Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 5. Juli 2000
Aktenzeichen: 6 U 66/97

(OLG Köln: Urteil v. 05.07.2000, Az.: 6 U 66/97)

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 25.02.1997 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 332/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klä-gerinnen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand

Die Klägerin zu 2), die Firma V. GmbH, vertreibt als Teil der V.-Gruppe Ladeneinrichtungen gehobenen Standards. Die Klägerin zu 1) befasst sich u.a. mit der Entwicklung neuer Produkte für die V.-Gruppe. Zur Produktpalette der Klägerin zu 2) gehören u.a. Abhängehaken, die auf sog. Tragrahmen eingehängt werden und in Kaufhäusern etc. der Präsentation von Textilien, namentlich Krawatten und Gürteln, dienen. Diese Abhängehaken, wegen deren Gestaltung und Aussehens auf die Seiten 39 ff. des als Anlage K 3 zur Klageschrift zu den Akten gereichten Kataloges "Bestsellers V." sowie auf die Anlagen K 9, B 13, B 14 und auf das als Anlage K 4 zur Klageschrift vorgelegte Originalprodukt verwiesen wird, werden in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur von der Klägerin zu 2), sondern auch von der seit 1985 zu 100% zur V.-Gruppe gehörenden Firma S. Ladeneinrichtung GmbH (im folgenden: "Firma S.") vertrieben. Auch die Beklagte befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Ladeneinrichtungen. Auch sie verkauft Abhängehaken, die die gleiche Funktion wie die der Klägerinnen haben. Wegen der genauen Ausgestaltung und des Aussehens des von der Beklagten im Markt angebotenen, mit den Tragrahmen der Produkte der Klägerinnen nicht kompatiblen Abhängehakens wird auf das als Anlage K 6 vorgelegte Originalprodukt, die als Anlagen B 18 und B 23 (Blatt 103 und 108 d.A.) zu den Akten gereichten Lichtbilder sowie auf die nachfolgend in den erst- und zweitinstanzlichen Klageanträgen der Klägerinnen wiedergegebenen Fotografien verwiesen.

Die Klägerinnen nehmen die Beklagte aus § 1 UWG auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatzfeststellung in Anspruch. Darüber hinaus stützen sie die geltend gemachten Ansprüche auf Geschmacksmusterrecht, nachdem die Klägerin zu 1) für den Abhängehaken im Jahre 1993 Geschmacksmusterschutz angemeldet hat. Die Schutzanmeldung ist unter der Nummer DM 026 398 vom 11.06.1993 im Veröffentlichungsblatt "International Design Bulletin" 6/1993 auf Seiten 3310 ff. unter den Nummern 9.1 und 9.2 veröffentlicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die von den Klägerinnen mit der Klageschrift zu den Akten gereichten Anlage K 5 (Blatt 11 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerinnen haben behauptet, die Neuheit ihres Abhängehakens habe zum Zeitpunkt der Geschmacksmusteranmeldung darin gelegen, dass der Abhängehaken "aus einem Stück" entwickelt und gefertigt worden sei. Mit der Idee, einen im Querschnitt runden Stahldraht am hinteren Ende flach zu schmieden und so zu formen, dass der hintere Teil als Aufhängevorrichtung diene, sei es möglich gewesen, den Abhängehaken einfacher und auch kostengünstiger zu produzieren. Hierin bestehe auch der entscheidende Unterschied zu entsprechenden Vorgängerformen, die aus zwei verschiedenen Chromteilen arbeitsaufwendig und kostenintensiv hätten zusammengeschweißt werden müssen. Das habe zu Einbußen im ästhetischen Bereich geführt. Im Gegensatz dazu habe der von der Klägerin zu 1) gestaltete, "aus einem Stück" gefertigte und von der Klägerin zu 2) und der Firma S. vertriebene Abhängehaken eine schlichte und schöne Form.

Die Klägerinnen haben beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, Abhängearme für Gürtel und Krawatten anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen, wie nachstehend wiedergegeben:

2.

Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte Verletzungshandlungen nach Ziffer I.1. begangen hat, und zwar aufgeschlüsselt nach Stückzahlen und DM-Umsätzen,

II.

