Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 149/02

(BPatG: Beschluss v. 05.06.2003, Az.: 25 W (pat) 149/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Rehamobilist am 11. Februar 1998 für die Waren und Dienstleistungen "Pharmazeutische Erzeugnisse; Präparate für die Gesundheitspflege, chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; Aus- Fort- und Weiterbildung von Kranken- und Altenpflegepersonal; Begleitung bei betreuten Spaziergängen und Ausflügen; Betrieb von Sozialstationen zur Pflege und Betreuung pflegebedürftiger Menschen; Pflegeberatung; therapeutische und pflegerische Versorgung von Patienten im Bereich der ambulanten und häuslichen medizinischen Versorgung, der Vorsorge, Nachsorge und Rehabilitation; Physiotherapien, Krankengymnastik, Ergogymnastik und Ergotherapie; ärztliche und psychologische Beratung und Betreuung; Angehörigenberatung und -betreuung; soziale Beratung, Vermittlung sozialer Dienste, Unterstützung bei der Inanspruchnahme gesetzlicher Sozialleistungen; Sterbebegleitung; häusliche Krankenpflege, Grund- und Behandlungspflege, häusliche Pflegehilfe; hauswirtschaftliche Versorgung, Haushaltshilfe; Vermietung von Pflegehilfsmitteln; Verpflegung außer Haus, Anlieferung von Tagesmahlzeiten" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 hat die Anmeldung nach Beanstandung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen des absoluten Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) zurückgewiesen. Die Bezeichnung "Rehamobil" stelle eine sprachüblich gebildete Zusammensetzung aus dem geläufigen Kurzwort "Reha" für "Rehabilitation" und "mobil" mit der allgemeinen Bedeutung von "beweglich" dar und sei - in ihrem Sinngehalt von "mobiler Rehabilitation" als fachspezifisches Schlagwort vergleichbar mit "ambulanter Rehabilitation" - für den überwiegenden Teil des Verkehrs ohne weiteres in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachangabe erkennbar. Diese könnten sämtlich im Zusammenhang mit einer mobilen Erbringung von Rehabilitationsleistungen bzw dem mobilen Vertrieb einschlägiger Produkte stehen, so dass "Rehamobil" auch eine eindeutige Sachaussage darstelle und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 aufzuheben.

Der Senat hat der Anmelderin durch Zwischenbescheid vom 18. Dezember 2002 eine Internetrecherche übersandt und darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung "Rehamobil" ebenso einen ohne weiteres verständlichen Aussageinhalt aufweise wie die recherchierten vergleichbar gebildeten Wortzusammenfügungen "Büchermobil", "Arztmobil", "Altenmobil", "Kindermobil", "Zahnarztmobil", "Apothekenmobil", "Giftmobil" usw, da die beanspruchten Dienstleistungen ebenso durch Einsatz eines "Rehamobils" erwartet werden könnten und die beanspruchten Waren zu einer zweckmäßigen, funktionsgerechten Ausstattung eines derartigen "Rehamobils" gehörten. Die Anmelderin hat hierzu ausgeführt, dass die angemeldete Bezeichnung ein ungebräuchliches Kunstwort darstelle, welches wegen des abstrakten Sinngehalts von "Rehabilitation" - eines komplexen Maßnahmekatalogs zur Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit - anders als die recherchierten Wortbildungen nicht auf konkrete Objekte bzw Personen beziehe und mangels eines verständlichen Aussageinhalts nicht mit diesen vergleichbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen und Waren das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.

1) Unterscheidungskraft im Sinne von des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo - zur GMV). Deshalb kann - worauf die Anmelderin zutreffend abstellt - die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (zur ständigen Rspr vgl EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo; BGH MarkenR 1999, 292, 294 - HOUSE OF BLUES).

a) Danach sind insbesondere solche Zeichen nicht unterscheidungskräftig, bei denen es sich für den Verkehr in bezug auf die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen ohne weiteres erkennbar um eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt, wenn auch sonstigen Zeichen, die diesem Schutzhindernis nicht unterfallen und die auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache zählen, jegliche Unterscheidungskraft fehlen kann (vgl hierzu eingehend BPatG MarkenR 2002, 201, 205-207 - BerlinCard - mwH). Denn aus der Sicht des Verkehrs kann es zahlreiche - im Einzelfall zu untersuchende - Gründe geben, in einem Zeichen keinen herkunftsbezogenen Hinweis zu sehen - wie zB bei nur mittelbar beschreibenden Bezeichnungen bzw solchen mit lediglich assoziativer Verbindung zur Ware oder Dienstleistung oder bei Werbeschlagwörtern. So hat auch das Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, "dass ein Zeichen nicht beschreibend ist, bedeutet noch nicht automatisch, dass es unterscheidungskräftig ist" (EuG MarkenR 2003, 112, 114, - UltraPlus).

b) Auch die Wortzusammenfügung "Rehamobil" stellt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für den vorliegend angesprochenen durchschnittlich informierten Verbraucher (vgl hierzu und zum veränderten Verbraucherleitbild BGH MarkenR 2002, 124, 127 - Warsteiner III; EuGH MarkenR 2002, 231, 236 - Philips/Remington) ein nicht unterscheidungskräftiges Zeichen dar. So ist das Kürzel "Reha" für "Rehabilitation" jedermann geläufig und auf dem hier einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich auch in Wortzusammenfügungen wie "Rehaklinik" "Rehastation" oder "Rehatechnik" gebräuchlich. Dies gilt ebenso für das Wort "mobil", welches jedermann als Synonym für "beweglich" bekannt ist und - wie der Senat anhand der Internetrecherche ergänzend belegen konnte - insbesondere als nachgestellter Bestandteil in Komposita wie "Zahnarztmobil", "Giftmobil", "Kindermobil", "Büchermobil" usw verwendet wird, mithin Wortverbindungen, welche vergleichbar dem Wort "Automobil" einen verselbständigten Sinngehalt aufweisen. So steht die Wortzusammenfügung "Büchermobil" als Synonym für eine mobile Bücherei, welche oft in einem entsprechend genannten Fahrzeug - dem Büchermobil - die jeweiligen Zielorte anfährt. Ebenso verhält es sich mit dem Wort "Giftmobil", welches laut Angabe der übersandten Internetrecherche "an Stellen hält, in denen kein Werkstoffhof in der Nähe ist".

