Verwaltungsgericht Freiburg:
Urteil vom 25. September 2008
Aktenzeichen: 4 K 701/08

(VG Freiburg: Urteil v. 25.09.2008, Az.: 4 K 701/08)

Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 RAVwS Bad.-Württ. über die Ermäßigung des Versorgungsbeitrags für (Nebenerwerbs-)Rechtsanwälte, die zugleich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, ist auf Beamte auf Zeit analog anzuwenden.

Die Besoldungsbezüge eines Beamten sind Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 11 Abs. 2 Satz 1 RAVwS und 14 Abs. 1 SGB IV und damit Grundlage für die Bemessung des Versorgungsbeitrags.

Tenor

Die Beitragsbescheide des Beklagten vom 22.01.2008, für das Jahr 2008 in der Fassung des Bescheids vom 14.04.2008, und dessen Widerspruchsbescheid vom 18.03.2008 werden aufgehoben, soweit darin für das Kalenderjahr 2007 ein höherer monatlicher Beitrag als 307,13 EUR und für das Kalenderjahr 2008 als 316,41 EUR festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu einem Sechstel, der Beklagte zu fünf Sechstel.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren über den Widerspruch des Klägers gegen die Beitragsbescheide des Beklagten vom 22.01.2008 wird für notwendig erklärt.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Versorgungsbeiträgen durch den Beklagten.

Der 1961 geborene Kläger wurde am 26.07.2005 als Rechtsanwalt zugelassen. In der Folgezeit wurde er von dem Beklagten zu einem Versorgungsbeitrag in Höhe des Mindestbeitrags herangezogen (ab 01.07.2005: 78,-- EUR/M.; ab 01.01.1006: 78,75 EUR/M.; ab 01.01.2007: 80,37 EUR/M.).

Mit Schreiben vom 16.09.2006 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er seit dem 01.03.2006 als Beamter auf Zeit (sechs Jahre) zum Professor an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung ernannt worden sei. Eine Nebentätigkeitsgenehmigung habe er nur für acht Stunden pro Woche erhalten. Seine Einnahmen aus Anwaltstätigkeit beliefen sich im Jahr 2006 nicht einmal auf 500,-- EUR pro Monat. Er bitte, den Beitrag bei der bisherigen Höhe zu belassen. Falls er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werde, müsse er zwar seine Anwaltszulassung zurückgeben, könne aber im Alter mit einer Pension rechnen, ohne auf die Leistungen des Beklagten angewiesen zu sein. Ohne eine solche Verbeamtung werde er der Rechtsanwaltstätigkeit sehr wahrscheinlich wieder intensiver nachgehen müssen. Dann würde ihn sein Dienstherr aber bei dem Beklagten nachversichern, so dass seine Altersversorgung auf diese Weise gesichert wäre.

Mit zwei Beitragsbescheiden vom 22.01.2008 setzte der Beklagte den Versorgungsbeitrag des Klägers ab dem 01.01.2007 sowie ab dem 01.01.2008 jeweils mit dem Regelpflichtbeitrag in Höhe von 921,84 EUR monatlich fest. Dabei wurde für beide Zeiträume ein beitragspflichtiges Monatseinkommen von 4.632,34 EUR als maßgeblich zugrunde gelegt.