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihnen - den Klägerinnen - den Schaden zu ersetzen, der ihnen aus den Verletzungshandlungen nach Ziffer I.1. entstanden ist und noch entsteht, wobei die Ansprüche nach Ziffern I.2. und II. des Klageantrages nicht weiter als 6 Monate zurückreichen sollen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die geschmacksmusterrechtliche Neuheit des von der Klägerin zu 2) vertriebenen Abhängehakens in Abrede gestellt. Hierzu hat sie im ersten Rechtszug unwidersprochen vorgetragen, bereits im Jahre 1958 habe sie aus einem Stück gefertigte Abhängehaken hergestellt und vertrieben, bei denen das Endstück flach geformt geschmiedet worden sei und als Aufhängevorrichtung gedient habe. Der Abhängehaken weise - so hat die Beklagte geltend gemacht - eine wettbewerbliche Eigenart nicht auf, erst recht könne von einer geschmacksmusterrechtlichen Eigentümlichkeit keine Rede sein.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 138 ff. d.A.), hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, geschmacksmusterrechtliche Ansprüche könnten die Klägerinnen nicht geltend machen, weil das eingetragene Muster nicht als neu im Sinne von § 1 Abs. 2 GeschmMG angesehen werden könne. Der bereits im Jahre 1958 von der Beklagten produzierte und vertriebene Haken sei "aus einem Stück" geformt und weise eine ähnlich abgeflachte und geformte Ausbildung des Endabschnittes auf, der gleichzeitig als Aufhängevorrichtung diene. Auch ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz komme zugunsten der Klägerinnen nicht in Betracht. Da allenfalls das Endstück des Abhängehakens die Annahme wettbewerblicher Eigenart rechtfertigen könne, und die Klägerinnen selbst in ihren Schriftsätzen in erster Linie von einer technischen Neuerung ausgegangen seien, könne die wettbewerbliche Eigenart zwar nicht verneint werden, jedoch sei sie äußerst gering. Deshalb reichten bereits relativ geringfügige Unterschiede bei den sich gegenüberstehenden Abhängehaken der Parteien aus, um die Verwechslungsfähigkeit auszuschließen. Hier sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das flach geformte Endstück des Abhängehakens der Klägerinnen nur einen unwesentlichen breiteren Durchmesser aufweise als der runde Stahldraht selbst, und daher der Eindruck eines fließenden Übergangs vermittelt werde. Das Endstück des Abhängehakens der Beklagten sei demgegenüber erheblich breiter als der Durchmesser des runden Stahldrahtes und wirke so plumper. Desweiteren sei die Verstärkung in der Biegung der beiden Abhängehaken unterschiedlich ausgebildet. Schließlich sei der Abhängehaken der Klägerinnen für einen Tragrahmen mit den Maßen 30 x 15 mm vorgesehen, während der Abhängehaken der Beklagten für einen Tragrahmen mit den Maßen 25 x 8 mm gefertigt sei. Unter Berücksichtigung der im Streitfall nur gegebenen geringen wettbewerblichen Eigenart reichten diese Unterschiede aus, um die Verwechslungsfähigkeit auszuschließen.

Gegen das ihnen am 12.03.1997 zugestellte Urteil des Landgerichts haben die Klägerinnen am Montag, dem 14.04.1997, Berufung eingelegt und diese nach zweifacher Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.07.1997 mit einem am 07.07.1997 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerinnen wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzlichen Vorbringen und meinen, das Landgericht habe sowohl bei der Prüfung geschmacksmusterrechtlicher Ansprüche als auch der Prüfung des § 1 UWG, insbesondere beim Tatbestand der vermeidbaren Herkunftstäuschung, den Besonderheiten des Falles nicht hinreichend Rechnung getragen. Ihr Abhängehaken weise ästhetische Gestaltungsmerkmale auf, die im vorbekannten Formenschatz nicht zu finden seien, deshalb komme dem hinterlegten Muster geschmacksmusterrechtliche Eigentümlichkeit zu. Nicht dem vorbekannten Formenschatz entspreche namentlich der Umstand, dass in dem Übergangsbereich zwischen dem runden Trageteil, dem "Kragarm", und der flachen, uförmig gebogenen Aufhängevorrichtung sich vom runden Trageteil rechtwinklig nach oben ein in den flachen Teil der Aufhängevorrichtung ragender Wulst erstrecke, der kegelförmig gestaltet sei und damit eine Übergangszone bilde, in der sich der runde Trageteil und die flache Aufhängevorrichtung gegenseitig durchdrängen. Dabei werde die Übergangszone durch den mittig verlaufenden, sich nach oben kegelförmig zuspitzenden Wulst und rechts und links von ihm angeordnet nach unten spitz zulaufende dreieckige Bereiche der flachen Aufhängevorrichtung geprägt. Auch die sonstigen zum Anspruch aus §§ 1, 5, 13 und 14a GeschmMG führenden Voraussetzungen könnten - so meinen die Klägerinnen und tragen hierzu insbesondere in ihrer Berufungsbegründung vom 07.07.1997 (Blatt 170 ff. d.A.) im einzelnen vor - nicht in Zweifel gezogen werden. Namentlich habe das Landgericht die vermutete Neuheit des Musters im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG zu Unrecht verneint. Es habe verkannt, dass die Beklagte selbst nur vorgetragen habe, sie habe 1958 durch das Biegen von Tragehaken eine ähnliche Formgestaltung erreicht. Im Streitfall gehe es demgegenüber nicht darum, ob ein aus einem Stück gefertigter Haken nachträglich durch ein Werkzeug verformt werden könne, sondern um seine Fertigung in nur einem maschinellen Arbeitsschritt. Jedenfalls stünden ihnen aber entsprechende Unterlassungs- und auch Folgeansprüche aus § 1 UWG, vor allem unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung, aber auch unter dem Aspekt der Behinderung und der Rufausbeutung zu. Die wettbewerbliche Eigenart ihrer Abhängehaken ergebe sich namentlich aus der konkreten Gestaltung und Form der Aufhängevorrichtung mit dem kegelförmigen Wulst in bestimmter, spitz zulaufender dreieckiger Form. In technischer Hinsicht gebe es verschiedene Möglichkeiten, den Wulstübergang zu gestalten, ohne die Tragfähigkeit eines solchen Abhängehakens zu beeinträchtigen. Im übrigen behaupten die Klägerinnen, die Klägerin zu 1) habe der Klägerin zu 2) hinsichtlich des Geschmacksmusters DM 026 398 für das Gebiet Deutschland eine ausschließliche Lizenz eingeräumt, der Lizenzvertrag ermögliche beiden Klägerinnen die Einleitung rechtlicher Schritte bei Verletzung der vom Vertrag erfassten Schutzrechte.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben Abhängearme für Gürtel, Krawatten oder dergleichen anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen:

