Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. November 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 710/01

(BPatG: Beschluss v. 28.11.2002, Az.: 10 W (pat) 710/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Musterregisters des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Februar 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Der Beschwerdeführerin wird die Beschwerdegebühr zurückgezahlt.

Gründe

I.

Mit ihrer Beschwerde vom 26. Februar 2001 wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Musterregisters des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Februar 2001, in dem festgestellt wird, dass die Geschmacksmusteranmeldung mangels Zahlung bzw mangels vollständiger Zahlung der Anmeldegebühr als nicht eingereicht gilt und deshalb die Eintragung versagt wird.

Mit Schreiben vom 2. August 2000, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 3. August 2000 hat die Beschwerdeführerin eine Geschmacksmusteranmeldung eingereicht. Der Anmelder ist in dem entsprechenden amtlichen Formular wie folgt bezeichnet:

"DIE MAGISCHEN SIEBEN"

HANSESTÄDTE DER A...

KULTURBÜRO DER STADT ST...

FRAU K...

Als Vertreter ist die "Hansestadt G..." und "Herr T..." bezeichnet worden.

Mit Bescheid des Musterregisters vom 29. September 2000 wurde der oder die Anmelder darauf hingewiesen, dass bisher ein Zahlungseingang der Anmeldegebühr nicht festgestellt werden könne und dass der noch ausstehende Betrag von 115,00 DM innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Nachricht zu entrichten sei, wobei andernfalls die Anmeldung als nicht eingereicht gelte. Diese Mitteilung des Patentamts war folgendermaßen adressiert:

Hansestädte der A...

Kulturbüro der Stadt St...

Frau K...

Nachdem die Zahlung der Anmeldegebühr innerhalb der Monatsfrist nicht erfolgte, hat das Musterregister des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 8. Februar 2001 festgestellt, dass die Geschmacksmusteranmeldung als nicht eingereicht gilt. Darüber hinaus wurde die Eintragung versagt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin. Sie führt dazu aus, dass sie mit Bescheid vom 26. September 2000 zum Aktenzeichen 300 58111.4/41 darauf hingewiesen worden sei, dass die Anmeldung nur bearbeitet werden könne, wenn die Gebühren in Höhe von 925,00 DM innerhalb eines Monats eingegangen sei. Ferner sei in diesem Bescheid darauf hingewiesen worden, dass ein Zuschlag von 115,00 DM fällig werde, wenn die Gebühr von 925,00 DM nicht rechtzeitig bezahlt werde. Diese Gebühr von 925,000 DM sei aber rechtzeitig bezahlt worden. Gleichwohl sei mit Schreiben vom 29. September 2000 zum Aktenzeichen 40007441.9 mitgeteilt worden, dass kein Zahlungseingang der Anmeldegebühr festgestellt werden könne und deshalb der noch ausstehende Betrag von 115,00 DM zu zahlen sei. Nach dem Bescheid vom 26. September 2000 hätte die Gebühr bzw der Zuschlag aber nur fällig werden dürfen, wenn die Gebühr nicht rechtzeitig gezahlt worden wäre.

Der oder die Anmelder der Geschmacksmusteranmeldung haben nicht nur eine Geschmacksmusteranmeldung, sondern auch eine Markenanmeldung eingereicht, die unter dem Aktenzeichen 300 58 111.4 anhängig ist oder war. Die Gebühren für die Markenanmeldung in Höhe von DM 925,-- wurden nach entsprechender Aufforderung durch das Patentamt mit Bescheid vom 26. September 2000 seitens der Anmelder gezahlt. In dieser Gebührenaufforderung vom 26.9.2000 wird auch auf einen dann fälligen Zuschlag von DM 115,-- hingewiesen, wenn die reguläre Gebühr in Höhe von DM 925,-- nicht rechtzeitig bezahlt werde. Die hier zu beurteilende Geschmacksmusteranmeldung wird beim Patentamt unter dem Aktenzeichen 400 07 441.9 geführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Musterregisters ist nach § 10 a Abs 1 Satz 1 GeschmMG statthaft und auch ansonsten zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gemäß § 10 a Abs 1 Satz 4 GeschmMG in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung iVm § 73 Abs 2 Satz 1 PatG eingelegt worden. Nach der Bezeichnung in der Anmeldung der Geschmacksmustersache kommt die Stadt St... als mögliche Anmelderin in Betracht (siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen), so dass insoweit auch die Beschwerdeberechtigung der Stadt St... gegeben ist.

Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Bescheid des Musterregisters vom 29. September 2000 nicht geeignet war, die Rechtsfolge dahingehend auszulösen, dass die Anmeldung als nicht eingereicht gilt im Sinne des § 8 c Abs 2 bzw § 10 Abs 4 GeschmMG in der bis 31. Dezember 2001 vor Inkrafttreten des Kostenbereinigungsgesetzes vom 13. Dezember 2001 gültigen Fassung. Ausgehend davon war der Ablauf der in diesem Bescheid gesetzten Frist ohne entsprechende Gebührenzahlung auch keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung, dass die Anmeldung als nicht eingereicht gilt, und auch keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Versagung der Eintragung nach § 10 Abs 4 letzter Halbsatz GeschmMG. Auf die Beschwerde war der angegriffene Beschluss deshalb aufzuheben.