Gegen beide Bescheide erhob der Kläger am 28.01.2008 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte: Die Bescheide verstießen bereits gegen § 39 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG, weil in ihm die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe nicht mitgeteilt würden. Insbesondere werde nicht deutlich gemacht, wie der Beklagte zu dem beitragspflichtigen Monatseinkommen von 4.632,34 EUR komme. In jedem Fall seien die Bescheide aber materiell rechtswidrig, da die Beitragsbemessung nur anhand der Einkünfte aus selbständiger Rechtsanwaltstätigkeit festgesetzt werden dürften. Dieses (Zusatz-)Einkommen liege zwischen 600,-- EUR und 700,-- EUR brutto. Da er seit März 2006 als Beamter besoldet werde, würde ein 10/10 Regelpflichtbeitrag zu einer doppelten Absicherung im Alter oder bei Berufsunfähigkeit führen. Falls er vor Ablauf von 60 Monaten auf Lebenszeit verbeamtet würde, drohe ihm ein erheblicher Verlust der bis dahin geleisteten Zahlungen. Deshalb müsse sich die Beitragsbemessung allein an dem Einkommen aus anwaltlicher Tätigkeit orientieren. Das sei auch für das Rechtsanwaltsversorgungswerk in Rheinland-Pfalz so entschieden worden, ergebe sich aber auch aus dem baden-württembergischen Gesetz über das Rechtsanwaltsversorgungswerk, zumal für ihn als Beamter bereits umfassend Vorsorge getroffen sei. Die Beibehaltung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei seine autonome Entscheidung, die durch die Art. 12 und 14 GG gedeckt sei. Diese Rechte würden durch die Einbeziehung seiner Beamtenbezüge bei Berechnung der Versorgungsbeiträge verletzt. Denn das für ihn dann noch verfügbare Einkommen liege niedriger, als wenn er überhaupt keine Einnahmen aus anwaltlicher Tätigkeit erziele. De facto wäre er dann gezwungen, auf die Zusatzeinkünfte aus der Rechtsanwaltstätigkeit zu verzichten. Die Regelung in § 47 BRAO wäre dadurch ad absurdum geführt. Er sei auch nicht in der Lage oder willens, die aus seiner Beamtentätigkeit erzielten Einkünfte in die Zahlung des Regelpflichtbeitrags des Beklagten zu investieren. Seine berufliche Perspektive sei derzeit offen. Ob sein Beamtendasein nach sechs Jahren ende und er dann wieder als Rechtsanwalt tätig werden könne, sei ungewiss. Auf der anderen Seite sei es aber durchaus möglich, dass er vorzeitig auf Lebenszeit verbeamtet werde. In diesem Fall hätte er die Versorgungsbeiträge nutzlos geleistet. Bei Beendigung seines Beamtenverhältnisses auf Zeit sei seine Nachversicherung bei dem Beklagten in einer Größenordnung von 8/10 bis 9/10 des regulären Beitrags sichergestellt. Es gebe deshalb keinen Grund, ihn bereits jetzt mit 10/10 zu veranlagen. Hilfsweise müsse das Einkommen aus Beamtentätigkeit dazu führen, dass die pauschale Regelung nach § 13 Abs. 1 der Satzung des Beklagten - RAVwS - zur Geltung komme, wonach er nur 3/10 des Pflichtbeitrags zu leisten habe. Dies entspreche auch der Regelung in § 8 Abs. 3 RAVG. Eine entsprechende Anwendung von § 13 Abs. 1 der Satzung des Beklagten sei auch deshalb geboten, weil sich seit ihrem Inkrafttreten in den 1980er Jahren grundlegende Änderungen ergeben hätten. Damals sei es kaum vorstellbar gewesen, dass ein Beamter nur auf Zeit ernannt werde und nebenberuflich als Anwalt tätig sei. Höchst hilfsweise werde bestritten, dass sein Monatseinkommen 4.632,34 EUR betrage. Er habe noch keinen Einkommensteuerbescheid für 2006. Da er seine Tätigkeit als Professor erst zum 01.03.2006 angetreten habe, habe er im Jahr 2006 allenfalls zehn Monate gearbeitet. Zuvor habe er allenfalls Einkünfte aus der Rechtsanwaltstätigkeit gehabt, die wesentlich niedriger gewesen seien als sein Professorengehalt. Außerdem mindere die doppelte Haushaltsführung sein effektives Einkommen. Er pendle wöchentlich zwischen seinem Wohnort F. und seinem Dienstort B. und müsse für zwei Wohnungen Miete zahlen. Auch dies habe der Beklagte nicht berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2008 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus: Es sei keine Besonderheit des vorliegenden Falls, dass zunächst das bekannte Einkommen, das später bekannt werdende endgültige Einkommen erst nachträglich berücksichtigt werde. Des Weiteren folge aus § 11 Abs. 2 RAVwS, dass alle Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit für die Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien. Darunter fielen auch Beamtenbezüge. Aus dem Umstand, dass das in Rheinland-Pfalz anders geregelt sei, könnten keine Rückschlüsse für Baden-Württemberg gezogen werden. Soweit der Kläger auf die Möglichkeit der Nachversicherung abhebe, sei zu betonen, dass sie nicht feststehe. § 13 Abs. 1 RAVwS sei wegen seines klaren Wortlauts auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Er beziehe sich nur auf die Mehrfachversorgung im Versorgungswerk und in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Rentenversicherung sei eine Pflichtversicherung für alle abhängig Beschäftigten in der Bundesrepublik Deutschland, von der in gewissen Fällen Ausnahmen bestünden, unter anderem für Beamte, aber auch für Freiberufler, die von der Befreiungsmöglichkeit in § 6 SGB VI Gebrauch machen könnten. Es gebe einen eindeutigen Unterschied zwischen versicherungsfreien Beamten und den gesetzlich Rentenversicherungspflichtigen. Der Kläger sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei. Er unterscheide sich damit von den gesetzlich rentenversicherungspflichtigen Mitgliedern, die nur die Möglichkeit hätten, sich befreien zu lassen, von dieser Möglichkeit aber nicht unbedingt Gebrauch machen müssten. Der Satzungsgeber habe insoweit keine Lücke gesehen, sondern den Fall bedacht und Beamten grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, gemäß § 6 Nr. 2 RAVwS ganz von der Mitgliedschaft befreit zu werden. Eine Befreiung nur von der Beitragslast sei ausdrücklich nicht vorgesehen. Beamte müssten nämlich nicht (auch) als Rechtsanwälte tätig sein. Auch wenn sie dies nach der Bundesrechtsanwaltsordnung und dem Beamtenrecht dürften, sei die damit für sie verbundene Belastung mit Versorgungsbeiträgen in Kauf zu nehmen. Die Satzung, unter anderem auch die §§ 6 und 11 RAVwS, seien mehrfach geändert worden. In keinem Fall habe man bezüglich Beamten bzw. Beamten auf Zeit, die es auch 1985 bereits gegeben habe, einen Handlungsbedarf gesehen. Vielmehr hätten die Beamten, wenn sie (auch) Rechtsanwälte seien, wie jeder andere Rechtsanwalt als Mitglied der Versichertengemeinschaft für sich und die anderen Beiträge zu entrichten. Es gebe den Grundsatz, dass der gesamte Berufsstand der Rechtsanwaltschaft zu versorgen und dem einzelnen Mitglied deshalb aufzugeben sei, als Teil der Versichertengemeinschaft diese finanziell mitzutragen. Das gehe nur, wenn der Beitragsveranlagung alle Einkünfte zugrunde gelegt würden. Der Fall des Klägers stelle keine Besonderheit dar. Immerhin sei er während seiner Beamtenzeit nicht verpflichtet, Altersversorgungsbeiträge zu entrichten. Ihm würden zum Beispiel keine Sozialversicherungsbeiträge vom Gehalt abgezogen. Die Frage einer Überbelastung würde sich nur dann stellen, wenn seine Einkünfte von den Einkünften anderer Mitglieder der Versichertengemeinschaft erheblich nach unten abwichen. Auch für eine Ermessensentscheidung nach § 15 Abs. 4 RAVwS sei kein Raum. Bei einer Beschäftigung in der freien Wirtschaft oder bei einem anderen Rechtsanwalt würde der Kläger in der Regel bei weitem nicht, zumindest nicht zwingend, so viel verdienen wie als Beamter.

