Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 12. Juli 1996
Aktenzeichen: 6 U 136/95
(OLG Köln: Urteil v. 12.07.1996, Az.: 6 U 136/95)
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Juni 1995 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 412/94 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Urteil des Landgerichts wie folgt neu gefaßt wird:1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung ei-nes für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, an deren Stelle bei Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,die Prüfversion der Kommunikationssoftware T. Version 3.15 (= T. V3.15) ohne Einwilligung der Klägerin zu vervielfältigen und diese Vervielfältigungsstücke in Verbindung mit dem Buch "Computer im TELENETZ" (Autoren: M., C. und G.) in der Àffentlichkeit anzubieten oder in den Verkehr zu bringen.2. Es wird festgestellt, daß der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrages zu Ziff. I.2. (Auskunftsklage) in der Hauptsache erledigt ist.3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu erstatten, die dieser durch die vorstehend in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 1993 entstanden sind oder künftig noch entstehen werden. II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden der Beklagten auferlegt. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,- DM hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung sowie in Höhe von 8.500,00 DM hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung der Prozeßkosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Zwangsvollstreckung jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird nachgelassen, die von ihnen zu erbringenden Sicherheiten auch durch eine unbedingte selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu leisten. IV. Die Beschwer der Beklagten wird auf 60.000,- DM hin-sichtlich der Verurteilung zu Unterlassung und auf 10.000,- DM für die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten festgesetzt. Die Beschwer für die von der Klägerin für erledigt erklärte Auskunftsklage überschreitet nicht 60.000,00 DM.
Tatbestand
Die Beklagte hat 1993 in ihrer Reihe "rororo computer" das Buch
"COMPUTER IM TELENETZ" der Autoren M., C. und G. herausgebracht.
Das Buch, in dem als Erscheinungsdatum "Juli 1993" angegeben ist,
wurde im Juni 1993 an die Buchhändler ausgeliefert. Es enthält auf
der Titelseite den Hinweis "PRAXIS UND PROGRAMME FÓR
DATENREISENDE". Dem Buch ist eine Diskette beigelegt, auf der sich
neben fünf weiteren Softwareprogrammen auch das Computerprogramm T.
Version 3.15 (= T. V 3.15) in einer (englischen) Prüfversion
befindet. Bei diesem Softwareprogramm T. V 3.15 handelt es sich um
eine Kommunikationssoftware, mit deren Hilfe der Anwender mittels
Datenfernübertragung Informationen mit anderen Anwendern oder
kommerziellen Anbietern austauschen kann. Wegen der Einzelheiten
des Programms wird auf die Programmbeschreibung Bl. 9 ff. des
Anlagenheftes sowie auf das Handbuch der deutschen Fassung des
Programms (Bl. 94 ff. des Anlagenheftes) Bezug genommen.
Die Klägerin, die in den Dateien der Prüfversion T. V 3.15
mehrfach in Copyright-Vermerken genannt ist und im Buch "COMPUTER
IM TELENETZ" als Herstellerin der Prüfversion aufgeführt wird,
sieht in der Vervielfältigung der Prüfversion und in deren Vertrieb
durch die Beklagten im Zusammenhang mit dem erwähnten Buch eine
Verletzung ihres Urheberrechts an dem Programm T. V 3.15, von dem
sie geltend macht, daß es von ihrem Inhaber für sie - die Klägerin
- entwickelt worden sei. Darüber hinaus ist die Klägerin der
Ansicht, daß die beschriebene Handlungsweise der Beklagten
ebenfalls gemäß § 1 UWG unlauter sei. Die Klägerin beruft sich
dabei auf ihre Lizenz- und Vertriebsbedingungen, die auf der Seite
iii dem zur Datei "T..DOC" gehörenden "Program Reference Manual"
(Bl. 1 ff. des Anlagenheftes) vorangestellt sind und unstreitig
stets Bestandteil der Prüfversion T. V 3.15 waren und sind. Diese
Seite iii lautet wie folgt:
Nach Meinung der Klägerin ist die Beklagte als "distributor" im
Sinne dieser Lizenzbedingungen anzusehen, so daß die Beklagte
ohnehin einer schriftlichen Einwilligung für die in Rede stehenden
Handlungen bedurft hätte. Zudem verstoße die Beklagte gegen die an
zweiter und dritter Stelle genannten Voraussetzungen, die auf der
Seite iii als Beschränkungen der den Anwendern dort eingeräumten
Lizenz aufgeführt sind.
Mit der am 20. Oktober 1994 bei Gericht eingegangenen und am 28.
November 1994 zugestellten Klage hat die Klägerin ursprünglich
beantragt,
I.
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis
zu 500.000,- DM, an deren Stelle bei Uneinbringlichkeit eine
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten zu unterlassen,
a) die Kommunikationssoftware T.
Version 3.15 (= T. V 3.15) ohne Einwilligung der Klägerin zu
vervielfältigen, in der Àffentlichkeit anzubieten oder in den
Verkehr zu bringen;
b) hilfsweise
im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken die Kommunikationssoftware T. Version 3.15 (= T.
