Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Januar 2010
Aktenzeichen: 8 W (pat) 13/08

(BPatG: Beschluss v. 28.01.2010, Az.: 8 W (pat) 13/08)

Tenor

BPatG 152 Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Der Beschwerdeführer hat am 21. Dezember 2003 Antrag auf Erteilung eines Patents ursprünglich mit der Bezeichnung

"Hygienisch und ethisch einwandfreier Muldenwaschbereich mit Muldeneinsatz", ...

später für die Offenlegungsschrift mit der Bezeichnung

"Hygienisch einwandfreie Waschbeckenmulde mit Distanzauflagen zum Waschbecken und Außenauflagenoppen mit möglichen Designermotiven in der Waschmulde"

gestellt.

Am 26. Juni 2006 ging der Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ein. Nach Einreichung der erforderlichen Belege zum Nachweis der Bedürftigkeit des Anmelders hat die Patentabteilung 1.16 nach entsprechendem Zwischenbescheid vom 12. Oktober 2006 durch Beschluss vom 12. Juli 2007 die Verfahrenskostenhilfe verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Anmeldegegenstand offensichtlich nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, sondern sich auf der Grundlage der US 17 03 053 aus dem Stand der Technik ergebe. Eine Patentierung sei daher nicht möglich.

Der Beschluss ist am 3. August 2007 per Einschreiben an den Anmelder abgesandt worden. Mit Schreiben vom 29. August 2007 hat er dagegen Beschwerde erhoben, der nicht abgeholfen worden ist.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die US 17 03 053 nicht zutreffend bewertet worden sei, da konstruktive Unterschiede zu seiner Patentanmeldung bestünden und für das US Patent aus dem Jahre 1929 auch kein Patentschutz mehr bestehe.

Er beantragt, 1.

eine Weiterführung des Erteilungsverfahrens und 2.

die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist statthaft (§ 135 Abs. 3 PatG), formund fristgerecht eingelegt und gebührenfrei (Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 Pat-KostG) und damit zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da nach Überprüfung durch den Senat ungeachtet der Bedürftigkeit des Beschwerdeführers keinerlei Aussicht auf Erteilung des Patents für den angemeldeten Gegenstand besteht.

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG ist außer des Nachweises der Bedürftigkeit des Antragstellers Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe, dass eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents besteht. Daran fehlt es hier, weil der angemeldete Gegenstand der Erfindung auf der Grundlage des Standes der Technik, insbesondere der DE 17 25 498 U, für den Fachmann nahegelegen hat.

1. Anmeldungsgegenstand Der Anmeldungsgegenstand betrifft nach geltender Bezeichnung einen "Hygienisch einwandfreien Waschmuldeneinsatz mit Distanzauflagen zum Waschbecken und Außenauflagenoppen mit möglichen Designermotiven in der Waschmulde".

Der mit Eingabe, eingegangen am 31. August 2007, eingereichte geltende Patentanspruch lautet:

Waschmuldeneinsatz, 1.

Die Fertigung erfolgt in varablen Größen;

2.

ist aus heißwasserfesten, spülfesten, schmutzabweisenden kunststoffähnlichen Material gefertigt;

3.

mit mindestens drei Außenauflagen als Distanzauflage auf dem Waschbecken 4.

hat an der unteren Außenseite mindestens drei rutschfeste Außennoppen;

5.

ist damit auch separat aufstellbar, außerhalb eines Waschbeckens;

6.

ohne Bodenablauf 7.

kann mit einem Designermotiv (unter Beachtung der Designerschutzrechte) konstruktiv auch einprägend; heißwasserfest, spülfest, ... usw. bedruckt sein.

Wesentlich ist jedoch, was den Ursprungsunterlagen, die am 21. Dezember 2003 eingegangen sind, entnehmbar ist, da hieraus die Erfolgsaussichten für eine Patenterteilung zu bewerten sind.

Die Ursprungsunterlagen umfassen zwei Seiten Beschreibung sowie 1 Zeichnungsseite.

Daraus sind folgende Merkmale erkennbar:

a) Hygienisch und ethisch einwandfreier Muldenwaschbereich mit Muldeneinsatz für Personen in Wohnräumen und Gemeinschaftseinrichtungen.

b) Die Waschmulde und der Muldeneinsatz sind aus verschiedenen Materialien, wie Porzellan, Stein, Marmor, Kunststoffe verschiedener Art u. dgl. ausgeführt.

c) Die Waschmulde hat einen Waschmuldeneinsatz in schüsselförmiger Konstruktionsart unterschiedlicher Materialien.

d) Der Muldeneinsatz ist ohne Flüssigkeitsabfluss, Trabs u. dgl. ausgebildete) Der Muldeneinsatz ist frei entnehmbar für die Flüssigkeitsreinigung.

f) Der Muldenwaschbereich weist eine flexible Schlauchzulaufausführung in vorgesetzter Druckventiltechnik auf.

g) Der Flüssigkeitszufluss kann in handelsüblicher Mehrventilmischtechnik verschiedener Flüssigkeitstemperaturen ausgeführt sein.

h) Das Ventil hat an der Auslaufmündung einen Auslaufschlauch bis 24 mm Durchmesser, mit unterschiedlicher Zulaufschlauchlänge.

