Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 2. September 2005
Aktenzeichen: 6 U 39/05
(OLG Köln: Urteil v. 02.09.2005, Az.: 6 U 39/05)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.1.2005 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 283/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% der zu vollstreckenden Summe abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Begründung
I.
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Schlüsselbändern. Der Vertriebsweg ist das Internet. Die Klägerin warb im Internet zunächst unter der Domain "schluesselbaender.de", während die Beklagte unter der Domain "schluesselband.de" auftrat.
Nachdem es seit dem 01.03.2004 möglich war, Internetdomains mit Umlauten registrieren zu lassen, erwarb die Beklagte die Domain "schlüsselband.de" für 1000 Euro von einem Dritten, der diese zunächst für sich hatte registrieren lassen.
Inhaber der Domain "schlüsselbänder.de" war zunächst ein Herr T. B.. Mit Hilfe einer Domainvermittlung, der T. GmbH, versuchte die Klägerin, diese Domain zu erwerben. Diese Bemühungen scheiterten, denn Herr B. übertrug die Domain an die Beklagte.
Die Klägerin meint, die Registrierung und Benutzung der Domain "schlüsselbänder.de" durch die Beklagte sei unter dem Gesichtspunkt des Behinderungswettbewerbs wettbewerbswidrig. Da die Parteien bisher durch die Verwendung von Singular und Plural auf dem Markt unterscheidbar gewesen seien, stelle es ein Abfangen von Kunden dar, wenn sich die Beklagte nunmehr den bisher von der Klägerin verwandten Plural sichere. Außerdem behauptet die Klägerin, die Beklagte habe unzulässigen Druck auf den früheren Inhaber der Domain, Herrn B., ausgeübt, um diese zu erwerben.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der Internetdomain "www.schlüsselbänder.de" einzuwilligen und den Verzicht auf die Domain "www.schlüsselbänder.de" zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
Sie hat bestritten, bei dem Erwerb der Domain auf den Inhaber Druck ausgeübt zu haben. Darüber hinaus seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Nutzung der Domain "schlüsselbänder.de" ein wettbewerbswidriges Verhalten gegenüber der Klägerin darstelle.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine für eine gezielte Behinderung erforderliche Verdrängung der Klägerin vom Markt sei nicht ersichtlich, weil diese mit der Domain "schluesselbaender.de" weiterhin am Markt tätig sein könne. Dass die Beklagte in rechtlich zu beanstandender Weise Druck auf den früheren Inhaber der Domain ausgeübt habe, sei nicht dargetan und könne im übrigen nur vertragsrechtliche Sanktionen auslösen.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie stützt die Berufung unter anderem darauf, dass sich die Position der Klägerin erheblich verschlechtert habe, da der Verkehr, dem die Internetseite mündlich empfohlen werde, nicht zwischen dem Umlaut und der ausgeschrieben Form unterscheiden könne und daher mit großer Wahrscheinlichkeit nun auf die Seite der Beklagten gelange.
Die Klägerin beantragt,
die angefochtene Entscheidung zu ändern und nach den in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG nicht zu. Weder die Nutzung noch der Erwerb der Domain "schlüsselbänder.de" durch die Beklagte stellt eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin dar.
Voraussetzung eines Behinderungswettbewerbs ist stets eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber. Da eine solche Beeinträchtigung jedem Wettbewerb eigen ist, muss noch ein weiteres Merkmal hinzutreten, damit von einer wettbewerbswidrigen Beeinträchtigung und von einer unzulässigen individuellen Behinderung gesprochen werden kann. Wettbewerbswidrig ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch vom Markt zu verdrängen. Ist eine solche Zweckrichtung nicht festzustellen, muss die Behinderung doch derart sein, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Dies lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Einzelumstände unter Abwägung der widerstreitenden Interessen des Wettbewerbs beurteilen (BGH GRUR 2002, 902, 905 - Vanity-Nummern; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 77 - schuhmarkt.de).
Allein die Registrierung und Benutzung eines Gattungsbegriffs - wie im Streitfall "Schlüsselbänder" - als Internet-Domain stellt grundsätzlich noch keine unzulässige Behinderung der Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber dar (BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale.de; BGH GRUR 2005, 517, 518 = WRP 2004, 614 - Literaturhaus).
Der Vorwurf der Unlauterkeit kann hier also nur daran anknüpfen, dass die Beklagte sich den Gattungsbegriff "schlüsselbänder.de" mit Umlauten als Domain hat registrieren lassen, obwohl die Klägerin bereits zuvor den gleichen Gattungsbegriff ohne Umlaute als Domain nutzte.
Das Verhalten der Beklagten ist indessen weder geeignet, die Klägerin vom Markt zu verdrängen, noch sie so zu beeinträchtigen, dass sie ihre Leistung durch eigene Anstrengungen nicht mehr angemessen zur Geltung bringen kann. Selbst wenn es der Beklagten darauf ankam, die Domain "schlüsselbänder.de" nur deshalb für sich registrieren zu lassen, um zu verhindern, dass die Klägerin diese nutzen kann, vermag dies allein einen Wettbewerbsverstoß nicht zu rechtfertigen. So ist es der Klägerin weiterhin möglich, unter anderen generischen Domains im Internet aufzutreten, sei es unter ihrer bisherigen Domain, sei es unter den Domains "schlüsselbaender.de" und "schluesselbänder.de", die bei entsprechender Marketingmaßnahmen durchaus sinnvoll eingesetzt werden können, oder sei es unter anderen Top-Level-Domains, deren Anzahl sich ständig vergrößert. Die Klägerin ist daher auf die angegriffene Domain nicht angewiesen, um im Internet angemessen zur Geltung zu kommen.
Allein aufgrund der Tatsache, dass die Parteien zunächst die unter der Top-Level-Domain ".de" zur Verfügung stehenden Domains im Hinblick auf den Singular und Plural "aufgeteilt" hatten, kann von einem redlichen Wettbewerber nicht erwartet werden, dass er sich nun - nachdem die Registrierung von Umlauten möglich ist - an dieser Aufteilung festhalten lässt. Dies gilt um so mehr, als der Beklagten - anders als jemandem, der eine Domain nur zum Verkauf erwirbt - ein legitimes Interesse an der Domain "schluesselbaender.de" nicht abgesprochen werden kann, da sie selbst Schlüsselbänder veräußert.
Auch das Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Domain kann einen Wettbewerbsverstoß nicht begründen. Zu Recht hat das Landgericht insoweit ausgeführt, dass selbst wenn man davon ausginge, dass die Beklagte die Domain "schlüsselbänder.de" durch Vorspiegelung falscher Tatsachen gegenüber dem ursprünglichen Inhaber erlangt habe, dies allein vertragsrechtliche Sanktionen im Verhältnis der Parteien des Veräußerungsvertrages, also im Verhältnis des Veräußerers der Domain zu der Beklagten, rechtfertige. Die Klägerin kann einen Unterlassungsanspruch daraus nicht herleiten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Streitentscheidend ist vielmehr eine über den entschiedenen Fall nicht hinausweisende Subsumtion eines individuellen, auch tatrichterlich zu beurteilenden Sachverhalts unter Normen und Rechtsgrundsätze, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere durch die oben genannten Entscheidungen bereits eine Klärung erfahren haben.
Der Wert der mit diesem Urteil verbundenen Beschwer der Klägerin beträgt 20.000,00 EUR.
OLG Köln:
Urteil v. 02.09.2005
Az: 6 U 39/05
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