Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 27. Januar 2010
Aktenzeichen: I-15 U 230/09

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 27.01.2010, Az.: I-15 U 230/09)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.06.2009 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf-grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Be-klagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin macht aus mit Vereinbarung vom 10.09.2009 (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 05.05.2009, Bl.142 - 143 GA) abgetretenem Recht des Zeugen M. einen Schadenersatzanspruch aus Anlass des Erwerbs von Aktien der Beklagten durch den Zeugen am 26.07.2007 geltend.

Die Beklagte ist ein Kreditinstitut in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Größter Aktionär der Beklagten war die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die zu 80 % dem Bund und zu 20 % den Bundesländern gehört. Die Beklagte versteht sich als Kreditinstitut für den Mittelstand und hat sich vor allem mit der Finanzierung von Krediten für mittelständische Unternehmen einen Namen gemacht.

Seit dem Jahr 2001 war die Beklagte über diesen Bereich hinaus in dem um die Jahrtausendwende entstandenen internationalen Kapitalmarkt sogenannter strukturierter Forderungsportfolien und im Zusammenhang damit auch im Geschäftsbereich Verbriefungen tätig geworden und zwar sowohl unmittelbar durch eigene Investments - die Mitte 2007 ein Volumen von 6,8 Mrd. € hatten - als auch mittelbar durch die Gewährung von Liquiditätslinien und die Erbringung von Beratungsleistungen gegenüber Zweckgesellschaften, die ihrerseits unmittelbar in diese Finanzprodukte investierten. Gegenstand beider Investmentbereiche waren auch solche Finanzprodukte, die sich zumindest zum Teil auf Portfolien mit Forderungen aus dem US-Hypothekenmarkt, darunter auch sogenannte Subprimes, beziehen. Insoweit unterhielt die Beklagte geschäftliche Beziehungen zu einem Zweckgesellschaftenverbund namens "R. Conduit" (im Folgenden R. Conduit). Dieses Conduit besteht aus verschiedenen, im Jahre 2001 zum Zweck des Erwerbs und der Verwaltung von Vermögenswerten gegründeten sogenannten Ankaufsgesellschaften sowie der "A." mit Sitz in D./USA als Refinanzierungsgesellschaft. Das R. Conduit erwirtschaftete über 90 % seiner Erträge durch Investments in verbriefte internationale Forderungsportfolien. Hierbei kauften die Ankaufsgesellschaften u.a. sogenannte "C. (Cs.)" an, was durch die Ausgabe von sogenannten A. (A.) durch die Refinanzierungsgesellschaft am Kapitalmarkt refinanziert wurde. Zur Refinanzierung gaben die Ankaufsgesellschaften sogenannte CP. (CP.) aus, die von der Refinanzierungsgesellschaft, hier der R., angekauft wurden, wobei diese ihrerseits den Erwerb durch die Ausgabe von A.s refinanzierte. Beide Arten von Wertpapieren wurden mit relativ kurzer Laufzeit am Kapitalmarkt platziert und gehandelt. Um das Rating der von den Zweckgesellschaften ausgegebenen A.s und damit deren Handelbarkeit weiter zu verbessern, werden diese üblicherweise gegen Entgelt durch Liquiditätslinien von Kreditinstituten zusätzlich abgesichert.

Die Beklagte war mit dem R. Conduit durch Beratungsleistungen, die seit dem Jahr 2006 von der I. C. GmbH (im Folgenden I. I. C. GMBH) erbracht wurden, und durch zur Verfügung gestellte Liquiditätslinien geschäftlich verbunden. Für beide Leistungen erhielt sie Vergütungen und erzielte dabei Renditen, die ihr Ergebnis verbesserten. Die den Ankaufsgesellschaften von der Beklagten gestellten Liquiditätslinien beliefen sich Ende Juli 2007 auf etwa 8,1 Mrd. €, daneben bestanden zugunsten des R. Conduit Kreditlinien anderer Kreditinstitute. Die Beklagte wiederum refinanzierte sich über den Interbankenmarkt.

Im US-Hypothekenmarkt häuften sich wegen stark gestiegener Zinsen, einem allgemeinen Preisverfall von Immobilien und sehr niedriger Kreditvergabestandards seit dem Frühjahr 2007 die Ausfälle von Immobilienkrediten. Auch diese Immobilienkredite waren auf dem Kapitalmarkt zu Paketen gebündelt in Form von strukturierten Wertpapieren gehandelt worden. Mitte Juli 2007 begannen Ratingagenturen damit, ihre Ratings wegen höherer Ausfallrisiken insbesondere für großzügig vergebene Hypothekenkredite zweitklassiger Qualität, sogenannter Subprimes, für viele dieser Produkte herabzustufen. Es gab Gerüchte, nach denen die Beklagte mit Blick auf den US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko treffe. Etwa seit Mitte Juli 2007 sanken die Preise für die durch sie emittierten Anleihen. Auch weiteten sich die B. der Beklagten, d.h. die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung, aus, da der Markt offenbar ein höheres Ausfallrisiko annahm. Zudem stieg der Preis für sogenannte D. (D.) auf die Beklagte an, am 20.07.2007 gab es bei B. erstmals eine veröffentlichte Preisstellung auf die D. auf die I. Der Kurs der Aktie der Beklagten fiel derweil bei hohen Handelsumsätzen, wegen des damaligen Kursverlaufs wird auf die hierzu überreichte Grafik (Anlage B 13 = Bl. 52-60 AB) verwiesen. Die Beklagte wollte die aufgekommenen Gerüchte ausräumen. Der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten O. gab am 20.07.2007, einem Freitag, eine Pressemitteilung heraus. Darin heißt es u.a.:

"…Mit dem ersten Geschäftsquartal ist die I. sehr gut in das Geschäftsjahr 2007/2008 gestartet. So konnte das Neugeschäft im Konzern mit einer Zuwachsrate von 39 % auf den neuen Quartalshöchststand von 4,6 Mrd. € gesteigert werden. Das für die Bank besonders wichtige inländische Kreditgeschäft konnte um 29 % auf 1,3 Mrd. € ausgeweitet werden.

Angesichts dieser guten Entwicklung kann das Operative Ergebnis im 1. Quartal voraussichtlich um 15 % gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal auf 63 Mrd. € gesteigert werden.

Vor diesem Hintergrund bestätigen wir unsere Aussage, in diesem Geschäftsjahr ein Operatives Ergebnis im I.-Konzern in Höhe von 280 Mio. € zu erreichen.

Die Entwicklung im europäischen Bankensektor - insbesondere in den Aktien- und Kreditmärkten - ist in den letzten Wochen von einer hohen Volatilität geprägt gewesen. Anlass hierfür waren insbesondere die Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt. Die jüngste sehr umfassende M. Analyse für dieses Marktsegment hat im Hinblick auf I.-Engagements in internationale Portfolioinvestments und auf die Beratungsmandate der I. C. GmbH praktisch keine Auswirkung. Von den in diesem Zusammenhang von M. auf die Watchlist gesetzten Tranchen ist die I. lediglich mit einem einstelligen Millionen-Betrag betroffen. Von der jüngsten Analyse, die S. & P. für den D.-Markt erstellt hat, ist die I. in keinerlei Hinsicht betroffen. Schwerpunkte unserer Engagements bilden Investments in Portfolien von Unternehmenskrediten.

Der vollständige Quartalsbericht wird am 14. August veröffentlicht….."

Der Aktienkurs der Beklagten fiel auch nach Veröffentlichung dieser Mitteilung bei weiterhin hohen Handelsumsätzen weiter und brach am 25.07.2007 bei immer noch hohen Handelsvolumina regelrecht ein. Auch die Aktienkurse anderer Kreditinstitute fielen in dieser Zeit, allerdings weniger stark.