Mit Bescheid vom 14.04.2008 setzte der Beklagte den Versorgungsbeitrag für den Kläger ab dem 01.01.2008 auf 1.033,91 EUR neu fest. Dabei wurde ein beitragspflichtiges Monatseinkommen von 5.195,51 EUR zugrunde gelegt. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18.04.2008 Widerspruch, über den der Beklagte bis heute nicht entschieden hat, weil er - insoweit im Einklang mit dem Kläger - der Auffassung ist, der Bescheid vom 14.04.2008 werde ohne Vorverfahren Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens.

Bereits am 15.04.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und verletzten ihn in seinen Rechten, soweit darin für das Kalenderjahr 2007 Beiträge von mehr als 99,60 EUR pro Monat und für das Kalenderjahr 2008 von 212,67 EUR pro Monat gefordert würden. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien seine Beamtenbezüge bei der Beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen. Eine andere Auslegung der Satzung des Beklagten und des ihr zugrundeliegenden Gesetzes verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und gegen die Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG. Da sein Einkommen jeweils unter der maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze liege, mache er von der Möglichkeit nach § 11 Abs. 2 RAVwS Gebrauch. Danach trete an die Stelle der Beitragsbemessungsgrenze die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens. Nach § 1 Abs. 2 RAVG werde dem Beklagten die Aufgabe zugewiesen, seinen Mitgliedern und Hinterbliebenen Versorgung zu gewähren. Gesetzliches Leitbild der Rechtsanwaltsversorgung sei das der am Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung orientierten Vollversorgung. Das ergebe sich auch aus § 8 Abs. 1 RAVG. Auch § 11 RAVwS nehme in Absatz 1 Bezug auf die gesetzliche Rentenversicherung nach § 158 SGV VI und in Absatz 2 ausdrücklich auf die Begriffe "Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt" im Sinne der §§ 14, 15 SGV IV. Während sich "Arbeitsentgelt" danach auf das Gehalt aufgrund angestellter Beschäftigung beziehe, handle es sich bei "Arbeitseinkommen" um Gewinn aus selbständiger Tätigkeit. Beides seien typische Formen des anwaltlichen Berufsbilds. Diese Einteilung folge auch den Regelungen über die Erbringung des Nachweises eines unter der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Einkommens in § 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 RAVwS. Das mache aber deutlich, dass eine gesetzliche Versicherungspflicht vorausgesetzt werde. Genau das sei bei ihm nicht der Fall. Er verdiene kein "Arbeitseinkommen", sondern werde als Beamter besoldet und sei versicherungsfrei. Stattdessen genössen Beamte eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter. Für die Nebentätigkeit als Rechtsanwalt gelte nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGV VI dagegen keine Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung. Dieses Entgelt unterliege deshalb unstreitig der Rentenversicherungspflicht. Diese Unterschiede habe der Beklagte nicht berücksichtigt. Die Begriffe "nachgewiesenes Arbeitseinkommen" und "alle Einkünfte" in § 11 Abs. 2 RAVwS seien auslegungsbedürftig, zumal unter Arbeitseinkommen in diesem Zusammenhang gerade nicht das Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGV IV, nämlich der Gewinn aus selbständiger Tätigkeit, gemeint sein könne. Stattdessen habe der Beklagte den Begriff des "nachgewiesenen Arbeitseinkommens" exzessiv in der Weise ausgelegt, dass auch die Beamtenbesoldung umfasst werde. Diese Besoldung unterliege dem nach Art. 33 Abs. 5 GG abgesicherten Alimentationsprinzip. Dabei handle es sich um ein eigenes abgeschlossenes Sozialfürsorge-System, das mit dem System der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung kaum zu vergleichen sei. Insbesondere sorge der Dienstherr auch für das Ruhegehalt, ohne dass dafür Abzüge bei der Besoldung vorgenommen würden. Deshalb bedürfe es insoweit keiner weiteren sozialen Absicherung. Hierin liege ein entscheidender Unterschied zu vermeintlich ähnlich gelagerten Fällen, in denen die Rechtsprechung die Berücksichtigung eines Arbeitseinkommens und oder Arbeitsentgelts im Sinne der §§ 14, 15 SGV IV für zulässig gehalten habe. Zu der hier spezifischen Frage gebe es keine Rechtsprechung. Dem Beklagten sei darin zuzustimmen, dass jedenfalls die Vorschrift des § 13 RAVwS nicht anwendbar sei, weil sie eigens für Rechtsanwälte bestimmt sei, die zugleich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung seien. Die Heranziehung seiner Beamtenbesoldung verletze ihn in seinem Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, indem die Vorsorge für Alter und Invalidität neben der beamtenrechtlichen Versorgung ein weiteres Mal geregelt und der Betroffene doppelt herangezogen werde. Damit werde übermäßig in die private Verfügungsmacht über Wirtschaftsgüter eingegriffen. Ihm würden dauernd rund 1/5 seiner Einkünfte entzogen, ohne dass dabei seine Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung seit 2006 berücksichtigt worden seien. Er wäre dann erheblich schlechter gestellt, als wenn er überhaupt keine zusätzlichen Einkünfte erzielen würde. Ein solcher Eingriff in diese Eigentumssphäre sei nicht gerechtfertigt, da seine Versorgung in jedem Fall sichergestellt sei. Dagegen würden eine Staatspension und eine Rente durch den Beklagten im Alter dazu führen, dass er in erheblichem Ausmaß der Einkommensteuer unterworfen werde, so dass er die Früchte der aktuellen Zwangsinvestition im Alter nicht einmal ernten könnte. Es sei auch fraglich, ob ein solcher Eingriff aufgrund einer Satzung einer Selbstverwaltungsorganisation erfolgen dürfe. Ebenfalls sei es unsicher, dass er für seine Beiträge später einen adäquaten Gegenwert erhalte. Denn bei einer frühzeitigen Verbeamtung auf Lebenszeit drohe ihm der Verlust der Anwaltszulassung sowie der Anwartschaften bei dem Beklagten. Ihm würden dann die Beiträge in erheblichem Maße verloren gehen. Außerdem verletze die Heranziehung der Beamtenbesoldung zur Bestimmung des Beitragssatzes sein Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Seine berufliche Zukunft über den 28.02.2012 hinaus sei offen. Deshalb habe er ein legitimes Interesse an der Fortsetzung seiner Rechtsanwaltstätigkeit. Die Beibehaltung seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei Ausdruck der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie. Sie dürfe nicht durch eine erdrosselnde Heranziehung zu Versorgungsbeiträgen konterkariert werden und sie dürfe auch nicht durch die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zu den Zweitberufen untergraben werden. Wenn die angefochtenen Beitragsbescheide Bestand hätten, bliebe ihm keine andere Möglichkeit, als seine Zulassung als Rechtsanwalt aufzugeben. Die Anwaltstätigkeit wäre dann kein Beitrag mehr zur Verbesserung seiner Lebensgrundlage, sondern allenfalls ein kostspieliges Hobby. Die Beschäftigung als Rechtsanwalt erlaube ihm, Berufserfahrung als Rechtsanwalt zu sammeln und damit eine entsprechende Qualifikation zu erwerben. Darauf zu verzichten wäre nur dann zumutbar, wenn seine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit absehbar wäre. Als 47jähriger Mann hätte er bei Auslaufen seiner Beamteneigenschaft wohl keine realistische Aussicht mehr auf eine Anstellung als Rechtsanwalt. Er könnte dann auch wegen Überschreitens der Altersgrenze nicht mehr bei dem Beklagten einsteigen geschweige denn als selbständiger Rechtsanwalt in die Deutsche Rentenversicherung aufgenommen werden. Schon deshalb habe er ein Interesse daran, nicht ein für allemal bei dem Beklagten auszuscheiden. Darüber hinaus sei unklar, ob er als Beamter auf Zeit überhaupt in den Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 2 RAVwS falle.

