Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 30. April 2010
Aktenzeichen: 10 Sa 2763/09
(LAG Berlin-Brandenburg: Urteil v. 30.04.2010, Az.: 10 Sa 2763/09)
1. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitnehmer ist dieser zur Auskunft über etwaige Konkurrenztätigkeiten verpflichtet, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist.
2. Auch im Falle einer außerordentlichen Arbeitnehmerkündigung bedarf es in aller Regel zuvor einer Abmahnung.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten zu 1. und 3. gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. November 2009 - 4 Ca 4045/09 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.500,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um den Zeitpunkt der Beendigung der zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisse und daraus resultierende Auskunftsansprüche wegen Konkurrenztätigkeit.
Der Kläger und Berufungsbeklagte ist Rechtsanwalt mit einer Kanzlei im baden-württembergischen K. Der Schwerpunkt der Kanzlei liegt mit bundesweiten Mandaten im Banken-, Börsen-, Kapitalmarkt-, Kapitalanlagen- und Versicherungsrecht. Bis Ende 2008 unterhielt er auch ein Büro in Berlin. Dort waren unter anderem die beiden Berufungskläger als angestellte Rechtsanwälte tätig, der Beklagte zu 1. seit dem 1. Februar 2007 mit einem Bruttomonatseinkommen von 5.000,-- EUR, der Beklagte zu 3. seit dem 1. August 2007 mit einem geschätzten Bruttomonatseinkommen von 6.000,-- EUR.
Der insoweit wortgleiche Arbeitsvertrag (Bl. 33-39 d.A.) beinhaltete neben einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende unter anderem folgende Regelung zur Behandlung von Mandaten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
§ 10 Behandlung von Mandaten bei Beginn und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses2.. Der Angestellte hat das Recht, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses allen Mandaten bekannt zu geben.3. Hinsichtlich derjenigen Mandanten, deren laufende Sachen der Angestellte im Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses als Sachbearbeiter bearbeitet hat, gilt Folgendes:a) Bei Mandaten von Mandanten, die sich für den Verbleib bei der Kanzlei entscheiden, hat der Angestellte keinerlei Ansprüche, insbesondere keine Gebührenansprüche.b) Mandate von Mandanten, die sich für eine Weiterbeschäftigung durch den Angestellten persönlich entscheiden, werden wie folgt gehandhabt:Das Mandat geht mit allen Rechten und Pflichten auf den Angestellten persönlich über. Bereits entstandene, aber noch nicht bezahlte Gebühren der Kanzlei werden unter Anrechnung eventueller Vorschusszahlungen abgerechnet. Der Angestellte bezahlt die Gebühren an die Kanzlei, Zug um Zug gegen die Abtretung der Gebührenansprüche der Kanzlei gegenüber den Mandanten an die Angestellten, der die Abtretung annimmt.€€ In § 11 des Arbeitsvertrages war unter anderem vereinbart:
Änderungen dieses Vertrages und Nebenabreden bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform; dies gilt auch für die Abbedingung der Schriftform.Im September 2008 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis der Beklagten zum 31. Dezember 2008 und bot ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am Standort K. mit Wirkung zum 1. Januar 2009 zu den ansonsten bisherigen Bedingungen an. Grund für die Änderungskündigung war der Entschluss des Klägers, den Standort Berlin zum Ende des Jahres 2008 aufzugeben und die dort bearbeiteten Mandate künftig vom Standort K. aus weiter zu bearbeiten.
Der Beklagte zu 1. nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 (Bl. 32 d.A.) an. Der Beklagte zu 3. nahm nach längeren Verhandlungen über die Art und Weise der Weiterbeschäftigung das Änderungsangebot ausdrücklich mit Schreiben vom 28. November 2008 nicht an.
Am 27. November 2008 gaben die Beklagten gemeinsam mit einem weiteren Arbeitnehmer des Klägers, dem erstinstanzlich Beklagten zu 2. ein Schreiben an die Mandanten des Berliner Büros zur Post, in welchem sie über die Schließung des Berliner Büros des Klägers, die Gründung einer neuen Kanzlei unter anderem durch die Beklagten informierten und auf das Wahlrecht der Mandanten, mit welcher Kanzlei sie das Mandat fortsetzen wollten, hinwiesen (Bl. 29-30 d.A.). Dieses Schreiben war mit dem Kläger weder zum Zeitpunkt noch zum Inhalt abgestimmt.