Am 27.07.2007, einem Freitag, schloss die A. Bank AG im Rahmen eines Standardgeschäfts die bislang üblichen Handelslinien der Beklagten im Interbankenverkehr. Andere Kreditinstitute zogen nach. Am Wochenende 28./29. Juli 2007 kam es zu einem Krisentreffen unter Beteiligung der KfW, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin), der Deutschen Bundesbank sowie des Bundesfinanzministeriums. Ergebnis dieses Treffens war, dass ein Rettungsschirm für die Beklagte gespannt wird, um ihr Überleben zu sichern.

Am 30.07.2007, einem Montag, ließ die Beklagte eine Adhoc Mitteilung nach § 15 WpHG veröffentlichen. Wegen ihres Inhalts wird auf die Anlage K 4 (Bl. 77 AB) verwiesen.

Der Zedent erwarb am 26.Juli 2007 1.000 Stück Aktien der Beklagten über die Kreissparkasse M. zu einem Kurs von 23,77 €, wofür er inklusive der Erwerbsnebenkosten 23.916,04 € aufgewendet hat. Am 10.09. 2007 übertrug der Zedent die Aktien auf die Klägerin.

Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgetragen, die Pressemitteilung vom 20.07.2007 enthalte falsche Tatsachenbehauptungen und zwar insoweit, als die Beklagte darin im Zusammenhang mit der Aussage, von der Subprime-Krise nicht betroffen zu sein, erklärt habe, der Schwerpunkt ihres Engagements im D.-Markt liege in Portfolien von Unternehmenskrediten. Tatsächlich habe der Schwerpunkt des Engagements der Beklagten jedoch ebenso wie dasjenige des R. Conduits im Subprime-Bereich gelegen. Insoweit hat die Klägerin auf den geänderten Geschäftsbericht der Beklagten für das Geschäftsjahr 2006/2007 verwiesen (Anlage K 3 = Bl. 3-76 AB). Struktur und Umfang ihres Engagements seien der Beklagten spätestens bekannt gewesen, nachdem sie von der Bundesbank im März 2007 gebeten worden sei, zu ihrem Investment im Subprime-Bereich Angaben zu machen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Pressemitteilung sei auch insofern falsch, als die Beklagte keine Angaben zum Subprime-Anteil des R. Conduits und der Zweckgesellschaften gemacht habe, wozu sie verpflichtet gewesen sei. Im Sommer 2007 habe sich lediglich das Risiko realisiert, welches die Beklagte durch ihr Engagement im Subprime-Bereich eingegangen sei. Die Krise sei nicht völlig unvorhersehbar gewesen, sondern absehbar und systemimmanent. Eine analoge Anwendung des § 37 c WpHG sei geboten, da ein Fall der Gesetzesumgehung vorliege. Ein Anspruch ergebe sich auch aus § 37 b WpHG bzw. aus § 826 BGB. Die Geschäftsleitung der Beklagten habe bei Veröffentlichung der Mitteilung vom 20.07.2007 bedenken- und gewissenlos gehandelt. Die Pressemitteilung sei kausal für die Anlageentscheidung des Zedenten gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 23.916,04 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2008 Zug um Zug gegen Übertragung von 1.000 Stück Aktien der I., WKN 00000, ISIN:DE 000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Sie hat darüber hinaus im Wesentlichen vorgetragen, ihre Veröffentlichungen hätten stets ihrem jeweiligen Kenntnisstand und ihrer aktuellen Risikoeinschätzung entsprochen. Sie habe sich angesichts der seinerzeit unbeanstandet praktizierten Bilanzierungspraxis darauf beschränken dürfen, die Risiken für ihre Eigenbilanz darzustellen. Die hierzu getroffenen Aussagen seien zutreffend gewesen. Ein Anspruch nach § 37 c WpHG scheide aus, da eine Haftung für falsche Pressemitteilungen in Analogie allenfalls bei einem hier nicht gegebenen Formmissbrauch in Betracht komme. Jedenfalls fehle es an der Kausalität der Pressemitteilung für die Anlageentscheidung des Zedenten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch bestehe weder aus §§ 823 Abs.2 BGB i.V.m. 400 Abs.1 Nr. 1 AktG, weil die Pressemitteilung tatbestandlich nicht erfasst werde, noch aus § 826 BGB, da nicht dargetan sei, dass dem Zedenten durch ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten ein Schaden zugefügt worden sei. Ein entsprechend den vom BGH entwickelten Grundsätzen als sittenwidrig einzustufendes Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten sei nicht festzustellen. Die Beklagte habe keine falsche Kapitalmarktinformation verbreitet, eigennütziges Verhalten falle ihr nicht zur Last. Da die Pressemitteilung keine Adhoc-Mitteilung sei, falle sie nicht unter § 37 c WpHG, für eine analoge Anwendung fehle es an einer Regelungslücke. Auch auf § 37 b WpHG könne die Haftung nicht gestützt werden. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Beklagte Insiderinformationen i.S.v. § 13 WpHG nicht oder nicht rechtzeitig veröffentlicht habe. Das allgemeine Risiko der Inanspruchnahme aus der dem R. Conduit gewährten Liquiditätslinie sei nicht publikationspflichtig gewesen, da es bekannt gewesen sei. Dass ein gesteigertes Risiko der Inanspruchnahme schon vor dem 27.07.2007 bestanden habe, sei nicht festzustellen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt im Wesentlichen aus: Das Landgericht habe zu Unrecht eine analoge Anwendung des § 37 c WpHG abgelehnt. Eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke liege vor und zwar unter dem Aspekt der Gesetzesumgehung, da eine an sich adhocpflichtige Mitteilung durch eine schlichte Pressemitteilung an die Öffentlichkeit gebracht worden sei. Von dem erheblichen Kursbeeinflussungspotenzial ihrer Mitteilung sei die Beklagte ihrem eigenen Vortrag nach ausgegangen. Der Inhalt der Pressemitteilung sei dazu geeignet, von einem verständigen Anleger bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt zu werden, da die Beklagte vor dem Hintergrund der aufziehenden Subprime-Krise mitgeteilt habe, von dieser gar nicht bzw. nur im einstelligen Millionenbereich betroffen zu sein, da der Schwerpunkt ihres Engagements in Investments in Portfolien von Unternehmenskrediten liege. Die Klägerin rügt insoweit einen Verstoß gegen Art. 103 Abs.1 GG, der darin zu sehen sei, dass das Landgericht wesentliche Teile ihres Vortrages, insbesondere ihren mit Schriftsatz vom 28.05.2009 gehaltenen Sachvortrag, in keiner Weise gewürdigt habe. Sie, die Klägerin, habe sehr wohl dargetan, dass die Pressemitteilung grob unrichtig gewesen sei und zwar insoweit, als die Beklagte mitgeteilt habe, der Schwerpunkt ihres Engagements habe in Portfolien von Unternehmenskrediten und nicht in Subprimes gelegen. Sie habe der Beklagten nie vorgeworfen, dass sie die Krise Ende Juli 2007 oder die Kündigung der Deutschen Bank hätte vorhersehen müssen. Sie werfe der Beklagten vor, den Markt wider besseres Wissen über die wahre Höhe ihres Engagements sowie des Engagements ihrer Zweckgesellschaften im Subprime-Bereich getäuscht bzw. unzureichend informiert zu haben, obwohl sie spätestens im Zusammenhang mit der Beantwortung der Anfrage der Deutschen Bundesbank im März 2007 über den genauen Grad ihres Engagements im Subprime-Bereich detailliert informiert gewesen sei, d.h. auch darüber, dass Subprime-Kredite mit 60 % den Schwerpunkt ihres eigenen Gesamtengagements bildeten. Das Landgericht sei zu Unrecht von einem Anteil von nur 35 % im Bereich des D.-Marktes ausgegangen.