Im Weiteren werden nur die Vorteile und Ausführungsbeispiele der Patentanmeldung beschrieben, ohne dass hieraus eine spezielle gegenständliche Gestaltung des "hygienisch und ethisch einwandfreien Muldenwaschbereichs mit Muldeneinsatz" erkennbar wäre:

Die Besonderheit dieses muldenartigen, mit Waschmuldeneinsatz ausgestatteten Waschbereiches mit "Druckwasserzufluss handelsüblicher Ventiltechnik", mit flexiblem (Gummi-)Schlauch verschiedener Materialien ohne Ablauf besteht darin, dass der Waschbereich im Waschmuldeneinsatz hygienisch unbedenklich ist, weil eine statische Aufladung im Flüssigkeitspotenzialdruckraum "im vor" [hier Fettsammelbereich] vor dem Auslaufventil, mit sogenanntem fettigen Wasser, besonders in dem ruhenden Zeitbereich der Morgenstunden, nicht auftritt. Es fehlt das statische Zyklusaufladungsfeld gaußischer statischer Felder zwischen Zulaufventiltechnik und Ablaufabfluss (Kanalisation).

Das Minimieren von Schwebeund Belastungsstoffen im Flüssigkeitsdruckzulaufbereich vor dem Auslaufventil, ist eine Erleichterung für besonders hochsensitive hautallergiebelastete Personen.

Die Patentidee ist die Beseitigung statischer Kumulativdruckschutzbereiche in der Auslaufventiltechnik.

Anwendungsbeispiele:

Kosmetik-, Hygiene-, Waschund Badebereiche der Zivilisationen.

Die gewerbliche Anwendbarkeit ist gegeben:

-für Designausstattungen -Produktionsbetrieben von Waschtischund Waschbeckenanlagen und Geräten, hier Waschmuldengeräten;

-Handwerksgewerbebetrieben für das Gestalten und Montieren der Waschmulden und Waschmuldenumgebung".

Gemäß Seite 2 der Beschreibung wird weiterhin Patentschutz begehrt für:

"Schlauchzulaufausführung in vorgesetzter Druckventiltechnik, wie in dieser Patentschrift beschrieben, jedoch mit Flüssigkeitsablaufeinrichtungen für Duschund Badeeinrichtungen von Personen und Lebewesen".

2. Ursprüngliche Offenbarung Ein Vergleich des geltenden Patentanspruchs 1 mit den ursprünglichen Unterlagen zeigt, dass der Anmeldungsgegenstand mit den Merkmalen 3, 4 und 7 des geltenden Patentanspruchs gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert worden ist, da Außenauflagen als Distanzauflage und rutschfeste Auflagenoppen in den ursprünglichen Unterlagen weder erwähnt noch sonst in irgendeiner Weise erkennbar sind. Das Merkmal 7, das ohnehin nur fakultativ ist, ist ebenfalls nicht Bestandteil der Ursprungsunterlagen, da dort lediglich als Beispiel für die gewerbliche Anwendbarkeit "Designerausstattung" angegeben ist.

Dies gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass der Anmeldungsgegenstand mit einem Designermotiv versehen ist, das eingeprägt oder heißwasserfest bzw. spülfest bedruckt ist. Auch hinsichtlich der Merkmale 2 bestehen gewisse Bedenken, weil ursprünglich nur die Materialien (Porzellan, Stein, Marmor, Kunststoffe), nicht jedoch deren besondere Eigenschaften (heißwasserfest, spülfest, schmutzabweisend) offenbart waren. Denn Steingut bzw. auch Kunststoffe an sich müssen nicht unbedingt heißwasserfest sein.

Somit verbleiben als ursprünglich offenbart nur die Merkmale 1, 5 und 6 (sie ergeben sich aus den Merkmalen c, d, e der Ursprungsunterlagen).

Dem Anmelder wurde (wie üblich) bereits mit Bescheid vom 13. April 2004 mitgeteilt, dass die nachzureichenden Unterlagen nur solche Merkmale enthalten dürfen, die bereits mit Eingang der Anmeldung offenbart wurden, und dass aus Erweiterungen keine Rechte hergeleitet werden können.

