Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. März 2004
Aktenzeichen: 20 W (pat) 57/02

(BPatG: Beschluss v. 31.03.2004, Az.: 20 W (pat) 57/02)

Tenor

Der Beschluss des Patentamts vom 2. Mai 2002 wird aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zur Übertragung von Daten Anmeldetag: 30. Mai 1998 Der Erteilung liegen die folgenden Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seiten 1 bis 25, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnungen Figur 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 6 Blatt Zeichnungen Figuren 1-6, eingegangen am Anmeldetag.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle zurückgewiesen, weil der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 gegenüber dem durch die Druckschrift

(1) EP 0 806 842 A1 belegten Stand der Technik nicht neu sei.

Folgende Entgegenhaltungen sind außerdem genannt:

(2) DE 44 07 544 A1 und

(3) WO 95/24080 A1.

Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurde noch die Druckschrift

(4) DE 42 25 042 A1 in Betracht gezogen.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen mit folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 0a, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 1, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 1a, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 2, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 2a,

- sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung, der Beschreibung Blatt 1 bis 25, in der mündlichen Verhandlung überreicht, der in der mündlichen Verhandlung überreichten Figur 7 sowie den Figuren 1 bis 6 aus den ursprünglichen Unterlagen.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (mit eingefügtem Gliederungszeichen a)):

"1. Verfahren zum Übertragen von Daten zwischen mindestens zwei Sendeeinheiten (42) und einer Empfangseinheit (86) auf einem Frequenzband, das auch von anderen Benutzern in Anspruch genommen wird, bei welchem die Sendeeinheiten jeweils in einer in bezogen auf den Beginn eines Abfragezyklus für sie spezifisch vorgegebenen Zeitscheibe senden, dadurch gekennzeichnet, daß für eine erste Gruppe von Sendeinheiten (42) und eine erste Empfangseinheit (86) einerseits und eine zweite Gruppe von Sendeeinheiten (42) und eine zweite Empfangseinheit (86) andererseits ein oder mehrere Übertragungsparameter der Datenübertragung in unterschiedlicher Weise stochastisch variiert werden a), wie z. B.: Beginn eines Abfragezyklus, Frequenz des Datenübertragungskanales, Modulationsart, Datenübertragungstakt, Datenformat."

Bei dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 0a ist am Ende des Anspruchs 1 nach Hauptantrag angefügt:

", derart daß die erste Gruppe von Sendeeinheiten gezielt nur mit der ersten Empfangseinheit und die zweite Gruppe von Sendeeinheiten gezielt nur mit der zweiten Empfangseinheit zusammenarbeiten kann, obwohl sich die Funkzellen überlappen, in denen sich die verschiedenen Sendeeinheiten befinden."

Bei dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist das Merkmal nach dem Gliederungszeichen a) im Anspruch 1 nach Hauptantrag folgendermaßen formuliert:

": Beginn eines Abfragezyklus, Modulationsart, Datenübertragungstakt, Datenformat."

Außerdem ist der Begriff "Frequenzband" ersetzt durch "Frequenzbereich".

Bei dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1a ist am Ende des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 dieselbe Anfügung wie auch beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 0a angefügt und der Begriff "Frequenzbereich" ist ersetzt durch "Frequenzband".

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

"1. Verfahren zum Übertragen von Daten zwischen mindestens zwei Sendeeinheiten (46) und einer Empfangseinheit (86) auf einem Frequenzband, das auch von anderen Benutzern in Anspruch genommen wird, bei welchem die Sendeeinheiten jeweils in einer in bezogen auf den Beginn eines Abfragezyklus für sie spezifisch vorgegebenen Zeitscheibe senden, und für eine erste Gruppe von Sendeinheiten (46) und eine erste Empfangseinheit (86) einerseits und eine zweite Gruppe von Sendeeinheiten (46) und eine zweite Empfangseinheit (86) andererseits der Beginn des Abfragezyklus in unterschiedlicher Weise stochastisch variiert wird."

Bei dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a ist am Ende des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 dieselbe Anfügung wie auch beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 0a angefügt.

Zum Wortlaut der sich den Patentansprüchen 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen jeweils anschließenden Ansprüche 2 bis 15 wird auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen verwiesen.

