Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 22. März 2007
Aktenzeichen: 4 U 170/06
(OLG Hamm: Urteil v. 22.03.2007, Az.: 4 U 170/06)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 07. September 2006 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Der Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 5.100,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2006 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 2/3 und
der Beklagte 1/3.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Beide Parteien verkaufen über eBay Modellbauartikel. Aufgrund einer Abmahnung des Klägers gab der Beklagte am 02. Januar 2006 eine vom Kläger vorformulierte Unterlassungserklärung ab, in der sich der Beklagte verpflichtete, im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher auf der Internet-Handelsplattform eBay im einzelnen aufgeführte verschiedene AGB-Klauseln nicht mehr zu verwenden. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprach der Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 €, ohne dass mehrere der Unterlassungsverpflichtung entgegenstehende Angebote zu einem Verstoß zusammenzufassen seien.
Wegen des Inhaltes der Unterlassungserklärung im Einzelnen wird auf Bl. 8 ff. d. A. verwiesen.
Mit Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2006 wies der Kläger den Beklagten darauf hin, dass dieser seine Angebote bei eBay weiterhin wettbewerbswidrig ausgestalte. Insoweit sei auf 418 zur Zeit laufende und in den letzten 30 Tagen beendete Angebote hinzuweisen. Auf 3 Klauseln, die gegen die Unterlassungsverpflichtung verstießen, wurde dabei ausdrücklich hingewiesen. Die Vertragsstrafe sei damit grundsätzlich in 418 Fällen verwirkt. Der Kläger könne sich aber vorstellen, die Vertragsstrafe lediglich in 3 Fällen geltend zu machen, wenn der Gesamtbetrag in Höhe von 15.300,00 € bis zu einer bestimmten Frist gezahlt werde.
Wegen des Inhaltes dieses Schreibens im Einzelnen wird auf die Fotokopie Bl. 36 ff. d. A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 14. März 2006 wies der Beklagte die Vorwürfe zurück und kündigte eine negative Feststellungsklage für den Fall an, dass sich der Kläger weiterhin der geltend gemachten Ansprüche berühme.
Wegen des Inhaltes dieses Schreibens im Einzelnen wird auf die Fotokopie Bl. 24 ff. d. A. verwiesen.
Mit Antwortschreiben vom 17. März 2006 beharrte der Kläger auf den vorgeworfenen Verstößen. Für den Fall, dass eine kurzfristige Einigung nicht stattfinden sollte, bedürfe es einer negativen Feststellungsklage nicht. Der Kläger würde in diesem Fall unverzüglich Zahlungsklage erheben.
Wegen des Inhaltes dieses Schreibens im Einzelnen wird auf die Fotokopie Bl. 79 ff. d. A. verwiesen.
Mangels Einigung nimmt der Kläger den Beklagten nunmehr auf Zahlung der verwirkten Vertragsstrafe in Anspruch. Aus Kostengründen hat der Kläger dabei lediglich eine Vertragsstrafe für das Angebot des Beklagten vom 05. Februar 2006 geltend gemacht, sowie wegen des Angebotes vom 07. Februar 2006 einen Teilbetrag von 650,00 €.
Der Kläger stützt sein Vertragsstrafenbegehren auf folgende angebliche Verstöße:
Die nunmehr verwendete Klausel "unfreie Sendungen werden nicht angenommen." (vgl. Bl. 31 d. A. unter Ziff. 4.5) verstoße gegen die Unterlassungsverpflichtung nach Ziff. 2 d. Danach will der Beklagte die Klausel nicht mehr verwenden, dass dem Käufer die Kosten der Hinsendung der gekauften Waren nicht erstattet wird. Der Kläger ist der Ansicht, dass die jetzt verwandte Klausel dem Sinne nach das Gleiche aussage und sich folglich als Verstoß darstelle.
Die AGB-Klausel "... und 14tägiges Rückgaberecht originalverpackter Ware!" (vgl. Bl. 14, 20 d. A.) verstoße gegen die Unterlassungsverpflichtung zu 2 g. Danach hat sich der Beklagte verpflichtet, keine Hinweise zu verwenden, in denen nicht deutlich die nach § 312 c BGB erforderlichen Informationen gegeben werden. Die beanstandete Klausel erwecke den Eindruck, als könne nicht originalverpackte Ware nicht mehr zurückgegeben werden.