Auch wenn die Beklagte nach den damaligen Bilanzierungsvorschriften nicht verpflichtet gewesen sei, die Verbindlichkeiten ihrer Zweckgesellschaften in ihren Abschluss aufzunehmen, ändere dies in materiellrechtlicher Hinsicht nichts daran, dass sie für die Verbindlichkeiten ihrer Zweckgesellschaften vollumfänglich hafte, sodass im Rahmen der Pressemitteilung das Gesamtengagement hätte berücksichtigt werden müssen.

Auch die Verneinung des Anspruchs aus § 37 b WpHG beruhe auf dem Übergehen von erheblichem Sachvortrag. Die Beklagte hätte, so die Klägerin, den tatsächlichen Grad ihres eigenen Engagements und das ihrer Zweckgesellschaften im US-Subprime-Markt als Insiderinformation veröffentlichen müssen. Beide Versäumnisse der Beklagten seien als vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig zu werten, da die Veröffentlichung ebenso wie die unterbliebene unverzügliche Richtigstellung entweder wider besseres Wissen oder aber in Kenntnis der Bedeutung der gegebenen Informationen ins Blaue hinein erfolgt sei.

Auch der Anspruch aus § 826 BGB sei gegeben. Das Landgericht habe verkannt, dass eigennütziges Handeln der Mitarbeiter der Beklagten angesichts der beabsichtigten Stützung des Aktienkurses und dem Aktienbesitz leitender Mitarbeiter sowie deren Anspruch auf Zahlung von Boni sehr wohl festzustellen sei. Zudem ergebe sich ein Schadenersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 20 a WpHG.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az.:

1 O 310/08, vom 30.06.2009 die Beklagte zu verurteilen, an sie

EUR 23.916,04 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5

Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2008

Zug um Zug gegen Übertragung von 1.000 Stück Aktien der I.,

WKN 000, ISIN:DE 000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie führt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen aus: Die Höhe ihres Engagements am US-Hypothekenmarkt bzw. dieses Engagements mit Subprime-Bezug stelle für sich genommen noch keinen veröffentlichungspflichtigen Umstand i.S.d. WpHG dar. Die Investition in hoch "geratete" Forderungsportfolien habe in der gesamten Branche grundsätzlich als attraktives und risikoloses Geschäftsmodell gegolten. Es habe sich bei diesen Umständen daher nicht um Insidertatsachen gehandelt, zumal ihre Investitionen in strukturierte Wertpapiere seit Beginn in den Jahren 2001/2002 regelmäßig Teil der Berichterstattung in den Geschäftsberichten gewesen sei. Eine Pflicht, die Höhe des Subprime-Anteils ihrer Eigeninvestments sowie derer des R. Conduits detailliert auszuweisen, habe nicht bestanden. Aus damaliger Sicht habe sie, die Beklagte, jedenfalls bis zum 27.07.2007 keine nennenswerten Auswirkungen auf ihre Bonität befürchten müssen, erst mit Sperrung ihrer Kreditlinien durch die Deutsche Bank und des Einbruchs des A.-Marktes in der Folgezeit habe sich diese Risikobewertung geändert. Ihr Investmentvolumen in internationale Kreditportfolien in Höhe von 6,8 Mrd. € sei nicht gleichzusetzen mit ihrem Engagement am US-Hypothekenmarkt, da es auch Investments in Kreditkartenforderungen und Unternehmenskredite gegeben habe. Letztere hätten mit 53% sehr wohl den Schwerpunkt ihres eigenen Engagements gebildet. Der Subprime-Anteil von 60%, auf den sich die Klägerin bezogen habe, betreffe nur ihr Engagement am US-Hypothekenmarkt nicht ihr Gesamteigenportfolio, bezogen auf dieses der Subprime-Anteil 37% betragen habe. Die Pressemitteilung vom 20.07.2007 sei inhaltlich zutreffend gewesen, sodass auch eine Haftung nach § 826 BGB ausscheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Schadenersatz gegen die Beklagte aus Anlass des Aktienerwerbs vom 26.07.2007 durch den Zeugen M..

1. Ein Schadenersatzanspruch aus § 37 c WpHG (analog) besteht nicht. Nach dieser Vorschrift haftet der Emittent, der eine falsche Insiderinformation veröffentlicht.

a) Ein Schadenersatzanspruch aus § 37 c WpHG scheidet schon deshalb aus, weil es sich bei der Pressemitteilung vom 20.07.2007 nicht um eine Adhoc-Mitteilung i.S. v. § 15 WpHG gehandelt hat. Die Veröffentlichung erfolgte unter der ausdrücklichen Bezeichnung "Pressemitteilung" und überdies nicht in den Publikationsorganen für Adhoc-Publizität. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des 6. und des 9. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Düsseldorf in den Urteilen I-6 U 14/09 vom 10.09.2009 und I-9 U 215/08, I-9 U219/08, I-9 U14/09 und I-9 U 19/09 vom 29.06.2009 an.

b) Ein Schadenersatzanspruch aus § 37 c WpHG in analoger Anwendung kommt nicht in Betracht. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke, die Voraussetzung einer analogen Anwendung der Vorschrift auf den von der Klägerin geltend gemachten Sachverhalt wäre.

Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung einer Emittentenhaftung für fehlerhafte oder unterlassene Adhoc-Mitteilungen in den §§ 37 b und c WpHG durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz (im folgenden FMFG) ganz bewusst davon abgesehen, eine Anspruchsgrundlage für Schäden aufgrund jeglicher Form der Fehlinformation des Kapitalmarktes zu schaffen (so auch Sethe in Assmann/ Schneider, WpHG, 5. Auflage, §§ 37 b, c WpHG RN 131; Longrino DStR 2008, 2068 ff. unter 3.2.2 und Fenchel DStR 2002,1355 unter 3.4.4). Mit der Änderung der wertpapierhandelsrechtlichen Vorschriften durch das 4. FMFG wollte der Gesetzgeber einerseits "den Anlegerschutz stärken, indem die Transparenz auf den Wertpapiermärkten erhöht und die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, das Verbot der Kurs- und Marktmanipulation und des Missbrauchs von Adhoc-Meldungen wirksam durchzusetzen" (BT-Drucksache 14/8017, Seite 62/63). Zu diesem Zweck wurden die "Anspruchsgrundlagen für Schadenersatzansprüche von Anlegern bei der verspäteten, unterlassenen oder unrichtigen Veröffentlichung kursbeeinflussender Tatsachen" geschaffen (BT-Drucksache 14/8017, Seite 63). Bei dieser Gelegenheit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass es sich bei § 15 WpHG nicht um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt, da Schutzgut dieser Norm die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ist (BT-Drucksache 14/8017, Seite 87). Andererseits wollte der Gesetzgeber "beim Ausbau des Anlegerschutzes eine Überregulierung vermeiden, die die Wettbewerbsfähigkeit einschränkt, ohne den Anlegerschutz wirklich zu verbessern" (BT-Drucksache 14/8017, Seite 62).

Daran, dass der Gesetzgeber bewusst eine Schadenersatzhaftung nur bei Verstößen gegen § 15 WpHG gemäß den §§ 37 b und c WpHG schaffen wollte, kann nach der Ansicht des Senats schon deshalb kein Zweifel bestehen, weil im Zeitpunkt der Vorlage des Gesetzesentwurfs (18.01.2002) der Bericht der Regierungskommission zum Corporate Governance Code vorlag (BT-Drucksache 14/8017, Seite 62), die einen konkreten Formulierungsvorschlag im Sinne einer allgemeinen zivilrechtlichen Haftung für Falschinformationen gegenüber dem Kapitalmarkt diskutiert hatte (Fenchel aaO unter 3.4.4). Sowohl die Regierungskommission als auch der Gesetzgeber waren aber zu der Einschätzung gelangt, dass diese Frage einer längeren wissenschaftlichen und rechtspolitischen Erörterung bedarf (Fenchel aaO). Ein vom Bundesfinanzministerium im Jahre 2004 vorgelegter Gesetzesentwurf, der eine Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs auf jegliche Fehlinformation des Kapitalmarktes vorsah, wurde im November 2004 wieder zurückgezogen (Longrino aaO unter 3.1).