2.

ihnen - den Klägerinnen - Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.1. seit dem 13.03.1996 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines verbindlichen, nach Lieferzeiten, Lieferempfängern, Stückzahlen und Umsätzen aufgeschlüsselten Verzeichnisses,

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen - den Klägerinnen - denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.1. ab dem 13.03.1996 entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, verteidigt das angefochtene Urteil und stellt die Aktivlegitimation beider Klägerinnen in Abrede. Außerdem behauptet sie, die Firma S. habe Haken in der Form des hinterlegten Geschmacksmusters und der von der Klägerin zu 2) vertriebenen Abhängehaken bereits lange vor Ende 1992 im Markt angeboten. Sie ist der Auffassung, dem Muster komme eine geschmacksmusterrechtliche Eigentümlichkeit nicht zu, dem Produkt selbst fehle es an der notwendigen wettbewerblichen Eigenart. Auch unterschieden sich die Produkte der Parteien erheblich, so dass von einer Verwechslungsgefahr nicht gesprochen werden könne. Außerdem behauptet die Beklagte, die von den Klägerinnen gewählte Gestaltung des Wulstübergangs, aus dem diese jetzt die wettbewerbliche Eigenart ihres Produkts und die Eigentümlichkeit des hinterlegten Musters herleiteten, sei technisch bedingt. Wenn und soweit die jetzige Tragfähigkeit ihres Abhängehakens beibehalten und nicht weitere kostenintensive Fertigungsschritte in Kauf genommen würden, müsse der Übergang die Form eines kegelförmigen Wulstes aufweisen. Die ästhetische Gestaltung des Hakens in dem Biegebereich mit den dreieckigen Wulst sei nicht beliebig, vielmehr sei die "dreieckige" Gestaltung des Wulstes zwingend.

Der Senat hat aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 31.07.1998 (Blatt 320 ff. d.A.) und 28.08.1998 (Blatt 344 f. d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob und welche Gestaltungen des Wulstübergangs technisch möglich sind, die unter Beibehaltung der jetzigen Tragfähigkeit des beanstandeten Hakens der Beklagten von dessen bisheriger Gestaltung des Wulstübergangs abweichen. Wegen der Beweisthemen wird auf den Inhalt der vorgenannten Senatsbeschlüsse und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 30.09.1998 (Blatt 380 ff. d.A.), 13.01.1999 (Blatt 409 ff. d.A.), 28.01.2000 (Blatt 475 f. d.A.), 05.05.2000 (Blatt 513 ff. d.A.), sowie die zu den Akten gereichten gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 14.11.1999 (Blatt 447 ff. d.A.) und 24.04.2000 (Blatt 520 f. d.A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg. Vielmehr hat das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das auf den Verbot des Inverkehrbringens und des Angebots der angegriffenen Abhängehaken sowie der Werbung hierfür gerichtete Unterlassungspetitum der Klägerinnen ist ebenso unbegründet wie die darüber hinaus verfolgten Annexansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht. Den Klägerinnen können diese Klagebegehren unter keinem der geltend gemachten und in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte zuerkannt werden. Namentlich stehen der Klägerin zu 1), worauf zurückzukommen sein wird, keine Ansprüche aus gewerblichem Sonderrechtsschutz, hier dem Geschmacksmustergesetz, zu. Deshalb kann insoweit als entscheidungsunerheblich offenbleiben, ob - woran der Senat nach Vorlage des Lizenzvertrages durch den Zeugen Rechtsanwalt Dr. K. im Termin vom 30.09.1998 allerdings keine durchgreifenden Bedenken mehr hätte - auch die Klägerin zu 2) berechtigt wäre, sich aus einem gewerblichen Sonderrechtsschutz der Klägerin zu 1) ergebende Rechte gerichtlich durchzusetzen.

Auch ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz können die Klägerinnen nicht für sich in Anspruch nehmen. Dieser setzt keinen für den Sonderrechtsschutz nach dem Geschmacksmustergesetz erforderlichen Grad an Individualität und Gestaltungshöhe voraus; vielmehr reicht ein geringeres Maß an Eigentümlichkeit aus (vgl. BGH GRUR 1983, 377, 379 "Brombeer-Muster"). Maßgeblich ist, ob sich das selbst unter Rückgriff auf vorhandene Formen und Stilelemente entwickelte Leistungsergebnis von anderen vergleichbaren Erzeugnissen in einem Maß abhebt, dass hierdurch im angesprochenen Verkehr die Vorstellung ausgelöst wird, dieses Produkt stamme aus einem bestimmten Betrieb. Mit Rücksicht darauf, dass die Parteien schon darüber streiten, ob dem von der Klägerin zu 2) und der Firma S. vertriebenen Abhängehaken eine - was die Anspruchsvoraussetzungen angeht - hinter der geschmacksmusterrechtlichen Eigentümlichkeit zurückbleibende wettbewerbliche Eigenart zukommt und Verwechslungsgefahr besteht, erscheint es dem Senat naheliegend und gerechtfertigt, den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungstatbestand vor den mit Blick auf das Geschmacksmuster in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen des gewerblichen Sonderrechtsschutzes zu erörtern. Dies gilt um so mehr, als die Parteien nunmehr vorrangig darüber streiten, ob die Ausgestaltung des Abhängehakens im Übergangsbereich von Trageteil und Aufhängevorrichtung bestimmten technischen Zwängen unterliegt, die abweichende Gestaltungsformen im ästhetischen Bereich nicht zulassen.

