Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 29. April 2011
Aktenzeichen: 15 O 28/11

(LG Bielefeld: Urteil v. 29.04.2011, Az.: 15 O 28/11)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des UKlaG eingetragener Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Die Beklagte betreibt fünf Autohäuser in Ostwestfalen und in Niedersachsen; sie vertreibt Neuwagen der Marken Skoda und Honda und handelt mit Gebrauchtwagen.

Am 18.11.2010 bot die Beklagte in ihrem Internetauftritt www.x.de im Menu-Punkt "Fahrzeug-Börse" unter der Rubrik "Gebrauchtwagen" eine Reihe von Fahrzeugen an, so auch folgende:

· Skoda Fabia II CoolEdition 44 kW (60 PS), EZ 02/2010, 0 km,

· Skoda Superb 2,0 Elegance, 125 kW (170 PS), EZ 01/2010, 0 km und

· Skoda Superb 1,8 Ambition, 118 kW (160 PS), EZ 01/2010, 0 km.

Wegen der Ausgestaltung der Angebote im einzelnen wird auf die Ausdrucke der Internetangebote gemäß Anlagen K 2 und K 4 Bezug genommen. Bei allen drei Fahrzeugen war als Kategorie "Vorführwagen" angegeben; Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emissionen enthielten die Angebote nicht.

Der Kläger sah darin einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV und mahnte die Beklagte deswegen mit Schreiben vom 22.11.2010 ab. Der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kam die Beklagte jedoch nicht nach.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger den erhobenen Unterlassungsanspruch weiter und verlangt zusätzlich den Ersatz von Abmahnkosten. Er macht geltend: Selbst wenn es sich um Vorführwagen gehandelt haben sollte, ändere das nichts am Verstoß gegen die Pkw-EnVKV. Denn auch Vorführwagen seien Neufahrzeuge im Sinne der Pkw-EnVKV, weil sie noch zu keinem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs verkauft worden seien. Die Nutzung als Vorführwagen sei eine dafür unerhebliche Zwischennutzung. Im übrigen habe die Beklagte die fraglichen Fahrzeuge durch die Angabe "0 km" als Neufahrzeuge angeboten.

Der Kläger beantragt:

1.

Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für neue Personenkraftwagen des

· Skoda Fabia II CoolEdition

· Skoda Superb 2,0 Elegance

· Skoda Superb 1,8 Ambition

unter Angaben zur Motorisierung im Internet zu werben, ohne hierbei Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen im Sinne des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV zu machen.

2.

Die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 214,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, nicht gegen die Kennzeichnungspflichten gemäß Pkw-EnVKV verstoßen zu haben, und trägt dazu vor: Die betreffenden Fahrzeuge habe sie eigens zu dem Zweck angeschafft, sie als Vorführwagen zu nutzen. Eine solche Nutzung mit einer Laufleistung von mehreren 1000 Kilometer habe vor dem Angebot zum Verkauf auch stattgefunden. Bei dieser Sachlage könne von einem Neufahrzeug im Sinne der Pkw-EnVKV keine Rede sein. Die Absicht, die Vorführfahrzeuge zu einem späteren Zeitpunkt abzuverkaufen (als Gebrauchtwagen), löse keine Kennzeichnungspflicht nach Pkw-EnVKV aus. Soweit -unstreitig- in der Ergebnisliste "0 km" zu lesen gewesen sei, habe das auf "technischen Gründen" beruht: Wegen der noch fortdauernden Nutzung als Vorführwagen sei kein Kilometerstand eingegeben worden, da sich dieser ja noch habe verändern können. Werde kein Kilometerstand eingegeben, führe das jedenfalls in der von autoscout24 erzeugten Trefferliste zur -unzutreffenden- Angabe "0 km". Eine Kennzeichnungspflicht nach Pkw-EnVKV habe aber auch das nicht zur Folge gehabt, zumal das Angebot im übrigen deutlich gemacht habe, dass es sich nicht um Neufahrzeuge gehandelt habe. Eine etwa dadurch bewirkte Irreführung sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der von dem klagebefugten Kläger erhobene Unterlassungsanspruch besteht nicht; damit ist auch der davon abgeleitete Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten nicht gegeben.

Das Gericht hält dafür, dass unter den gegebenen Umständen eine Kennzeichnungspflicht nach § 5 EnVKV nicht bestanden hat. Dabei ist für die Beurteilung das unwiderlegte Vorbringen der Beklagten -Erwerb der Fahrzeuge zwecks Nutzung als Vorführwagen, tatsächlich durchgeführte entsprechende Nutzung mit einer Laufleistung von mehreren 1000 Kilometer- zugrundegelegt worden. Der Kläger hat dieses Vorbringen zwar bestritten. Angesichts seiner Darlegungs- und Beweislast für den geltend gemachten Wettbewerbsverstoß genügt das bloße Bestreiten aber nicht; Beweis für die Unrichtigkeit des Vorbringens der Beklagten hat der Kläger nicht angetreten.