V 3.15) zu vervielfältigen, in der Àffentlichkeit anzubieten oder
in Verkehr zu bringen;
2. der Klägerin Auskunft darüber zu
erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend zu I. 1.
bezeichneten Handlungen begangen hat;
II.
festzustellen, daß die Beklagte
verpflichtet ist, allen denjenigen Schaden zu erstatten, der der
Klägerin durch die vorstehend zu Ziff. I. 1. bezeichneten
Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Nachdem die Beklagte als Anlage zu ihrem undatierten, bei
Gericht am 18. Mai 1995 eingegangenen Schriftsatz einen
Computerausdruck über die Anzahl der bisher verkauften Exemplare
des Buchs "Computer im TELENETZ" vorgelegt hat, hat die Klägerin
den Klageantrag zu Ziff. I. 2. in der mündlichen Verhandlung vor
dem Landgericht vom 24. Mai 1995 in der Hauptsache für erledigt
erklärt und nur noch die Klageanträge zu Ziff. I. 1. und II.
gestellt.
Die Beklagte hat der Erledigung widersprochen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Urheberschutzfähigkeit des Programms T. 3.15
bestritten und ebenfalls die Verletzung von Schutzrechten der
Klägerin an diesem Programm mit der Begründung verneint, es handele
sich bei T. 3.15 um sogenannte Shareware, die der Hersteller zur
beliebigen Vervielfältigung und zum Vertrieb freigegeben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien
vor dem Landgericht wird auf die erstinstanzlichen Schriftsätze der
Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug
genommen.
Mit Urteil vom 14. Juni 1995 hat das Landgericht dem
Klagebegehren der Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 UrhG antragsgemäß
stattgegeben. Das Landgericht hat die Urheberrechtsschutzfähigkeit
des Programms T. V 3.15 nach § 69 a Abs. 3 UrhG bejaht und in der
beanstandeten Handlung der Beklagten eine Verletzung der
Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin aus § 69 c Nr. 1 und 3 UrhG
gesehen. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Landgerichts
wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 4. Juli 1995 zugestellte Urteil hat die
Beklagte am 3. August 1995 Berufung eingelegt, die sie nach
entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 15.
November 1995 fristgerecht begründet hat.
Nachdem die Urheberrechtsschutzfähigkeit der
streitgegenständlichen Prüfversion von T. V. 3.15 von der Beklagten
zunächst auch in der Berufungsinstanz in Frage gestellt worden war,
hat die Beklagte im Berufungstermin erklärt, daß sie die
Urheberrechtsschutzfähigkeit der Prüfversion nicht mehr bestreite.
Im übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr
erstinstanzliches Vorbringen. Sie macht geltend, die Klägerin habe
schon durch die Bezeichnung der Prüfversion als "User supported
Software", der englischen Bezeichnung für das deutsche Kunstwort
"Shareware", ihre generelle Zustimmung zu der mit der Klage
beanstandeten Handlung erteilt. Es sei zwar richtig, daß es sich
bei Shareware nicht um Public-Domain-Software handele. Der
Programmautor gebe jedoch durch die Wahl des Shareware-Vertriebs
sein Programm völlig aus seinem Einflußbereich, denn er könne nicht
steuern, an wen die Kopien der Programme weitergegeben würden. Die
Wahl einer solchen Vertriebsform könne daher nur unter Erteilung
einer völlig freien Nutzung des Programms gewählt werden, denn
andernfalls ließe sich ein weitläufiger Selbstvertrieb des
Programms nicht realisieren. Dies sei insbesondere dann anzunehmen,
wenn es sich, wie im Streitfall, nicht um die Vollversion, sondern
um eine in der Funktionalität oder Verfügbarkeit beschränkte
Prüfversion der Vollversion handele, denn insbesondere die
ungehinderte Weitergabe der Prüfversion solle erst den Verkauf der
Vollversion ermöglichen. Unter dieser Gesamtsicht sei für ein
eingeschränktes Nutzungsrecht durch Dritte kein Raum. In diesem
Zusammenhang sei zu beachten, daß es einen Shareware-Markt mit
eigenen Händlern, Mailboxen und einer Reihe von hierauf
spezialisierten Zeitschriften gar nicht gäbe, wenn faktisch kein
Unterschied zwischen Standardsoftware und Shareware bestünde. Für
Standardsoftware gäbe es zahlreiche differenzierte Lizenzformen;
sollte dies auch für Shareware gelten, wäre die praktische
Realisierung des Shareware-Marktes nicht möglich. Hinzu komme, daß
die von der Klägerin auf der Seite iii ihre Lizenzbedingungen
verzeichneten Voraussetzungen für den Vertrieb, wonach die
Verbreitung nur erfolgen dürfe, wenn das Programm nicht in ein
anderes Produkt eingeschlossen werde und weder Gebühren noch
Zahlungen für das Programm akzeptiert oder gefordert werden
dürften, entgegen der Ansicht des Landgerichts keine zulässigen
Beschränkungen des Nutzungsrechts gemäß §§ 31, 32 UrhG seien. Die
Klägerin beabsichtige mit der besonderen Art und Weise des
Vertriebs für ihre Testversion einen möglichst weiten Anwenderkreis
der Vollversion ihres Programms T. V 3.15 zu erreichen. Dies
geschehe durch die Weitergabe von Programmkopien der Testversion an
andere interessierte Benutzer. Soweit einer dieser Benutzer vom
Anwendungszweck der Testversion überzeugt sei, könne er sich bei
der Klägerin registrieren lassen. Der Nutzungszweck der Testversion
sei also die ungehinderte, vollkommen freie Weitergabe durch
jedermann. Das Entgelt für die geistige Arbeit erhalte die Klägerin
erst durch die sogenannte Registrierungsgebühr, also durch das
Entgelt für die Vollversion. Die in den Lizenzbedingungen der
Klägerin genannte (dritte) Voraussetzung, wonach die Verbreitung
der Testversion auf jeden Fall nicht gegen ein Entgelt geschehen
dürfe, schränke aber die Art der Weitergabe der Testversion ein.