Bei der Prüfung ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Gegenstände von jedermann nachgeahmt und solche Nachahmungen auch vertrieben werden dürfen. Selbst der maßstabsgetreue Nachbau einer fremden, nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Ware ist für sich allein wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Wettbewerbswidrig kann eine Nachahmung nur dann sein, wenn die Erzeugnisse von wettbewerblicher Eigenart sind und über die Tatsache der bloßen Nachahmung oder des bloßen Nachbaus hinaus besondere Umstände hinzutreten, die das nachschaffende Werken als unlauter erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. nur BGH GRUR 2000, 521, 583 "Modulgerüst"; BGH MD 1999, 786, 788 "Güllepumpen"; BGH GRUR 1996, 210, 211 "Vakuumpumpen"; BGH GRUR 1992, 619, 620 "Klemmbausteine II"; BGH GRUR 1964, 621, 624 "Klemmbausteine I"; BGH GRUR 1995, 528, 529 "Rollenclips" und BGH GRUR 1968, 591, 592 "Pulverbehälter"; vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage 1999, § 1 UWG Rdnr. 440 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Ein solches, die wettbewerbliche Unzulässigkeit der Nachahmung unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren betrieblichen Herkunftstäuschung ergebendes Unlauterkeitsmoment ist dann gegeben, wenn die Nachahmung unter Übernahme von Merkmalen geschieht, mit denen der Verkehr eine betriebliche Herkunftsvorstellung verbindet und nicht alles Erforderliche und Zumutbare unternommen wird, um die Gefahr einer Herkunftsverwechslung des Verkehrs möglichst zu beseitigen oder zu verringern (vgl. hierzu BGH, a.a.O., "Modulgerüst" "Güllepumpen" und "Vakuumpumpen" sowie GRUR 1981, 517, 519 "Rollhocker" und BGH GRUR 1986, 673, 675 "Beschlagprogramm"). Dabei besteht zwischen dem Erfordernis der wettbewerblichen Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses einerseits und dem des Vorliegens besonderer wettbewerbsrechtlicher Umstände andererseits eine Wechselwirkung in dem Sinne, dass der Grad der wettbewerblichen Eigenart um so höher sein muss, je geringer die Unwertmomente sind und umgekehrt (BGH, WRP 1976, 370, 371 "Ovalpuderdose"). Gestaltungsmerkmale, die im Verkehr als kennzeichnend für die betriebliche Herkunft oder Besonderheiten eines Erzeugnisses gewertet werden, liegen zumeist im ästhetischkünstlerischen Bereich. Nach Lage des Falles können sie aber auch technischer Art sein. Dabei ist allerdings zu beachten, das technischfunktionale Gestaltungsmerkmale der Verwirklichung einer technischen Lehre dienen. Ihre freie Benutzung darf deshalb nicht dadurch unzumutbar erschwert oder gar unmöglich gemacht werden, dass die Verwendung einer willkürlich wählbaren und austauschbaren Ausführungsform, die durch die technische Herstellung oder den technischen Gebrauchszweck bestimmt ist, als wettbewerbswidrig angesehen wird. Auch technisch bedingte Gestaltungselemente, die lediglich zweckmäßig in dem Sinne sind, dass sie als eine nach dem Stand der Technik angemessene Verwirklichung einer technischen Aufgabe erscheinen, sind - soweit technischer Sonderrechtsschutz in Form eines Gebrauchsmusters oder eines Patents nicht eingreift - freizuhalten. Die Notwendigkeit zur Freihaltung erstreckt sich auf alle technischen Gestaltungen, die "ein vernünftiger Gewerbetreibender, der auch den Gebrauchszweck und die Verkäuflichkeit der Ware im Auge hat, dem offenbarten Stand der Technik einschließlich der praktischen Erfahrung als angemessene technische Lösung entnehmen kann" (BGH GRUR 1996, 210, 213 "Vakuumpumpen" und BGH GRUR 1981, 517, 519 "Rollhocker"; sinngemäß ebenso BGH, GRUR 2000, 521, 523 "Modulgerüst"). Auch wenn der Verkehr an gemeinfreie technische Gestaltungsmerkmale Herkunfts- und besondere Gütevorstellungen knüpft, bleibt der Nachbau bzw. die Nachahmung (die Begriffe werden im folgenden synonym verwendet) bei Übernahme gemeinfreier technischer Gestaltungsmerkmale grundsätzlich zulässig. Das hat zur Konsequenz, dass der Nachahmende unter mehreren Lösungen, die als angemessene Verwirklichung einer technischen Aufgabe erscheinen, frei wählen kann, da andernfalls eine auswechselbare, nicht unter Sonderrechtsschutz stehende Gestaltungsform monopolisiert würde (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 463). Das Korrelat für die weitestgehende Zulässigkeit der Übernahme gemeinfreier technischer Gestaltungsmerkmale liegt darin, dass der Nachahmende wettbewerbsrechtlich verpflichtet ist, alle ihm zuzumutenden Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Gefahr einer Irreführung des Verkehrs über die betriebliche Herkunft auszuschließen oder jedenfalls möglichst einzudämmen. Je stärker die wettbewerbliche Eigenart des Originals ist, desto höhere Anforderungen werden an die dem Nachahmenden zuzumutenden Maßnahmen zu stellen sein, durch die sich die Gefahr von Herkunftsverwechslungen beseitigen oder verringern lässt. Umgekehrt reichen bei nur geringer wettbewerblicher Eigenart des Originals bereits relativ marginale Abweichungen, um die Herkunftstäuschung auszuschließen. Hat der Nachahmende alle für ihn zumutbaren Maßnahmen getroffen, um eine Herkunftstäuschung auszuräumen, und liegen auch sonstige Unlauterkeitsmerkmale nicht vor, so ist sein Verhalten nicht wettbewerbswidrig (Baumbach/Hefermehl, § 1 UWG Rdnr. 464). Das gilt selbst dann, wenn die beteiligten Verkehrskreise an die übernommenen technischen Gestaltungsmerkmale und die Gebrauchsvorteile besondere Gütevorstellungen knüpfen (BGH, GRUR 1968, 581 "Pulverbehälter"). Zusammengefasst ausgedrückt bedeutet das, dass die Nachahmung eines fremden Erzeugnisses bei Übernahme gemeinfreier technischer Merkmale als solche, d.h. ohne Hinzutreten weiterer Umstände, niemals wettbewerbswidrig sein kann.