Die Klausel in Ziff. 7.1 der AGB des Beklagten, in der Rückgabefristen geregelt werden (vgl. Bl. 32 d. A.), verstoße gegen die Unterlassungsverpflichtung zu 3. Unter dieser Ziffer hat es der Beklagte übernommen, in den AGB den Verbraucher nicht mehr zur Vermeidung von Rechtsnachteilen auf eine unverzügliche Untersuchungspflicht zu verweisen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.750,00 € nebst Zinsen in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zugleich zunächst Widerklage angekündigt mit dem Begehren,
festzustellen, dass dem Kläger über den klageweise geltend gemachten Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 5.750,00 € hinaus kein weiterer Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 9.550,00 € gemäß Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13.02.2006 zusteht.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 07. September 2006 erklärt hat, dass aus dem ganzen angesprochenen Komplex von 418 Fällen nur eine Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt 5.750,00 € geltend gemacht werde (vgl. Sitzungsprotokoll Bl. 98 ff. d. A.), hat der Beklagte sein Widerklagebegehren in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil mit dieser Erklärung des Klägers dessen Berühmen nunmehr entfallen sei. Da der Kläger sich diesem Erledigungsantrag nicht angeschlossen hat, hat der Beklagte sein Widerklagebegehren dahingehend umgestellt, dass er lediglich die Erledigung seines Feststellungsbegehrens festgestellt wissen will.
Der Beklagte ist der Ansicht, mit den nunmehr verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen sei kein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung gegeben. Im Übrigen seien nicht mehrere Fälle verwirkt, da Handlungseinheit bestehe. Automatisch verwende der Beklagte seine allgemeinen Geschäftsbedingungen immer wieder. Zudem sei die Vertragsstrafe überhöht und deshalb herabzusetzen. Er erziele nur geringen Umsatz und habe die allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst entworfen, weil er kein Geld für einen Rechtsanwalt gehabt habe. Im Hinblick auf die Widerklage ist der Beklagte der Ansicht, ein Feststellungsinteresse habe bestanden, weil mit der Abmahnung vom 13.02.2006 immerhin der dreifache Vertragsstrafenanspruch geltend gemacht worden sei und der Kläger jetzt erst klargestellt habe, dass er die Vertragsstrafe für nur zwei Fälle und im zweiten Fall eine geringere Summe geltend mache.
Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 07. September 2006 (vgl. Sitzungsprotokoll Bl. 98 ff. d. A.) ferner noch erklärt, dass er hilfsweise beantrage,
die geltend gemachte Vertragsstrafe auf einen angemessenen Betrag,
höchstens 750,00 €, herabzusetzen.
Ferner hat der Beklagte gegenüber der Klageforderung hilfsweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.524,80 € erklärt, der dem Beklagten als Abwehranspruch gegenüber der Berühmung des Klägers zustehe, gegen den Beklagten einen Vertragsstrafenanspruch in Höhe von ca. 2,2 Millionen Euro zu haben.
Ferner hatte der Beklagte im Schriftsatz vom 17. Juli 2006 (Bl. 66 ff. d. A.) einen weiteren Widerklageantrag dahingehend formuliert, dass festgestellt werden solle, dass dem Kläger kein Vertragsstrafenanspruch in Höhe von weiteren 2.116.500,00 € aus der behaupteten Verwirkung von 418 Einzel-Vertragsstrafen zustehe.
Diesen Widerklageantrag hat der Beklagte aber nur unter der Bedingung angekündigt, dass ihm hierfür Prozesskostenhilfe bewilligt werde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Beklagte erklärt, dass sich durch die Abstandnahme des Klägers im Verhandlungstermin auch dieser Widerklageantrag erledigt habe, so dass er ebenso wenig gestellt werde wie der diesbezügliche Prozesskostenhilfeantrag.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage und den Hilfsantrag zurückzuweisen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 07. September 2006 den Beklagten verurteilt,
an den Kläger 5.750,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2006 zu zahlen. Die Widerklage hat es abgewiesen.