Sie sei daher keine zulässige inhaltliche Beschränkung des
Nutzungsrechts, denn dieses dürfe nur soweit beschränkt werden, als
es noch einen Ausschnitt der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnis
zum Inhalt habe. Hierzu gehörten daher nicht einzelne bestimmte
Ausübungsarten des Nutzungsrechts. Zu der zweiten in den
Lizenzbedingungen der Klägerin angeführten Voraussetzung, die von
der Klägerin dahin interpretiert werde, daß die Prüfversion T. V
3.15 nicht mit irgendeinem anderen Produkt zu einer Gesamtleistung
zusammengeschlossen werden dürfe, vertritt die Beklagte die
Ansicht, ein Verstoß gegen diese Bedingung liege nicht vor. Die
Forderung der Klägerin, das Programm T. V 3.15 dürfe nur mit
spezieller Erlaubnis mit anderen Dateien oder Programmen auf einer
Diskette gehalten werden, könne nicht ernst gemeint sein, denn es
sei unüblich, eine Diskette nur mit wenigen Dateien eines einzigen
Programms zu belegen. Aber auch das Beifügen der Diskette mit den
Programmen zu dem Buch verstoße nicht gegen die zweite
Voraussetzung der Lizenzbedingungen der Klägerin, denn das Programm
T. V 3.15 werde dadurch nicht vom Buch eingeschlossen oder
umfaßt.
Zum Schadensersatzverlangen der Klägerin macht die Beklagte
geltend, sie habe weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt.
Vorsatz scheide aus, weil sie - die Beklagte - weder bewußt eine
Rechtsverletzung begangen, noch eine solche bewußt in Kauf genommen
habe. Ihr könne aber auch nicht Fahrlässigkeit zur Last gelegt
werden. Es sei zwar richtig, daß derjenige, der ein Nutzungsrecht
ausübe, sich über den Bestand des jeweiligen Rechts Gewißheit
verschaffen müsse, und daß die Rechtsprechung insoweit strenge
Anforderungen stelle. Das Landgericht München (CR 1993/143 f.) und
das OLG Hamburg (CR 1994/616 f.) hätten jedoch die Ansicht
vertreten, daß der Hersteller von Shareware-Programmen eine
generelle Erlaubnis zum Kopieren und zum uneingeschränkten Vertrieb
dieser Programme erteile; der Bundesgerichtshof habe sich zu dieser
Frage bislang nicht geäußert. Sie - die Beklagte - habe sich daher
im Einklang mit der zur Zeit geltenden Rechtsauffassung verhalten
und sei damit ihren notwendigen Prüfungspflichten nachgekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der
Beklagten wird auf deren Schriftsätze vom 15. November 1995 und 1.
Februar 1996 einschließlich der dazu überreichten Unterlagen
verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen
Entscheidung die Klage abzuweisen,
hilfsweise
für den Fall der Sicherheitsleistung
ihr nachzulassen, diese durch Bürgschaft einer deutschen Großbank
oder einer öffentlichrechtlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Klägerin hat im Berufungstermin vom 22. März 1996 erklärt,
daß der Klageantrag unter Ziff. I. 1. a) dahin ergänzt werde, daß
die Vervielfältigung, das Anbieten oder das In-Verkehr-Bringen der
T.-Version 3.15 ohne Einwilligung der Klägerin in Verbindung mit
dem Vertrieb des Buchs "Computer in TELENETZ" zur Unterlassung
gestellt werden solle (konkrete Verletzungsform); gleiches solle
für den Hilfsantrag unter I. 1. b), jedoch mit der zusätzlichen
Streichung des Wortes "vervielfältigen", gelten. Im übrigen
beantragt die Klägerin,
die gegnerische Berufung
zurückzuweisen.
Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der
ersten Instanz nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 10. Januar 1996
und 20. März 1996 und den damit überreichten Unterlagen, auf die
Bezug genommen wird.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie bleibt aber in der
Sache ohne Erfolg.
1.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin ist in dem aus dem Tenor
dieses Urteils ersichtlichen Umfang gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG
(i.V.m. § 121 Abs. 4 UrhG, Art. 5 RBÓ) begründet.
Die streitgegenständliche Prüfversion des Programms T. V 3.15
genügt, wie von der Beklagten im Berufungstermin unstreitig
gestellt worden ist, den Anforderungen des § 69 a Abs. 3 UrhG und
stellt somit ein geschütztes Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 1
UrhG dar. Die Klägerin ist auch aktivlegitimiert, die sich daraus
ergebenden und im vorliegenden Rechtsstreit in Rede stehenden
Rechte gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Dies ist unter
den Parteien kein Streitpunkt, wie die Darlegungen der Parteien im
Berufungstermin nochmals bestätigt haben.
