Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juni 2000
Aktenzeichen: 27 W (pat) 68/00
(BPatG: Beschluss v. 27.06.2000, Az.: 27 W (pat) 68/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Bezeichnung "OCUSEPT" ist als Anmeldemarke eingetragen für "Kontaktlinsen und Aufbewahrungsvorrichtungen für Kontaktlinsen, Reinigungsvorrichtungen für Kontaktlinsen, Reinigungssets für Kontaktlinsen, umfassend eine Reinigungsvorrichtung und Reinigungsmittel; Reinigungsmittel für Brillengläser, Reinigungsmittel für Kontaktlinsen; Dienstleistungen eines Optikers".
Hiergegen hat die Inhaberin der Marke 1 086 595 "OXYSEPT", die für "Kontaktlinsen-Pflegemittel, nämlich Reinigungs-, Desinfektions- und Benetzungslösungen" registriert ist, Widerspruch eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Patentamts hat durch eine Beamtin des höheren Dienstes den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, daß auch unter Berücksichtigung einer möglichen Warengleichheit der Abstand der Vergleichsmarken ausreiche. In dem angefochtenen Beschluß sind zunächst Ausführungen darüber gemacht, daß der Verkehr sich regelmäßig am Gesamteindruck der Marken orientiere; dennoch seien - trotz der Übereinstimmung im (hier schwachen, weil beschreibenden und häufig in einschlägigen Marken vorkommenden) Bestandteil "-SEPT" - die Vergleichszeichen sicher auseinanderzuhalten. In den - regelmäßig betonten - Anfangssilben "OCU-" bzw "OXY-" träten sowohl klangliche als auch schriftbildliche Unterschiede so deutlich hervor, daß mit Verwechslungen in entscheidungserheblichem Umfang nicht zu rechnen sei; dies umso weniger, als den Wortanfängen auch ein unterschiedlicher Sinnanklang innewohne, der die Unterscheidung erleichtere. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide schon deshalb aus, weil dem schwachen Wortteil "SEPT" die Eignung zum Stammbestandteil fehle.
Gegen diesen Beschluß hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Sie hat auf die Gleichheit bzw große Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen hingewiesen, die für Durchschnittsverbraucher bestimmt seien, bei denen die geringen Unterschiede der Vergleichsmarken nicht genügten. Die Widerspruchsmarke habe einen sehr hohen Bekanntheitsgrad, wie sich dies auch aus verschiedenem eingereichten Benutzungsmaterial ergebe. Die Markenstelle habe die Zeichen nicht in ihrer Gesamtheit verglichen, sondern nur die Wortanfänge einander gegenübergestellt. Die Endsilbe der Zeichen dürfe jedoch nicht unberücksichtigt bleiben; ihr angeblich häufiges Vorkommen in Markenwörtern besage nichts, da über deren Benutzung nichts bekannt sei. Insgesamt seien die Markenwörter verwechselbar, weil sie zu viele Ähnlichkeiten (was Wortlänge, Silben- und Buchstabenzahl, gemeinsame Laute bzw Buchstaben angehe) in klanglicher und schriftbildlicher Sicht aufwiesen. Begriffliche Unterschiede drängten sich nicht auf.
Die Markeninhaberin ist dem entgegengetreten. Nach ihrer Meinung sind die Vergleichsmarken nicht verwechselbar. Trotz des Vorbringens der Widersprechenden könne der Gegenmarke, die von Haus aus kennzeichnungsschwach sei, nur ein sehr geringer Schutzumfang zugestanden werden. Sie verweist darauf, daß wegen des häufigen Vorkommens der Silbe "SEPT" in einschlägigen Kennzeichnungen für die Kennzeichnungskraft der Vergleichsmarken deren erste Bestandteile wesentlich seien.
Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat sie "hilfsweise" die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten; nach einem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung hat sie diese Einrede nicht aufrechterhalten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde mußte in der Sache ohne Erfolg bleiben, da die Vergleichsmarken nicht verwechselbar ähnlich sind (MarkenG § 9 Abs 1 Nr 2), wenn es sich dabei auch um einen Grenzfall handeln mag.