Im Streitfall hat das folgende Konsequenzen: Die Klägerinnen sehen die wettbewerbliche Eigenart ihres Produktes, und zwar zum Teil in Abkehr von ihrem erstinstanzlichen Vortrag, in den Merkmalen, die sie auf Seiten 2, 3 und 11 ihrer Berufungsbegründung vom 07.07.1997 (Blatt 171/172 und Blatt 180 d.A. unter Nr. 8 - 12) beschrieben haben, meinen also, die konkrete Ausgestaltung der Aufhängevorrichtung mit dem im Übergangsbereich befindlichen, nach oben spitz zulaufenden kegelförmigen Wulst verleihe ihrem Produkt in seiner Gesamtwirkung eine einprägsame Individualität und wirke deshalb herkunftshinweisend. Daran ist richtig, dass der Ladeninhaber, der Wert auf eine ansprechende Präsentation seiner Ware legt, im Zweifel auch auf dieses Detail achten und deshalb dem von der Klägerin zu 2) vertriebenen Produktes herkunftshinweisende Funktion beimessen wird. Jedenfalls vermag der Senat mit dem Landgericht nicht auszuschließen, dass der von Unternehmen der V.-Gruppe belieferte Ladeninhaber oder derjenige Inhaber eines Ladengeschäfts, der den klägerischen Abhängehaken schon einmal gesehen hat, aus der Verdickung in der Art eines Dreiecks an der Aufhängevorrichtung in Verbindung mit der konkreten weiteren Ausgestaltung dieser Aufhängevorrichtung glaubt, ein solchermaßen gestaltetes Produkt entstamme einem bestimmten Geschäftsbetrieb. Allerdings sind nunmehr aufgrund des zweitinstanzlichen Sachvorbringens der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 31.03.1999 (Blatt 431 ff. d.A.) Zweifel angebracht, ob die konkrete Ausgestaltung des Wulstes beim klägerischen Abhängehaken (weiterhin) geeignet sein könnte, herkunftshinweisend zu wirken. Denn die Beklagte hat in dem vorgenannten Schriftsatz unbestritten vorgetragen und durch Vorlage entsprechender Fotos belegt, dass die britische Firma E. Industries Ltd. auf der Messe "Euroshop 99" in Düsseldorf und damit im bundesdeutschen Markt Abhängehaken angeboten hat, die im Übergangsbereich einen mit den von der Klägerin zu 2) vertriebenen Produkten nahezu identischen Wulst aufweisen, wobei sich den vorgelegten Fotografien allerdings entnehmen lässt, dass sich der Wulst nicht nur auf der Aufhängevorrichtung befindet, sondern sich spiegelbildlich auf dem Kragarm wiederfindet.

Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an. Denn der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass eine im vorbezeichneten Sinne verstandene wettbewerbliche Eigenart als gering einzustufen ist, weil der Ladeninhaber bei der Auswahl eines bestimmten Systems nicht isoliert auf die Endstücke des Abhängesystems abstellen, sondern das Gesamtsystem betrachten wird. Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund, dass der Vertrieb der Abhängehaken an Fachpublikum erfolgt, das anders als das breite Publikum bei Alltagsgeschäften die in Rede stehenden Erzeugnisse aufmerksamer und mit mehr Sachverstand anschaut, als dies gewöhnlicherweise der Fall ist. Ein solches fachkundiges, eher auf Einzelheiten achtendes Publikum wird dann aber auch die Unterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Abhängehaken der Parteien wahrnehmen und die Produkte nicht unmittelbar miteinander verwechseln oder aber glauben, der Vertreiber/Hersteller des einen Produkts stehe mit dem des anderen in wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Beziehung, der eine Hersteller/Abnehmer sei von dem anderen entsprechend durch Lizenzvertrag o.ä. autorisiert. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es die Produkte der Parteien im Zweifel nicht zusammen sieht, sondern einem der beiden erst später begegnet. Insoweit spricht einiges für die Auffassung des Landgerichts, dass die Unterschiede zwischen den sich gegenüberstehenden Produkten groß genug sind, um eine solchermaßen verstandene Verwechslungsfähigkeit auszuschließen. Namentlich trifft es auch nach Auffassung des Senats zu, dass das Endstück des Abhängehakens der Beklagten erheblich breiter ist als der Durchmesser des runden Stahldrahtes und wesentlich "plumper" wirkt als der Abhängehaken der Klägerinnen, und dass sich die Tragrahmen des Abhängehakens wegen ihrer unterschiedlich ausgestalteten, zur Inkompatibilität der Systeme führenden Maße deutlich voneinander unterscheiden. Auch nimmt der fachkundige Verkehr wahr, dass der dreieckige Wulst auf der Tragevorrichtung des Abhängehakens der Beklagten deutlich anders gestaltet ist als bei dem von der Klägerin zu 2) vertriebenen Produkt. Denn während sich auf dem Abhängehaken der Klägerinnen ein nach oben spitz verlaufender, länglich wirkender kegelartiger Wulst befindet, ist die von der Beklagten verwendete Verdickung deutlich kleiner und weniger augenfällig.