Die Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG sind jedoch
ebenfalls im übrigen gegeben. Dabei kam es nicht darauf an, ob die
Beklagte allgemein berechtigt ist, die Prüfversion des Programms T.
V 31.5 zu vervielfältigen und zu verbreiten. Bereits aus der
Klageschrift sowie aus dem weiteren schriftsätzlichen Vorbringen
der Klägerin ergibt sich, und dies ist auch von der Beklagten nach
deren Schriftsätzen ersichtlich zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens
anders verstanden worden, daß Anlaß und Gegenstand der Klage immer
nur die Vervielfältigung und Verbreitung dieser
Vervielfältigungsstücke der Prüfversion von T. V 3.15 im
Zusammenhang mit dem von der Beklagten herausgegebenen Buch
"Computer im TELENETZ" und der diesem Buch beigelegten Diskette,
auf der die von der Beklagten veranlaßte Kopie der Prüfversion
enthalten war. Der von der Klägerin im Berufungstermin
umformulierte Unterlassungsantrag, der diesem Ziel des
Rechtsschutzbegehrens der Klägerin Rechnung trägt, hat dies
nochmals klargestellt. Mit diesen von der Klägerin beanstandeten
Handlungen verletzt aber die Beklagte das gemäß § 69 c Nr. 1 und 3
UrhG ausschließlich der Klägerin zugewiesene Recht zur
Vervielfältigung der Prüfversion von T. V 3.15 und der Verbreitung
dieser Vervielfältigungsstücke (wobei § 69 c UrhG gemäß § 137 d S.
1 UrhG ungeachtet der Tatsache Anwendung findet, daß die
Prüfversion ebenso wie das "Vollprogramm" T. V 3.15 bereits vor dem
24. Juni 1993, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der §§ 69 a - g
UrhG, geschaffen worden ist). Eine Gestattung der Klägerin für
diese Handlungen der Beklagten, wie sie § 69 c UrhG erfordert,
liegt nicht vor.
Eine ausdrückliche Zustimmung war der Beklagten von der Klägerin
unstreitig nicht erteilt worden. Die Beklagte beruft sich vielmehr
auf eine "generelle Zustimmung" der Klägerin zur beliebigen
Vervielfältigung und Verbreitung der Prüfversion, die sie aus deren
Qualifizierung als "Shareware" herleitet. Von einer derartigen
generellen Zustimmung der Klägerin kann jedoch in Óbereinstimmung
mit dem Landgericht nicht ausgegangen werden.
Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Klägerin
in ihren Lizenzbedingungen zur Prüfversion T. V 3.15 (die im
Tatbestand des Urteils wiedergegeben sind) von der Prüfversion als
"User Supported trial version" spricht, was nach Marly (in:
Softwareüberlassungsverträge, 1991, Rdnr. 278, und in: jur pc
1991/940) eine andere Bezeichnung von Shareware darstellt. Bei
"Shareware" bzw. "User Supported Software" handelt es sich aber
weder um gesetzlich definierte Begriffe noch läßt sich - entgegen
der Ansicht der Beklagten - der von ihr angeführten oder sonst
ersichtlichen Rechtsprechung und Literatur eine einheitliche
Praxis, etwa in der Art eines Handelsbrauchs, entnehmen, was den
Umfang des Benutzungsrechts dieser Software durch Dritte angeht.
Nach der vorliegenden Rechtsprechung und Literatur handelt es sich
bei dem in den USA entwickelten Vermarktungskonzept der Shareware
um Computersoftware, die in sehr unterschiedlichen Formen auftritt,
nämlich als Vollversion eines Programms oder, wie im Streitfall,
als Prüfversion, was schon zwangsläufig zu einer differenzierten
Beurteilung der Nutzungsberechtigung der Anwender führen muß.
Ausweislich der Literatur und Rechtsprechung stellen zudem die
Programmautoren von Shareware häufig sehr unterschiedliche
Bedingungen für die Nutzungsberechtigung ihrer Software, wobei die
Zulässigkeit dieser Beschränkungen kontrovers beurteilt wird und
weitgehend - wie auch die streitgegenständlichen
Benutzungshandlungen der Beklagten - noch nicht Gegenstand von
gerichtlichen Entscheidungen waren (vgl. dazu z.B. LG München CR
1993/143 f.; OLG Hamburg CR 1994/616 f.; OLG Düsseldorf CR 1995/730
f.; Marly a.a.O.; Schulz CR 1990/296 f.; Heymann CR 1991/6 f.).
Soweit sich die Beklagte für ihre Ansicht einer einheitlichen
Behandlung von Shareware auf die Entscheidungen des LG München
a.a.O. und des OLG Hamburg a.a.O. beruft, ist dem entgegenzuhalten,
daß bei der dort diskutierten Shareware Nutzungsbeschränkungen, wie
sie im Streitfall von der Klägerin in ihren Lizenzbedingungen
veröffentlicht worden sind, offensichtlich nicht in Rede
standen.