Wegen des Inhalts des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 100 ff. d. A. verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages beanstandet der Beklagte insbesondere, dass das Landgericht wie bei einer AGB-Kontrollklage argumentiert habe. Hier gehe es indes um die Auslegung der Vertragsstrafenvereinbarung und nicht um die kundenfeindlichste Auslegung. Der Beklagte vertieft seine Rechtsausführungen zu den einzelnen vom Landgericht bejahten Verletzungen der Unterlassungsverpflichtungen. Ferner hält er die Annahme des Landgerichts zur Frage der Mehrfachverstöße für unzutreffend.
Er ist weiter der Ansicht, das Landgericht habe die Widerklage zu Unrecht abgewiesen, weil es das Feststellungsinteresse nach der Klageerhebung verneint habe. Die Rechtskraft des Urteils wäre aber nicht geeignet gewesen, den Kläger von der Geltendmachung weiterer Vertragsstrafenansprüche abzuhalten. Insgesamt sei das Vorgehen des Klägers gegen ihn als rechtsmissbräuchlich zu werten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Bochum vom
07. September 2006 abzuweisen.
Der Kläger beantragt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum
vom 07. September 2006 zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte erklärt, dass die Hilfsaufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch wegen der Rechtsverteidigungskosten nicht mehr geltend gemacht werde.
Nachdem der Beklagte zunächst sein Widerklagebegehren, die Erledigung seiner negativen Feststellungswiderklage festzustellen, gestellt hatte, hat sich der Kläger dieser Erledigungserklärung des Beklagten nunmehr angeschlossen.
Wegen des Inhalts der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist nur zu einem geringen Teil begründet. In der Sache ist nur noch über die Klageforderung des Klägers zu entscheiden. Die Hilfsaufrechnung hat der Beklagte fallengelassen. Die Widerklage, soweit sie vom Beklagten anhängig gemacht worden ist, haben die Parteien übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Den überschießenden Teil der Widerklage, mit der der Beklagte Vertragsstrafenansprüche des Klägers leugnen wollte, soweit sie über die abgemahnten drei Verstöße hinausgehen, hat der Beklagte von vornherein nicht rechtshängig gemacht.
Was die Vertragsstrafenforderung des Klägers betrifft, so hat das Landgericht zu Recht jedenfalls die zwei ersten vom Kläger gerügten Klauseln als Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung angesehen. Dabei mag dem Beklagten grundsätzlich zu folgen sein, wenn er bemerkt, dass eine Vertragsauslegung etwas anderes ist als eine AGB-Kontrolle. Auch wenn es hier um die Auslegung der Unterlassungserklärung vom 02. Januar 2006 geht, hilft dem Beklagten die angesprochene Differenzierung hier jedoch nicht. Denn nach dem Wortlaut der Unterlassungserklärung soll der Beklagte die Verwendung der Klauseln gerade im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher unterlassen. Damit kommt es aber auf die Sicht der Verbraucher an und damit ist Auslegungsmaßstab § 305 c Abs. 2 BGB, wonach Auslegungszweifel zu Lasten des Verwenders gehen.
Desweiteren ist zu beachten, dass es hier um die Frage geht, ob die vom Kläger gerügten AGB gegen die Unterlassungsverpflichtung des Beklagten verstößt. Unerheblich ist deshalb, ob die beanstandeten Klauseln einer Inhaltskontrolle nach dem Gesetz standhalten oder nicht. Mithin sind die gerügten Klauseln nur an der Unterlassungserklärung zu messen, inwieweit sie gegen das dort vom Beklagten übernommene Verwendungsverbot verstoßen.
Der Beklagte hat es nach der Unterlassungserklärung zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher auf der Internethandelsplattform eBay Angebote von Waren aus dem Sortiment Modellbauartikel zu veröffentlichen, wenn bei den Hinweisen zum Widerrufs- bzw. Rückgaberecht darüber informiert wird, dass die Rücksendung der gekauften Waren ausreichend frankiert sein muss (vgl. Bl. 8 d. A. unter Ziff. 2 e).