2. Ein Schadenersatzanspruch aus § 37 b WpHG besteht ebenfalls nicht. Nach dieser Vorschrift haftet der Emittent, der eine Insiderinformation i.S.v. § 13 WpHG, die ihn unmittelbar betrifft, nicht oder nicht rechtzeitig veröffentlicht. Der Anspruch setzt also eine Pflicht der Beklagten zum tätig werden im Sinne der Adhoc Publizität voraus. Dabei ergeben sich Art und Umfang der Veröffentlichungspflicht des Emittenten aus § 15 WpHG. Die Haftung gemäß § 37 b WpHG beruht auf dem Gedanken, dass während einer Desinformationsphase die Preisbildung am Markt gestört ist. Diese Phase beginnt in dem Zeitraum, in dem eine Adhoc-Mitteilung hätte veröffentlicht werden müssen und endet dann, wenn die nicht veröffentlichte Insiderinformation durch eine Adhoc-Mitteilung des Emittenten oder durch ein Einsickern in den Markt bekannt wird (Sethe aaO RN 42 a). Das zum Schadenersatz verpflichtende Unterlassen beginnt allerdings nicht bereits in dem Moment, in dem der Emittent von der Insiderinformation Kenntnis erlangt, sondern erst dann, wenn der Zeitraum für eine unverzügliche Veröffentlichung dieser Information gemäß § 15 Abs.1 WpHG verstrichen ist (Sethe aaO RN 43 a mN). Dem Emittenten wird eine Prüfungsfrist zugebilligt. Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen ist der Anspruchsteller (Sethe aaO RN 61 a mN). Darzutun war daher neben dem Vorliegen einer den Emittenten unmittelbar betreffenden Insiderinformation deren fehlende, beziehungsweise nicht unverzügliche Veröffentlichung. Den Emittenten treffen dabei sekundäre Darlegungslasten hinsichtlich der aus seiner Sphäre stammenden Umstände, wohingegen die Informationen hinsichtlich von außen stammenden Insiderinformationen dem Anspruchsteller in der Regel zugänglich sind, sodass er imstande sein sollte, ohne Hilfe des Emittenten vorzutragen (Sethe aaO RN 61 a). Für das Vorliegen eines Befreiungstatbestandes und das fehlende Verschulden ist smit der Emittent darlegungs- und beweisbelastet (Sethe aaO RN 61 d und 66).

Ob die Beklagte vor dem 27.07.2007 gemäß §§ 37 b Abs.1, 15, 13 WpHG verpflichtet gewesen wäre, die tatsächliche Höhe ihres eigenen Engagements sowie desjenigen der Zweckgesellschaften des R. Conduits im US-Subprime-Markt im Wege der Adhoc Publizität zu veröffentlichen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst wenn in dem genannten Zeitraum publikationspflichtige Insiderinformationen in diesem Sinne vorgelegen hätten, lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte deren Kursrelevanz erkennen musste und vorsätzlich oder grob fahrlässig Mitteilungspflichten verletzt hat, § 37 b Abs.2 WpHG.

Nach der gesetzlichen Definition ist eine Insiderinformation eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Eine Insiderinformation in diesem Sinne kann demnach zunächst nur eine konkrete Information sein, d.h. sie muss so bestimmt, also spezifisch, sein, dass sie auf ihre potentielle Kurserheblichkeit überprüft werden kann (Assmann/Schneider § 13 RN 8 sowie Emittentenleitfaden der BaFin Stand 15. Juli 2005 Seite 19). Auch muss sich die Information auf Tatsachen oder Umstände beziehen, da Werturteile, Ansichten und Meinungen einer Verifizierung nicht zugänglich sind (Assmann/Schmidt § 13 RN 13 mN). Da nur präzise Umstände von dem Tatbestand erfasst werden, genügen nur konkrete Umstände, die bereits existieren oder solche, bei denen man mit hinreichender, d.h. einer Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 %, davon ausgehen kann, dass sie in Zukunft existieren werden (BGH, Beschluss vom 25.02.2008, Az.: II ZB 9/07). §§ 15, 13 WpHG erfordern nicht die Veröffentlichung aller möglichen Informationen über die Emittentin, sondern nur solcher Informationen, die unter § 13 WpHG fallen.

Die von der Klägerin als pflichtwidrig unterlassen angesehenen Informationen über die Höhe des Subprime-Anteils mögen sich zwar als konkret i.S. der wiedergegebenen Definition darstellen. Auch handelte es sich um noch nicht öffentlich bekannte Tatsachen. Denn in den Geschäftsberichten der Beklagten für die Jahre 2002/2003, 2003/2004, 2004/2005 und 2006/2007 in der ursprünglichen Fassung (Anlagen B 16 - B 20, Bl.65 - 75 AB) wurde zwar dargestellt, dass die I. im Geschäftsbereich "(verbriefte) internationale Kreditportfolios" tätig ist, nicht aber die genaue Zusammensetzung dieser Engagements und deren Anteil von Subprime-Investments. Die Darstellung der Beklagten orientierte sich vielmehr schwerpunktmäßig an den Ratings der von ihr getätigten Investments. Die von der Klägerin eingeforderten Angaben stellten schließlich, jedenfalls hinsichtlich ihrer eigenen Investments, auch auf die Beklagte selbst bezogene Informationen i.S.d. § 13 WpHG dar. Dass sie aber - im Zeitpunkt der Unterlassung - generell oder nach den konkreten Umständen - eine Eignung zur erheblichen Preisbeeinflussung der Aktie der Beklagten hatten, lässt sich ebenso wenig feststellen wie die Kenntnis der Beklagten hiervon.

Maßgeblich ist insoweit die exante-Sicht. Heute vorliegende Erkenntnisse mögen zwar die Annahme rechtfertigen, dass die damalige Einschätzung der Beklagten, sie habe keine substantiellen Auswirkungen der Subprime-Krise zu befürchten, objektiv falsch gewesen ist. Für den hier verfolgten Anspruch kommt es indes nicht entscheidungserheblich darauf an, ob es bei der Beklagten zu Fehleinschätzungen oder Managementfehlern insbesondere im Bereich der Risikovorsorge gekommen ist. Entscheidend ist allein, ob es die Beklagte vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen hat, die Höhe der Engagements im Wege der Adhoc Mitteilung zu veröffentlichen.

a) Das setzt zunächst voraus, dass eine Pflicht der Beklagten zur Veröffentlichung dieser Daten überhaupt bestanden hat.

