Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. März 2008
Aktenzeichen: 33 W (pat) 110/06

(BPatG: Beschluss v. 04.03.2008, Az.: 33 W (pat) 110/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 9. August 2005 die Wort-/Bildmarke Grafik der Marke 30547618.1 für die Dienstleistungen

"Klasse 35 Unternehmenskommunikation Kommunikationsförderung Kommunikationstraining online Seminare Marketing Präsentation Klasse 41 AusbildungÜbersetzungen Coaching Veranstaltung und Durchführung von Seminaren, Trainingsveranstaltungen, Schulungen Klasse 42 Anpassung von Computer-Software und Anwendungsentwicklung"

angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat durch Formalbeschluss vom 25. Januar 2006 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 16. September 2005 ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung weise darauf hin, dass es sich bei den Dienstleistungen um Tätigkeiten handele, die den Dialog beträfen. Der Bestandteil "DIALOG" werde durch den in Klammern gesetzten Begriff "corporate communications" präzisiert, der den strategischen Einsatz aller Kommunikationsmedien einer Unternehmung bezeichne. Da die ordnungsgemäße Zustellung des Beschlusses vom 25. Januar 2006 nicht nachgewiesen werden konnte, hat die Markenstelle einen gleichlautenden Beschluss mit Datum vom 26. April 2006 erstellt und ihn gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Dieses ist jedoch nicht zurück zur Akte gelangt. Daraufhin wurde der Beschluss vom 26. April 2006 dem Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin mit Zustellungsurkunde am 10. August 2006 übermittelt.

Gegen den Beschluss vom 26. April 2006 hat die Anmelderin Beschwerde erhoben und beantragt, die angemeldete Marke einzutragen.

Weder vor dem Deutschen Patent- und Markenamt noch im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin eine Stellungnahme zur Schutzfähigkeit des beanspruchten Zeichens abgegeben.

Die Rechercheergebnisse sind dem Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin vorab zur Kenntnis gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt.

Die formgerechte Zustellung des Beschlusses vom 25. Januar 2006 lässt sich nicht nachweisen. Auch ist nicht bekannt, wann er tatsächlich der Anmelderin oder ihrem Verfahrensbevollmächtigten zugegangen ist. Demzufolge kommt eine Heilung gemäß § 8 VwZG nicht in Betracht, so dass durch den Beschluss vom 25. Januar 2006 die Frist zur Einlegung der Beschwerde (§ 66 Abs. 2 MarkenG) nicht in Gang gesetzt worden ist. Das Gleiche gilt für den gegen Empfangsbekenntnis übermittelten Beschluss vom 26. April 2006, da auch sein Zugang nicht belegt ist.

Erst mit der am 10. August 2006 erfolgten Zustellung des mit Zustellungsurkunde übermittelten Beschlusses vom 26. April 2006 begann die Rechtsbehelfsfrist zu laufen. Zwar stimmt die auf der Zustellungsurkunde vermerkte Hausnummer ("Luegplatz 8") nicht mit der derjenigen auf dem Anmeldeformular überein ("Luegplatz 6"). Dennoch konnte der Beschluss vom 26. April 2006 ausweislich der Angaben in der Zustellungsurkunde einem Beschäftigten des anwaltlichen Vertreters der Anmelderin am 10. August 2006 übergeben werden. Die Zustellung wird zudem seitens der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 11. September 2006 bestätigt. Insofern hat zumindest in diesem Fall eine Heilung gemäß § 8 VwZG stattgefunden.

Die Beschwerdefrist endete damit gemäß § 188 Abs. 2 BGB i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG am 10. September 2006. Da es sich hierbei jedoch um einen Sonntag handelte, verlängerte sie sich gemäß § 222 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bis zum 11. September 2006, dem Tag des Eingangs der Beschwerde beim Deutschen Patent- und Markenamt.

2. Die Beschwerde ist unbegründet, da die Anmeldemarke nicht unterscheidungskräftig ist und ihrer Eintragung somit das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006).

a) Der auch im Englischen vorkommende Markenbestandteil "DIALOG" weist die Grundbedeutung "Gespräch" auf und wird im weiteren Sinn zur Bezeichnung der von zwei oder mehreren Personen abwechselnd geführten Rede und Gegenrede verwendet (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 1. Auflage, Seite 224; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage, Seite 397; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1997, Seite 357).