Allein die Einordnung der Prüfversion T. V 3.15 unter den danach
sehr weiten und mehrdeutigen Begriff "Shareware" reicht somit nicht
aus, um von einer "generellen" Zustimmung der Klägerin zu den
beanstandeten Handlungen der Beklagten auszugehen. Vielmehr ist in
Óbereinstimmung mit dem OLG Düsseldorf a.a.O. vor diesem
Hintergrund bei Shareware vorrangig jeweils auf die - ausreichend
veröffentlichten - Lizenz- bzw. Vertriebsbedingungen des
Programmautors abzustellen, der schließlich auch allein darüber
entscheiden kann, ob es sich bei der Software um Shareware
handelt.
Die von der Klägerin in ihren Lizenzbedingungen genannten
Nutzungsbeschränkungen sind in diesem Sinne ausreichend
veröffentlicht, denn sie finden sich in unmittelbarem Zusammenhang
zur schon angeführten Erklärung der Klägerin, daß es sich bei der
Prüfversion um eine "User Supported trial version" handelt, wobei
diese Lizenzbedingungen als Teil der "Datei T..doc" unstreitig
stets zum Lieferumfang der Prüfversion gehören und gehörten. Nach
diesen Lizenzbedingungen ist aber das Recht des Anwenders zur
Benutzung und Weitergabe der Prüfversion in mehrfacher Weise
beschränkt. Die Beklagte hat gegen zwei diese Lizenzbeschränkungen
verstoßen, und zwar selbst dann, wenn man die Beklagte - ihrem
Vortrag folgend - nicht als "Distributor" im Sinne dieser
Lizenzbeschränkungen ansieht, der immer einer schriftlichen
Erlaubnis der Klägerin bedarf. Das Vervielfältigen und Verbreiten
der Prüfversion auf einer Diskette zusammen mit fünf anderen
Softwareprogrammen sowie das Verbreiten der Kopie der Prüfversion
auf der Diskette zusammen mit dem Buch "Computer im TELENETZ" als
"Gesamtpaket" durch die Beklagte verletzt die nachstehende
Lizenzbedingung der Klägerin:
"T. may not be included with any other
product for any reason whatsoever without a license from Exis."
Nach dieser Lizenzbedingung der Klägerin wird jedweder
Zusammenschluß der Prüfversion mit einem anderen Produkt erfaßt.
Der Verstoß der Beklagten gegen die weitere Vorgabe der Klägerin in
ihrer "LICENSE":
"No charge or payment may be levied or
accepted for T.."
ist darin zu sehen, daß die Beklagte die Prüfversion T. V 3.15
mit ihrem Buch als "Gesamtpaket" vertreibt, für das der Interessent
einen Kaufpreis entrichten muß. Selbst wenn in diesen Kaufpreis
keine Gewinnspanne für die Diskette mit den darauf befindlichen
Programmen eingeflossen sein sollte, wird auf diese Weise die
Diskette und somit auch die darauf befindliche Prüfversion T. V
3.15 dem Verbraucher nur entgeltlich überlassen. Ob die Beklagte im
Ergebnis mit dem "Gesamtpaket" aus Buch und Diskette einen Gewinn
gemacht hat, spielt entgegen der Ansicht der Beklagten nach dem
Wortlaut der in Rede stehenden Lizenzbeschränkung der Klägerin
ohnehin keine Rolle.
Es ist sehr fraglich, ob es für die Wirksamkeit der beiden
erörterten Lizenzbeschränkungen gegenüber der Beklagten darauf
ankommt, ob diese Beschränkungen von der Klägerin gemäß § 32 UrhG
mit dinglicher Wirkung getroffen werden konnten mit der Folge, daß
von vornherein nur ein in dem von der Klägerin vorgegebenen Rahmen
eingeschränktes Nutzungsrecht entstanden ist, oder ob nicht auch
sonstige Beschränkungen von der Beklagten zu beachten sind, wenn
sie von diesen, wie im Streitfall, zusammen mit dem Programm und
dessen Bezeichnung durch die Klägerin als "User Supported Version"
bereits vor Vornahme der beanstandeten Handlungen Kenntnis erhält.
Diese Frage kann jedoch dahinstehen, denn jedenfalls die vorstehend
an erster Stelle erörterte Lizenzbeschränkung mit dem darin
enthaltenen Kopplungsverbot seitens der Klägerin stellt eine gemäß
§ 32 UrhG zulässige inhaltliche Beschränkung des Nutzungsrechts
dar. Nach herrschender Meinung ist der Zuschnitt dinglicher
Nutzungsrechte im Sinne von §§ 31, 32 UrhG nicht beliebig möglich,
sondern im Interesse der Rechts- und Verkehrssicherheit begrenzt.