aa) Eine generelle Pflicht bestand nicht. Ein allgemeinverbindlicher und vollständiger Katalog publizitätspflichtiger Insiderinformationen lässt sich nicht aufstellen. Der Katalog im Emittentenleitfaden der BaFin Stand Juli 2005 enthält auf den Seiten 43 und 44 Beispiele und Empfehlungen. Betrachtet man die in diesen Katalog aufgeführten Informationen, so fällt auf, dass ein erhebliches Preisbeeinflussungspotenzial nur für konkrete und massive Ereignisse bejaht wird, z.B. für wesentliche Änderungen der Ergebnisse der Jahresabschlüsse oder Zwischenberichte, bevorstehende Zahlungseinstellung oder Überschuldung sowie erhebliche außerordentliche Aufwendungen nach Großschäden. Die konkrete Zusammensetzung der Investments im Geschäftsbereich "internationale Verbriefungen" lässt sich keinem der Beispiele zuordnen. Dies steht zwar der Annahme einer Veröffentlichungspflicht nicht prinzipiell entgegen. Insoweit hatte der Senat aber zu berücksichtigen, dass unstreitig der Anteil an Subprimes in den Portfolien nach damals gängiger Auffassung und Einschätzung für das in dem konkreten Investment liegende Risiko nicht von besonderer Aussagekraft war. Die gesamte Branche, unter anderem Banken, Wirtschaftsprüfer und die Bankenaufsicht, orientierte sich hinsichtlich der Einschätzung vor allem des Ausfallrisikos in erster Linie an den Bewertungen durch die Rating-Agenturen. Dem entsprechend hat die Beklagte - wie erwähnt - in ihren Geschäftsberichten 2002/2003 bis 2006/2007 zu ihrem eigenen Engagement Angaben stets zusammen mit der Bonitätsstruktur bzw. der Ratingklasse gemacht und dabei betont, dass sie in "breit diversifizierte Portfolios verschiedener Assetklassen investiere" und ihre Investments ganz überwiegend "Investmentgrade" geratet seien.

Hinsichtlich der Zweckgesellschaften des R. Conduits könnte überdies zweifelhaft sein, ob die Beklagte zu deren Engagement überhaupt Angaben hätte machen dürfen. Denn es handelt sich bei den Zweck- oder Ankaufsgesellschaften unstreitig weder um Tochtergesellschaften der I. noch um in deren Struktur integrierte Unternehmen sondern um rechtlich selbständige Gesellschaften, verfasst nach dem Recht an ihrem Sitz in den USA. Rechtlich verbunden war die Beklagte mit den Zweckgesellschaften lediglich über die Beratungsmandate der I. I. C. GMBH und die Gewährung von Kreditlinien.

Auch gegen eine Verpflichtung zur Veröffentlichung lassen sich Umstände anführen. Immerhin entsprach die Bilanzierungspraxis der I. damals noch gültigen Vorgaben. Sie konnte und durfte die Geschäfte "außerhalb ihrer Eigenbilanz" machen. Die aus den Beratungsmandaten generierten Einnahmen und die aus dem Stellen von Liquiditätslinien erwachsenen Verbindlichkeiten hat die Beklagte als Eventualverbindlichkeiten in ihren Bilanzen erwähnt und in ihren Geschäftsberichten dargestellt.

bb) Ob die Beklagte in Ansehung der konkreten Umstände verpflichtet gewesen ist, die Höhe der Subprime-Anteile der Investments zu veröffentlichen, kann offen bleiben. Denn es lässt sich jedenfalls die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes nicht feststellen. Dies würde voraussetzen, dass die tatsächlich eingetretene weitere Entwicklung aus damaliger Sicht nicht nur als entfernte Möglichkeit denkbar war, sondern dass der Beklagten die dramatische, sie in ihrer Existenz gefährdende Zuspitzung der Lage einschließlich der Auswirkung auf ihr Geschäftsergebnis, als ernsthaft in Betracht kommend erscheinen musste. Dies lässt sich jedoch nicht feststellen.

Der Beklagten war zwar, wie allen übrigen Marktteilnehmern auch, die Existenz der Subprime-Krise bekannt. Gleiches gilt für deren Zuspitzung, die sich unter anderem in den Anfragen der Deutschen Bundesbank und von Rating-Agenturen äußerte. Dass die Beklagte im Hinblick auf eigene Investments, vor allem aber durch diejenigen der Zweckgesellschaften des R. Conduits, erhebliche finanzielle Risiken trafen, war ebenfalls allseits bekannt. So war etwa die Höhe der gewährten Kreditlinien in den Geschäftsberichten ausgewiesen, Ende Juli 2007 beliefen sie sich auf 8,1 Mrd. €. Neben den die Beklagte betreffenden Gerüchten kam es unstreitig auch zu objektiven Reaktionen im Markt etwa in Form der Preissenkungen ihrer Anleihen, der Ausweitung der sog. B. und vor allem des rasant fallenden Aktienkurses. Ob sich die Beklagte bei dieser Sachlage allein auf die aktuellen Bewertungen der Rating-Agenturen verlassen durfte, nach denen sie in der Tat zumindest hinsichtlich ihres eigenen Investments nur in geringem Maße betroffen war, mag dahinstehen. Denn dass sie bei Einbeziehung aller weiteren vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten die eingetretene Entwicklung hätte vorhersehen müssen, ist nicht feststellbar.

Es ist insofern zunächst noch einmal anzuführen, dass die aus den Subprime-Anteilen sich ergebenden Risiken in dem Geschäftsbereich der strukturierten Forderungsportfolien nicht nur von der Beklagten sondern von allen Marktteilnehmern massiv unterschätzt worden sind. Die Beklagte hat, was den Geschäftsberichten entnommen werden kann, über Jahre steigende Erträge in diesem jahrelang funktionierenden Marktsegment erwirtschaftet. Ihr eigenes Engagement, das im Juli 2007 bei 6,8 Mrd. € lag, war nach damals gängigen Kriterien nicht sehr riskant. Das daraus resultierende Ausfallrisiko war überschaubar und betragsmäßig begrenzt. Dass die Beklagte schon dieses Risiko aus eigener Kraft nicht hätte auffangen können, hat die Klägerin nicht vorgebracht.

Aber auch in Bezug auf die Engagements der Zweckgesellschaften des R. Conduits erschien eine existentielle Bedrohung der Beklagten aus damaliger Sicht nicht überwiegend wahrscheinlich. Zwar hatte die Beklagte, wie schon mehrfach erwähnt, Liquiditätslinien über ca. 8,1 Mrd. € gewährt. Dass diese aber bis zum 27.07.2007 gezogen worden wären, ist weder dargetan noch ersichtlich. Bei einem funktionierenden Markt, und ein solcher existierte bis Ende Juli 2007, konnte und durfte die Beklagte annehmen, dass sich die Zweckgesellschaften auch weiterhin durch die Ausgabe von A.-Papieren grundsätzlich selbst finanzierten. Selbst eine weitere Zuspitzung der Krise hätte zwar - bei einem normalen also im Rahmen des Vorhersehbaren Lauf der Dinge - zu einer Verteuerung der Refinanzierung und zu beschränkten Absatzproblemen geführt, nicht aber zu einer existentiellen Bedrohung für die Beklagte. Diese hätte Rückgänge ihrer Margen, möglicherweise auch eine größere Inanspruchnahme von Liquiditätslinien, zu bewältigen gehabt. Dass sie die hierfür benötigten Mittel nicht gehabt hätte oder sich aus Fremdmitteln, die sie sich am Interbankenmarkt hätte beschaffen können, im Umfang der Inanspruchnahme nicht hätte refinanzieren können, legt die Klägerin nicht dar.

Dem Vortrag der Beklagten, wonach die existenzbedrohende Krise tatsächlich nur durch die Kombination zweier so noch nie dagewesener und nicht vorhersehbarer Ereignisse verständlich wird, nämlich einerseits dem Ausfall ihrer Refinanzierungsmöglichkeit durch Sperren ihrer Kreditlinien am Interbankenmarkt und andererseits dem totalen Zusammenbruch des A.-Marktes, ist die Klägerin nicht entscheidend entgegengetreten. Es mag zwar aus heutiger Sicht zutreffend sein, dass sich, wie die Klägerin meint, letztlich ein absehbares und systemimmanentes Risiko verwirklicht hat. Die Einschätzung, dass in den strukturierten Forderungsportfolien in Form von Subprimes nicht vertretbare Risiken verborgen sind, entsprach aber wie erwähnt nicht der in der Branche jahrelang gängigen Auffassung. Auch dass ein ganzes Marktsegment zusammenbricht, hat es - so die Beklagte - bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben, selbst nach den Ereignissen am 11.09.2001 hat sich der Aktienmarkt rasch wieder erholt und stabilisiert. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Szenario vom 27.07.2007 in der Branche vorausgesehen worden ist oder werden konnte, benennt die Klägerin nicht. Hierfür lässt sich auch der Akte nichts entnehmen. Der sicherlich berechtigte Vorwurf der Fehleinschätzung trägt die Annahme grober Fahrlässigkeit oder gar vorsätzlichen Unterlassens nicht.

3. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20 a WpHG in der vom 19.07.2005 bis zum 31.10.2007 gültigen Fassung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Tatbestand der Marktmanipulation erfüllt worden ist. Denn § 20 a WpHG ist kein Schutzgesetz i.S. v. § 823 Abs. 2 BGB.

Als Schutzgesetz kommt eine Rechtsnorm in Betracht, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat (BGH NJW 2004, 356). Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben (BGH aaO unter Hinweis auf BGHZ 116, 7 ff.; BGHZ 122, 1 ff.). Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausgeufert werden. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (BGH NJW 2004, 356). Weitere Voraussetzung für die Annahme eines Schutzgesetzes ist, dass die Schaffung eines individuellen Schadenersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint (BGH NJW 2008, 1734). Es muss insoweit geprüft werden, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten geltenden Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH aaO).

Das Verbot der Kurs- und Marktmanipulation dient der Wahrung der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten (vgl. BT-Drucksache 14/8017 S. 89 und 176u.a.) und schützt somit die Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte. Kurs- und Marktmanipulationen können zwar das Vertrauen von Anlegern in die Integrität des Marktes beeinträchtigen. Daraus lässt sich indes nach der Ansicht des Senats nicht der Schluss ziehen, der Gesetzgeber habe mit § 20 a WpHG in der hier gültigen Fassung auch den Schutz der Vermögensinteressen einzelner Anleger bezweckt und eine Anspruchsgrundlage für Vermögensschäden begründen wollen. Anlegerschutz wird zwar mittelbar bewirkt, dies reicht für die Annahme eines Schutzgesetzes nach den eingangs dargestellten Grundsätzen jedoch gerade nicht aus. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur fehlenden Schutzgesetzeigenschaft des § 88 BörsG a.F., der anlässlich des 4. FMFG eine Neuregelung in Form des § 20 a WpHG erfahren hat, können hier angesichts der deckungsgleichen Normzwecke durchaus herangezogen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24.09.2002, Az.: 2 BvR 742/02 (ZIP 2002, 1986) ausgeführt, dass gegen die Schutzgesetzeigenschaft neben dem Normzweck des § 88 BörsG - die im öffentlichen Interesse liegende Wahrung der Zuverlässigkeit und Wahrheit bei der Preisbildung an Börsen und Märkten - spreche, dass die Anleger angesichts anderer vermögensschützender deliktischer Schadenersatzansprüche nicht völlig schutzlos gestellt würden.

Zwar fehlt in der Begründung des 4. FMFG - anders als bei § 15 WpHG - ein ausdrücklicher Hinweis des Gesetzgebers auf die fehlende Schutzgesetzeigenschaft des § 20 a WpHG. Jedoch kann daraus nicht gefolgert werden, dass der Schutz von Vermögensinteressen beabsichtigt war. Etwas anders ergibt sich auch nicht daraus, dass der Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck gekommen ist, den Anlegerschutz zu verbessern, was unter 1. b) ausgeführt worden ist. Denn auch insofern gilt, dass der Gesetzgeber Anspruchsgrundlagen für Schadenersatzansprüche von Anlegern nur im Anwendungsbereich der §§ 37 b und 37 c WpHG geschaffen hat.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber sich gegen eine allgemeine deliktische Haftung für primäre Vermögensschäden entschieden hat und der Vermögensschutz grundsätzlich nur über § 826 BGB gewährleistet ist. Auch der Senat ist der Auffassung, dass diese Entscheidung nicht durch die ausufernde Annahme von Schutzgesetzen unterlaufen werden darf (so auch BGH NJW 2008, 1734 zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG).

4. Ein Schadenersatzanspruch ergibt sich nicht aus § 826 BGB. Selbst eine hier nicht einmal feststellbare vorsätzliche Verletzung gesetzlicher Vorschriften, wie etwa der Regelungen über die Mitteilung, Veröffentlichung und Übermittlung von Insiderinformationen im Sinne des § 15 WpHG, reicht für eine Haftung nach § 826 BGB nicht aus. Es müssen vielmehr Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Täters als sittenwidrig, d.h. als einen Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden erscheinen lassen. Das Verhalten muss bei einem Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Informationsdeliktshaftung gegen Mindestanforderungen des lauteren Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstoßen (BGH, Urteil vom 03.03.2008 II ZR 310/06 ComROAD VIII), was etwa der Fall ist, wenn das Sekundärmarktpublikum bewusst durch grob unrichtige Adhoc-Mitteilungen in die Irre geführt wird, damit sich ein Vorstandsmitglied bereichern kann (BGH aaO). Im Fall der Ursächlichkeit für den Kaufentschluss des Anlegers wird in einem solchen Fall eine grundsätzlich auf Naturalrestitution gerichtete Schadenersatzhaftung nach § 826 BGB begründet (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. die sog. Informatec-Entscheidungen vom 19.07.2004, II ZR 217/03, 218/03 und 402/02). Auch ein nur bedingt vorsätzliches Handeln des Täters kann den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründen, wenn etwa Tatsachen ins Blaue hinein behauptet werden oder wenn sich der Täter der Unrichtigkeit von Aussagen verschließt, um eigene Vorteile ohne Rücksicht auf die Belange Dritter durchzusetzen. Gleiches gilt, wenn der Täter eine an sich gebotene Adhoc-Mitteilung aus eigennützigen Motiven bewusst unterlässt (Sethe//Assmann/Schneider, WpHG, 5. Auflage 2009, §§ 37 b, 37 c RN 116 und 118,118 a).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB nicht erfüllt. Es kann nicht festgestellt werden, dass am 20.07.2007 beziehungsweise vor dem 27.07.2007 bereits das tatsächliche Ausmaß der Krise und deren Bedeutung für die Beklagte bekannt waren. Demgemäß steht auch nicht fest, dass ihr ehemaliger Vorstandsvorsitzender O., für den sie

nach § 31 BGB haften würde, vorsätzlich eine falsche Pressemitteilung herausgegeben oder vorsätzlich eine gebotene Adhoc-Mitteilung unterlassen hätte.

a) Die Beklagte hat am 20.07.2007 keine vorsätzlich falsche Pressemitteilung herausgegeben.

aa) Eine grobe Unrichtigkeit der Behauptung, der Schwerpunkt ihres Engagements habe in Portfolien von Unternehmenskrediten und nicht in Subprimes gelegen, lässt sich nicht feststellen. Die Klägerin hat insoweit - ebenso wie die Beklagte - Bezug genommen auf die Angaben zur Zusammensetzung der Engagements in dem geänderten "Geschäftsbericht 2006/2007" (Anlage K 3 = Bl. 3 ff. AB). Die Auswertung des Zahlenwerks auf Seite 52 des geänderten Geschäftsberichts (Bl. 54 AB) führt zu dem Ergebnis, dass die stark vereinfachenden Darlegungen der Klägerin nicht zutreffend sind. Insbesondere verwendet sie eine unzutreffende Bezugsgröße, worauf die Beklagte im Rahmen der Erfüllung ihrer sekundären Darlegungsobliegenheiten zu Recht hingewiesen hat. Zu dem Anteil von 60 % kommt die Klägerin, indem sie - abstellend auf die Angaben der Beklagten gegenüber der Deutschen Bundesbank im März 2007 - die Höhe des Engagements am US-Hypothekenmarkt in ein rechnerisches Verhältnis zu dem Subprime-Anteil dieses Investments setzt. Dabei lässt sie indes außer Acht, dass unstreitig per 31.03.2007 das Gesamtvolumen der eigenen Investments 6,8 Mrd. € betragen hat. Dies ergibt sich im Übrigen aus der bereits erwähnten Tabelle in dem geänderten Geschäftsbericht (Bl. 54 AB). Eine Aussage über den Schwerpunkt des Engagements der Beklagten lässt sich aber nicht anhand eines bestimmten Teilbereichs treffen sondern kann nur auf einer Auswertung der Zusammensetzung ihres Gesamtengagements beruhen.