Obwohl von einer teilweisen Gleichheit der einander gegenüberstehenden Waren auszugehen ist und somit strenge Maßstäbe bei einem Zeichenvergleich anzulegen sind, muß der Abstand der Marken noch als ausreichend angesehen werden. Mit der Behauptung, die Widerspruchsmarke sei von Hause aus kennzeichnungsschwach, hat die Markeninhaberin implizit auch eine (von der Widersprechenden geltendgemachte) erhöhte Kennzeichnungskraft bestritten, woran auch die Rücknahme der Nichtbenutzungseinrede substantiell nichts geändert hat. Zugunsten der Widersprechenden kann jedoch, auch aufgrund der von ihr angegebenen Umsatzzahlen, von einer gut eingeführten Marke mit normaler Kennzeichnungskraft ausgegangen werden. Für die Annahme eines gesteigerten Schutzumfangs hingegen erlauben Umsatzzahlen allein keine hinreichend klaren Rückschlüsse (vgl zB Althammer/Ströbele, MarkenG, 5. Aufl, § 9 Rdn 116; vgl auch die - in Kurzform bei PAVIS veröffentlichten - Entscheidungen des BPatG 25 W (pat) 26/99; 25 W (pat) 52/98; 25 W (pat) 130/98; 30 W (pat) 19/95; 30 W (pat) 127/99; 33 W (pat) 163/98 usw).
Selbstverständlich sind die - auch als einheitliche Wörter erscheinenden - Marken in ihrer Gesamtheit zu vergleichen, wobei nach ständiger Rechtsprechung davon auszugehen ist, daß auch schwache oder schutzunfähige Markenteile den Gesamteindruck mitbestimmen. Andererseits ist aber zu bedenken, daß derartige Zeichenteile (die zB häufig in einschlägigen Kennzeichnungen vorkommen) dazu führen, daß der Verkehr hierin nicht den kennzeichnungsmäßigen Schwerpunkt einer Marke sieht und seine Aufmerksamkeit umso mehr den anderen Markenbestandteilen zuwendet. Im vorliegenden Fall hat bereits die Markenstelle zu Recht darauf hingewiesen, daß in den Warenklassen 3 und/oder 5 (in denen die Widerspruchsmarke registriert ist) nahezu 400 auf "-sept" endende Marken eingetragen sind. Ungeachtet der Frage der konkreten Benutzung im einzelnen zeigt dies die Üblichkeit, aber auch Verbrauchtheit eines solchen Markenbestandteils. Aus diesem Grund und nicht nur, weil die anderen Zeichensilben ("OCU-" bzw "OXY-") am Wortanfang stehen und regelmäßig die Betonung tragen dürften, fallen letztere für die Verkehrsbeteiligten stärker ins Gewicht. Ihre Unterschiede reichen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht aus, um die Gesamtwörter mit (noch) hinreichender Sicherheit auseinanderzuhalten. Klanglich stehen sich [okusept] und [oksüsept] bzw [oksisept] gegenüber. Der markante Konsonant "x" mit seinem zusätzlichen "s"-Laut führt in Verbindung mit dem in jedem Fall hell gesprochenen Vokal zu einem deutlich unterschiedlichen Klangbild des jüngeren Zeichens gegenüber dem älteren. Auch schriftbildlich sind die Unterschiede der Gesamtwörter - sowohl bei Groß- als auch bei Kleinschreibung - kaum zu übersehen, da die abweichenden Buchstaben ein jeweils charakteristisch anderes Aussehen zeigen. Schließlich ist zu bedenken, daß die Vergleichswaren, auch wenn es sich um Produkte des täglichen Bedarfs handeln mag, regelmäßig doch mit einer gewissen Sorgfalt erworben werden, da sie für einen diffizilen Einsatz bestimmt sind (Korrektur der Sehschärfe bzw Reinigung entsprechender Vorrichtungen hierfür). Letztlich mag Verwechslungen zusätzlich auch der Umstand entgegenwirken, daß die Anfangsteile der Marken - wenn sie auch selbst keine Begriffswörter darstellen - an unterschiedliche Begriffe zu erinnern vermögen (Ocular, Oxydieren). Für das Vorliegen einer assoziativen Verwechslungsgefahr sind Anhaltspunkte weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Beschwerde war sonach zurückzuweisen.
Wegen der Kosten wird auf MarkenG § 71 Abs 1 verwiesen.
Hellebrand Viereck Albert Mr/Na
BPatG:
Beschluss v. 27.06.2000
Az: 27 W (pat) 68/00
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