Mit Schreiben vom 28. November 2008 (Bl. 304 d.A.) kündigte der Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis €ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt€. Dieses Schreiben sandte der Beklagte zu 1. vorab per Telefax am Freitag, dem 28. November 2008 an das Büro des Klägers in K.
Nachdem der Kläger am 28. November 2008 die Schließung des Berliner Büros durch Austausch der Schlösser zum Büro und das Abschalten des Servers veranlasst hatte, kündigten die Beklagten am 1. Dezember 2008 ihre Arbeitsverhältnisse jeweils fristlos unter Hinweis auf ein nachhaltig zerrüttetes Vertrauensverhältnis im Zusammenhang mit der Schließung des Berliner Büros.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 (Bl. 56-62 d.A.) teilten die Rechtsanwälte A., M. und W. unter ihrem Briefkopf dem Kläger mit, dass sie ihre Kanzlei am 2. Dezember 2008 gegründet hätten. Dazu führten sie eine mehrseitige Liste von bisherigen Mandanten auf, die ihnen schon die Fortsetzung des Mandates in der neuen Sozietät erteilt hätten.
Mit Beschluss vom 10. Dezember 2008 (20 Ga 19606/08) und Urteil vom 19. Dezember 2008 (28 Ga 19609/08) wurde den Beklagten zu 1. und 3. untersagt, bis zum Ende der Kündigungsfristen am 31. Dezember 2008 bzw. 28. Februar 2009 für die Rechtsanwaltskanzlei A., M. & W. tätig zu werden.
Unter dem 17. Dezember 2008 kündigten die Beklagten zu 1. und 3. erneut fristlos (Bl. 40 d.A. und Bl. 52-53 d.A.) unter anderem unter Hinweis auf das weiter nachhaltig zerstörte Vertrauensverhältnis infolge illoyalen Verhaltens des Klägers insbesondere gegenüber den Mandanten.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Beendigung der Arbeitsverhältnisse der Beklagten zum 31. Dezember 2008 (bezüglich des Beklagten zu 3.) bzw. 28. Februar 2009 (bezüglich des Beklagten zu 1.) sowie verschiedene Auskünfte im Zusammenhang mit einer Schadenersatz-Stufenklage.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Teilurteils (Bl. 118-124 d.A.) abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 5. November 2009 die Feststellung zum Ende der Arbeitsverhältnisse wie vom Kläger beantragt mit dem 31. Dezember 2008 für den Beklagten zu 3. bzw. 28. Februar 2009 für den Beklagten zu 1. getroffen. Weiter hat es die Beklagten verurteilt, unter Angabe des vollständigen Namens und der Anschrift des Mandanten und unter Nennung des Gegenstands des erteilen Auftrags Auskunft zu erteilen, welche Mandatsverhältnisse für die Rechtsanwaltskanzlei A., M. und W., K..., € Berlin oder für eigene oder für fremde Rechnung begründet worden seien. Der Zeitraum der Auskunftsverpflichtung bezog sich für den Beklagten zu 3. auf den Zeitraum vom 27. November 2008 bis 31. Dezember 2008 und für den Beklagten zu 1. auf den Zeitraum vom 27. November 2008 bis 28. Februar 2009.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass das Feststellungsinteresse hinsichtlich des Beendigungszeitpunktes der Arbeitsverhältnisse gegeben sei, da es insoweit noch einen Gegenwartsbezug gebe. Dieser bestehe über die gesondert geltend gemachten Auskunfts- und Schadenersatzansprüche nicht zuletzt aus Gründen der Berufshaftpflichtversicherung und der entsprechenden Kostentragung. Auch das Zwischenfeststellungsinteresse nach § 256 Abs. 2 ZPO im Zusammenhang mit den Stufenklagen begründe das besondere Interesse an der Feststellung.
Das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1. habe angesichts der ursprünglichen Annahme des Änderungsangebotes zur Fortsetzung der Beschäftigung in Kirchentellinsfurt erst durch die am 1. Dezember 2008 zugegangene Eigenkündigung des Klägers vom 28. November 2008 fristgemäß zum 28. Februar 2009 geendet, das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 3. aufgrund der Kündigung des Klägers zum 31. Dezember 2008. Die fristlosen Eigenkündigungen sowohl vom 1. Dezember 2008 wie auch vom 17. Dezember 2008 seien unwirksam, weil die Beklagten davon abgesehen hätten, diese zu begründen.
