Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Oktober 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 235/03

(BPatG: Beschluss v. 25.10.2005, Az.: 33 W (pat) 235/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Februar 2002 und vom 23. Juli 2003 aufgehoben.

Gründe

I Am 7. August 2000 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke Grün Garantfür folgende Waren angemeldet worden:

Klasse 1: chemische Erzeugnisse für land-, garten-, und forstwirtschaftliche Zwecke sowie Landschafts- und Sportplatzbau; Kultursubstrate, insbesondere Blumenerde, Gärtnererde, Torf-Kultursubstrate zur Pflanzenanzucht und -aufzucht; Bodenverbesserungsmittel, insbesondere Torf mit und ohne Zusatz von Düngemitteln, Torfmull, Torfmehl, Torfdüngergranulate, Bodenhilfsstoffe mit und ohne Nährstoffzusätze, Rindenhumus; Düngemittel, insbesondere gemahlener Schwarztorf, Humusdünger, Torfmischdünger, Düngetorf unter Zusatz von Düngesalzen und Wuchsstoffen, Wirtschaftsdünger, insbesondere Komposte, organische und mineralische Düngemittel fester und flüssiger Art, insbesondere Volldünger, Naturdüngemittel, Flüssigdüngemittel, Rasendüngemittel, Rasendüngemittel mit Langzeitwirkung, Stickstoff-Langzeitdüngemittel, Düngekalk, Torf in Gemischen mit Erde, Mineraldünger oder Mikronährstoffen, Blumendünger; natürliche und chemische Kompostierungsmittel; Frischhaltemittel für Schnittblumen; Meliorationsmittel zur Verbesserung und Veredelung von Pflanzenböden; Torferzeugnisse, nämlich Torfpreßlinge, Feuchttorf, Torfsoden, Schnittlinge, Torf für Moorbeetpflanzen; Baumrindenprodukte, nämlich Kultursubstrate auf der Basis von Baumrinde, aus Baumrinde hergestellte Erzeugnisse für die Bodenbehandlung, insbesondere Bodenverbesserung und Bodenabdeckung; Torf für Filterzwecke, auch für Aquarienfilter;

Klasse 5: chemische Pflanzenschutzmittel als chemische Erzeugnisse für gärtnerische Zwecke, chemische Pflanzenschutzmittel als chemische Erzeugnisse zur Vernichtung von tierischen Pflanzenschädlingen und zur Bekämpfung von Pilzbefall;

Klasse 31: Rindenmulch; Torfmehl, Torfmull, Torfstreu, Fasertorf; Isoliertorf; Anzuchttöpfe aus gewachsenem Moostorf.