Das Patentamt hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, aufzuklären, wer der Anmelder des beanspruchten Geschmacksmusters sein soll. Die im Anmeldeformular hierzu gemachten Angaben sind nicht geeignet, den Anmelder wirksam zu bezeichnen. Es bleibt unklar, wer Anmelder sein soll. Dies könnten zB die sieben Hansestädte sein. Soweit dies unterstellt wird, bleibt weiter offen, in welcher Form diese sieben Städte als Anmelder auftreten wollen. Es könnte sein, dass sie einen Zweckverband oder eine Gebietskörperschaft mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit bilden. Es könnte auch sein, dass die sieben Hansestädte entweder nebeneinander als gemeinschaftliche Anmelder oder auch als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auftreten wollen, wobei die Städte in der Anmeldung allerdings nicht einzeln aufgeführt und bezeichnet sind. Es könnte sein, dass nur die Stadt St... Anmelder sein und quasi federführend allein, aber im Interesse dieses wie auch immer gearteten "Gemeinde- bzw Städteverbundes" auftreten soll, zumal die Stadt St... auch die Anmeldung mit dem Schreiben vom 2. August 2000 einge-

reicht hat. Schließlich könnten die sieben Hansestädte etwa als Zweckverband, daneben die Stadt St... und weiter Frau K... Anmelder sein.

Ohne Klärung der Frage, wer Anmelder in der Geschmacksmustersache ist, bleibt demzufolge auch unklar, an wen die Bescheide zu richten sind. Der Bescheid vom 29. September 2000 gemäß dem bis 31. Dezember 2001 gültigen § 8 c Abs 2 GeschmMG, in dem zur Zahlung aufgefordert wird, richtete sich an die "Hansestädte der A... Kulturbüro der Stadt St... Frau K...". Dieser Bescheid ist in Bezug auf die Bezeichnung des Adressaten in gleicher Weise unbrauchbar, wie die Anmeldung in Bezug auf die Bezeichnung des Anmelders. Gleiches gilt für die Bezeichnung des Anmelders, der im Bescheid vom 29. September 2000 als "Die magischen Sieben" Hansestädte der A... Kulturbüro der Stadt St... genannt ist. Hier bleibt offen, an wen sich der Bescheid richten soll. Mangels ausreichend eindeutiger Bezeichnung des Adressaten bzw des Anmelders kann der Bescheid die Rechtswirkungen gemäß § 8c Abs 2 GeschmMG nicht entfalten, wonach die Anmeldung nach Ablauf der Frist als nicht eingereicht gilt. Sofern die sieben Hansestädte nebeneinander Anmelder sein sollten, müssten entsprechende Bescheide im übrigen jeder einzelnen Stadt zugestellt werden, sofern nicht ein von allen Städten legitimierter Vertreter bestellt ist, was hier bislang nicht der Fall war.

Zur Fortsetzung des Eintragungsverfahrens war die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

In der Sache verkennt der oder die Anmelder der Geschmacksmustersache, dass zwei Anmeldungen eingereicht wurden, nämlich eine Markenanmeldung, die unter dem Aktenzeichen 300 58 111.4 geführt wird, und eine Geschmacksmusteranmeldung, die unter dem Aktenzeichen 400 07 441.9 geführt wird. Mit dem Bescheid der Markenabteilung vom 26. September 2000 betreffend die Markenanmeldung war der Anmelder auf die Notwendigkeit einer Gebührenzahlung in Höhe von 925,00 DM und einen im Falle der Nichtzahlung fälligen Zuschlag von 115,00 DM hingewiesen worden. In dem Bescheid des Musterregisters vom 29. September 2000 betreffend die Geschmacksmusteranmeldung war der Anmelder auf die Notwendigkeit der Zahlung einer Anmeldegebühr in Höhe von 115,00 DM hingewiesen worden. Die Anmeldegebühr in Höhe von 115,00 DM für die Geschmacksmusteranmeldung hat sachlich nichts mit dem Zuschlag bei verspäteter Gebührenzahlung der Anmeldegebühr für die Markenanmeldung zu tun. Die Gebühr und der Zuschlag sind nur rein zufällig gleich hoch. Dies haben der oder die Anmelder offensichtlich verkannt. Insofern war die Gebührenanforderung für die Geschmacksmusteranmeldung in Höhe von 115,00 DM sachlich grundsätzlich gerechtfertigt. Das Musterregister des Deutschen Patent- und Markenamts wird nach Klärung der Frage, wer der Anmelder der Geschmacksmusteranmeldung sein soll, diesen gegebenenfalls erneut zur Zahlung der Anmeldegebühr für die Geschmacksmusteranmeldung auffordern müssen.

Es entspricht vorliegend der Billigkeit, die Beschwerdegebühr gemäß § 10 a Abs 1 Satz 4 GeschmMG iVm § 80 Abs 3 PatG zurückzuzahlen. Als Gründe für eine Rückzahlung kommen insbesondere Verfahrensfehler seitens des Deutschen Patent- und Markenamts in Betracht (vgl hierzu Schulte, PatG, 6. Aufl, § 80 Rdn 66 bis 88 und § 73 Rdn 147 ff). In diesem Sinne relevante Fehler lagen vor. Auch wenn der oder die Anmelder mit den unklaren Angaben zur Person des Anmelders selbst eine Ursachen für die jetzt erforderliche Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Musterstelle gesetzt haben, wäre das konkrete Beschwerdeverfahren mit dem Ergebnis einer Aufhebung und Zurückverweisung nicht notwendig geworden, wenn die Musterstelle in dem erforderlichen Umfang auf eine Klarstellung hingewirkt hätte.

Schülke Püschel Knoll Pr






BPatG:
Beschluss v. 28.11.2002
Az: 10 W (pat) 710/01


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