c) Auch die Anmelderin stellt dies nicht in Abrede, meint jedoch, dass die angemeldete Bezeichnung wegen des fehlenden konkreten Aussagegehalts von "Reha" nicht vergleichbar sei. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Eintragung eines angemeldeten Zeichens bereits dann für den beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen ist, wenn sich auch nur für eine spezielle, hierunter fallende Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (vgl BGH WRP 2002, 91, 93-94 - AC; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND) und auch der Umstand, dass es sich um eine verallgemeinernde Aussage oder um einen unbestimmten Begriff handelt, nicht der Annahme fehlender Unterscheidungskraft und damit hier der Vergleichbarkeit der recherchierten Wortzusammenfügungen entgegenstehen muss. Denn auch die mögliche Tatsache, dass sich dem Verbraucher aufgrund einer verallgemeinernden Aussage, die im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalte nicht ohne weiteres sofort erschließen (vgl BGH GRUR 2002, 884 - B-2 alloy), steht mit einem Verständnis als bloße nicht unterscheidungskräftige Sachangabe - wie auch der Beurteilung als freihaltungsbedürftiger Sachbegriff - nicht im Widerspruch (vgl für die Sammelbezeichnung "Bücher für eine bessere Welt" auch BGH MarkenR 2000, 330, 332). Dies gilt insbesondere dann, wenn das Zeichen in einer Weise gebildet ist, die den Bezeichnungsgewohnheiten auf dem maßgeblichen Waren- oder Dienstleistungssektor entspricht (vgl BGH GRUR 2002, 884 - B-2 alloy) und eine begriffliche Unbestimmtheit der Sachaussage gewollt ist, um etwa einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen. Hierfür ist die angemeldete Wortzusammenfügung ebenso wie zB die Bezeichnungen Arzt- oder Altenmobil ein typisches Beispiel, welches insbesondere auch unter Berücksichtigung der gewählten Sprachform und der insoweit üblichen Bezeichnungsgewohnheiten (vgl hierzu EuGH, MarkenR 2001, 400 - Babydry; BGH MarkenR 2001, 465 469, - Bit/Bud - mwH) gebildet ist und in verallgemeinender Aussage das Leistungsangebot einer umfassenden mobilen Erbringung von Rehamaßnahmen charakterisiert. So bewirbt die Anmelderin selbst im Internet die von ihr angebotenen mobilen Rehamaßnahmen mit der Aussage "RehaFit kommt auch zu Ihnen nach Hause" unter dem Schlagwort "Rehamobil". Insoweit ist es auch unerheblich, ob die Rehamaßnahmen in einem sogenannten "Rehamobil" erbracht werden oder hiermit nur der mobile Einsatz von Ware und Dienstleistung vor Ort zur Durchführung der Rehamaßnahmen gemeint ist.

Denn auch wenn man die Bezeichnung "Rehamobil" - wie die Markenstelle angenommen hat - in relevantem Umfang im allgemeineren Sinne von "mobile Rehabilitation" versteht, bleibt der beschreibende Kontext zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen gleichermaßen erhalten bzw schließt diesen ein, weil entweder das Rehamobil zu den Patienten kommt, um sie ambulant zu versorgen, oder aber die mobile Rehabilitation auf sonstige Weise erbracht wird.

d) Die angesprochenen Verkehrskreise werden deshalb in "Rehamobil" in Bezug auf die beanspruchten Waren, welche sämtlich zur Ausstattung eines mobilen Rehazentrums zählen können, und in Bezug auf Dienstleistungen, welche sämtlich Teil von Rehamaßnahmen sind oder hiermit in engem Zusammenhang stehen können, ausschließlich einen beschreibenden Sachhinweis sehen, der die jeweiligen Waren bzw Dienstleistungen bzw deren Inhalt oder Gegenstand schlagwortartig beschreibt (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; EuG GRUR Int 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKO-LAND).

2) Der Senat sieht aufgrund der vorgenannten Feststellungen auch wesentliche Anhaltspunkte dafür gegeben, dass "Rehamobil" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, an welcher die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsinteresse haben. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des EuG für die Annahme einer beschreibenden und somit vom Markenschutz ausgeschlossen Angabe bereits ausreicht, wenn "zumindest eine der potenziellen Bedeutungen ein Merkmal der betroffenen Ware oder Dienstleistung bezeichnet" (so EuG MarkenR 2002, 92, 95 - STREAMSERVE; WRP 2002, 510, 513 - CARCARD), wobei sich das Freihaltungsinteresse auch nicht auf unersetzliche beschreibende Angaben und Zeichen reduziert (vgl hierzu auch BPatG GRUR 2003, 245, 246-247 - Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf). Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, da sich die angemeldete Wortzusammenfügung bereits im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als nicht eintragungsfähig erweist.

Kliems Bayer Engels Pü






BPatG:
Beschluss v. 05.06.2003
Az: 25 W (pat) 149/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/cdb9bcc3f494/BPatG_Beschluss_vom_5-Juni-2003_Az_25-W-pat-149-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share