Nunmehr heißt es unter Ziffer 4.5 (vgl. Bl. 31 d. A.), dass unfreie Sendungen nicht angenommen werden, also ausreichend frankiert sein müssen, wenn der Beklagte sie annehmen muss. Die Differenzierung, die der Beklagte erneut in seiner Berufungsbegründung (Bl. 137 d. A.) vornimmt, ob es sich nämlich um einen Warenwert von 40,00 € oder mehr handelt, kann nicht nachvollzogen werden. Denn in der Unterwerfungserklärung wird gerade nicht auf einen bestimmten Zusammenhang abgestellt, sondern der Satz von der ausreichenden Frankierung gehört schlechthin verboten. Dann darf der Beklagte ihn aber auch überhaupt nicht mehr verwenden. Er muss dann die beabsichtigte Differenzierung anders ausdrücken.
Was die Klausel hinsichtlich der Originalverpackung betrifft, hat das Landgericht auch insoweit zutreffend einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung angenommen. Nach Ziffer 2 g der Unterwerfungsvereinbarung hat der Beklagte es übernommen, keine Informationen zu geben, die nicht den Belehrungspflichten nach § 312 c BGB i. V. m. § 1 BGB - InfoVO entsprechen.
Im Internetauftritt des Beklagten lautet Satz 2 unter der Rubrik "Versand/Bezahlung":
"Sie haben zwei Jahre EU-Gewährleistung auf Neuwaren und 14tägiges Rückgaberecht originalverpackter Ware."
Diese Klausel wird der Unterlassungsverpflichtung nicht gerecht. Diese Verpflichtung ist wirksam und erschöpft sich nicht nur in einer Aufforderung, sich gesetzestreu zu verhalten. Die Einschränkung auf originalverpackte Ware entspricht dabei nicht den zu gebenden Belehrungen. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Klausel des Beklagten "originalverpackte Ware" nicht so zu verstehen ist, dass damit Ware in Originalverpackung gemeint sein könnte. Denn dann hätte es nahegelegen, das auch so zu formulieren. Originalverpackte Ware ist Ware in Originalverpackung, die sich noch im original verpackten Zustand befindet, also ungeöffnet ist. Eine gesetzliche Beschränkung des Rückgaberechts auf originalverpackte Ware besteht aber nicht, darüber hinaus auch nicht auf Ware in oder mit Originalverpackung.
Diesen Ausführungen des Landgerichts schließt sich der Senat an. Dabei hätte das Landgericht es sogar unentschieden sein lassen können, ob originalverpackte Ware nun ungeöffnete Ware in der Originalverpackung ist oder ob davon auch dann auszugehen ist, wenn die Ware der Verpackung entnommen war, aber mit der Verpackung zurückgesandt wird. Das Gesetz kennt in diesem Zusammenhang überhaupt keine Beschränkung des Rückgaberechts auf originalverpackte Ware, sei es im geöffneten oder ungeöffneten Zustand.
Soweit das Landgericht auch die dritte Klausel als Verstoß gegen die Unterwerfungserklärung gewertet hat, so ist dies zumindest vertretbar. Auch mit der neuen Klausel legt der Beklagte dem Verbraucher verbotener Weise auf, Mängel binnen 24 Monaten zu rügen. Dass der Beklagte diese Frist nunmehr noch weiter verkürzt als in der Unterwerfungserklärung geschehen, kann ihn nicht aus dem Verbot herausführen. Denn diese verkürzte Fristbestimmung ist als Minus in der Fristbestimmung der Unterwerfungserklärung enthalten.
Dem Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass sich auch für das Gegenteil Gründe finden lassen. Denn bei der verbotenen Klausel ist die Rügefrist mit der unverzüglichen Untersuchung verknüpft, so dass die Rügefrist praktisch mit der Lieferung der Ware beginnt. Bei der beanstandeten Klausel wird dagegen bloß an die - mehr oder weniger - zufällige Entdeckung des Mangels angeknüpft, so dass die Rügefrist variabel ist, was ihre Spanne ab Lieferung betrifft.