Der Anmelder hält die Gegenstände der Hauptansprüche aller Anträge für patentfähig und die Ansprüche für gewährbar. Insbesondere führt er aus, daß der Fachmann aus dem Stand der Technik heraus keine Veranlassung gehabt habe, für eine erste Gruppe von Sendeinheiten und eine erste Empfangseinheit einerseits und eine zweite Gruppe von Sendeeinheiten und eine zweite Empfangseinheit andererseits einen oder mehrere Übertragungsparameter der Datenübertragung in unterschiedlicher Weise stochastisch zu variieren. Dies gelte auch für den beispielhaft genannten Übertragungsparameter "Frequenz des Datenübertragungskanales", insbesondere aber für die außerdem genannten Übertragungsparameter Beginn eines Abfragezyklus, Modulationsart, Datenübertragungstakt, Datenformat.

Der in der mündlichen Verhandlung gegebene Hinweis des Senats auf Zweifel wegen der Ausführbarkeit der Erfindung, sofern der Übertragungsparameter auf Modulationsart, Datenübertragungstakt oder Datenformat konkretisiert ist, ist unwidersprochen geblieben.

II Die Beschwerde hat nur im Rahmen des Hilfsantrages 2 Erfolg.

A. Zum Hauptantrag und zum Hilfsantrag 0a 1. Die Patentansprüche 1 gemäß dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 0a umfassen durch die Formulierung, "daß ... einer oder mehrere der folgenden Übertragungsparameter der Datenübertragung in unterschiedlicher Weise stochastisch variiert werden, wie z. B.: Beginn eines Abfragezyklus, Frequenz des Datenübertragungskanales, Modulationsart, Datenübertragungstakt, Datenformat", jeweils entsprechend viele unabhängige Verfahrensgegenstände, insbesondere auch den Gegenstand, bei dem als stochastisch variierter Übertragungsparameter die Frequenz des Datenübertragungskanales beansprucht wird.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig. Seine Neuheit mag zwar gegeben sein; er beruht jedoch hinsichtlich der vorstehend genannten Alternative, daß als stochastisch variierter Übertragungsparameter die Frequenz des Datenübertragungskanales beansprucht wird, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus Druckschrift (1), vgl die Zusammenfassung, die Figuren 1 bis 3, die Beschreibung Spalte 10 Zeile 27 bis Spalte 12 Zeile 20 und den Wortlaut der Ansprüche 1 bis 3, ist ein Verfahren zum Übertragen von Daten mit den Merkmalen im Oberbegriff des Anspruchs 1 nach Hauptantrag als bekannt entnehmbar. Die Sendeeinheiten senden dabei jeweils in einer in bezogen auf den Beginn eines Abfragezyklus für sie spezifisch vorgegebenen Zeitscheibe (Zeitschlitz), Spalte 3 Zeilen 28 bis 41, Spalte 11 Zeilen 7 bis 21.

Um Störungen von (Primär-) Nutzern, die breitbandiger arbeiten als weitere (Sekundär-) Nutzer - der Frequenzbereich (der Datenübertragungskanal oder das Frequenzband) wird von anderen Benutzern in Anspruch genommen - zu vermeiden, werden die Frequenzen des Datenübertragungskanales gemäß (1) dynamisch verwaltet, indem die Kanäle in einer Frequenzsprungtabelle pseudozufällig verteilt werden. Die Verteilung wird mit Hilfe eines Zufallszahlengenerators erzeugt, Spalte 4 Zeilen 3 bis 21, Spalte 5 Zeile 34 bis Spalte 6 Zeile 43. Damit wird für eine (erste) Gruppe von Sendeeinheiten und eine (erste) Empfangseinheit einer der in Anspruch 1 nach Hauptantrag beispielhaft genannten Übertragungsparameter der Datenübertragung, nämlich die Frequenz des Datenübertragungskanales, stochastisch variiert, vgl insbesondere die Ansprüche 1 und 3 in (1).