Es muß sich um eine nach der Verkehrsumfassung als solche
hinreichend klar abgrenzbare, wirtschaftlichtechnisch als
einheitlich und selbständig erscheinende Nutzungsart handeln (BGH
NJW 1992/1320 "Taschenbuch-Lizenz"; Schricker, Urheberrecht, l987,
vor § 28 f. Rdnr. 52 f.; jeweils m.w.N.); inhaltliche
Beschränkungen, die nicht den Umfang des Nutzungsrechts regeln,
sondern nur die Art und Weise seiner Ausübung, werden nicht von §
32 UrhG erfaßt (BGH a.a.O. "Taschenbuch-Lizenz"; BGH 1959/200, 202
"Der Heiligenhof"; Reimer GRUR 1962/619, 625; Ulmer, Urheber- und
Verlagsrecht, 3. Aufl., § 84 I 3 S. 363). Das in den
Lizenzbedingungen der Klägerin enthaltene Kopplungsverbot genügt
diesen Anforderungen. Ob ein Softwareprogramm als Einzelprodukt
angeboten und vertrieben wird, was ersichtlich durch das
Kopplungsverbot der Klägerin sichergestellt werden soll, oder in
einer wie immer auch gearteten Verbindung mit einem anderen
Produkt, läßt sich zunächst klar voneinander abgrenzen. Es wird mit
dem Kopplungsverbot der Klägerin auch eine nach der
Verkehrsauffassung als einheitlich und selbständig erscheinende
Nutzungsart des Urheberrechts beschrieben. Óblicherweise tritt ein
Produkt - ebenfalls eine Computersoftware - dem Verkehr als
Einzelprodukt entgegen; daß bei Shareware, unabhängig davon, ob sie
als Vollversion eines Programms oder als Prüfversion vertrieben
wird, etwas anderes gilt, läßt sich weder dem Sachvortrag der
Parteien noch der von ihnen angeführten Literatur und
Rechtsprechung entnehmen. Die Kopplung der Prüfversion mit einem
anderen Produkt und deren gemeinsame Vertrieb als "Gesamtware" mit
der sich daraus ergebenden möglichen gegenseitigen Beeinflussung
der Produkte dieses "Zusammenschlusses" in ihrer Wertschätzung aus
der Sicht des Verkehrs stellt daher nicht nur unter
Berücksichtigung der schutzwürdigen Interesse des Programmautors,
dem es nicht gleichgültig sein kann, in welcher Verbindung sein
Werk auftritt, sondern auch unter Berücksichtigung der
Verkehrsauffassung eine eigenständige Verwertungsart eines
Shareware-Softwareprogramms dar. In diesem Zusammenhang ist auf den
Bereich des Verlagsrechts hinzuweisen, bei dem in § 4 VerlagsG
geregelt bzw. durch Rechtssprechung die Zulässigkeit der dinglichen
Aufspaltung des Nutzungsrechts für die Einzelausgabe,
Gesamtausgabe, Ausgabe in Sammelwerken anerkannt ist, vgl.
Schricker a.a.O. vor §§ 28 ff. UrhG Rd. 55 m.w.N.). Für
Shareware-Programme in der Form von Prüfversionen, wie im
Streitfall die Prüfversion T. v 3.15, gilt keine andere
Beurteilung, zumal bereits derartige Prüfversionen, wie das Buch
der Beklagten "Computer im TELENETZ" mit der darin enthaltenen
Beschreibung der Prüfversion augenfällig demonstriert, daß schon
derartige Prüfversionen dem Anwender vielfältige Möglichkeiten
bieten (sie sollen ja gerade den Anwender veranlassen, sich beim
Programmautor registrieren zu lassen und das Entgelt - ggfls. für
den Erwerb der Vollversion - zu entrichten).
Óberschreiten somit die beanstandeten Handlungen der Beklagten
die Grenzen des von der Klägerin mit dinglicher Wirkung
eingeräumten Nutzungsrechts, ergibt sich daraus zugleich, daß § 17
Abs. 2 UrhG nicht zu Lasten der Klägerin eingreift. Da schließlich
auch die Gefahr der Wiederholung der angegriffenen Handlungen der
Beklagten besteht - wie nochmals von der Beklagten im
Berufungstermin bekräftigt - ist somit das Unterlassungsbegehren
der Klägerin auf § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG begründet.
Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG
besteht jedoch auch dann, wenn man die vorstehend erörterten
Lizenzbeschränkungen der Klägerin außer Acht läßt.
Bei der Prüfversion der Klägerin geht es nicht um Software, mit
der jeder Dritte nach Belieben verfahren kann. Dem steht schon
entgegen, daß die Prüfversion einen Copyright-Vermerk trägt und in
den Lizenzbedingungen der Klägerin zusätzlich noch darauf
hingewiesen wird, daß es sich bei "T." nicht um "public domain"
oder "free software" handelt (vgl. zu diesen Formen der Software
z.B. Marly, Softwareüberlassungsverträge, 1991, Rdnr. 233, 235, 236
f.; Marly, jurpc 1991/940 f.; Steinhaus in dem von der Beklagten
herausgegebenen Buch "Shareware", Seite 8 f. = Bl. 137, 139 des
Anlagenhefters zu dieser Akte). Damit stimmt überein, daß die
Beklagte in ihrem Buch "Computer im TELENETZ" darauf hinweist, daß
das Copyright der Software auf der Diskette bei den Programmautoren
liegt, und auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend macht,
daß es sich bei der streitgegenständlichen Prüfversion um "public
domain" - Software oder um sogenannte freie Software handelt.