Die Auskunftsklagen seien begründet, weil während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses entsprechend § 60 Abs. 1 HGB Konkurrenztätigkeit ohne Einwilligung des Arbeitgebers für Arbeitnehmer verboten sei. Ob die Beklagten zu 1.und 3. gegen dieses Verbot verstoßen hätten, bedürfe keiner abschließenden Entscheidung. Denn es genüge bereits ein erheblicher Anlass zur Vermutung von Konkurrenztätigkeit. Diese Vermutung ergebe sich mindestens aus dem Schreiben vom 4. Dezember 2008. Inhaltlich erstrecke sich die Auskunftsklage auf alle Angaben, die Voraussetzung für eine etwaige Schadenersatzforderung sein könnten. Dies entspreche dem tenorierten Umfang.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. und 3. am 19. November 2009 zugestellte Teilurteil legte dieser am 18. Dezember 2009 mit Schriftsatz vom gleichen Tage Berufung ein und begründete diese nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist mit am 19. Februar 2010 eingegangenem Schriftsatz vom 16. Februar 2010.
Zur Begründung der Berufung haben die Beklagten zu 1. und 3. ausgeführt, dass das Arbeitsgericht die Besonderheiten des Rechtsverhältnisses von angestellten Rechtsanwälten ebenso wenig berücksichtigt habe wie es fehlerhaft ein Feststellungsinteresse angenommen habe. Die Berufshaftpflicht sei eine persönliche Versicherung, die unabhängig davon sei, wer die Beiträge bezahle. Auch der Bestand eines Arbeitsverhältnisses sei dafür keine Voraussetzung. Das von Arbeitsgericht angenommene Zwischenfeststellungsinteresse bestehe nicht, weil über die Dauer des Bestandes des jeweiligen Arbeitsverhältnisses auch bei den konkreten Auskunftsansprüchen entschieden werden könne.
Grund für die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 28. November 2008 sei gewesen, dass der Kläger eine Weiterbeschäftigung in einer neu zu gründenden Niederlassung in Frankfurt/Main ab dem 1. Januar 2009 mündlich zugesagt habe, an die er sich dann aber nicht gehalten habe.
Die Kündigung sei am 28. November 2008 per Telefax und spätestens am 29. November 2008 oder 30. November 2008 beim Kläger zugegangen. Denn ein Brief, der am 28. November 2008 in einen Briefkasten mit rotem Punkt in Berlin geworfen werde, sei regelmäßig am nächsten Tag in K.
Auch die fristlosen Kündigungen vom 1. Dezember 2008 seien wirksam. Durch das Abschalten des Citrix-Servers und die Untersagung des Zutritts zur Kanzlei sei den Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich gemacht worden. Durch den Ausschluss vom Arbeitsplatz sei ihnen die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) unmöglich gemacht worden. Eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger das beanstandete Verhalten dennoch nicht geändert hätte und nach Schließung des Berliner Büros auch nicht mehr hätte ändern können.
Die fristlosen Kündigungen vom 17. Dezember 2008 seien ebenfalls wirksam. Diesbezüglich seien die Kündigungen vom 1. Dezember 2008 als Abmahnung zu deuten. Inhaltlich sei sie durch die fortgesetzte Verhinderung der Tätigkeitsausübung begründet. Für den Beklagten zu 3. gebe es als weitere Kündigungsgründe das Verhalten des Klägers gegenüber den Mandanten, indem er dort in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 17. Dezember 2008 mitgeteilt habe, dass er mit dem Beklagten zu 3. nicht mehr in Kontakt stehe und ihm weder Anschrift noch Telefonnummer bekannt seien. Dieses sei, wie der Briefkopf aufweise und die arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen den Parteien belegen würden, falsch.
Inhaltlich sei dem Auskunftsanspruch auch nicht im tenorierten Umfang stattzugeben, weil Mandatsverhältnisse nicht für eine Kanzlei begründet würden. Auch habe es die Kanzlei M., A. und W. nicht gegeben. Über das Planungsstadium sei diese Sozietät nicht hinausgekommen. Die Auskunft sei den Beklagten auch unmöglich, weil sie gegen das anwaltlich Berufsrecht (§ 43a BORA) und Datenschutzvorschriften (§§ 27 ff. BDSG) verstoße. Schließlich sei der Anspruch durch das Schreiben vom 4. Dezember 2008 bereits erfüllt.