Vorführwagen in dem dargestellten Sinne sind keine "neuen Personenkraftwagen" im Sinne der Pkw-EnVKV; nur für neue Personenkraftwagen aber gilt die Kennzeichnungspflicht für Kraftstoffverbrauch und CO2 -Emissionen. Nach der Definition in § 2 Nr. 1 der Pkw-EnVKV sind neue Personenkraftwagen solche Kraftfahrzeuge, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung diese Voraussetzungen auch für Fahrzeuge mit sogenannter Tageszulassung bejaht worden sind, ist dem sicherlich zu folgen; eine Erstreckung auch auf Vorführwagen -auch das entspricht verbreiteter Auffassung in der Rechtsprechung- ist jedoch nicht angezeigt. Insoweit folgt das Gericht der dort in Auseinandersetzung auch mit verschiedenen gegenteiligen Entscheidungen näher begründeten Auffassung des Urteils des OLG Koblenz vom 13.10.2010, 9 U 518/10, juris. Jedenfalls dann, wenn eine auf mehrere Monate hin angelegten Nutzung als Vorführwagen vorgesehen ist, stellt sich dies nicht nur als unerhebliche Zwischennutzung dar. Vielmehr liegt beim Erwerb des Fahrzeugs ein anderer Zwecks als der des Weiterverkaufs vor, nämlich die Förderung des Verkaufs weiterer Fahrzeug entsprechenden Typs durch Nutzung des erworbenen Fahrzeugs als Vorführwagen. Im Unterschied zur Tageszulassung findet bei Vorführwagen regelmäßig eine durchaus nennenswerte Nutzung im normalen Straßenverkehr statt, bevor zum späteren Zeitpunkt die Veräußerung ansteht.

Eine Kennzeichnungspflicht gemäß Pkw-EnVKV hat vorliegend auch nicht deshalb bestanden, weil die Fahrzeuge mit der Km-Angabe "0" in der Ergebnisliste verzeichnet waren. Es entspricht zwar verbreiteter Auffassung (vgl. nur Köhler/Bornkamm, 29. Aufl., § 4 UWG RN 11.131a), dass bereits die Darstellung als "neu" für die Kennzeichnungspflicht genügen soll, ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs. Ob dem in dieser Allgemeinheit gefolgt werden kann, mag dahinstehen. Jedenfalls dann, wenn durch die Gestaltung des Angebots im übrigen deutlich wird, dass es nicht um ein Neufahrzeug geht, besteht keine Kennzeichnungspflicht. Davon ist hier bei verständiger Würdigung -noch- auszugehen: Zwar ist die Km-Angabe "0" naturgemäß ein deutliches Indiz für das Angebot eines Neufahrzeugs; die Beklagte hätte diese Angabe in der Ergebnisliste auch ohne weiteres vermeiden können, wenn sie die aktuelle Km-Leistung angegeben hätte, verbunden mit dem aufklärenden Hinweis, dass sich die Km-Leistung aufgrund fortdauernder Nutzung als Vorführwagen noch ändern könne. Auf der anderen Seite war aber durch verschiedene Umstände deutlich gemacht worden, dass die Angabe "0 km" nicht ernst gemeint sein konnte. Insoweit ist zunächst die Einstellung in die Rubrik "Gebrauchtwagen" anzuführen; auch der Kläger hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass der Interessent auch auf anderem Wege zu dem Angebot gelangen konnte. Sicherlich kann die Einordnung in die Rubrik "Gebrauchtwagen" allein nicht genügen, um aus der Kennzeichnungspflicht hinauszugelangen. Darüber hinaus war aber ausgewiesen, dass die Erstzulassung bereits neun oder 10 Monate zurücklag und es sich um Vorführwagen handelte; auch war ohne weiteres ersichtlich, dass die Fahrzeuge ein "normales" Kennzeichen hatten. Durch diese Umstände war der Anschein des Angebots vom Neuwagen in noch hinreichender Weise entkräftet.

Soweit in Betracht kommt, dass das Anbieten der Fahrzeuge mit der unzutreffenden Km-Angabe "0" eine Irreführung nach § 5 UWG war, bedarf das vorliegend keiner näheren Prüfung. Ein daraus abzuleitender Unterlassungsanspruch hätte einen anderen Inhalt als der mit dem Antrag zu 1) erhobene Anspruch und ist deshalb nicht streitgegenständlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 29.04.2011
Az: 15 O 28/11


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