Die urheber- und leistungsschutzrechtlichen Befugnisse haben
aber die Tendenz, soweit wie möglich bei ihrem ursprünglichen
Inhaber zu verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den
Erträgnissen seines Werks oder seiner Leistung beteiligt wird. Es
ist deshalb im Rahmen von § 31 Abs. 5 UrhG bei der Prüfung des
Umfangs eines vom Urheber eingeräumten Nutzungsrechts, bei dem die
Nutzungsarten nicht im einzelnen bezeichnet sind, zu beachten, daß
der Inhaber von Urheber- und Leistungsschutzrechten im Zweifel
keine weitergehenden Rechte überträgt, als es der Zweck der
eingeräumten Nutzung erfordert (vgl. BGH GRUR 1979/637, 638 f.
"White Christmas"; Schricker a.a.O. § 31/32 UrhG Rdnr. 31 f.
m.w.N.). Óbertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß
die Klägerin, die ausweislich des schon angeführten
Copyright-Vermerks nicht auf ihr Urheberrecht verzichtet hat,
sondern gerade auf ihre Rechte hinweist, durch die Bezeichnung der
Prüfversion als "User Supported Version" und mit der Óberlassung
dieser Prüfversion im "Shareware-Vertrieb" nicht jedwede Nutzung
ihres Produkts gestattet hat, sondern nur eine Nutzung als
"Shareware" bzw. nach dem Sharewarebetriebskonzept. In den
Lizenzbedingungen der Klägerin wird der Zweck dieses
Shareware-Vertriebs-Konzepts im Zusammenhang mit der dort
eingeräumten Lizenz wie folgt beschrieben:
"Users are granted a limited license to
use the User Supported, trial version of T. for a limited
evaluation period of up to 45 days, in order to determine if it
suits their needs. Any other use of T. or use past this period
requires registration.
All users are granted a limited license
to copy the User Supported version of T. only for the purpose of
allowing others to try it, ..."
Ungeachtet des auf 45 Tage begrenzten Nutzungsrechts entspricht
die derart beschriebene Nutzung den Regeln des
Shareware-Vertriebskonzepts, wie sie von der Beklagten dargelegt
worden sind, und wie sie sich auch aus der bereits erwähnten
Literatur und Rechtsprechung zu diesem Konzept feststellen lassen.
Nach dieser Rechtssprchung und Literatur soll nämlich das
Shareware-Vertriebskonzept dazu dienen, dem jeweiligen Anwender die
Möglichkeit zu geben, die Software zu testen und auch das Programm
zu kopieren und weiterzugeben, wobei der Vertrieb nicht in den
Händen des Programmautors liegt, sondern durch Weitergabe und
Vervielfältigung der Software durch den Anwender, per Mailbox oder
auch durch den Shareware-Händler erfolgt, der jedoch nicht das
Programm verkauft, sondern üblicherweise nur die Zahlung einer
(mehr oder weniger) niedrigen Kopiergebühr verlangt (vgl. dazu z.B.
Steinhaus, a.a.O. Seite 8 f. = Bl. 139 des Anlagehefters; OLG
Hamburg CR 1994/614, 617 sowie die Darlegungen der Beklagten in
ihrer Berufungsbegründung vom 15. November 1995, S. 6 und 7 = Bl.
98, 99 GA).
Die konkret beanstandete Handlung der Beklagten stellt aber eine
völlig andere Nutzung der Prüfversion dar. Zwar trägt die Beklagte
zur Verbreitung der Prüfversion bei. Ihre Handlung wird aber
maßgeblich dadurch bestimmt und charakterisiert, daß sie nicht die
Prüfversion für eigene Zwecke testet und an andere Interessenten zu
Testzwecken weitergibt, ebenso auch nicht - wie ein
Shareware-Händler - die Prüfversion an andere gegen Erstattung der
Kopierkosten vertreibt. Die Beklagte hat vielmehr das Produkt der
Klägerin mit ihrem eigenen Produkt, dem Buch "Computer im TELENETZ"
zu einer neuen Gesamtware verbunden, um auf diese Weise ihr eigenes
Produkt in den Augen des Verbrauchers attraktiver zu machen. Es
liegt auf der Hand, daß das Buch der Klägerin für den potentiellen
Käufer ungleich interessanter ist, wenn die dort besprochenen
Softwareprogramme auf einer Diskette beiliegen und damit das Buch
und die darin enthaltenen Anleitungen sofort umsetzbar sind, als
wenn sich der Käufer zunächst noch die notwendigen Programme selbst
beschaffen muß. Die Klägerin setzt somit die auf der Diskette zum
Buch enthaltenen Softwareprogramme, damit auch die Prüfversion der
Klägerin, als Kaufreiz für ihr eigenes Produkt ein. Eine derartige
Nutzung der Prüfversion wird aber weder vom Wortlaut der
Vertriebsbedingungen der Klägerin noch von den Grundsätzen des
Shareware-Vertriebskonzepts gedeckt. Sie hat auch nichts mit dem
von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 1. Februar 1996 (S. 4
des Schriftsatzes = Bl. 147 GA) angeführten "weitläufigen
Selbstvertrieb des Programms" zu tun, wie er mit dem
Shareware-Vertrieb nach Ansicht der Beklagten bezweckt wird.