Bei dem Zeichenelement "corporate communications" handelt es sich um einen Fachbegriff aus dem Bereich der Wirtschaft, mit dem die Unternehmenskommunikation in Form von Werbung, Verkaufsförderung und Public Relations bezeichnet wird (vgl. DUDEN, Wörterbuch der New Economy, Seiten 158 und 159). Synonym wird unabhängig von Groß- und Kleinschreibung die Singularform "corporate communication" verwendet (vgl. "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org/wiki-/Corporate_Communication"). Darunter wird eine Kommunikationsstrategie verstanden, die durch eine ganzheitliche Betrachtung aller nach innen und außen gerichteten kommunikativen Aktivitäten eines Unternehmens ein klar strukturiertes Vorstellungsbild von der Unternehmung (Corporate Image) in der Öffentlichkeit und bei den Mitarbeitern des Unternehmens erreichen will. Hierbei handelt es sich um einen Teil der Corporate Identity (vgl. Gaber Wirtschaftslexikon, A - D, 16. Auflage, Seiten 620 und 621; ähnlich: Fremdwörterbuch Wirtschaft, 1998, Seite 41). Gerade im Internet wird der Markenbestandteil "coporate communications" im Zusammenhang mit der Unternehmenskommunikation vielfältig verwendet (vgl. "Google-Treffernliste" unter "http://www.google.de/search€hl=de&newwindow=1&q=%22corporate+communications%22&btnG=Suche&meta=").

Die beiden eckigen Klammern fallen kaum auf und erwecken zudem lediglich den Eindruck, als würde es sich bei dem Bestandteil "corporate communications" um eine Erläuterung des darüber befindlichen Zeichenelements "DIALOG" handeln. Die in dem gegenständlichen Zeichen enthaltenen Wörter stehen somit nicht beziehungslos nebeneinander, sondern vermitteln die Aussage "DIALOG - Teil der Corporate Communications" oder "Gespräch - Teil der Unternehmenskommunikation". Dies wird deutlich anhand folgender Fundstelle:

"Corporate Communication hat zum Ziel, einen Dialog zwischen dem Unternehmen und dessen relevanten Zielgruppen zu führen." (vgl. Dichtl/Issing, Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, Band 1: A - K, 2. Auflage, Seite 401).

Auch im Internet werden die beiden Begriffe "Dialog" und "Corporate Communications" zusammenhängend verwendet:

"Corporate Communications ... Krisenkommunikation ... Hill & Knowlton hilft Unternehmen, Verbänden und Institutionen den Dialog zu schwierigen Themen offen und konstruktiv zu führen, ..." ("Hill and Knowlton" unter "http://www.hillandknowlton.de/cms/index.php€id=12").

b) Obwohl die angemeldete Wortfolge lexikalisch nicht nachweisbar ist, kommt ihr nicht die notwendige Unterscheidungskraft zu, da sie als verständliche Sachaussage erkannt und damit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 66):

(1) In Verbindung mit den Dienstleistungen "Unternehmenskommunikation", "Kommunikationsförderung" und "Kommunikationstraining online" bringt die angemeldete Marke nur zum Ausdruck, dass - wie nachfolgende Fundstellen zeigen - die Kommunikation für ein Unternehmen im Wege des Dialogs erfolgt:

- "Der aktive Dialog mit den Medienschaffenden ist uns ein zentrales Anliegen. ... Corporate Communications" (vgl. "Clariden Leu" unter "http://www.claridenleu.com/index.cfm€fuseaction=info.press&lang=de&CFID=417904&CFTOKEN-=63226366")

oder - "Corporate Communications ... Unter anderem wurde(n) ... Fraport-Kommunikatoren für den öffentlichen Dialog trainiert und mehr als 20 öffentliche Dialogveranstaltungen ... veranstaltet." (vgl. "MSLPR: Corporate Communications" unter "http://www.mslpr.de/index.php€id=39").