Der Kläger beantragt,

die Beitragsbescheide des Beklagten vom 22.01.2008, für das Jahr 2008 in der Fassung des Bescheids vom 14.04.2008, und dessen Widerspruchsbescheid vom 18.03.2008 aufzuheben, soweit darin für das Kalenderjahr 2007 ein höherer monatlicher Beitrag als 99,60 EUR und für das Kalenderjahr 2008 als 212,67 EUR festgesetzt wurde;

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren über seinen Widerspruch gegen die Beitragsbescheide des Beklagten vom 22.01.2008 für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte aus: Das Rechtsanwaltsversorgungsgesetz Baden-Württemberg sehe eine Beschränkung der Bemessungsgrundlage auf anwaltliches Einkommen nicht vor. Dementsprechend habe § 11 RAVwS von der gesetzlichen Ermächtigung in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Summe von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen im Sinne von §§ 14, 15 SGB IV Bemessungsgrundlage sei. Maßgeblich seien danach die gesamten Jahreseinnahmen aus selbständiger Tätigkeit bzw. die Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit. Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV seien alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung. Auf die Form der Leistungen und darauf, ob ein Rechtsanspruch bestehe oder ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden, komme es deshalb nicht an, ebenso wenig darauf, dass es sich bei dem Einkommen des Klägers um eine Beamtenbesoldung handle und dass er versicherungsfrei sei. Entgegen seiner Auffassung verliere der Kläger seine Anwartschaft nicht ersatzlos. Entweder bleibe sie ihm voll erhalten, wenn er für 60 Monate Beiträge gezahlt habe, oder er erhalte die Erstattung nach Maßgabe von § 18 Abs. 1 RAVwS zurück. Der nicht zu erstattende Teil betreffe die beitragsmäßig hohen Risiken für Renten wegen Berufsunfähigkeit oder Hinterbliebene. Die Art. 12 und 14 GG seien nicht einschlägig. Der Kläger sei weder bei der Wahl noch bei der Ausübung seines Berufs eingeschränkt. Er könne sowohl als Rechtsanwalt als auch als Fachhochschulprofessor tätig sein. Selbst die Grenze von 45 Jahren für den Wiedereintritt in das Versorgungswerk schränke ihn in der Berufsausübungsfreiheit nicht ein. Möglicherweise könne er dann allerdings nur bei der gesetzlichen Rentenversicherung versichert werden, wenn er im Angestelltenverhältnis tätig sein sollte. Damit gehe es ihm aber wie dem allergrößten Teil der deutschen Bevölkerung. An einer analogen Anwendung von § 13 Abs. 1 RAVwS halte der Kläger selbst nicht mehr fest. Im Gegenteil stimme er sogar zu, dass sein Dienstherr für das Ruhegehalt sorge und dafür keine Abzüge bei der Besoldung vorgenommen würden. Auch Gründe für eine Billigkeitsentscheidung seien nicht vorgebracht.

Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die angefochtenen Bescheide des Beklagten - 4 K 209/08 - wurde nach einer außergerichtlichen Einigung zwischen dem Kläger und dem Beklagten vom Kläger zurückgenommen.

Der Kammer liegen die Akten des Beklagten über die Beitragsveranlagung des Klägers (ein Heft) vor. Der Inhalt dieser Akten und der Gerichtsakten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Das gilt auch, soweit der Bescheid des Beklagten vom 14.04.2008 über die Beitragsfestsetzung für das Kalenderjahr 2008 nach dem Willen des Klägers und des Beklagten anstelle des ursprünglichen, denselben Beitragszeitraum betreffenden Bescheids vom 22.01.2008 (im Wege der zulässigen Klageerweiterung) Gegenstand der Anfechtungsklage geworden ist. Eines erneuten Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 14.04.2008 bedurfte es nicht, weil mit diesem Bescheid die Beitragsfestsetzung im früheren Bescheid vom 22.01.2008 lediglich (von 921,84 EUR) auf 1.033,91 EUR monatlich erhöht wurde ( vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 68 RdNr. 23 m.w.N.; VG Freiburg, Urteil vom 30.06.1998 - 4 K 2177/97 - m.w.N. ). Abgesehen davon ergibt sich die Entbehrlichkeit eines (erneuten) Widerspruchsverfahrens hier aus § 75 VwGO.