Die Beklagten zu 1. und 3. haben beantragt,
unter Abänderung des Teilurteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. November 2009 - 4 Ca 4045/09 - die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger erwidert, dass das Feststellungsinteresse schon aufgrund der unterschiedlichen im Verfahren aufgeführten möglichen Beendigungstermine geboten sei, um insoweit rechtliche Klarheit zu erlangen.
Die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 1. Dezember 2008 seien unwirksam. Zum einen hätten sie den Kläger nicht zuvor abgemahnt und zum anderen hätten die Beklagten die Ursache der Nichtbeschäftigung selbst gesetzt. Die Beklagten hätten mit dem Schreiben vom 27. November 2008 den Eindruck erweckt, dass die Kanzlei Anfang Dezember 2008 geschlossen werde. Sie hätten versucht, die Mandatsbeziehungen mit dem Kläger zu kappen. Schon am 28. November 2008 sei die neue Kanzlei der Beklagten im Internet präsent gewesen. Deshalb habe der Kläger handeln müssen, um weiteren Schaden von seiner Kanzlei abzuwenden. Mit der Freistellung der Beklagten von ihrer Arbeitsverpflichtung habe der Kläger keine Berufspflichten verletzt. Ohne die Wettbewerbstätigkeit der Beklagten hätte er eine Tätigkeit in dem Berliner Büro bis Ende des Jahres 2008, dem Ablauf der Kündigungsfrist, belassen. Für die Bearbeitung der Mandate sei ohnehin der Kläger als Inhaber dieser Mandate verantwortlich gewesen.
Auch die außerordentlichen Kündigungen vom 17. Dezember 2008 seien nicht gerechtfertigt. Der Beklagte zu 1. habe den Kläger niemals zur Beschäftigung in Berlin aufgefordert. Darüber hinaus seien die vom Beklagten zu 3. herangezogenen weiteren Gründe inhaltlich und zeitlich nicht konkretisiert, so dass eine Stellungnahme sich erübrige.
Der Auskunftsanspruch bestehe, selbst wenn die Kanzlei der Beklagten förmlich nicht gegründet worden sei. Denn faktisch seien die Beklagten entsprechend tätig geworden. Das Berufsrecht stehe der Weitergabe der Informationen an den bisherigen Anwalt nicht entgegen. Allenfalls eine Weitergabe an Dritte sei problematisch. Das Schreiben vom 4. Dezember 2008 beschränke sich auf den Zeitraum bis dahin und könne sich gar nicht auf die Folgezeit bis zum Ende der Arbeitsverhältnisse beziehen.
In einem am 22. April 2010 beim Gericht und am 26. April 2010 beim Klägervertreter eingegangenen 50seitigen Schriftsatz haben die Beklagten ihre Ausführungen vertieft. Dabei haben sie ausgeführt, dass sie bei Angebot der Arbeitskraft am 1. Dezember 2008 von Beauftragten des Klägers freigestellt worden seien. Sie seien zu einem Gespräch mit dem Kläger am 2. Dezember 2008 aufgefordert worden, um die nächsten Schritte besprechen zu können. Es sei ihnen die Möglichkeit zur Akteneinsicht im Besprechungszimmer ohne Zugriff auf Rechner oder Internet eingeräumt worden. Danach hätten die Beklagten gekündigt. In dieser Situation sei eine Abmahnung gegenüber dem Kläger sinnlos gewesen.
Weiter tragen die Beklagten vor, dass der Kläger seit dem 2. Dezember 2008 in mehreren Verfahren mitgeteilt habe, dass der Beklagte zu 3. aus der Kanzlei ausgeschieden sei. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2008 habe sich der Kläger an die zuvor von den Beklagten angeschriebenen Mandanten gewandt und den Beklagten rechtswidriges Verhalten sowie falsche und tendenziöse Informationen vorgeworfen. Gleichzeitig sei angekündigt worden, dass die Mandanten doppelte Gebühren zahlen müssten. Gegenüber dem Branchendienst J. habe der Kläger versucht, die Beklagten zu diffamieren (Bl. 311 d.A.). Eine Abmahnung durch die Beklagten vor Ausspruch der Kündigung sei entbehrlich oder sogar sinnlos gewesen. Es gebe auch keine hinreichenden Anlässe zur Annahme eines unzulässigen Wettbewerbs. Denn das Verhalten der Beklagten entspreche der arbeitsvertraglichen Regelung zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung der Beklagten zu 1. und 3. vom 16. Februar 2010 und den Schriftsatz vom 22. April 2010 sowie auf die Berufungsbeantwortung des Klägers vom 15. März 2010 und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Gründe
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten zu 1. und 3. ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache ist jedoch keine andere Beurteilung als in erster Instanz gerechtfertigt. Die Berufung ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
Sowohl im Ergebnis wie auch weitestgehend in der Begründung hat das Arbeitsgericht zu Recht der Klage stattgegeben.