3. Stand der Technik Die US 1 703 053 zeigt ausweislich ihrer Bezeichnung einen Einsatz für ein Waschbecken, der keinen Auslauf aufweist, da das Wasser nach Gebrauch des Einsatzes ausgeschüttet wird (Zeilen 67 bis 73). Der Einsatz ist der Form des Waschbeckens angepasst (Zeilen 5 f. sowie Zeilen 52), so dass er in ein Waschbecken eingelegt werden kann. In Zeile 93 ist ausgeführt, dass der Einsatz aus einem einzelnen Blatt eines duktilen (verformbaren) Materials besteht. Gemäß Zeile 51 besteht er aus einem einzelnen Blatt Papier oder einem anderen preiswerten Material. Deutlich erkennbar sind in der Figur 2 Faltungen (accordion plates 6), welche bekanntlich eine gewisse Formstabilität gewährleisten, selbst wenn das Material beispielsweise Papier ist. Aufgrund der Funktion des Einsatzes muss die Wasserbeständigkeit vorausgesetzt werden. Beim Gegenstand nach der US 1 703 053 handelt es sich um einen typischen "Wegwerfartikel" oder "Einmalgegenstand", wohingegen der Anmeldungsgegenstand aufgrund seiner Materialwahl einen wieder verwendbaren Einsatz für ein Waschbecken zum Inhalt hat.

Die DE 17 25 498 U zeigt einen (formangepassten) Einsatz für ein Waschbecken, der keinen Auslauf aufweist und der in ein Waschbecken eingelegt wird, um Verbesserungen in der Hygiene zu erreichen (Seite 1). Gemäß einem Ausführungsbeispiel (Figur 1) ist der Einsatz formsteif ausgebildet, so dass er gemäß Seite 1, Zeilen 9 -15, sogar abgestellt oder an der Wand aufgehängt werden kann. Auch im Anspruch 2 ist ausdrücklich festgehalten, dass der Einsatz formsteif sein soll, wobei er aus imprägniertem Papier oder einer Pressmasse bestehen kann. Wenngleich bei der DE 17 25 498 U auch durchaus der typische "Wegwerfartikel" oder "Einmalgegenstand" im Vordergrund steht, ist dort jedoch nicht ausgeschlossen, dass er mehrfach verwendet wird, wozu er gereinigt und aufbewahrt werden kann. Dies ist den entsprechenden Stellen in der Beschreibung, beispielsweise auf Seite 2, Zeilen 23 bis Seite 3, Zeilen 2 sowie auch auf Seite 1, Zeilen 10 bis 12 eindeutig erkennbar.

Somit sind die Merkmale a, c, d, e sowie weitgehend das Merkmal b der Merkmalsgliederung der ursprünglichen Offenbarung vorweggenommen. Zwar sind in der DE 17 25 498 U Porzellan, Stein und Marmor als Werkstoff für den Einsatz nicht erwähnt, sondern es ist nur beschrieben, dass der Einsatz aus imprägniertem Papier oder einer Pressemasse bestehen kann. Ein Fachmann wird jedoch auch gerade die im Sanitärbereich typischen Materialien, beispielsweise Kunststoffe oder auch Porzellan oder Keramik, in Betracht ziehen, gerade wenn er den Einsatz hinsichtlich einer Mehrfachverwendung oder Reinigung verbessern will.

Die Merkmale f, g und h betreffen nicht die Ausgestaltung eines Waschmuldeneinsatzes, sondern völlig übliche und gebräuchliche Ausgestaltungen von Waschbeckenzuläufen. Dies bestätigt sogar (zumindest teilweise) der Anmelder mit den Hinweisen: "Druckwasserzufluss handelsüblicher Ventiltechnik" oder "handelsüblicher Mehrventilmischtechnik".

Die weiterhin von der Patentabteilung ermittelte CH 48 816 zeigt zwar noch einen bedruckten Einsatz. Dies ist jedoch nicht weiter relevant, da dieses Merkmal nicht Bestandteil der Ursprungsoffenbarung des Anmeldungsgegenstandes war.

Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen weiter ab vom Anmeldungsgegenstand, da sie keine formstabilen Einsätze zum Inhalt haben.

Die Überprüfung der Erfolgsaussichten hat ergeben, dass der mit der US 17 03 053 begründete Stand der Technik allein zwar nicht einer Patenterteilung entgegengehalten werden kann, der Gegenstand der Anmeldung aber ausgehend von der DE 17 25 498 U, die dem Beschwerdeführer bereits im Zwischenbescheid der Patentabteilung vom 12. Oktober 2006 als Stand der Technik genannt worden ist, für den Fachmann nahe lag mit der Folge, dass der Anmeldungsgegenstand nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend angesehen werden kann. Damit besteht keinerlei Erfolgsaussicht auf eine Patenterteilung des angemeldeten Gegenstands, so dass die Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden konnte und die Beschwerde zurückzuweisen war.

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BPatG:
Beschluss v. 28.01.2010
Az: 8 W (pat) 13/08


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