Selbst wenn man des ungeachtet eine Verwechslungsgefahr gleichwohl bejahen wollte, stehen den Klägerinnen die aus § 1 UWG geltend gemachten Unterlassungsansprüche aufgrund einer Besonderheit des zur Beurteilung stehenden Lebenssachverhalts gleichwohl nicht zu. Denn im Streitfall fehlt es an den subjektiven Voraussetzungen des Unlauterkeitstatbestandes des § 1 UWG, weil es der Beklagten jedenfalls nicht zumutbar ist, die - nach den Darstellungen der Klägerinnen - ausschließlich herkunftshinweisende Gestaltung der Aufhängevorrichtung des angegriffenen Abhängehakens zu verändern. Denn diejenigen Gestaltungsmerkmale, aus denen der Verkehr nach dem Sachvortrag der Klägerinnen auf die betriebliche Herkunft des u.a. von der Klägerin zu 2) vertriebenen Abhängehakens schließen könnte, sind nicht (rein) ästhetischer Natur, sondern technisch bedingt. Das steht nach dem Ergebnis der durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bewirkten Beweisaufnahme zur sicheren Überzeugung des Senats fest, § 286 Abs. 1 ZPO. Der Sachverständige M. hat nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.05.2000, und zwar deutlicher als dies im Sitzungsprotokoll und vor allem auch in den schriftlichen Äußerungen des Sachverständigen zum Ausdruck kommt, ausgeführt, dass ein Abhängehaken der von den Parteien vertriebenen, aus einem Stück und in einem Fertigungsschritt in Massenfertigung gepressten Art zwangsläufig am Tragrahmen eine Verdickung aufweisen muss, wenn nicht Einbußen bezüglich der Tragfähigkeit des Abhängehakens hingenommen werden sollen. Der Sachverständige hat unter der richtigen Prämisse, dass die Anzahl der Fertigungsschritte nicht erhöht werden darf, dass die Tragfähigkeit des Abhängehakens durch die Belastbarkeit des Kragarmes begrenzt sein soll und dass der Übergang vom Rund- zum Flachquerschnitt durch einfache geometrische Formen dargestellt werden können muss, damit die Presswerkzeuge kostengünstig hergestellt werden können, überzeugend ausgeführt, dass das maximal auftretende Biegemoment aus technischen Gründen in den senkrechten Teil des Aufhängeteiles umgeleitet werden muss, und der Übergang vom Rund- zum Rechteckquerschnitt deshalb nicht schon im Kragarm erfolgen kann. Außerdem muss aus funktionellen Gründen der Übergang vom runden zum rechteckigen Querschnitt auf der dem Betrachter zugewandten Seite des Hakens erfolgen. Hierzu hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat anhand der Produkte der Parteien plastisch und überzeugend erläutert, dass der "Schwachpunkt" eines in einem Presswerkzeug in einem Stück gefertigten Abhängehakens der von den Parteien vertriebenen Art in der Biegestelle zwischen Kragarm und Aufhängevorrichtung liegt. Dieser "Schwachstelle" muss durch eine auf der dem Betrachter zugewandten Seite der Aufhängevorrichtung angebrachte Verdickung gleichsam entgegengewirkt werden. Das leuchtet ohne weiteres ein und wird auch von den Klägerinnen nicht in Abrede gestellt. Steht damit aber fest, dass Abhängehaken der vorliegenden Art und damit auch derjenige der Beklagten aus technischen Gründen im Übergang vom im Querschnitt runden Kragarm in den senkrechten Teil des Aufhängeteiles eine Verdickung aufweisen müssen, damit die Tragfähigkeit des Abhängehakens gewährleistet ist, folgt der Senat dem Sachverständigen auch darin, dass eine andere Geometrie der an dieser Stelle aufgebrachten Verdickung, z.B. elliptisch oder dreieckig, einerseits das Aussehen des Abhängehakens nur geringfügig verändern würde, andererseits aber dadurch die Werkzeugkosten und der Werkzeugverschleiß erhöht würden. Deshalb gibt es insgesamt aus praktischer Sicht nur zwei Möglichkeiten, Stabilität und Tragfähigkeit eines in einem Fertigungsgang hergestellten Abhängehakens zu gewährleisten. Die eine Möglichkeit ist diejenige, von der die Klägerinnen im Pressvorgang Gebrauch gemacht haben, indem sie - jetzt verkürzt wiedergegeben - im Übergangsbereich zwischen Trageteil und Aufhängevorrichtung eine kegelförmig ausgestalteten Wulst mit nach oben zeigender Spitze aufgebracht haben. Dieser Möglichkeit, die der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten vom 14.11.1999 mit den Worten umschrieben hat, es handele sich um eine Wulstform, welche sich optisch durch "ein auf der Grundseite stehendes Dreieck" präsentiere, steht nur eine Alternative gegenüber: Es bleibt praktisch nur die Möglichkeit, das auf der Grundseite stehende Dreieck durch eine Veränderung der sog. "Pressgesenkhälfte" umzudrehen, so dass sich ein optisch umgekehrter Verlauf, also ein auf der Spitze stehendes Dreieck ergibt. Bezüglich des Fertigungsverlaufs sind nach den Ausführungen des Sachverständigen beide Alternativen gleich, es ist auch kein Unterschied beim Gesenkbiegen des uförmigen Teil zu erwarten.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die gutachterlichen Äußerungen des Sachverständigen M. dem Angriff der Beklagten standhalten könnten, die Umkehrung führe zu einer Verminderung der Tragfähigkeit des Abhängehakens, die vom Sachverständigen vorgeschlagene Alternative sei kein technisches und ökonomisches Äquivalent. Denn aus den Ausführungen des Sachverständigen M. ergibt sich jedenfalls, dass die von den Klägerinnen als Wulst bezeichnete Verdickung in Form eines Dreiecks technisch notwendig ist, um die Tragfähigkeit eines Abhängehakens der vorliegenden Art zu gewährleisten, sei es nun, dass dieses Dreieck auf der Grundseite steht, sei es, dass es "umgedreht" und auf die Spitze gestellt wird. Dann aber hat es bei dem oben dargestellten Grundsatz zu verbleiben, dass ein Gewerbetreibender unter mehreren Lösungen, die als angemessene Verwirklichung einer technischen Aufgabe erscheinen, frei wählen kann und dass er nicht gezwungen werden kann, eine abweichende Gestaltung zu wählen, weil eine einfache und sachgerechte Ausführungsform bereits verwendet worden ist und vom Verkehr sogar als herkunftshinweisend aufgefasst wird (vgl. hierzu BGHZ 50, 125, 129 "Pulverbehälter", BGH GRUR 1981, 517, 519 "Rollhocker", BGH GRUR 1996, 210 "Vakuumpumpen" und Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 463).

Dass die technische Lösung, die die Klägerinnen gewählt haben, freigehalten werden muss, ergibt sich im übrigen aus folgenden weiteren Überlegungen: Wäre die Beklagte gehalten, das sich stellende technische Problem wie vom Sachverständigen M. als einzige Alternative vorgeschlagen durch eine Umkehrung des wulstförmigen Dreiecks zu lösen, gäbe es fortan zu den dann im Markt anzutreffenden beiden Alternativen (Dreieck auf der Grundseite einerseits und auf der Spitze andererseits) aus technischer Sicht keine weitere alternative Gestaltungsmöglichkeit. Spätestens dann, wenn ein potentieller künftiger Wettbewerber der Parteien sich dazu entschlösse, ebenfalls Abhängehaken der von den Parteien vertriebenen Art herzustellen und zu vertreiben, müssten diese beiden technischen Lösungen als gemeinfrei angesehen werden, da sonst zwei Wettbewerber, deren Produkte weder patent- noch gebrauchsmusterrechtlich geschützt sind, die Verwirklichung einer technischen Lehre für sich monopolisieren und Dritte ohne technischen Sonderrechtsschutz davon abhalten könnten, vorhandene Techniken frei zu nutzen. Auch aus diesem Grunde ist es der Beklagten jetzt nicht zumutbar, die vom Sachverständigen M. vorgeschlagene - einzige - Alternative aufzugreifen und ihre Produktion entsprechend umzustellen. Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung ist es für den Senat im übrigen von Bedeutung, dass mit einer Umkehrung der dreieckigen Verdickung auf der Aufhängevorrichtung des Abhängehakens nichts gewonnen wäre, soweit eine Irreführung des angesprochenen Verkehrs über die betriebliche Herkunft des Produkts und damit der Tatbestand der vermeidbaren Herkunftstäuschung im Sinne des § 1 UWG in Rede steht. Denn die Umkehrung der wulstförmigen dreieckigen Verdickung wie vom Sachverständigen M. vorgeschlagen bewirkt für den Betrachter der Abhängehaken keine nennenswerte Veränderung des Gesamteindrucks des Produkts. Das steht zur sicheren Überzeugung des Senats fest, nachdem die Klägerinnen auf der Basis des Alternativvorschlags des Sachverständigen M. einen "Prototyp" gefertigt haben. Dieser bei den Akten befindlichen Prototyp unterscheidet sich dem maßgeblichen Gesamteindruck nach nur unwesentlich von den Produkten, die die Parteien bereits jetzt vertreiben. Die Umkehrung der dreieckigen, wulstförmigen Verdickung auf der Aufhängevorrichtung des Abhängehakens bewirkt für den Betrachter keine signifikante Änderung des Gesamteindrucks und kann ihn nicht dazu veranlassen, das von der Klägerin zu 2) vertriebene Produkt auf der einen Seite und den dem Gutachten des Sachverständigen M. "nachgestellten" Abhängehaken auf der anderen Seite als zwei Produkte zu begreifen, die wegen ihrer Formgestaltung aus unterschiedlichen Herkunftsstätten stammen müssten. Deshalb ist es für die Entscheidung des Rechtsstreits im übrigen ohne Bedeutung, ob - was die Beklagte in Abrede stellt - ein solcher Abhängehaken überhaupt maschinell in nur einem Fertigungsgang hergestellt werden könnte.

