mit Kunststoffrahmen, Leisten und metallischen Abdeckungen nebst deren gegenseitigen geometrischen Relationen, insbesondere über die Kontaktierung metallischer Abdeckungen dieser Module vermag auch der Hinweis auf Seite 1/20, dass die Typen-Kennzeichnung " ...XX" der Identifikation der Kundenspezifikation z. Bsp. hinsichtlich des Gehäusenoberflächen-Designs und der RAM-Daten dienten, den Fachmann nicht dazu anzuregen, die metallischen Abdeckungen bis auf die Leisten zur elektrischen Kontaktierung eines Bezugspotentials zu ziehen, wie dies der verteidigte Patentanspruch 1 lehrt.
Die IC-Karten betreffenden europäischen Offenlegungsschriften 0 417 648 (K3) und 0 459 044 (K4) gehen ihrem Inhalt nach nicht über die Literaturstelle "Speicher: Viel Leistung -wenig Platz" (a.a.O./K9) hinaus und vermögen daher ebenfalls nicht, das elektronische Modul gemäß dem verteidigten Patentanspruch 1 nahezulegen Die mit der Klagebegründung geltend gemachte Vorbenutzung bezieht sich auf ein Muster eines elektronischen Moduls mit der Typenbezeichnung MF32M1-L2DAT00, das zusammen mit dem Datenblatt "Specification of IC Card Type MF32M1-L2DATXX" (a.a.O./Anlage K5) gemäß dem Schreiben der Klägerin an die Nichtigkeitsbeklagte vom 15. März 1999 (Seite 1) ein Standard-Design der Fa. Mitsubishi Electric Europe darstellt.
Zum Nachweis des Öffentlich-Werdens von Speicher-Karten (Memory Card) mit der Typenbezeichnung MF 31M1-L2DAT 01 durch Verkauf wurde ein Auszug aus einer Booking-Liste vom 21. Februar 1991 laut Anlage K8 vorgelegt.
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nicht mehr aufgegriffen hat, bleibt der klägerische Vortrag zur geltend gemachten Vorbenutzung unsubstantiiert. Daher kann es dahingestellt bleiben, ob das ausgelieferte, aber nicht näher beschriebene Modul MF 31M1-L2DAT 01 mit dem Modul MF32M1-L2DATXX im Hinblick auf das Streitpatent wesensgleich ist, zumal das Modul MF32M1-L2DATXX gemäß Anlage K5 -wie vorstehend ausgeführt -das elektronische Modul gemäß dem verteidigten Patentanspruch 1 auch nicht nahezulegen vermag.
Somit ist das elektronische Modul gemäß dem verteidigten Patentanspruch 1 im Hinblick auf den von der Klägerin genannten druckschriftlichen Stand der Technik auch iVm der geltend gemachten Vorbenutzung patentfähig.
Die ebenfalls angegriffenen Unteransprüche 2 bis 5, die Ausgestaltungen der Erfindung nach dem verteidigten Patentanspruch 1 enthalten, werden vom beständigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte (BPatGE 34, 215).
IV.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 84 Abs.2 PatG iVm § 92 Abs.1 S.1 ZPO, wobei der Senat die Verringerung des gemeinen Werts des Patents, soweit dieses angegriffen wurde, durch den Umfang der Nichtigerklärung mit einem Viertel veranschlagt hat. Hierbei ist der Senat davon ausgegangen, dass der klägerische Angriff von Anfang an nur gegen die Patentansprüche 1 bis 5 gerichtet war. Zwar deutete die Formulierung im ersten Teil des ursprünglich formulierten Antrags darauf hin, dass die Klägerin eine vollständige Vernichtung des Streitpatents anstrebte. Aber bereits in der im Antrag enthaltenen Begründung wurde nur auf die mangelnde Patentfähigkeit der Ansprüche 1 bis 5 Bezug genommen, so dass sich aus ihm der Umfang des Angriffs nicht eindeutig feststellen ließ. Das Gewollte war dementsprechend durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei hat sich das Gericht zum einen auf die Begründung der Klage gestützt, die ebenfalls nur die Ansprüche 1 bis 5 zum Gegenstand hatte. Zum anderen war zu berücksichtigen, dass die Patentansprüche 6 bis 14 einen anderen technischen Gegenstand betreffen als die ersten fünf Ansprüche, zu dem keinerlei Material genannt worden war und an deren Nichtigerklärung die Klägerin auch vor dem Hintergrund des parallelen Verletzungsprozesses erkennbar kein Interesse hatte.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs.1 PatG iVm § 709 S.1 ZPO.
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BPatG:
Urteil v. 15.03.2001
Az: 2 Ni 19/99
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