Die Klage ist auch in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang begründet. Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 22.01.2008, für das Jahr 2008 in der Fassung des Bescheids vom 14.04.2008, und dessen Widerspruchsbescheid vom 18.03.2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten, als darin für das Kalenderjahr 2007 ein höherer monatlicher Beitrag als 307,13 EUR und für das Kalenderjahr 2008 als 316,41 EUR festgesetzt wurde ( § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ). In Höhe des Differenzbetrags zwischen diesen Beiträgen und der vom Kläger nicht beanstandeten Beitragserhebung für 2007 in Höhe von 99,60 EUR und für 2008 von 212,67 EUR ist die Klage dagegen unbegründet.

Für die Beitragsbemessung gelten im vorliegenden Zusammenhang folgende Regelungen: Nach § 11 Abs. 1 der Satzung des Beklagten in der (hier maßgeblichen) Fassung vom 01.04.2006 - RAVwS - entspricht der Regelpflichtbeitrag dem jeweils geltenden Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten nach § 158 SGB VI und ist ein bestimmter Teil der für den Sitz des Versorgungswerks maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze nach § 159 SGB VI (Beitragssatz). Die Beitragsbemessungsgrenze betrug bzw. beträgt in den Jahren 2007 monatlich 5.250 EUR und 2008 5.300 EUR. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbsatz RAVwS tritt für Mitglieder, bei denen die Summe von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14, 15 SGB IV die Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung nicht erreicht, auf Antrag für die Bestimmung des persönlichen Pflichtbeitrags an die Stelle der Beitragsbemessungsgrenze nach § 159 SGB VI die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens. Nach § 13 Abs. 1 RAVwS leisten Mitglieder, die zugleich Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, einen Beitrag in Höhe von 3/10 des Regelpflichtbeitrags.

Diese zuletzt genannte Vorschrift des § 13 Abs. 1 RAVwS verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Beitragserhebung nach den §§ 11 bis 12 RAVwS (mit allen Absätzen). Insbesondere kommt eine (weitere) Ermäßigung des Beitrags nach § 13 Abs. 1 RAVwS aufgrund der §§ 11 Abs. 2 und Abs. 3 sowie 12 Abs. 4 RAVwS nicht in Betracht. Die Ermäßigungsvorschriften in § 11 Abs. 2 und Abs. 3 RAVwS sind auf den Beitrag nach § 13 Abs. 1 RAVwS nicht anwendbar. Das folgt vor allem aus der systematischen Stellung dieser Regelungen als Absätze innerhalb von § 11 RAVwS sowie daraus, dass die Ermäßigungsregelungen in § 11 Abs. 2 und 3 RAVwS nicht an die feste Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI), sondern an das individuelle Einkommen des Beitragspflichtigen anknüpfen, der Beitrag nach § 13 Abs. 1 RAVwS jedoch allein an dem unveränderlichen Regelpflichtbeitrag nach § 11 Abs. 1 RAVwS anknüpft ( vgl. hierzu Urteil der Kammer vom 03.07.2003 - 4 K 1472/01 - ). Auch die Ermäßigungsregelung des § 12 Abs. 4 Satz 1 RAVwS findet auf den Kläger keine Anwendung. Das gilt hier bereits deshalb, weil der Kläger bei seiner Zulassung als Rechtsanwalt das 40. Lebensjahr schon vollendet hatte ( siehe i. Ü. Urteil der Kammer vom 03.07.2003, a.a.O. ).

Die Höhe der Beitragspflicht des Klägers ergibt sich hier aus einer analogen Anwendung von § 13 Abs. 1 RAVwS, der seine Rechtsgrundlage in den §§ 8 Abs. 3 und 17 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über das Versorgungswerk in Baden-Württemberg vom 10.12.1984 ( GBl., 671 ) - RAVG - ( nicht in § 8 Abs. 1 RAVG ) hat und der auch sonst nicht gegen höherrangiges Recht verstößt ( VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.01.2003 - 9 S 871/02 - a. E.; Urteil der Kammer vom 03.07.2003, a.a.O. ).

Nach seinem Wortlaut ist § 13 Abs. 1 RAVwS auf den vorliegenden Fall des Klägers jedoch eindeutig nicht unmittelbar anwendbar, weil er als Beamter (auf Zeit) - unstreitig - nicht Pflichtversicherter in der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Vielmehr ist der Kläger als Beamter (auf Zeit) gegenwärtig, das heißt, solange er sich in dieser Beschäftigung befindet, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Damit ist der Kläger als Beamter und als Nebenerwerbsrechtsanwalt zwei Versorgungssystemen unterworfen, die ihm beide grundsätzlich eine der Vollversorgung entsprechende Sicherheit gewährleisten. Für den Kreis der Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden, hat der Beklagte die Ermäßigungsregelung in § 13 Abs. 1 RAVwS geschaffen, um diesen Personenkreis zumindest teilweise von der Begründung zweier Anwartschaften für eine umfassende Versorgung bei der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrente und der Verpflichtung zur Zahlung zweier voller (10/10) Versicherungsbeiträge zu entlasten. Eine vergleichbare Regelung für Beamte, insbesondere für Beamte auf Zeit wie den Kläger, für die die Möglichkeit einer Befreiung von der Mitgliedschaft bei dem Beklagten nach den Regelungen in der Satzung des Beklagten ebenfalls nicht, auch nicht nach § 6 RAVwS ( siehe unten ), besteht, findet sich in der Satzung des Beklagten jedoch nicht. Diese Satzung weist damit eine Lücke ( siehe unten 2. ) auf, obwohl in Fällen der vorliegenden Art die gleiche Interessenkonstellation ( siehe unten 1. ) gegeben ist wie im Fall des § 13 Abs. 1 RAVwS. Aus diesem Grund und, um eine sachlich unbegründete Ungleichbehandlung von Beamten auf Zeit einerseits und Pflichtversicherten in der Rentenversicherung andererseits und damit einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, ist es geboten, in analoger Anwendung von § 13 Abs. 1 RAVwS den ermäßigten Beitragssatz in Höhe von 3/10 des Regelpflichtbeitrags auch den als Nebenerwerbsrechtsanwälten tätigen Beamten auf Zeit zugute kommen zu lassen.