Können die Klägerinnen demgemäß aus den vorgenannten Gründen einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nicht herleiten, und sind die tatbestandlichen Voraussetzungen eines anderen Unlauterkeitstatbestandes des § 1 UWG, namentlich den der unlauteren Rufausbeutung, nicht schlüssig vorgetragen, ist es im übrigen im Rahmen der Prüfung des § 1 UWG auch nicht mehr von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob und inwieweit der unstreitige Vertrieb der klägerischen, nicht mit einer Firmenbezeichnung oder sonstigen Kennzeichnungen versehenen Abhängehaken auch durch die Firma S. Einfluss auf die Vorstellung des angesprochenen Verkehrs haben könnte, das ihm im Verkehr begegnende Produkt stamme aus einem (bestimmten) Geschäftsbetrieb.

Aus dem Vorgesagten folgt mittelbar zugleich, dass das Unterlassungsbegehren auch nicht aus den §§ 5, 14 a Abs. 1 Geschmacksmustergesetz begründet ist. Dabei kommt es nicht mehr darauf an, ob - was der Senat allerdings in Zweifel zieht - ein neuheitsschädlicher Vertrieb von dem Klagemuster entsprechenden Abhängehaken durch die Firma S. bereits lange vor Ende 1992 bewiesen sein könnte, und ob gegebenenfalls der Sachvortrag der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 31. März 1999 (Blatt 431 ff. d.A.) erheblich sein könnte, die von der Firma E. Industries Ltd., auf den Fotos Hülle Blatt 435 d.A. bildlich wiedergegebenen Abhängehaken würden "neuheitsschädlich bereits seit vielen Jahren vertrieben". Auch können vorhandene Bedenken des Senats zurückstehen, in den Gestaltungsmerkmalen, die die Klägerinnen in ihrer Berufungsbegründung, dort Seiten 2, 3 und 11 (Blatt 171/172 und Blatt 180 d.A. unter Nr. 8 - 12), zur Ausgestaltung des Übergangs zwischen Kragarm und Aufhängevorrichtung beschrieben haben, eine vom bekannten Formenschatz abweichende eigentümliche Gestaltungsform zu sehen, die das ästhetische Empfinden des Betrachters anzusprechen geeignet ist und in ihrer Gestaltungshöhe über das Können eines mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets ausgerüsteten durchschnittlichen Mustergestalters hinausgeht (zu diesem Erfordernis vgl. BGH GRUR 1969, 90, 95 "Rüschenhaube"; BGH GRUR 1975, 81, 83 "Dreifachkombinationsschalter" und BGH GRUR 1977, 547, 549 "Kettenkerze").

Alle diese Fragen können offenbleiben, weil der dreieckige Wulst auf der Tragevorrichtung, aus denen die Klägerinnen die geschmacksmusterrechtliche Eigentümlichkeit des von der Klägerin zu 2. vertriebenen Abhängehakens herleiten wollen, nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen M. technisch vorgegeben und folglich zwar möglicherweise patent- und gebrauchsmusterfähig wären, nicht aber einem geschmacksmuterrechtlichen Schutz zugänglich sind.

Scheitert das Unterlassungsbegehren der Klägerinnen demgemäß aus den vorgenannten Gründen, stehen ihnen auch die weiter geltend gemachten Annexansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht zu. Ihre Berufung gegen das angefochtene Urteil war demgemäß mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Klägerinnen übersteigt jeweils 60.000,00 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 05.07.2000
Az: 6 U 66/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d0004819905b/OLG-Koeln_Urteil_vom_5-Juli-2000_Az_6-U-66-97




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