In der Praxis wird der Fachmann - hier ein Diplomingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit Erfahrung auf dem Gebiet der Datenübertragung auf "Jedermann-Funkkanälen" - damit konfrontiert, daß auf einem Frequenzband, das von mehreren Benutzern in Anspruch genommen wird, zwei oder mehr Gruppen von Sendeeinheiten und jeweils einer zugeordneten Empfangseinheit Daten übertragen. Ausgehend von dem aus Druckschrift (1) als bekannt entnehmbaren Verfahren, hat der Fachmann die Wahl: Er kann entweder weitere (Gruppen von) Sendeeinheiten in eine bestehende Gruppe hineinnehmen und die bestehende Frequenzsprungtabelle anpassen, oder aber er kann - insbesondere beim Vorliegen einer weiteren (zweiten) Empfangseinheit - für die zweite Gruppe von Sendeeinheiten und die zweite Empfangseinheit die Frequenz des Datenübertragungskanales in zur ersten Gruppe unterschiedlicher Weise stochastisch variieren ((1), Sp 5 Z 59 bis Sp 6 Z 31). Nachdem in praxi in der ersten wie auch in der zweiten Gruppe von Sendeeinheiten samt jeweiliger Empfangseinheit in etwa gleiche Datenmengen zur Übertragung anstehen, wird der Fachmann im Interesse einer gleichmäßigen, möglichst lastunabhängigen Datenübertragung naheliegenderweise die zweite der vorgenannten Möglichkeiten wählen, und den hier in Rede stehenden Übertragungsparameter, nämlich die Frequenz der Datenübertragung für eine erste Gruppe von Sendeinheiten und eine erste Empfangseinheit einerseits und eine zweite Gruppe von Sendeeinheiten und eine zweite Empfangseinheit andererseits in unterschiedlicher Weise stochastisch variieren, vgl (1), Spalte 11 Zeilen 22 bis 34.

Damit ist der Fachmann aber ohne erfinderische Überlegungen zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag in der dort beanspruchten Alternative gelangt, daß als stochastisch variierter Übertragungsparameter die Frequenz des Datenübertragungskanales beansprucht wird.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 0a ist ebenfalls nicht patentfähig.

Die in Anspruch 1 nach Hilfsantrag 0a zusätzlich beanspruchten Merkmale, daß ein oder mehrere Übertragungsparameter ... stochastisch variiert werden, wie z. B.: ... Frequenz des Datenübertragungskanales, ... , "derart daß die erste Gruppe von Sendeeinheiten gezielt nur mit der ersten Empfangseinheit und die zweite Gruppe von Sendeeinheiten gezielt nur mit der zweiten Empfangseinheit zusammenarbeiten kann, obwohl sich die Funkzellen überlappen, in denen sich die verschiedenen Sendeeinheiten befinden", stellen Wirkungen dar, die sich zwangsläufig einstellen, wenn der Fachmann, wie vorstehend unter Punkt 2. abgehandelt, die ihm durch (1) nahegelegte Maßnahme ergreift, nämlich die Frequenz der Datenübertragung, für eine erste Gruppe von Sendeinheiten und eine erste Empfangseinheit einerseits und eine zweite Gruppe von Sendeeinheiten und eine zweite Empfangseinheit andrerseits in unterschiedlicher Weise stochastisch zu variieren.

Auch die mit Anspruch 1 nach Hilfsantrag 0a beanspruchte Merkmalskombination kann deshalb die Patentfähigkeit nicht begründen.

B. Zu den Hilfsanträgen 1 und 1a 1. Die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 und 1a umfassen durch die Formulierung, "daß ... einer oder mehrere der folgenden Übertragungsparameter der Datenübertragung in unterschiedlicher Weise stochastisch variiert werden: Beginn eines Abfragezyklus, Modulationsart, Datenübertragungstakt, Datenformat", jeweils entsprechend viele unabhängige Verfahrensgegenstände. Sie sind zwar neu und sie mögen auch nicht nahe liegen. Jedoch ist von den neben der Verfahrensvariante "Beginn des Abfragezyklus" als stochastisch variierter Übertragungsparameter beanspruchten Varianten zumindest jeweils diejenige, bei der die Modulationsart der einzige stochastisch variierte Übertragungsparameter ist, in der Anmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann, § 34 Abs. 4 PatG.

Die Angaben, die der Fachmann mit den Fachkenntnissen am Anmeldetag zur Ausführung der geschützten Erfindung benötigt, müssen zwar nicht im Patentanspruch enthalten sein; es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Anmeldung insgesamt ergeben, BGH GRUR 2003, 223 - Kupplungsvorrichtung II, Busse/ Keukenschrijver PatG 6. Aufl. § 34 Rn. 273 bis 283 mwN. Der hier zuständige Fachmann ist der gleiche wie oben zur Frage der erfinderischen Tätigkeit angegeben, der speziell auch die gängigen Modulationsarten kennt und sie entsprechend anzuwenden weiß.