Die Anmelderin selbst setzt Kommunikation mit Dialog gleich ("Kommunikation ist DIALOG", vgl. "DIALOG" unter "http://www.dialogconsulting.com/docs/content.php€parent_id=4&nav_id=2&content..."). Insofern wird mit der Wortfolge "Dialog Corporate Communications" lediglich die Art und Weise des Vorgehens sowie die Ausrichtung der Kommunikationstätigkeiten benannt.

(2) Gegenstand von Seminaren, Trainingsveranstaltungen und Schulungen sowie der Ausbildung und des Coachings kann auch die Vermittlung von Kenntnissen zur Unternehmenskommunikation auf der Grundlage eines Dialogs sein. Hierzu gibt es bereits entsprechende Lehrgänge:

"Lehrgang Corporate Communications ... Die Themen: ...

> Praxis der Medienarbeit - Sicher im Dialog mit Medien und Journalisten ...

> Im Dialog mit Wirtschaftsmedien ..."

(vgl. "Business Circle" unter "http://www.businesscircle.at/veranstaltung.asp€vid-=1002").

Insoweit handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen lediglich um eine Inhaltsangabe.

(3) In Bezug auf Marketing weist der Gesamtbegriff "Dialog Corporate Communications" darauf hin, dass die Anmelderin mit Hilfe von Gesprächen im Rahmen der Unternehmenskommunikation den Absatz fördern will. Die Bedeutung der Corporate Communications im Bereich des Marketing wird zum einen daran deutlich, dass es Lehrgänge gibt, die sich an

"Marketing-, Verkaufs- und Werbeleiter, die sich mit Corporate Communications vertraut machen wollen" (vgl. "ZfU" unter "http://www.zfu.ch/weiterbildung/seminare/prlt.htm"), wenden.

Zum anderen lässt sich der Zusammenhang zwischen Corporate Communications, Dialogführung und Marketing folgender Aussage entnehmen:

"Corporate Communications ... Dialog/Werbung: Mailings, Reden, Präsentationen, PR-Anzeigen, ..." (vgl. "Dyckerhoff Communications Management" unter "http://dcomonline.de/html/leistungen.html").

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sowohl Werbung als auch PR-Anzeigen dem Marketing zuzurechnen sind (vgl. "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org-/wiki/Marketing").

(4) Im Rahmen von Präsentationen können Methoden und praktische Beispiele zur Unternehmenskommunikation mittels Gesprächen vorgestellt werden (vgl. auch "Dyckerhoff Communications Management", a. a. O.). Insofern wird die Anmeldemarke auch diesbezüglich nur im Sinne einer Inhaltsangabe aufgefasst werden.

(5) Gegenstand von Übersetzungen sind auch fremdsprachige Texte, die sich mit "Dialog Corporate Communications" befassen. Gerade im Übersetzungsbereich hat eine Spezialisierung auf Textsorten bestimmter Fachgebiete stattgefunden. Insofern machen Fachübersetzungen den mit Abstand größten Anteil des Übersetzungsmarktes aus (vgl. "Wikipedia" unter "http://de.wikipedia.org-/wiki/%C3%9Cbersetzer"). Demzufolge liegt es nahe, dass das beanspruchte Zeichen vom Verkehr im Sinne eines Hinweises auf das Thema der Übersetzungen interpretiert werden wird.

(6) Im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 42 vermittelt das angemeldete Zeichen die Vorstellung, die Computer-Software und die Anwendungen dienten der Unternehmenskommunikation in Form eines Dialogs. Um einen solchen handelt es sich nicht nur dann, wenn zwei oder mehr Menschen unmittelbar miteinander sprechen. Vielmehr kann - wie e-Mailverkehr und Internet zeigen - auch mit Hilfe elektronischer Medien kommuniziert bzw. gesprochen werden. Hierbei kommen in besonderem Maße Datenverarbeitungsprogramme zum Einsatz (z. B. "Microsoft Outlook"). Insofern werden beachtliche Teile des (Fach-)Verkehrs das angemeldete Zeichen nur als Bestimmungsangabe auffassen.

Ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, kann wegen Fehlens der notwendigen Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

Benderzugleich für den wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhinderte Ri BPatG Kätker Kätker Dr. Kortbein Cl






BPatG:
Beschluss v. 04.03.2008
Az: 33 W (pat) 110/06


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