1.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Zulässigkeit des Feststellungsantrags angenommen, da damit eine dauerhafte Klärung der unterschiedlichen Ansichten der Parteien über die Beendigung der Arbeitsverhältnisse zu erwarten ist. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Beendigungszeitpunktes der Arbeitsverhältnisse mit den Beklagten zu 1. und 3.. Die Feststellungsklage ist nicht wegen Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nicht uneingeschränkt. Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07). Das ist hier der Fall. Denn die vorweggenommene Feststellung des Beendigungstermins der Arbeitsverhältnisse ermöglicht, die Auskunftsklage sowie gegebenenfalls in der zweiten Stufe die Schadenersatzklage frei von (fortgesetzten) Auseinandersetzungen um den Beendigungstermin zu führen.
2.
Das Landesarbeitsgericht folgt auch im Übrigen dem Arbeitsgericht Berlin im Ergebnis und auch in weiten Teilen der Begründung. Die Kammer sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer ausführlichen, nur die Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung wiederholende Begründung ab, weist aber im Hinblick auf das Verständnis der Entscheidung und die Ausführungen in der Berufungsinstanz noch auf folgendes hin:
2.1
Die von den Beklagten herangezogenen Kündigungsgründe vermögen - auch bei einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls - deren außerordentliche Kündigungen vom 1. und 17. Dezember 2008 nicht zu begründen.
Nach § 626 Abs. 1 BGB kommt es für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung darauf an, ob Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Daraus ist zu folgern, dass der wichtige Grund durch die objektiv vorliegenden Tatsachen bestimmt wird, die (an sich) geeignet sind, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist damit jeder Sachverhalt, der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet (BAG, Urteil vom 18. Januar 1980 - 7 AZR 260/78). Im Interesse der Rechtssicherheit und aus systematischen und pragmatischen Gründen kann nicht das Motiv oder der subjektive Kenntnisstand des Kündigenden, sondern nur der objektiv vorliegende Sachverhalt, der objektive Anlass zum Ansatzpunkt für die Bestimmung des wichtigen Grundes gewählt werden. Es muss aufgrund einer konkreten Beeinträchtigung die Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht durch den Arbeitgeber zur konkreten Störung des arbeitsrechtlichen Austauschverhältnisses führen (vgl. Urteil des BAG vom 17. Januar 1991 -- 2 AZR 375/90).
2.2
Zuzugeben ist den Beklagten, dass die Verweigerung der Erbringung der Hauptleistung sicherlich eine solche Pflichtverletzung darstellen kann. Auch das Herabwürdigen oder Diskreditieren eines Arbeitnehmers durch seinen Arbeitgeber gegenüber der Kundschaft kann einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen.
Selbst wenn man danach die von den Beklagten angenommenen Kündigungsgründe insgesamt als geeigneten Grund für die außerordentliche Kündigung ansehen sollte, kann eine Beendigung vor dem 31. Dezember 2008 bzw. 28. Februar 2009 dennoch nicht festgestellt werden.
Das Bundesarbeitsgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes in zwei Schritten zu untersuchen ist (sog. Zweistufenlehre). Danach ist zunächst zu prüfen, ob der Kündigungssachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen, wie unter 2.1 ausgeführt. Ist dies der Fall, folgt als zweiter Schritt die Prüfung, ob bei Berücksichtigung der individuellen Umstände und Abwägung der gegenseitigen Interessen die Kündigung auch im konkreten Einzelfall gerechtfertigt ist (BAG, Urteil vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05).
Insoweit übersehen die Beklagten, dass die Interessenabwägung als Teil des Kündigungsgrundes hier zu Gunsten des Klägers zu bewerten ist. Denn durch die einseitige, nicht mit dem Kläger abgesprochene Information der Mandanten haben die Beklagten eine Situation geschaffen, in der der Kläger aus Konkurrenzschutzgründen annehmen durfte, dass er zur Freistellung der Beklagten von der Arbeit berechtigt wäre.