Mit Beschlüssen vom 13. Februar 2002 und 23. Juli 2003, von denen Letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 1 die Anmeldung nach §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle ist der Markenbestandteil "Grün" eine Substantivierung des Adjektivs "grün", das hinsichtlich der in Zusammenhang mit der Pflege von Pflanzen stehenden beanspruchten Waren zum Ausdruck bringe, dass etwas frisch und saftreich sei. Dies zeige sich zum Beispiel in der Formulierung "mitten im Grün der Obstgärten" oder belegbaren Verwendungen, wie etwa dem Begriff "Grün-Konzepte". Der Markenbestandteil bezeichne daher allgemein eine "prosperierende Flora". Der weitere Markenbestandteil "Garant" bezeichne eine Person oder eine Sache, welche die Gewähr für die Sicherung, Erhaltung o Ä von etwas biete. Entgegen der Auffassung der Anmelderin handle es sich bei der Gesamtmarke nicht etwa um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung, sondern um eine sprachüblich gebildete Kombination mehrerer Wörter, wie etwa "Tor-Garant" oder "Hygiene-Garant". Sie stelle nichts anderes als ein Produktversprechen dar, dass die so gekennzeichneten Waren ein Garant für Grün seien, also Grün in dem Sinne garantierten, dass Pflanzen, Sträucher und Bäume gut gediehen. Damit stelle die angemeldete Marke lediglich eine werbeüblich anpreisende Beschreibung der Wirkung der Waren dar, so dass ihr die Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung fehle. Etwas anderes folge auch nicht aus den von der Anmelderin angeführten Entscheidungen des Bundespatentgerichts, in denen die Eintragbarkeit verschiedener Marken mit dem Bestandteil "Garant" bejaht worden ist. In der Entscheidung zur Marke "Garant" (26 W (pat) 28/96) habe das Bundespatentgericht darauf abgestellt, dass dieser Begriff sprachüblich stets mit einem Zusatz verwendet werde, aus dem sich ergebe, wofür garantiert werden solle. Im vorliegend angemeldeten Zeichen sei aber mit dem Wort "Grün" ein solcher Zusatz vorhanden. In der Entscheidung zur Marke "Grüne Kraft" (32 W (pat) 154/99) sei es hingegen um die übertragene Verwendung des Begriffs "Grün" in Verbindung mit dem Wort "Kraft" gegangen, wobei zudem ein anderer Warenbereich betroffen gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Februar 2003 und vom 23. Juli 2003 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine Wortneubildung handele, die über einen unscharfen bzw. mehrdeutigen Bedeutungsgehalt verfüge. Unter "Garant" sei laut Brockhaus-Enzyklopädie eine Person oder Organisation zu verstehen, die etwas absichere oder schütze. Es handle sich also um einen Bürgen, damit eine natürliche oder juristische Person, während die Bezeichnung einer Sache oder eines Gegenstandes als "Garant" sprachunüblich sei. Der weitere Markenbestandteil "Grün" habe zahlreiche unterschiedliche Bedeutungen. Er könne eine Farbe, eine politische Partei, bestimmte Bereiche eines Golfplatzes bezeichnen oder werde etwa in Redewendungen wie "grün hinter den Ohren", "einander grün sein" usw. verwendet. Damit erschließe sich auch die Bedeutung der Kombination der beiden Markenbestandteile nicht auf Anhieb, wobei auch die Unüblichkeit der Bezeichnung von Gegenständen als "Garant" hinzukomme. Ein aktuelles oder zukünftiges Freihaltungsbedürfnis an der Marke, die derzeit ausschließlich von der Anmelderin verwendet werde, sei nicht ersichtlich. Im übrigen seien die Mitbewerber der Anmelderin durch die Eintragung der identischen Marke als Gemeinschaftsmarke 2 594 620 an der Verwendung der angemeldeten Bezeichnung schon rein faktisch gehindert. Damit bestehe kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Der angemeldeten Marke fehle auch nicht jegliche Unterscheidungskraft da ihr kein für die in Rede stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne. Auch die Eintragung der entsprechenden Gemeinschaftsmarke spreche hierfür.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Die angemeldete Wortfolge hat sich nicht als aktuell verwendeter beschreibender Begriff belegen lassen. So werden etwa in der Internet-Suchmaschine "Google" bei der Eingabe der Wortfolge "grün garant" (als Stringsuche) zwar zahlreiche Treffer angezeigt, jedoch handelt es sich dabei offensichtlich um Produkte der Anmelderin, evt auch ihrer Lizenznehmer oder Händler. Eine ergänzende Suchanfrage, bei der alle Webseiten ausgeschlossen werden, die das Firmenschlagwort der Anmelderin enthalten, hat nur (wenige) Treffer ergeben, in denen die Wortfolge "grün garant" entweder ebenfalls noch als Produktkennzeichnung auftaucht (neben Bezeichnungen von Konkurrenzprodukten, wie etwa "Grüne Welle Unkrautvernichter", "Gartenkrone Moosvernichter", "GREENMASTER Fine Turf Extra", "Grün erleben Moosvernichter plus Rasendünger" usw), oder in denen sich die angemeldete Wortfolge "grün garant" - außerhalb des einschlägigen Warenbereichs - nur zufällig wiederfindet (etwa in einer politischen Äußerung: "... ist Rot-Grün Garant des Abschwungs..."). Auch die Markenstelle hat die angemeldete Wortfolge nicht, insbesondere nicht in einer beschreibenden Verwendung, belegen können. Damit kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Anmeldemarke um einen im Verkehr aktuell verwendeten Fachbegriff oder um eine sonst als beschreibende Angabe verwendete Sachbezeichnung handelt.

Sie ist auch nicht so gebildet, dass selbst ohne Auffinden entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte davon ausgegangen werden kann, dass sie vom Verkehr nur als rein beschreibende Angabe verstanden wird. Dies würde voraussetzen, dass die angemeldete Bezeichnung aufgrund ihrer sprachüblichen Bildung und ihres ohne Weiteres entnehmbaren Sinngehalts für den Verkehr selbst in markenmäßig herausgestellter Form zwingend eine reine Merkmalsangabe darstellen muss (etwa "Bücher für eine bessere Welt", "marktfrisch", vgl BGH GRUR 2000, 882; 2001, 1151). Derartige Wortfolgen wären im hier relevanten Warengebiet möglicherweise "Garant des Grüns/Grünen"; "Garantie des Grüns/Grünen"; "Garant/Garantie für (das) Grün/Grünen". Jedoch haben sich noch nicht einmal diese Wortfolgen als Beschreibungen auf dem Gebiet der beanspruchten Waren belegen lassen. So fand sich etwa die Wortkombination "Garantie des Grünen" nur einmal in einem Text, der die Berechtigung zur Gartenbenutzung im (österreichischen) Mietrecht zum Gegenstand hatte. Dies deutet darauf hin, dass Garantien für ein Grün bzw Grünen auf dem vorliegenden Warengebiet weder Gegenstand der Werbung noch sonstiger werblicher oder gar sachlicher beschreibender Warenbezeichnungen sind.