2. Die Anmeldungsbeschreibung schildert anhand der Figur 1 ab Spalte 4 Zeile 63 bis Spalte 5 Zeile 27 der Anmeldungs-Offenlegungsschrift die zu bewältigende Problematik der Datenübertragung bei Nutzung - aus Kostengründen - eines "Jedermann-Funkkanals", wenn mehrere Gruppen von Sendeeinheiten und jeweils zugehörender Empfangseinheit (Managementeinheit) einander so nahe sind, daß sich die Funkzellen der Sendeeinheiten, die zu verschiedenen Gruppen gehören, überlappen (Sp 5 Z 15-27). Wie ein Verfahren zum Übertragen von Daten zwischen den Sendeeinheiten einer Gruppe zur zugehörigen Empfangseinheit ausgeführt werden kann, bei dem die Sendeeinheiten bezogen auf den Beginn eines Abfragezyklus in einer für sie jeweils spezifischen Zeitscheibe senden und der Beginn des Abfragezyklus stochastisch variiert wird, ist ausführlich für zwei Ausführungsbeispiele anhand der Figuren 2 bis 6 iVm der Beschreibung (Sp 5 Z 28 bis Sp 11 Z 17) dargestellt. Was im einzelnen zu tun ist, wenn für zwei Gruppen der jeweilige Beginn des Abfragezyklus in unterschiedlicher Weise stochastisch zu variieren ist, um ein funktionierendes anspruchsgemäßes Verfahren zum Übertragen von Daten auf einem Frequenzband zu erhalten, das auch von anderen Benutzern in Anspruch genommen wird ("Jedermann-Funkkanal"), erfährt der Fachmann aus der Anmeldung zwar nicht unmittelbar in allen Einzelheiten. Er weiß aber, worauf es dabei ankommt, nämlich auf den Umstand, daß sich die Funkzellen der beiden Gruppen überlappen können (dazu auch Sp 3 Z 6-27 sowie letztes Merkmal im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1a). Dazu erhält er aus der Anmeldung den Hinweis, daß sich die Zufallsgeneratoren für unterschiedliche Gruppen von Meßeinheiten unterscheiden (Sp 9 Z 68 bis Sp 10 Z 37). In welchem zeitlichen Umfang der Beginn eines Abfragezyklus in der Praxis schwanken kann, ist anhand der Fig. 7 mit der zugehörigen Beschreibung (Sp 11 Z 18-50) veranschaulicht und wird weiter dahingehend spezifiziert, daß man die Verschiebung des Beginns auch als Pause statistischer Länge zwischen aufeinanderfolgenden Abfragezyklen ansehen kann. Konkret ist eine Mindestpausendauer von einer Sekunde und ein Schwanken der Abstände zwischen aufeinanderfolgenden Abfragezyklen zwischen 1 und 5 Sekunden genannt (Sp 9 Z 61-67). Insgesamt erhält der Fachmann damit durch die Anmeldung ausreichend Hinweise zu Aufbau und Arbeitsweise einer Anordnung, mit der die beanspruchten Verfahren zur Übertragung von Daten nach den Hilfsanträgen 1 und 1a ausgeführt werden können, wenn der stochastisch variierte Übertragungsparameter der Beginn eines Abfragezyklus ist.

3. Hingegen enthält die Anmeldung keinerlei Angaben hinsichtlich der Modulationsart als stochastisch zu variierendem Übertragungsparameter. Dieser Parameter ist in der Anmeldung im ursprünglichen Anspruch 1 beispielhaft genannt und wird im Übrigen nicht mehr aufgegriffen. Soweit an einer Stelle (Sp 10 Z 54 bis Sp 11 Z 17) noch einmal Parameter allgemein und Modulationsverfahren insbesondere (speziell genannt: Amplitudenmodulation und Frequenzmodulation) erwähnt werden, geht es um die Umschaltung während einer Bitzeit (vgl auch Fig 2, Bauteile 52, 54, 56 mit Beschreibung Sp 5 Z 46-63). Dies hat mit der anspruchsgemäßen stochastischen Änderung nichts zu tun; diese wird nach wie vor nur für den Beginn eines Abfragezyklus vorgenommen.