Die Summe von 6,8 Mrd. € setzt sich zusammen aus einem Anteil von allein 2,9 Mrd. € für Investments im Bereich "Corporates", den Investments im Bereich "ABS" in Höhe von weiteren 3,0 Mrd. € sowie den Investments in Höhe von 0,9 Mrd. € im Bereich "D. of D. - ABS + Corporates". Nach dem Zahlenwerk in dem geänderten Geschäftsbericht, dessen Richtigkeit die Klägerin nicht in Abrede stellt, weist der Bereich "Corporates" keinen Subprime-Anteil auf, der Bereich "ABS" einen solchen von 2,4 (von 3,0 Mrd. €) und der Bereich "D. of D." einen solchen von 0,2 (von 0,9 Mrd. €). Addiert ergibt dies einen Gesamtanteil an Subprimes von 2,6 Mrd. €, was etwa 38,5 % des Gesamtengagements in diesem Geschäftsbereich ausmacht. Hinzu kommt der seitens der Beklagten gehaltene Vortrag, dass als Investment mit Subprime-Anteil schlicht jedes Investment bezeichnet wird, das auch nur eine Spur von einem Subprimebezug aufweist. Dem hat die Klägerin Beachtliches nicht entgegengehalten. Eine Aufklärung der genauen Subprime-Anteile war entbehrlich. Selbst wenn angenommen würde, dass der Subprime-Anteil tatsächlich genau bei 2,6 Mrd. € entsprechend 38,5 % lag, wäre die Behauptung der Klägerin, der Schwerpunkt des Engagements der Beklagten habe tatsächlich in Subprimes gelegen, unzutreffend. Berücksichtigt man weiter, dass die Beklagte darauf verwiesen hat, dass sich ihr Engagement in Portfolien im Bereich Unternehmenskredite durch Addition der Positionen "Corporates" und "D. of D." ergibt, was die Klägerin nicht substantiiert bestritten hat, so errechnet sich ein Anteil von ca. 53 % oder 3,6 Mrd € (2,9 + 0,9 - 0,2 Subprime-Anteil). Ob ein Anteil von etwas mehr als der Hälfte die Bezeichnung "Schwerpunkt" bereits rechtfertigt, mag dahinstehen, jedenfalls ist die angegriffene Aussage nicht grob unrichtig gewesen.

bb) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Beklagte in ihrer Pressemitteilung nur Angaben zu ihren eigenen Investments gemacht hat, nicht aber zu denjenigen des R. Conduits respektive seiner Zweckgesellschaften. Richtig ist allerdings, dass sich das Portfolio der Zweckgesellschaften des R. Conduits anders zusammensetzte, namentlich einen deutlich höheren Subprime-Anteil aufwies. Auch dies lässt sich ohne weiteres dem Zahlenwerk in dem geänderten Geschäftsbericht (Anlage K 3, Bl. 54 AB) entnehmen, dies wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

Ob die Beklagte aber in Ansehung der am Markt aufgekommenen Gerüchte verpflichtet war, schon am 20.07.2007 respektive vor dem 27.07.2007 auch Angaben zur Betroffenheit der Zweckgesellschaften des R. Conduits von der Krise am US-Hypothekenmarkt zu machen, ist davon unabhängig zu betrachten und bedarf hier keiner Entscheidung. Für eine solche Verpflichtung könnte allerdings sprechen, dass die angesprochenen Verkehrskreise unstreitig über das geschäftliche Engagement der Beklagten in Form der Beratungsmandate und der Gewährung von Liquiditätslinien informiert waren und schon aus diesem Grund eine eigene Betroffenheit der Beklagten von der Krise auch unter diesem Aspekt vorlag. Auch dürfte es aus der Sicht der Anleger letztendlich nicht entscheidend darauf ankommen, ob die existentielle Krise der Beklagten allein aufgrund eigener Investments oder aber aufgrund derer des R. Conduits ausgelöst wurde.

b) Eine Täuschung oder unzureichende Information des Marktes über die wahre Höhe ihres Engagements und des Engagements ihrer Zweckgesellschaften im Subprime-Bereich kommt als haftungsbegründender Sachverhalt hier nicht in Betracht, wie weiter oben unter 2. ausgeführt worden ist. Gleiches gilt für die vorsätzliche Unterlassung einer gebotenen Adhoc Mitteilung.

c) Die Beklagte hat durch die Herausgabe der Pressemitteilung vom 20.07.2007 jedenfalls den subjektiven Tatbestand des § 826 BGB nicht verwirklicht.

Entscheidend ist, dass nicht angenommen werden kann, dass die Beklagte unter den besonderen Bedingungen des § 826 BGB wider besseres Wissen falsche oder zumindest irreführende Angaben veröffentlicht und dabei eine Schädigung der Anleger zumindest billigend in Kauf genommen hat. Der nach heutigem Verständnis auch der Beklagten berechtigte Vorwurf der Fehleinschätzung der Situation und der Unterschätzung der begründeten Risiken trägt den Vorwurf vorsätzlichen oder gar sittenwidrigen schädigenden Verhaltens nicht.

Ein sittenwidriges Verhalten liegt im Übrigen nur dann vor, wenn das Handeln des Täters gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Allerdings genügt hierfür im Allgemeinen die bloße Tatsache, dass der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebenso wenig wie der Umstand, dass sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorgerufen hat (BGH aaO). Vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. In Fallgestaltungen wie der vorliegenden kann sich die Verwerflichkeit aus einer direkt vorsätzlichen unlauteren Beeinflussung des Sekundärmarktes durch eine grob unrichtige Adhoc-Mitteilung ergeben, da ein solches Verhalten gegen die Mindestanforderungen an die Lauterkeit im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt verstößt. In die vorzunehmende Gesamtbetrachtung fließen auch die vom Täter verfolgten Ziele ein. Verfolgt er etwa eigennützige Ziele (z.B. falsche Adhoc-Mitteilung in der Absicht der eigenen Bereicherung oder vorübergehendes Unterlassen einer Adhoc-Mitteilung, um die Ausführung von Insiderhandel zu ermöglichen) wird man die Sittenwidrigkeit annehmen können (Sethe aaO RN 118).

Das Motiv der Beklagten war es, am Markt aufgekommene und aus ihrer damaligen Sicht in der Sache unberechtigte Gerüchte hinsichtlich ihrer Betroffenheit von der US-Hypothekenkrise zu entkräften und zu einer Beruhigung der nervösen Situation beizutragen. Dass dies wider besseres Wissens geschehen ist, lässt sich, wie unter 2. Ausgeführt, nicht feststellen.

Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Vermutungen der Klägerin sind ohne Substanz. Dass leitende Mitarbeiter der Beklagten Aktien besaßen und Ansprüche auf Zahlung von Boni hatten, kann im Übrigen ohne weiteres unterstellt werden. Derart mittelbare Vorteile vermögen einen den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Sachverhalten auch nur im Ansatz vergleichbaren Unrechtsgehalt jedoch nicht zu begründen.