Die Beklagte hätte daher selbst dann der Zustimmung der Klägerin
gemäß § 69 c UrhG zu den mit der Klage konkret beanstandeten
Handlungen bedurft, wenn den zunächst erörterten einzelnen
Lizenzbeschränkungen der Klägerin, wie insbesondere dem
Kopplungsverbot, keine Wirkung gegenüber der Beklagten zukommt und
die Klägerin dem Anwender ein nicht durch diese Lizenzbedingungen
begrenztes Nutzungsrecht eingeräumt hätte.
Die Beklagte wird deshalb zu Recht von der Klägerin gemäß § 97
Abs. 1 S. 1 UrhG auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Aus den vorstehenden Óberlegungen ergibt sich nach Ansicht des
Senats zugleich, daß auch § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des
Schmarotzens an einer fremden Leistung das Unterlassungsbegehren
der Klägerin rechtfertigt, nachdem die Beklagte selbst noch nach
Abmahnung durch die Klägerin und im vorliegenden Rechtsstreit in
Kenntnis aller Tatumstände für sich in Anspruch nimmt, weiter in
der beanstandeten Weise zu verfahren. Es widerspricht den guten
Sitten im Wettbewerb, ein fremdes Leistungsschutzrecht zur
attraktiveren Gestaltung des eigenen Produkts gegenüber dem
Verbraucher in der beschriebenen Art und Weise zu verwenden, wenn
dies ohne die notwendige Zustimmung des Berechtigten geschieht und
auch keine Umstände vorliegen, die auf eine stillschweigende
Zustimmung des Berechtigten schließen lassen, dieser vielmehr sogar
ausdrücklich erklärt, daß er mit dieser Verwendung seines Produkts
nicht einverstanden ist.
2.
Das Schadensersatzverlangen der Klägerin ist gemäß § 97 Abs. 1
S. 1 UrhG begründet.
Die Beklagte hat schuldhaft die Ausschließlichkeitsrechte der
Klägerin verletzt. Jeder, der ein Nutzungsrecht ausüben will, muß
sich über dessen Bestand Gewißheit verschaffen, wobei strenge
Anforderungen an die Prüfungspflicht zu stellen sind (vgl.
Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 8. Aufl., § 97 UrhG Rdnr. 33
m.w.N.). Die Beklagte kannte nicht nur den Copyright-Vermerk der
Klägerin zur Prüfversion, sondern hat sich ersichtlich in Kenntnis
der in der Prüfversion ausgewiesenen Lizenzbedingungen über deren
klaren Wortlaut hinweggesetzt, nachdem sie sich zunächst um eine
ausdrückliche schriftliche Einwilligung der Klägerin zu den
beanstandeten Handlungen bemüht hat (was zeigt, daß ihr die
Problematik der Berechtigung ihrer Handlungsweise von Anfang an
bekannt war). Es gibt auch keine gerichtliche Entscheidung oder
eine gefestigte Ansicht der Literatur, aufgrund derer die Beklagte
davon hätte ausgehen dürfen, daß ihr konkretes Vorhaben keine
Verletzung der Urheberrechte der Klägerin darstellt. Nach alledem
ist davon auszugehen, daß die Beklagte die mögliche Verletzung der
Rechte der Klägerin aus § 69 c Ziff. 1 und 3 UrhG schon vor dem
ersten Inverkehrbringen ihres Buches erkannt hat. Daß sie dennoch
das Buch mit der Diskette in den Verkehr gebracht hat, muß deshalb
dahin gewertet werden, daß sie bei Verletzung der
Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin nicht nur grob fahrlässig,
sondern sogar mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, nämlich unter
Inkaufnahme der von ihr erkannten möglichen Verletzung der Rechte
der Klägerin. Daß der Klägerin durch die Handlungen der Beklagten
ein Schaden entstanden ist, liegt auf der Hand und bedarf keiner
Begründung.
Daraus ergibt sich zugleich, daß auch das Auskunftsverlangen der
Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG bis zur Erledigungserklärung
der Klägerin zulässig und begründet war, so daß auch insoweit der
Klage stattzugeben und der Berufung der Beklagten der Erfolg zu
versagen ist.
Nach den vorstehenden Erörterungen zu § 97 Abs. 1 UrhG steht
zudem fest, daß das Schadensersatz- und Auskunftsverlangen der
Klägerin ebenfalls gemäß §§ 1 UWG, 242 BGB gerechtfertigt ist.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine
Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO kam nicht in Betracht, denn die
Umformulierung des Klagebegehrens in der Berufungsinstanz stellt
lediglich eine bessere Anpassung der Klage an die konkret
beanstandete Handlung der Beklagten dar und beinhaltet keine
teilweise Klagerücknahme.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht
auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer der Beklagten war gemäß § 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzen und entspricht dem Wert des Unterliegens der Beklagten
im Rechtsstreit. Da die Beschwer der Beklagten insgesamt die
Revisionssumme des § 546 Abs. 1 ZPO übersteigt, bedarf es keiner
Entscheidung über den Antrag der Beklagten auf Zulassung der
Revision.
OLG Köln:
Urteil v. 12.07.1996
Az: 6 U 136/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d0747d90493c/OLG-Koeln_Urteil_vom_12-Juli-1996_Az_6-U-136-95