1. Soweit der Beklagte gegen eine solche analoge Anwendung von § 13 Abs. 1 RAVwS (im Widerspruchsbescheid) einwendet, es gebe keine gleiche Interessenlage zwischen Beamten einerseits und Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits, denn es bestehe deshalb ein wesentlicher sachlicher Unterschied, der einer (zwingenden) Gleichbehandlung entgegenstehe, weil Beamte anders als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Altersvorsorgebeiträge entrichten müssten und deshalb erheblich besser stünden als jene, so vermag die Kammer dieser Sichtweise nicht zu folgen. Denn sie verkennt, dass Beamte auf mehrfache Weise einen indirekten Beitrag zu ihrer Versorgung leisten. Dieser Beitrag erfolgt im Rahmen ihrer Besoldung, die von vornherein um einen angemessenen Beitrag für die Begründung von Versorgungsanwartschaften gekürzt ist. Wären die Beamten verpflichtet, sozialversicherungsrechtliche Beiträge, insbesondere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu entrichten, wären ihre Bezüge ohne Zweifel um einen entsprechenden Beitrag höher. Außerdem unterliegen Beamte gerade wegen ihrer förmlichen Befreiung von den Beitragspflichten in der Sozialversicherung einer höheren Steuerlast.

Die Vergleichbarkeit der Interessenlagen wird aber vor allem auch daran deutlich, dass Beamte im Fall einer Beendigung ihres Dienstverhältnisses, bevor sie einen Anspruch oder eine Anwartschaft auf Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erworben haben, gemäß § 8 SGB VI von ihrem Dienstherrn in der gesetzlichen Rentenversicherung - nach Maßgabe der entsprechenden Vorschriften ( vgl. hierzu u. a. §§ 186 SGB VI und 17 RAVwS ) kommt auch eine Nachversicherung bei dem Beklagten in Betracht - nachversichert werden (müssen) und dadurch vergleichbare Rentenanwartschaften erwerben, wie wenn sie während der zurückliegenden Dienstzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen wären. Dies gilt in besonderem Maß für den Kläger als Beamten auf Zeit, falls sein befristetes Beamtenverhältnis ausläuft und nicht durch einen neuen statusbegründenden Hoheitsakt verlängert und/oder in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit umgewandelt werden sollte. Falls dieser Fall der Nachversicherung eintreten sollte, wären für ihn ohne die Zubilligung einer Beitragsermäßigung über mehrere Jahre sowohl volle Beiträge an den Beklagten als auch (im Wege der Nachversicherung) an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt worden, eine Situation, die durch die Regelung in § 13 Abs. 1 RAVwS zumindest abgemildert werden soll.

Dieser Blick auf die Nachversicherungspflicht zeigt, dass (insbesondere) Beamte auf Zeit wie der Kläger den Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung sehr nahe stehen. Ohne eine Änderung ihres gegenwärtigen Status' haben sie keine Aussicht, je in den Genuss einer beamtenrechtlichen Altersversorgung zu kommen. Vielmehr erwerben sie lediglich Ansprüche auf eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit Anwartschaften auf eine Altersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch. Der Unterschied zu den Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht allein darin, dass sie während der (befristeten) Dauer ihres Beamtenverhältnisses wegen der Befreiung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung entrichten, sondern dass ihr Dienstherr diese Beiträge (aus ihrem Gehalt [ siehe oben ]) bis zum Ende ihres Beamtenverhältnisses anspart. Wenn dieses Beamtenverhältnis endet, zahlt der Dienstherr diese Beiträge rückwirkend in die gesetzliche Rentenversicherung und die Betreffenden (ehemaligen Beamten) werden mit Rückwirkung den Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung gleichgestellt. Dass sie, so auch der Kläger, die Hoffnung haben mögen, doch noch in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen zu werden und dadurch Anwartschaften auf eine Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu erwerben, muss hier außer Betracht bleiben, weil dies nur durch einen gänzlich neuen statusbegründenden Akt geschehen kann. Dass hier insoweit kein wesentlicher Unterschied zu einem Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, wird auch daran deutlich, dass im Fall der Nachversicherung eines Beamten wegen Beendigung seines Beamtenverhältnisses ohne Erwerb eines beamtenrechtlichen Versorgungsanspruchs die Nachzahlung der Rentenbeiträge in voller Höhe erfolgt, das heißt, dass die Nachversicherung sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil umfasst ( vgl. "Merkblatt zur Nachversicherung" des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg unter Hinweis auf § 181 Abs. 5 SGB VI [www.lbv.bwl.de/vordrucke/570d.doc] ). Das ist im Übrigen ein weiteres Argument gegen die Auffassung des Beklagten (und des Klägers), Beamte seien mit Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung deshalb nicht vergleichbar, weil sie keine Altersvorsorgebeiträge entrichten müssten ( siehe oben ).

2. Das Regelungswerk der Satzung des Beklagten weist für Fälle wie die des Klägers auch eine Lücke auf. Ohne eine analoge Anwendung von § 13 Abs. 1 RAVwS wäre der Kläger mit seinem vollen Einkommen, also der Summe aus seinen Dienstbezügen und seinem Einkommen aus der Rechtsanwaltstätigkeit, zum Versorgungsbeitrag zu veranlagen.