Es wäre aus der Sicht des Senats auch kaum nachvollziehbar, dass ein chemisches Erzeugnis, ein Naturdünger, Pflanzenschutzmittel o Ä bereits allein, dh ohne ergänzende Waren oder Dienstleistungen, eine Garantie für Grün im Sinne von Pflanzenwuchs darstellen könnte bzw sein Produzent oder Händler für Pflanzenwuchs sogar rechtlich einstehen wollte. Denn das Gedeihen von Pflanzen hängt in erster Linie von weiteren Umständen und Maßnahmen, wie Klima, Bewässerung usw. ab. Ein Dünger oder Pflanzenschutzmittel kann dazu zwar einen Beitrag leisten, dieser wird aber kaum so entscheidend sein, dass er ernsthaft als Grundlage einer wie auch immer verstandenen Garantie für das (gesamte) "Grün" bzw. "Grünen" in Betracht kommen dürfte. Ein beschreibender Gehalt kann der Marke damit überhaupt nur dann beigemessen werden, wenn damit zugleich auch eine werbliche Übertreibung mit eingeschlossen wird.

Zwar verfügt die Marke damit nach wie vor über einen stark beschreibenden Gehalt, da der Verkehr daran gewöhnt ist, dass ihm auf vielen Gebieten Garantien gewährt werden, und er zudem mit entsprechender Werbung konfrontiert wird, die auch übertreibende Werbung mit einschließen kann. Außerdem werden - worauf die Markenstelle unter Hinweis auf entsprechende Belege zu Recht abgestellt hat - auch in der Alltagssprache Wortbildungen wie "Tor-Garant", "Erfolgsgarant" o Ä verwendet, an die sich die Anmeldemarke erkennbar anlehnt. Angesichts der og mangelnden Feststellbarkeit einer dahingehenden Üblichkeit beschreibender Bezeichnungen mit Garantien oder einer Garantenstellung auf dem vorliegenden Warengebiet vermögen jedoch bereits relativ geringe Abweichungen von einer unmissverständlichen und glatten Sachangabe, wie dies etwa "Garantie für das Grünen" wäre, ein Freihaltungsbedürfnis auszuschließen.

Solche Abweichungen liegen hier vor. So stehen die beiden Markenworte sprachlichorthographisch eher beziehungslos nebeneinander, ähnlich wie etwa "Schön Garant", "Reich Garant", "Stereo Garant". In dieser Form wirkt die Marke für eine rein beschreibende Bezeichnung sprachlich unüblich und setzt sich davon ab. Hinzu kommt - jedenfalls, soweit verschiedene Dünger angemeldet sind - eine gewisse Unsicherheit, ob sich der Markenbestandteil "Grün" auf Pflanzenwuchs oder auf Gründünger (als Gegensatz zu Kunstdünger, vgl Süddeutsche Zeitung vom 1. Dezember 1998) bezieht. Zudem ist der Verkehr auf dem betreffenden Warengebiet bereits an Markenbildungen wie "Gartenkrone", "grüne "Welle", "GREENMASTER", "Grün erleben" (s o) gewöhnt, die ihm als Marken, nicht aber als beschreibende Kennzeichnungen entgegentreten. Er wird daher auch die angemeldete Marke zwar durchaus als sprechende Bezeichnung verstehen, die eine Merkmalsbeschreibung andeutet oder mit enthält. Jedoch wird er sie nicht als reine Beschreibung verstehen, die für eine unbestimmte Vielzahl von Mitbewerbern in Gebrauch sein kann, sondern sie zugleich als Produktkennzeichnung eines bestimmten Betriebes ansehen. Solche Angaben unterfallen nicht dem Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Der Marke kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Zwar mag sie trotz der Unüblichkeit der Verwendung von "Garantien" als Sachbezeichnung auf dem vorliegenden Warengebiet über einen erheblichen werblichbeschreibenden Gehalt verfügen, wie oben ausgeführt, die tatsächlichen Feststellungen und die Art der Wortbildung lassen jedoch eher darauf schließen, dass die angemeldete Marke vom Verkehr zugleich als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Betrieb aufgefasst wird. Dies reicht für die Bejahung der Unterscheidungskraft aus. Für die gegenteilige Annahme fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen. Damit lässt sich auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht feststellen, so dass der Beschwerde stattzugeben war.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 25.10.2005
Az: 33 W (pat) 235/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/cefa19aa85de/BPatG_Beschluss_vom_25-Oktober-2005_Az_33-W-pat-235-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share