Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2007
Aktenzeichen: 21 W (pat) 22/05

(BPatG: Beschluss v. 04.12.2007, Az.: 21 W (pat) 22/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patentund Markenamts vom 14. Januar 2005 aufgehoben und das Patent DE 101 33 657 erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zum Betrieb einer medizinischen Röntgeneinrichtung sowie medizinische Röntgeneinrichtung Anmeldetag: 11. Juli 2001 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 10, vom 11. Juli 2001 Beschreibung, Spalte 1-4, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2007 1 Blatt Zeichnungen einzige Figur, gemäß Offenlegungsschrift.

Gründe

I Die Patentanmeldung wurde am 11. Juli 2001 unter der Bezeichnung "Verfahren zum Betrieb einer medizinischen Röntgeneinrichtung sowie medizinische Röntgeneinrichtung" beim Deutschen Patentund Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 30. Januar 2003.

Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B hat mit Beschluss vom 14. Januar 2005 die Anmeldung unter Verweis auf den Bescheid vom 13. März 2002 zurückgewiesen, wonach der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihre Patentanmeldung mit den ursprünglichen Ansprüchen weiterverfolgt.

Der Patentanspruch 1 lautet (mit Merkmalsgliederung):

M1 Verfahren zum Betrieb einer medizinischen Röntgeneinrichtung M2 mit wenigstens einem C-Bogen, M3 an dem ein Festkörperbilddetektor drehbar angeordnet ist, M4 sowie einer den Betrieb steuernden Steuerungseinrichtung, M5 wobei zur Positionierung des Festkörperbilddetektors die Steuerungseinrichtung diejenige beliebige Stellung des Festkörperbilddetektors bezüglich des C-Bogens ermittelt, in derdie Kollisionsgefahr des Festkörperbilddetektors mit einem Drittgegenstand am geringsten ist, M6 und dass nach der Bildaufnahme das Bild zur Ermöglichungeiner senkrechten Darstellung des Untersuchungsbereichsan einem Ausgabemedium rechnerisch in Abhängigkeit der Positionsdaten des Festkörperbilddetektors gedreht wird.

Der nebengeordnete Vorrichtungsanspruch 6 lautet (mit Merkmalsgliederung):

N1 Medizinische Röntgeneinrichtung N2 mit wenigstens einem C-Bogen, N3 an dem ein Festkörperbilddetektor drehbar angeordnet ist, N4 sowie einer Steuerungseinrichtung, dadurch gekennzeichnet, N5 dass die Steuerungseinrichtung (4) zur Ermittlung derjenigenzum C-Bogen (2) beliebig liegenden Position des Festkörperbilddetektors (3), in der die Kollisionsgefahr des Festkörperbilddetektors (3) mit einem Drittgegenstand am geringstenist, N6 sowie zum Drehen des mit dem Festkörperbilddetektor (3)

aufgenommenen Bilds (B) derart ausgebildet ist, dass das Bild (B) den Untersuchungsbereich (U) in einer senkrechten Stellung zeigt.

Im Prüfungsverfahren befanden sich folgende Druckschriften:

D1 WO 01/45562 A2 D2 DE 39 01 495 C2. Vom Senat wurde noch auf folgende Entgegenhaltung aus dem parallelen US-Patent hingewiesen:

D3 US 6 155 713. Von der Anmelderin wurden in der mündlichen Verhandlung noch folgende Druckschriften eingereicht:

D4 DE 36 04 955 C2 D5 DE 43 35 301 C1.

Die Anmelderin stellt den Antrag, 1.

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Patentamts vom 14. Januar 2005 aufzuheben, 2.

das Patent 101 33 657 mit den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 10, Beschreibung Spalte 1 bis 4 überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2007, einzige Figur wie Offenlegungsschrift zu erteilen.

Wegen der weiteren abhängigen Unteransprüche und weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet, denn das Verfahren gemäß Anspruch 1 und die Vorrichtung gemäß Anspruch 6 sind neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die weiteren Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der unabhängigen Ansprüche, und die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die an sie zu stellenden Anforderungen.

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer medizinischen Röntgeneinrichtung mit wenigstens einem C-Bogen und einem daran angeordneten Festkörperbilddetektor und eine entsprechende Röntgeneinrichtung.

Der Erfindung liegt das Problem zugrunde, ein Verfahren (und eine entsprechende Vorrichtung) anzugeben, bei dem einerseits die Vorteile eines Festkörperbilddetektors verwendet werden können, zum Anderen ohne Detektoraustausch auch im Rahmen der Cardangiographie gearbeitet werden kann (siehe OS, Absatz [0004]).

Fachmann ist aufgrund der behandelten Strahlenphysik bei Röntgengeräten ein Dipl.-Physiker mit entsprechender Berufserfahrung in Medizintechnik.

Die Ansprüche sind zulässig, da sie unverändert die ursprünglich eingereichten Ansprüche sind.

Der Anmeldungsgegenstand ist auch so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG). Die vom Senat im Ladungszusatz vom 24. April 2007 geäußerten Bedenken konnte die Anmelderin durch die Vorlage der Druckschriften D4 und D5 ausräumen. Diese Druckschriften stehen aber dem Anmeldungsgegenstand -wie auch die übrigen Druckschriften -nicht patenthindernd entgegen.