5. Ein Anspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus §§ 823 Abs.2 BGB i.V.m. 400 Abs.1 Nr. 1 AktG. § 400 Abs.1 Nr.1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen und ist daher Schutzgesetz i.S. v. § 823 Abs. 2 BGB (BGH NJW 2004, 2971). Die Haftung gemäß § 400 Abs.1 Nr. 1 AktG setzt voraus, dass ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand oder in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten gehört zum Täterkreis des § 400 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die Einstandspflicht der Beklagten folgt insoweit aus § 31 BGB (BGH aaO).

Die Pressemitteilung enthält zwar Angaben über die Verhältnisse der Gesellschaft i.S. dieser Vorschrift. Der Begriff umfasst nicht nur wirtschaftliche sondern auch alle sonstigen politischen und sozialen Umstände, die sich auf die Lage der Gesellschaft und deren künftige Entwicklung auswirken (Schaal aaO RN 16/17 mN; Oetker aaO RN 6 mN). Die Angaben zu den Auswirkungen der Hypotheken-Krise in den USA auf die Beklagte unterfallen daher dem weiten Begriff der Verhältnisse der Gesellschaft i.S. von § 400 Abs.1 Nr. 1 AktG. Denn es werden Tatsachen, Vorgänge, Daten und daraus gezogene Schlussfolgerungen wiedergegeben, die für die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft von Bedeutung sind.

Durch die Pressemitteilung vom 20.07.2007 wurden aber nicht i.S. von § 400 Abs.1 Nr.1 AktG die Verhältnisse der Gesellschaft in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" unrichtig wiedergegeben. Anerkannt ist aber, dass die Weite des Tatbestandes eine Einschränkung in Form der Tatmittel erfährt (Oetker aaO RN 6; Schaal aa0 RN 6 und 16/17 jeweils mN). Erfasst wird die Wiedergabe nur dann, wenn sie in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" - oder in Form von hier nicht in Betracht kommenden Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung - erfolgt ist. Unter "Übersichten über den Vermögensstand" sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterial, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen, die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (BGH aaO unter Hinweis auf die Kommentierung von Otto/Großkommentar zum AkG/Juris RN 27 sowie Oetker aaO RN 7 und Schaal aaO RN 19).

Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte, die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, dass sie ein Ge

samtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken (BGH aaO/Juris RN 28 sowie Oetker aaO RN 7 und Schaal aaO RN 21). Dies ist selbst bei einer hier nicht einmal vorliegenden Adhoc-Mitteilungen nach § 15 WpHG in der Regel nicht der Fall (BGH, Urteile vom 19.07.2004 II ZR 217/03 und 218/03 = NJW 2004, 2668/Juris RN 27 bzw. 26 und II ZR 402/02 = NJW 2004, 2971/Juris RN 27 und 28). Eine unzutreffende Übersicht oder Darstellung über den Vermögensstand einer Aktiengesellschaft kann im Grundsatz zwar auch in der Mitteilung von Quartals- oder Halbjahreszahlen liegen, auch dann, wenn dies in Form der Adhoc-Mitteilung geschieht (BGH, Urteil vom 09.05.2005, II ZR 287/02 = NJW 2005, 2450/Juris RN 14). Die Haftung setzt aber stets voraus, dass mit dieser Mitteilung ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglicht wird und der Eindruck der Vollständigkeit erweckt wird (BGH aaO).

Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der mit vergleichbaren Verfahren befassten Senate des Oberlandesgerichts Düsseldorf, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, genügt die Pressemitteilung vom 20.07.2007 den an eine unrichtige Übersicht oder Darstellung i.S. von § 400 Abs.1 Nr. 1 AktG zu stellenden Anforderungen nicht ( 6. Zivilsenat, Urteil vom 10.09.2009 I-6 U 14/09; 22. Zivilsenat, Urteil vom 19.06.20009 I-22 U 2/09 und 9. Zivilsenat, Urteile vom 29.06.2009, I-9 U 215/08, 219/08, 14/09 und 19/09), da nicht der Eindruck der Vollständigkeit erweckt wurde.

Unter § 400 Abs.1 Nr. 1 AktG in der Alternative "Übersicht" fallen alle Sonderbilanzen wie Zwischenbilanzen, Kreditbilanzen, Sanierungsbilanzen, Liquidationsbilanzen und Bilanzen bei Kapitalerhöhungen, aber auch jeder andere Status, der Aufschluss über den Vermögensstand gibt wie unter Umständen der Entwurf eines Jahresabschlusses oder Vermögensübersichten in Prospekten sowie Quartalsberichte über Umsatzerlöse und Erträge (Schaal aaO RN 19/20 mN). Die Pressemitteilung enthält keine vergleichbare Zusammenstellung. Unter "Darstellungen" versteht man- wie erwähnt - Berichte aller Art, in denen der Vermögensstand der Gesellschaft so umfassend wiedergegeben wird, dass sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken, z.B. Berichte des Vorstands, aber auch wiederum unter Umständen Quartalsberichte über Umsatzerlöse und die Ertragslage, Prospekte und Zwischenberichte nach der Börsenzulassungsverordnung und sonstige Vermögensaufstellungen und Geschäftsberichte (Schaal aaO RN 21-26). In der Pressemitteilung finden sich demgegenüber nur - teils vorläufige - Einzeldaten zu der Zuwachsrate im Neugeschäft, zum Volumen des inländischen Kreditgeschäfts und zum voraussichtlichen operativen Ergebnis im 1. Quartal. Auch zum operativen Ergebnis im Geschäftsjahr wird nur eine Prognose abgegeben. Es lässt sich zwar nicht von der Hand weisen, dass durch die Kombination der genannten Zahlen mit der daraus gezogenen Schlussfolgerung für das Operative Ergebnis- was die Gesamtsituation anbelangt - schon der Eindruck erweckt worden sei könnte, man gebe insoweit eine vollständige Information. Das reicht dennoch nicht aus. Der BGH-Entscheidung vom 09.05.2005 (II ZR 287/02) lag ein in Form der Adhoc-Mitteilung veröffentlichter Quartalsbericht zugrunde, also eine Information, die nicht nur Eckdaten sondern die Zusammenstellung einer Vielzahl von Einzelangaben beinhaltete.

Die Angaben zu dem hier relevanten Geschäftsfeld sind demgegenüber ersichtlich noch überschlägig und erlauben gerade keine genauere und umfassende Überprüfung. Auch wenn die interessierten Kreise über einzelne Geschäftsvorgänge informiert werden, nämlich das Ergebnis der Überprüfung durch Rating-Agenturen, und mitgeteilt wird, dass die I. schwerpunktmäßig in Portfolien von Unternehmenskrediten investiert, handelt es sich immer noch um isolierte Angaben, die zwar mit Sicherheit Auswirkungen auf den Vermögensstand der Gesellschaft haben, aber kein Gesamtbild über ihre aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Auch durch den Hinweis auf den am 14. August zu veröffentlichenden vollständigen Quartalsbericht wird deutlich, dass ein Gesamtüberblick - noch - nicht ermöglicht werden soll. Selbst wenn man hier annehmen würde, dass durch die Pressemitteilung ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der I. ermöglicht wurde, fehlte es jedenfalls an dem weiteren vom BGH genannten Merkmal, nämlich dass dieses den Eindruck der Vollständigkeit erweckte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO. Das Urteil beruht auf den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Informationsdeliktshaftung und weicht weder von dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung noch von derjenigen der am Oberlandesgericht Düsseldorf mit Verfahren der vorliegenden Art befassten Senate ab.

V.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 23.916,04 €.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 27.01.2010
Az: I-15 U 230/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/cdf7f6016ee9/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_27-Januar-2010_Az_I-15-U-230-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share