50Auch nach ausgesprochener Kündigung bleibt der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bis zum Ende der Kündigungsfrist zwar grundsätzlich bestehen. Freilich können überwiegende und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers. den Beschäftigungsanspruch verdrängen (BAG, Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1/84). Die schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers. ergeben sich nicht aus § 1 Abs. 2 KSchG, sondern aus einer Abwägung der Schwere des Suspendierungsgrunds mit dem Beschäftigungsinteresse analog § 626 Abs. 1 BGB. Konkurrenzschutzinteressen lassen in der Regel insbesondere bei einschlägig tätigen leitenden Angestellten das Beschäftigungsinteresse entfallen; hier wird das Suspendierungsinteresse regelmäßig deutlich überwiegen (MünchHdbArbR-Reichold § 37 RN 23 m.w.N.). Die Tätigkeit von angestellten Rechtsanwälten ist insoweit denen leitender Angestellter vergleichbar.
Insofern scheitert der wichtige Grund für eine außerordentliche Kündigung durch die Beklagten zu 1. und 3. spätestens auf dieser zweiten Stufe.
2.3
52Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass das Beschäftigungsinteresse der Beklagten zu 1. und 3. gegenüber dem Suspendierungsinteresse des Klägers überwiegt, sind deren außerordentliche Kündigungen vom 1. und 17. Dezember 2008 unwirksam, denn die Beklagten hätten den Kläger zunächst abmahnen müssen.
Die außerordentliche Kündigung ist nur zulässig, wenn sie die unausweichlich letzte Maßnahme (ultima ratio) für den Kündigungsberechtigten ist (vgl. zuletzt etwa BAG, Urteil vom 19. April 2007 - 2 AZR 180/06). Aus dem Ultima-ratio-Prinzip folgt, dass, soweit es um Pflichtverletzungen einer Vertragspartei geht, diese nur dann zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung genommen werden dürfen, wenn zuvor wegen eines zumindest vergleichbaren Fehlverhaltens eine Abmahnung ausgesprochen worden ist (BAG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07). Bestätigt worden ist diese schon bislang ganz herrschende Sichtweise 2002 durch die im Zuge der Schuldrechtsreform in das BGB eingefügte Vorschrift des § 314 Abs. 2 BGB. Dort wird für Dauerschuldverhältnis der Grundsatz formuliert, dass eine Kündigung bei Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist. Das Abmahnungserfordernis gilt für beide Vertragsparteien, ist also auch einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers vorgeschaltet, mit der dieser auf ein pflichtwidriges Verhalten seines Arbeitgebers reagiert. Eine vorherige Abmahnung ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann oder es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem sich fehlverhaltenden Vertragspartner ohne weiteres erkennbar ist, und bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den anderen Vertragspartner offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 19. April 2007 - 2 AZR 180/06).
Im vorliegenden Fall kann nicht auf das Vorliegen einer Abmahnung verzichtet werden. Selbst wenn der Kläger eine arbeitsvertragliche Pflicht verletzt haben sollte, ist kein Grund ersichtlich, auf das Erfordernis einer Abmahnung zu verzichten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Kläger zukünftig eine vom Weisungsrecht des Klägers umfasste situationsangemessene Beschäftigung abgelehnt hätte. Denn auch am 1. Dezember 2008 wurde den Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, im Besprechungszimmer Aktenbearbeitungen durchzuführen. Dass dabei die Arbeitsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt waren, war der konkreten Situation nach Versand des Schreibens am 27. November 2008 durch die Beklagten geschuldet. Hinzu kommt, dass - jedenfalls nicht ohne weiteres - Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung noch an einer Beschäftigung im bisherigen Arbeitsverhältnis interessiert sind. In aller Regel werden Freistellungen während der Kündigungsfrist von Arbeitnehmern akzeptiert bzw. hingenommen. Dass dieses bei den Beklagten zu 1. und 3. anders war, hätten diese durch eine Abmahnung des Klägers verbunden mit der Aufforderung zur Fortsetzung der Beschäftigung bis zum Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist deutlich machen müssen.
Auch die tendenziöse Information des Branchendienstes J. durch den Kläger führt zu keiner anderen Bewertung. Denn es bleibt festzuhalten, dass der Kläger tatsächlich entsprechend den Ausführungen im Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2008 (20 Ga 19606/08) gegen den Beklagten zu 3. oder zumindest vermeintlich in Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen gehandelt hat. Auch hier ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger nach einer entsprechenden Abmahnung durch die Beklagten weitere tendenziöse Äußerungen nicht unterlassen hätte. Entsprechendes gilt für die Äußerungen gegenüber den Mandanten, die nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigungen durch die Beklagten jedenfalls weitestgehend den Tatsachen entsprachen. Ein solches Gewicht hatten diese Äußerungen insbesondere in Anbetracht der tatsächlich ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagten nicht, dass hier eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre.