4. Der Fachmann ist auch nicht in der Lage, nach dem Vorbild der ausführlich geschilderten stochastischen Variation des Beginns eines Abfragezyklus statt dessen die Modulationsart stochastisch zu variieren, und zwar in Verbindung mit dem anspruchsgemäßen Zeitscheibenbetrieb und der ebenfalls beanspruchten Funktion als Datenübertragungsverfahren innerhalb zweier Gruppen mit Sendeeinheiten und jeweils zugehöriger Empfangseinheit, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen. Denn zunächst scheidet ein sinngemäßer Austausch der beiden Übertragungsparameter schon deshalb aus, weil sich der eine auf die Zeit bezieht und der andere auf die Signalform, aber auch, weil anspruchsgemäß das Zeitscheibenprinzip grundsätzlich vorgeschrieben ist. Daher bleibt schon offen, wie die anspruchsgemäßen Abfragezyklen nach dem Zeitscheibenprinzip hinsichtlich ihres zeitlichen Ablaufs innerhalb einer Gruppe und von Gruppe zu Gruppe zu organisieren sind, wenn die Modulationsart der - einzige - Übertragungsparameter sein soll, der stochastisch variiert wird. Weiter bleibt offen, welche Modulationsarten als geeignet in Betracht kommen, ob deren stochastische Variation nur die Modulationsart als solche betrifft oder - auch - den Zeitpunkt des Wechsels, sowie ob und wie deren stochastische Variation auf den zeitlichen Ablauf der Abfragezyklen abzustimmen ist.

Auch die seinen Kenntnissen zuzurechnenden Darlegungen in den im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen helfen dem Fachmann nicht weiter. Nach der einschlägigen und nächstkommenden Druckschrift (1) wird mit einer Frequenzsprungtabelle gearbeitet, die die Frequenzen der nutzbaren Kanäle pseudozufällig verteilt enthält. Diese Technik lässt sich auf die Modulationsart als alleinig stochastisch variierter Übertragungsparameter ebenso wenig übertragen wie die Variation des Beginns eines Abtastzyklus. Die Druckschrift (4) befaßt sich, insoweit noch ferner liegend, mit der stochastischen Verteilung einzelner Zeitscheiben. Insgesamt ist daher für den Fachmann auch keine Richtung erkennbar, in der er orientierende Versuche durchführen könnte.

Einzelne anspruchsgemäße Maßnahmen für sich genommen mag der Fachmann aufgrund der Darlegungen in der Anmeldung iVm seinen Kenntnissen und Fähigkeiten zwar realisieren können. So kennt er neben der in der Anmeldung - in anderem Zusammenhang - genannten Frequenzmodulation und Amplitudenmodulation sicher eine Reihe weiterer Modulationsarten, und er mag auch in der Lage sein, die Modulationsart an sich "stochastisch zu variieren". Dies genügt aber nicht, um insgesamt die nach den Hilfsanträgen 1 und 1a beanspruchten Verfahren zum Übertragen von Daten innerhalb zweier Gruppen aus jeweils mehreren Sendeeinheiten und einer zugehörigen Empfangseinheit auf einem Frequenzband, das auch von anderen Benutzern in Anspruch genommen wird, funktionsfähig im Sinne der Patentansprüche 1 ausführen zu können, wobei die Sendeeinheiten jeweils im Rahmen eines Abfragezyklus zeitlich spezifisch senden und allein die Modulationsart für die Gruppen in unterschiedlicher Weise stochastisch variiert wird.

C. Zum Hilfsantrag 2 1. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist zulässig. Er geht aus der Zusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 hervor. Er ist außerdem hinsichtlich der stochastisch zu variierenden Übertragungsparameter beschränkt auf den Beginn des Abfragezyklus, enthält insbesondere nicht mehr die Frequenz des Datenübertragungskanales oder die Modulationsart als zu variierenden Übertragungsparameter, vgl die vorstehend zu den Punkten A und B gemachten Ausführungen. Die Ersetzung des Begriffes "Datenübertragungskanal" durch "Frequenzband" ergibt sich aus der Anmeldungsbeschreibung (Offenlegungsschrift Sp 8 Z 1 - 11) als zur beanspruchten Erfindung gehörend.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist nach den §§ 1 bis 5 patentfähig.

a) Das Besondere des Verfahrens nach dem Anspruch 1 liegt darin, daß "für eine erste Gruppe von Sendeinheiten (46) und eine erste Empfangseinheit (86) einerseits und eine zweite Gruppe von Sendeeinheiten (46) und eine zweite Empfangseinheit (86) andererseits der Beginn des Abfragezyklus in unterschiedlicher Weise stochastisch variiert wird". Insbesondere sind die in den Ansprüchen nach Haupt- und Hilfsanträgen 0a bis 1a alternativ beanspruchten Parameter: Frequenz des Datenübertragungskanales, Modulationsart, Datenübertragungstakt, Datenformat nicht mehr Gegenstand des Verfahrens des Anspruches 1 nach Hilfsantrag 2.

b) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 gilt als neu.