Aus der Druckschrift D4 (siehe insbesondere die Fig. 1 bis 3 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein Verfahren zum Betrieb einer medizinischen Röntgeneinrichtung mit einem C-Bogen 3 und einer Steuereinrichtung (Mikrocomputer 11) gemäß den Merkmalsgruppen M1, M2 und M4 bekannt. Aus der Druckschrift D4 ist jedoch kein Festkörperbilddetekor gemäß Merkmalsgruppe M3 sondern ein als Röntgenbildverstärker ausgebildeter Strahlenempfänger 4 bekannt (siehe Spalte 2, Zeilen 10 bis 13), der auch nicht drehbar sondern lediglich linear verschiebbar am C-Bogen angebracht ist (siehe Spalte 3, Zeile 23). Entsprechend ist auch eine Ermittlung einer beliebigen Stellung des Festkörperbilddetektors bezüglich des C-Bogens gemäß dem Verfahrensschritt M5 und eine Bilddrehung gemäß Verfahrensschritt M6 aus der Druckschrift D4 nicht bekannt. Die Druckschrift D4 offenbart lediglich die Ermittlung einer Kollisionsgefahr (siehe Spalte 2, Zeilen 60 bis 61) für einen linear am C-Bogen verfahrbaren Röntgenbildverstärker, wodurch aber die Bedenken des Senats im Ladungszusatz (s. o.) ausgeräumt sind.

Die Druckschriften D1, D2 und D5 gehen über diesen Stand der Technik nicht hinaus, da sie ebenfalls keine am C-Bogen drehbar angebrachten Strahlenempfänger offenbaren, sondern höchstens die linear verstellbaren Strahlenempfänger wie in Druckschrift D4 (siehe D1, Fig. 2; D2, Fig. 3 und 4; D5, Fig. 1).

Aus der Druckschrift D3 (siehe insbesondere die Fig. 4 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein Verfahren zum Betrieb einer medizinischen Röntgeneinrichtung mit einem drehbar angebrachten Festkörperbilddetektor (solid state detector 12) und einer Steuereinrichtung (siehe Spalte 9, Zeilen 40 bis 43) gemäß den Merkmalsgruppen M1, M3 und M4 bekannt. Der Detektor ist jedoch nicht an einem C-Bogen gemäß Merkmalsgruppe M2 sondern an einem ausfahrbaren Halteteil (stay portion 9) angebracht, das an einer Decke mit einem Schienensystem (rail 4) verfahrbar ist (siehe Spalte 5, Zeile 47 bis 52).

Eine Ermittlung der Stellung des Festkörperbilddetektors im Hinblick auf eine geringe Kollisionsgefahr gemäß Verfahrensschritt M5 und eine Bilddrehung gemäß Verfahrensschritt M6 sind aus der Druckschrift D3 nicht bekannt.

Mit der Röntgeneinrichtung gemäß der Druckschrift D3 ist es möglich, eine Detektoranordnung (detecting portion 3) unabhängig von einer Röntgenquelle zu positionieren (siehe Spalte 1, Zeilen 9 bis 15) bzw. die Detektoranordnung mit zwei verschiedene Röntgenquellen (xray generating portion 2, 3) zu betreiben (siehe Spalte 5, Absatz 1). Dabei wird bewusst gegenüber dem von der Druckschrift D3 ausgehenden Stand der Technik (siehe Fig. 1) abgegangen und auf einen C-Bogen verzichtet (siehe Spalte 10, Zeilen 52 bis 58). Für den Fachmann ist es daher nicht nahe liegend, die aus der Druckschrift D3 bekannte beliebige drehbare Anordnung eines Strahlenempfängers in einer Röntgeneinrichtung auf ein C-Bogen Röntgengerät gemäß den Druckschriften D1, D2, D4 oder D5 zu übertragen.

Selbst wenn der Fachmann bei einem C-Bogen Röntgengerät gemäß der Druckschrift D4 auf dem C-Bogen einen beliebig drehbaren Festkörperdetektor gemäß der Druckschrift D3 anordnen würde und diese Verdrehbarkeit auch bei der Positionsermittlung mit geringer Kollisionsgefahr gemäß Merkmalsgruppe M5 berücksichtigen würde, hätte er aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik keine Anregung, die damit aufgenommen Bilder in Abhängigkeit von den bekannten Positionsdaten über die Drehlage des Festkörperbilddetektors gemäß Merkmalsgruppe M6 zu korrigieren.

Da der Gegenstand des nebengeordneten Vorrichtungsanspruches 6 die entsprechenden Vorrichtungsmerkmale zu den Verfahrensmerkmalen im Anspruch 1 aufweist, ist er ebenfalls neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Anspruch 1 und der nebengeordnete Anspruch 6 sowie die Unteransprüche 2 bis 5 und 7 bis 10 sind daher gewährbar. Der angefochtene Beschluss war deshalb aufzuheben und das Patent zu erteilen.

Dr. Winterfeldt Dr. Morawek Karcher Bernhart Pü






BPatG:
Beschluss v. 04.12.2007
Az: 21 W (pat) 22/05


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