Das folgt aus § 11 Abs. 2 RAVwS. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zählen auch Einnahmen aus nichtanwaltlicher Tätigkeit oder Beschäftigung zur Bemessungsgrundlage des Versorgungsbeitrags in der baden-württembergischen Rechtsanwaltsversorgung und zwar selbst dann, wenn der betreffende Rechtsanwalt ausschließlich nichtanwaltliche Einnahmen erzielt ( VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.1990, NJW 1991, 1193, und Beschluss vom 05.10.2005 - 9 S 1890/05 - ). Dass das in anderen Bundesländern (u. a. Rheinland-Pfalz) anders geregelt ist, ändert daran nichts, weil die Rechtsanwaltsversorgung eine Materie der Landesgesetzgebung ist ( insoweit ist Rechtslage u. a. in Nordrhein-Westfalen vergleichbar mit der in Baden-Württemberg, vgl. VG Aachen, Urteil vom 26.05.2008 - 5 K 540/07 - m.w.N. ).

Zur Summe des nachgewiesenen Arbeitseinkommens im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 RAVwS, das als (redaktionell missglückter) Oberbegriff zu den zuvor genannten Begriffen "Arbeitseinkommen" und "Arbeitsentgelt" zu verstehen ist ( siehe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.09.1990, a.a.O. ), gehören auch die Dienstbezüge eines Beamten. Das ergibt sich - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - insbesondere auch aus der Verweisung in § 11 Abs. 2 RAVwS auf die §§ 14 und 15 SGB IV. In der Rechtsprechung der Sozialgerichte ist geklärt, dass auch der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende Beamte ( gem. § 7 SGB IV ) Beschäftigter im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ( das heißt nach dem für verschiedene Versicherungszweige geltenden [allgemeinen] Vierten Buch Sozialgesetzbuch, siehe § 1 SGB IV ) und deshalb dem Grunde nach in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, dass er lediglich aufgrund einer Sonderregelung im (speziellen) Rentenversicherungsrecht ( § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI; ebenso wie im speziellen Kranken- und Arbeitslosenversicherungsrecht ) von der Versicherungspflicht befreit ist ( BSG, Urteil vom 22.02.1996, NVwZ 1999, 453; LSG Rhld.-Pf., Urteil vom 10.08.2000 - L 5 K 20/98 - ). Dementsprechend bestimmt § 14 Abs. 1 SGB IV, dass der Begriff "Arbeitsentgelt" in § 14 SGB IV ( und demnach auch in § 11 Abs. 2 Satz 1 RAVwS ) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung umfasst, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Das Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV geht insoweit über das Arbeitsverhältnis hinaus, als es auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses besteht ( Jahn/Jansen, Sozialgesetzbuch für die Praxis, Stand: Aug. 2008, § 7 SGB IV RdNr. 6 ). Demnach kommt es für die Anwendung des § 14 Abs. 1 SGB IV nicht darauf an, ob es sich um Einnahmen aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis oder aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis handelt. Der Alimentationscharakter einer Leistung wie bei den Bezügen von Beamten oder Soldaten steht daher der Anerkennung als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung nicht entgegen ( so LSG Saarland, Urteil vom 14.09.1999 - L 2 U 56/98 -, m.w.N.; vgl. auch Seewald, in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: April 2008, Bd. 1, § 14 SGB IV RdNr. 4 ). Der Umstand, dass Beamte aufgrund einer Vorschrift außerhalb des (allgemeinen) Vierten Buchs Sozialgesetzbuch ( § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ) von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, ändert an der Qualifikation ihres Gehalts als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV nichts. Auch das wird wiederum deutlich am Beispiel der Regelungen über die Nachversicherungspflicht bei vorzeitiger Beendigung des Beamtenverhältnisses ( siehe oben ); auch sie belegen, dass die Dienstbezüge von Beamten dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt sind, dass aber die Pflicht zur Beitragszahlung in der gesetzlichen Rentenversicherung so lange "ruht", wie das Beamtenverhältnis Bestand hat und deshalb eine gesetzliche Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gilt. Der Fall der Nachversicherung ist der Sache nach vergleichbar mit einem rückwirkenden Wegfall der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mit der Folge, dass die Dienstbezüge nachträglich (in vollem Umfang) der Rentenversicherungspflicht unterworfen werden.

Die daraus folgende hohe Beitragslast (mit einem 10/10 Pflichtbeitrag) wollte der Satzungsgeber, wie § 13 Abs. 1 RAVwS zeigt, den Personen, die bereits über eine Vollversorgung in einem anderen Versorgungssystem verfügen, während des aktiven Berufslebens nicht allein zugunsten einer doppelten Absicherung im Alter zumuten (nach dem Prinzip in futurum non vivitur und, um die der Beitragslast innewohnende Gefahr einer prohibitiven Wirkung für die Berufswahl zu mildern ). Dass die Vorschrift so gefasst ist, dass sie für den Kläger als Beamten auf Zeit nicht anwendbar ist, beruht allein darauf, dass der Satzungsgeber diesen Fall nicht bedacht hat.