2.4
Entgegen der Ansicht der Beklagten war auch die Kündigung vom 1. Dezember 2008 nicht als Abmahnung im Vorfeld der Kündigung vom 17. Dezember 2008 zu verstehen.
Bei der Abmahnung, die nunmehr in § 314 Abs. 2 BGB gesetzlich verankert wurde, handelt es sich um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts durch einen Vertragspartner. Als Gläubiger der Beschäftigung weist er den Arbeitgeber als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rügefunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion) (vgl. BAG, Urteil vom 23. Juni 2009 - 2 AZR 606/08).
Zwar ist in dem Kündigungsschreiben vom 1. Dezember 2008 die Verletzung der Beschäftigungspflicht erwähnt. Das beschränkt sich jedoch auf die Rügefunktion der Abmahnung. Da aber mit der Rügefunktion einer Abmahnung untrennbar die Warnfunktion verbunden ist, genügt die Rüge allein nicht. Und die Beklagten haben den Kläger weder ausdrücklich zu einer Weiterbeschäftigung aufgefordert noch den Kläger dadurch gewarnt, dass sie wegen fortgesetzter Nichtbeschäftigung (nochmals) kündigen würden und damit eventuell angedeutet, dass sie von der Kündigung Abstand nehmen würden, wenn wieder eine vertragsgemäße Beschäftigung erfolge. Sie haben vielmehr einen unbedingten Beendigungswillen geäußert. Dieser manifestierte sich in dem letzten Absatz des Kündigungsschreibens, in dem der Kläger aufgefordert wurde, die außerordentlichen Kündigungen zu bestätigen und den Namen der Beklagten umgehend von den Briefbögen, der Homepage der Kanzlei des Klägers usw. zu löschen.
2.5
Die fristgemäße Kündigung des Beklagten zu 1. vom Freitag, dem 28. November 2008 ging dem Kläger erst am Montag, dem 1. Dezember 2008 zu. Deshalb endete sein Arbeitsverhältnis aufgrund der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist mit Ablauf des 28. Februar 2009.
Dass eine per Telefax erklärte Kündigung die nach § 623 BGB erforderliche Schriftform nicht wahrt, entspricht nahezu einhelliger Auffassung in Literatur (vgl. etwa KR-Spilger, 9.Auflage, § 623 BGB, Rd.-Nr. 121 m.w.N.) und Rechtsprechung (vgl. z.B. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31. Januar 2008 - 9 Sa 416/07; und Urteil vom 21. Januar 2004 - 10 Sa 475/03). Insofern ist die Kündigung dem Kläger nicht am 28. November 2008 (formgerecht) wirksam zugegangen.
Auch wenn die Beklagten zu 1. und 3. mit dem Vortrag, einen Briefkasten mit rotem Punkt für den Einwurf des Kündigungsschreibens genutzt zu haben, vorgetragen haben sollten, dass es sich um einen Briefkasten der D. P. mit Spätservice gehandelt habe und wenn man trotz des insoweit fehlenden Vortrags weiter unterstellt, dass der Einwurf bis 18:00 Uhr erfolgt ist und damit grundsätzlich die E+1-Regel nach § 2 Nr. 3 PUDLV (Post-Universaldienstleistungsverordnung) zur Anwendung gelangen dürfte, konnten die Beklagten nicht darauf vertrauen, dass das Kündigungsschreiben dem Kläger am Samstag, dem 29. November 2008 oder am Sonntag, dem 30. November 2008 zugeht. Denn typischerweise wird die Post für Anwaltsbüros an Samstagen und Sonntagen nicht ausgeliefert. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass das im Anwaltsbüro des Klägers in K. anders sein sollte, haben die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für einen entsprechenden Zugang des Kündigungsschreibens. Da der Kläger den Zugang vor dem 1. Dezember 2008 bestritten hat und die äußeren Umstände gegen ein Bestreiten ins Blaue hinein sprechen, hätten die Beklagten den Zugang beweisen müssen. Dazu gibt es aber keinerlei Tatsachenvortrag wie etwa eine Aussage über das tatsächliche Verhalten der Post in K. oder ähnliches.
