Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Februar 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 71/02
(BPatG: Beschluss v. 24.02.2003, Az.: 30 W (pat) 71/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts vom 22. Februar 2002 und vom 26. Oktober 1998 aufgehoben.
Der Widerspruch aus der Marke 395 45 330 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Marke SOLO ist am 23. September 1997 für Waren der Klasse 9 in das Markenregister eingetragen worden; die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30. Oktober 1997.
Widerspruch erhoben hat am 30. Januar 1998 die Inhaberin der älteren, am 13. Mai 1996 für Waren der Klassen 9 und 16 eingetragenen Marke 395 45 330 SOLO.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 45 330 die Eintragung der angegriffenen Marke gelöscht weil es die Gefahr von Verwechslungen bestehe.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Sie hat mit näheren Ausführungen mit Schriftsatz vom 28. Mai 2002, der Widersprechenden zugestellt am 18. Juni 2002 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten und ist darüber hinaus - insbesondere wegen einer im Beschwerdeverfahren erfolgten Einschränkung ihres Warenverzeichnisses - der Meinung, daß wegen unähnlicher Waren keine Verwechslungsgefahr bestehe. Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung sind im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt worden.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des Patentamts aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Eine Äußerung der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren ist nicht zur Akte gelangt. Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist schon deshalb begründet, weil die Widersprechende auf die Erhebung der zulässigen Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG nicht glaubhaft gemacht hat, daß die Marke im danach maßgeblichen Zeitraum gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Der Widerspruch ist deshalb zurückzuweisen (§ 43, Abs 2 Satz 2 MarkenG).
Im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede durch die Markeninhaberin war die Widerspruchsmarke bereits länger als fünf Jahre im Register eingetragen, so daß die Voraussetzungen der Einrede mangelnder Benutzung gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erfüllt waren. Demnach oblag es der Widersprechenden, die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen und zwar für den Zeitraum der letzten fünf Jahre vor Zugang dieser Entscheidung bei den Verfahrensbeteiligten.
Die Ausgestaltung des Benutzungszwangs im registerrechtlichen Markenverfahren ist dem Beibringungs- oder Verhandlungsgrundsatz unterstellt. Der Widersprechenden obliegt es demgemäß, die bestrittene Tatsache rechtserhaltender Verwendungshandlungen durch eine nachvollziehbare Darstellung aller zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen tatsächlichen Umstände darzulegen. Glaubhaft zu machen ist die Verwendung der Marke nach Art, Zeit, Ort und Umfang. Aus den vorgelegten Unterlagen muß sich eindeutig ergeben, in welcher Form, in welchem Zeitraum und in welchem Umfang und Gebiet die Benutzung erfolgt ist (Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 43 Rdn 38).
Im Beschwerdeverfahren hat die Widersprechende keine Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt. Die im Verfahren vor dem Patentamt eingereichten Unterlagen zur Verwendung der Widerspruchsmarke reichen für eine Glaubhaftmachung iS der §§ 43 Abs 1, 26 MarkenG nicht aus. Ungeachtet der Frage, ob die sich daraus ergebende Benutzung in der Form "Gateway Solo" mit nachfolgenden Zahlen (2500, 9100 usw) eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke SOLO ist, enthalten sie keine tatsächlichen Angaben, die konkrete Feststellungen zu Zeit, Ort und Umfang der Benutzung erlauben.
Die Widersprechende hat eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke iS der §§ 43 Abs 1, 26 MarkenG damit nicht glaubhaft gemacht; die Löschung der angegriffene Marke kann keinen Bestand haben; der Widerspruch ist zurückzuweisen (§ 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG).
Der Senat war nicht dazu gehalten, die Widersprechende gem § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 139 ZPO auf den Umfang ihrer Obliegenheit hinzuweisen. Zwar obliegt nach § 139 Abs 1 ZPO dem Gericht die Pflicht, auf die Beibringung und Vervollständigung der zur Rechtsfindung notwendigen Tatsachen und Beweismittel hinzuwirken (vgl Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl § 139 Rdn 5). Diese Fürsorgepflicht findet jedoch im Gebot der Unparteilichkeit des Gerichts seine Grenze. Wo - wie hier - entsprechende Hinweise an eine Partei deren prozessuale Situation verbessern und gleichzeitig die der anderen Partei verschlechtern können, endet eine mögliche Hinweispflicht des Gerichts (vgl Thomas/Putzo aaO § 139, Rdn 1).
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall noch keinen Anlaß, § 71 Absatz 1 MarkenG, da die Widersprechende möglicherweise davon ausging, die bereits eingereichten Unterlagen belegten eine Benutzung, sie also nicht gänzlich untätig blieb (vgl Althammer/Ströbele aaO, § 71 Rdn 22 a.E.).
Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Fa
BPatG:
Beschluss v. 24.02.2003
Az: 30 W (pat) 71/02
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