Das ergibt sich auch aus anderen Regelungen in der Satzung des Beklagten. So hat der Satzungsgeber in § 6 Nr. 2 RAVwS zwar die (nach § 7 Abs. 1 RAVwS mit einer Antragsfrist verbundenen) Möglichkeit einer Befreiung für Personen geschaffen, die aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses Anspruch oder Anwartschaft auf lebenslanges Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen haben. Er hat damit der spezifischen Situation des typischen Beamten (auf Lebenszeit), der auch Nebenerwerbsanwalt ist, Rechnung getragen und diesem die Möglichkeit gegeben, die zusätzliche Beitragslast im Versorgungswerk des Beklagten dadurch zu vermeiden, dass er sich von der Mitgliedschaft beim Beklagten grundsätzlich befreien lassen kann. In § 6 Nr. 3 RAVwS gibt es eine ähnliche Regelung für Träger eines öffentlichen Mandats. Auf diese Vorschrift des § 6 Nr. 2 RAVwS hatte sich der Vertreter des Beklagten in dem dem Klageverfahren vorausgegangenen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - 4 K 209/08 - berufen, um zu darzulegen, dass der Satzungsgeber den Fall des Klägers bedacht, aber anders als im Rahmen von § 13 Abs. 1 RAVwS geregelt habe. Diese Vorschriften, insbesondere § 6 Nr. 2 RAVwS, sind aber auf den Kläger nicht anwendbar, zum einen deshalb nicht, weil er sich als Beamter auf Zeit nicht in einem "ständigen" Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis befindet, zum anderen aber auch deshalb, weil der Kläger als Beamter auf Zeit zumindest im Hinblick auf das Altersruhegeld weder einen Anspruch noch eine Anwartschaft hat ( siehe oben unter 1. ). Dass der Fall des Beamten auf Zeit weder in diesem § 6 Nr. 2 RAVwS noch an anderer Stelle geregelt ist, zeigt, dass der Satzungsgeber an ihn offensichtlich nicht gedacht hat, auch wenn es den Beamten auf Zeit bei Inkrafttreten der ursprünglichen Satzung im Jahr 1984 ohne Zweifel bereits gab. Daran ändern auch nichts die Bekundungen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten (in der Klageerwiderung und in dem erwähnten vorläufigen Rechtschutzverfahren), die Vertreterversammlung des Beklagten habe in diesem Fall bewusst entschieden und keine Regelung getroffen. Gerade indem er aber insoweit ausdrücklich auf die Vorschrift des § 6 Nr. 2 RAVwS verweist, obwohl sie für Beamte auf Zeit nicht gilt, wird offenkundig, dass der Satzungsgeber die besondere Lage eines Beamten auf Zeit im Einzelnen nicht bedacht hat.

Eine (ebenfalls in Betracht zu ziehende) entsprechende Anwendung von § 6 Nr. 2 RAVwS anstelle von § 13 Abs. 1 RAVwS scheidet hier aus. Denn zum einen hat der Satzungsgeber hier ausdrücklich nur eine Regelung für "ständige" Dienst- und Beschäftigungsverhältnisse getroffen und damit im Umkehrschluss nichtständige Dienst- und Beschäftigungsverhältnisse wie Beamtenverhältnisse auf Zeit von dieser Regelung ausgeschlossen. Die ausdrückliche Erwähnung des Wortes "ständig" ergäbe sonst keinen Sinn. Und zum anderen ist die Interessenlage bei Beamten auf Lebenszeit und Beamten auf Zeit im Hinblick auf eine Mitgliedschaft im Versorgungswerk des Beklagten so unterschiedlich, dass der Satzungsgeber die Beamten auf Zeit (möglicherweise) aus gutem Grund nicht auf die Befreiung von der Mitgliedschaft als einzigen Ausweg zur Vermeidung einer Doppelvollversorgung verweisen wollte. Denn wie das Beispiel des Kläger veranschaulicht, ist die Aussicht eines Beamten auf Zeit, in den Genuss einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu kommen, höchst ungewiss. Wenn er sich von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk des Beklagten befreien ließe, liefe er Gefahr, am Ende sowohl ohne eine beamtenrechtliche Versorgung als auch ohne eine Versorgung im Versorgungswerk des Beklagten dazustehen und, obwohl er den bisher als Nebentätigkeit ausgeübten Rechtsanwaltsberuf weiterhin und sogar im Hauptberuf ausüben will, keine Aussicht auf eine (erneute) Mitgliedschaft beim Beklagten zu haben, weil er z. B. das Höchstalter überschritten hat. Die unterschiedliche Behandlung in § 6 RAVwS von Personen in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnis wie Beamte auf Lebenszeit und anderen Beamten wie Beamte auf Zeit hat hiernach durchaus einen Sinn.

Bei der hiernach gebotenen analogen Anwendung von § 13 Abs. 1 RAVwS ergibt sich für den Kläger eine Beitragsverpflichtung in Höhe von 3/10 des Regelpflichtbeitrags nach § 11 Abs. 1 RAVwS. Dass ihn diese Zusatzbelastung neben der Versorgung, die ihm durch sein Dienstverhältnis als Beamter (auf Zeit) gewährt wird, übermäßig belasten würde, ist nicht zu erkennen ( vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.01.2003, a.a.O., a. E. ). Unter Berücksichtigung einer Beitragsbemessungsgrenze von 5.250 EUR pro Monat und eines Beitragssatzes von 19,5 % im Jahr 2007 bzw. 5.300 EUR und 19,9 % im Jahr 2008 beträgt dieser Regelpflichtbeitrag für 2007 1.023,75 EUR und für 2008 1.054,70 EUR im Monat; 3/10 davon ergeben monatlich jeweils 307,13 EUR und 316,41 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht hat keinen Anlass, diese nach § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren des Klägers über seinen Widerspruch gegen die Beitragsbescheide des Beklagten vom 22.01.2008 war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO notwendig. Ein verständiger Bürger in der individuellen Lage des Klägers durfte im Hinblick auf die Schwierigkeiten der rechtlichen Beurteilung der Erfolgsaussichten seines Widerspruchs vernünftigerweise die Hilfe eines Rechtsanwalts in diesem Verfahren in Anspruch nehmen.

Die Zulassung der Berufung erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.






VG Freiburg:
Urteil v. 25.09.2008
Az: 4 K 701/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d02d8a05e45f/VG-Freiburg_Urteil_vom_25-September-2008_Az_4-K-701-08




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