3.
Wie das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Teilurteil zutreffend ausgeführt hat, ist ein Arbeitnehmer zur Auskunft über etwaige Wettbewerbsverletzungen verpflichtet, wenn er zur Einhaltung eines Wettbewerbsverbots verpflichtet ist und der Arbeitgeber darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ein begründeter Verdacht einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung besteht, der Auskunftsberechtigte also die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs darlegt (BAG, Urteil vom 15. Juni 1993 - 9 AZR 558/91). Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Darlegung erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit unerlaubt Konkurrenz gemacht hat, also die Darlegung eines begründeten Anlasses oder einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine unerlaubte Wettbewerbstätigkeit erforderlich ist (vgl. LAG München, Teilurteil vom 3. Dezember 2008 - 10 Sa 645/07 mit zahlreichen Nachweisen), ist der Auskunftsanspruch des Klägers begründet.
Dass die Beklagten zu 1. und 3. in Konkurrenz zum Kläger getreten sind, haben sie mit ihrem Schreiben vom 4. Dezember 2008 an den Kläger selbst eingeräumt. Insofern gab es nicht nur eine Wahrscheinlichkeit oder eine hohe Wahrscheinlichkeit der Konkurrenztätigkeit, sondern eine - unbestrittene - Gewissheit beim Kläger.
Dass sich in dieser Situation Auskünfte sowohl auf die Sozietät der Beklagten wie auch auf Mandate im eigenen Namen und im Namen anderer Dritter zu erstrecken hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden, sondern sachgerecht. Denn die Beklagten hatten selbst in ihrem Schreiben vom 4. Dezember 2008 ausgeführt, dass jeweils die am 2. Dezember 2008 gegründete Sozietät beauftragt worden sei. Angesichts der Ausführungen der Beklagten in diesem Rechtsstreit konnte der Kläger deshalb hinreichend wahrscheinlich vermuten, dass Mandate in eigenem oder fremdem Namen abgeschlossen worden sein können.
Dem stehen auch berufsrechtliche oder datenschutzrechtliche Vorschriften nicht entgegen. § 60 HGB, der verbietet, ohne Einwilligung des Prinzipals ein Handelsgewerbe betreiben oder in dem Handelszweig des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen, konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat und auch in § 241 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt, wonach das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten kann. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist auch anerkannt, dass das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses nicht nur Arbeitgeber schützt, die ein Handelsgewerbe betreiben, sondern dass dieses Verbot auch für den Bereich der freien Berufe, insbesondere für den Bereich der Rechtsanwaltschaft gilt (BAG, Urteil vom 16. August 1990 - 2 AZR 113/90), damit also sinngemäß die gleichen wettbewerblichen Beschränkungen wie für Handlungsgehilfen gelten und die §§ 60 ff. HGB analog anzuwenden sind (vgl. auch BAG, Urteil vom 26. September 2007 - 10 AZR 511/06).
Datenschutzrechtliche Vorschriften stehen der Auskunft nicht entgegen, weil das Arbeitsgericht den Umfang der Auskunft die Angabe des vollständigen Namens und der Anschrift des Mandanten sowie die Nennung des Gegenstands des erteilen Auftrags beschränkt hat. Selbst wenn das Persönlichkeitsrecht der Mandanten dadurch geringfügig berührt sein sollte, ist dieses rechtlich legitimiert. Denn nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG ist das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig wenn es für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist, oder soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Ob in Anbetracht der Regelung in § 10 der Arbeitsverträge zwischen den Parteien § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG hier erfüllt ist, kann dahinstehen. In jedem Fall ist die zweite Variante nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG erfüllt, denn das berechtigte Interesse des Klägers ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 60 HGB. Da die begehrte Auskunft auf wenige €Stammdaten€ beschränkt ist und der Kläger als Rechtsanwalt auch der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegt, sind überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Mandanten nicht erkennbar.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagten haben als unterlegene Partei die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gesamtschuldnerisch zu tragen. Der Streitwert war für die Auskunft mit 2.500,-- EUR, für die Feststellung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten wie in der ersten Instanz mit 5.000,-- EUR und 2.000,-- EUR zu bewerten.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Die Entscheidung hat keine grundsätzliche Bedeutung ist allein an den Besonderheiten des Einzelfalls orientiert. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.
LAG Berlin-Brandenburg:
Urteil v. 30.04.2010
Az: 10 Sa 2763/09
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