Bei dem Verfahren nach der nächstliegenden Entgegenhaltung (1) wird die Frequenz des Datenübertragungskanales stochastisch variiert, vgl oben unter Punkt A.2. Die aus (1) als bekannt entnehmbare Frequenzsprungtabelle wird zyklisch durchlaufen, die Sendeberechtigung der jeweils in Zeitscheiben sendenden Sendeeinheiten kann lastabhängig vergeben werden, vgl (1) Spalte 11 Zeilen 7 bis 34. Der Beginn eines Abfragezyklus (Sendezyklus) wird jedoch nicht stochastisch variiert.

Aus der Druckschrift (4), vgl die Zusammenfassung, die Figuren 1, 3 und 4 und insbesondere die Beschreibung Spalte 1 Zeilen 49 bis 56, Spalte 3 Zeile 49 bis Spalte 5 Zeile 17, ist zwar ebenfalls ein Verfahren zum Übertragen von Daten zwischen mindestens zwei Sendeeinheiten und einer Empfangseinheit auf einem Frequenzband, das auch von anderen Benutzern in Anspruch genommen wird, als bekannt entnehmbar, bei welchem die Sendeeinheiten jeweils in einer vorgegebenen Zeitscheibe senden. Dabei werden jedoch die Sendezeitpunkte (Zeitscheiben), in denen die Sendeeinheiten senden, stochastisch variiert, vgl Spalte 4 Zeilen 38-43, Spalte 7 Zeilen 2 bis 60. Ein Bezug spezifisch vorgegebener Zeitscheiben auf den Beginn eines Abfragezyklus, wobei der Beginn des Abfragezyklus stochastisch variiert wird, ist aus Druckschrift (4) nicht entnehmbar.

Die außerdem genannten Druckschriften (2) und (3) liegen weiter ab und haben in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt. Sie bringen auch hinsichtlich der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit keine neuen Gesichtspunkte.

c) Das Verfahren nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

Der durch (1) und (4) belegte Stand der Technik legt es nicht nahe, bei den aus den genannten Druckschriften als bekannt entnehmbaren Verfahren den Beginn des Abfragezyklus stochastisch zu variieren.

Bei dem Verfahren nach (1) wird die stochastisch variierte Frequenzsprungtabelle zyklisch durchlaufen, an den zuletzt gesendeten Zeitschlitz schließt wiederum der zuerst zu sendende Zeitschlitz an, Spalte 11 Zeilen 7 bis 9. Zwar mögen die Sendeeinheiten in einer in bezogen auf den Beginn eines Abfragezyklus für sie spezifisch vorgegebenen Zeitscheibe (Zeitschlitz) senden, Spalte 11 Zeilen 9 bis 20, jedoch wird dabei nur die Frequenz des Datenübertragungskanals stochastisch variiert, Spalte 11 Zeilen 20 bis 21. Auch eine lastabhängige Vergabe der Sendeberechtigung für die jeweilige Sendeeinheit erfolgt in Abhängigkeit davon, wieviel Zeit seit der letzten Datenübertragung der jeweiligen Sendeeinheit verstrichen ist, bietet dem Fachmann jedoch ebenfalls keine Veranlassung, den Beginn des Abfragezyklus stochastisch zu variieren.

Auch der Druckschrift (4) sind keine Hinweise darauf zu entnehmen, den Beginn des Abfragezyklus stochastisch zu variieren. Dies vor allem auch deshalb, weil bei dem Verfahren nach (4) die Sendezeitpunkte (Zeitscheiben), in denen die Sendeeinheiten senden, stochastisch variiert werden, schon deshalb ist auch ein Bezug spezifisch vorgegebener Zeitscheiben auf den Beginn eines Abfragezyklus nicht herstellbar, so daß keine Veranlassung für den Fachmann besteht, den Beginn des Abfragezyklus stochastisch zu variieren, ob nun zusätzlich oder anstelle der Zeitscheiben-Variation.

3. Die Ansprüche 2 bis 15 sind gleichfalls gewährbar. Sie beziehen sich auf besondere Ausführungsarten der Erfindung nach dem Anspruch 1.

4. Die - geänderte - Beschreibung genügt den an sie nach § 34 PatG zu stellenden Anforderungen.

Dr. Anders Obermayer Dr. Hartung Dr. van Raden Ko






BPatG:
Beschluss v. 31.03.2004
Az: 20 W (pat) 57/02


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