Letztlich kann dieser Punkt aber hier dahinstehen. Denn um die Vertragsstrafe als verwirkt anzusehen, reicht es aus, dass jedenfalls die zwei ersten beanstandeten Klauseln gegen die übernommene Unterwerfungserklärung verstoßen.
Die entscheidende Frage im vorliegenden Fall stellt sich dahin, ob und inwieweit die einzelnen gerügten Verstöße miteinander zu verknüpfen sind, um danach die Anzahl der verwirkten Vertragsstrafen zu bestimmen. Zugunsten des Beklagten ist dabei hier davon auszugehen, dass der Beklagte hier die Vertragsstrafe nur einmal verwirkt hat, so dass die Klage abzuweisen ist, soweit der Kläger auch noch einen Teilbetrag auf eine zweite verwirkte Vertragsstrafe stützt.
Der Wortlaut der Unterwerfungserklärung legt zwar das Verständnis nahe, dass jedes einzelne Internetangebot, das mit den verbotenen AGB versehen ist, die Vertragsstrafe auslöst. Denn es sollen ausdrücklich mehrere Angebote nicht zu einem Verstoß zusammengefasst werden. Das hätte dann in der Tat zur Konsequenz, dass die Vertragsstrafe hier in 418 Fällen verwirkt wäre. Dabei legt der Kläger zugunsten des Beklagten die Unterwerfungserklärung selbst noch einschränkend dahin aus, dass er nicht in jeder einzelnen Klausel, die gegen die Unterwerfungserklärung verstößt, einen gesonderten Verstoß sieht. Diese Anzahl der Angebote mit verbotswidrigen Klauseln wird vom Beklagten auch nicht bestritten. Auch wird von ihm nicht in Abrede gestellt, dass diese Angebote jeweils mit den beanstandeten AGB-Klauseln versehen waren, von denen ja - wie dargelegt - mindestens zwei gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen.
Bei dem bloßen Wortverständnis einer Unterwerfungserklärung darf aber nicht stehengeblieben werden. Vielmehr sind insbesondere auch die Interessenlagen der Parteien umfassend zu berücksichtigen (BGH GRUR 2001, 758 - Trainingsvertrag; BGH GRUR 1998, 471 - Modenschau im Salvatorkeller; Senatsbeschluß vom 19. September 2006 - 4 W 114/06; Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kapitel 7 Rdnr. 48; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kapitel 20 Rdnr. 16 ff.; Fezer, UWG, § 8 Rdnr. 160; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 12 Rdnr. 1.148). Danach liegt aber ein anderes Verständnis der Unterwerfungserklärung nahe, als der bloße Wortsinn zunächst nahezulegen scheint. Denn die Vertragsstrafe würde bei diesem wörtlichen Verständnis jeden vernünftigen Rahmen sprengen. Denn Hunderte von Angeboten sind bei eBay keine Seltenheit.
Auch die Höhe der Vertragsstrafe - immerhin 5.100,00 € - spricht gegen das Wortverständnis. Denn die 5.100,00 € wären für jedes einzelne Angebot unangemessen hoch. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die angebotenen Artikel keineswegs hochpreisig sind. Das zeigt insbesondere das Angebot vom 07. Februar 2006 mit lediglich 79,90 €.
Bei dieser gebotenen Interessenabwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass sich mit den verbotenen Klauseln keine besonderen Vorteile für den Beklagten verbinden lassen. Einen Vorteil kann der Beklagte erst ziehen, wenn eine mangelhafte Lieferung abgewickelt wird. Bei der Werbung für seine Produkte bieten die Klauseln dem Beklagten noch keinen Vorteil.
Mit dem geringen Vorteil auf Seiten des Beklagten korrespondiert, dass dem Kläger durch die Verwendung der verbotenen Klauseln kaum ein Gewinn entgeht. Jedenfalls beträgt der entgangene Gewinn bei einem zu monierenden Angebot des Beklagten nicht 5.100,00 €.
Zu berücksichtigen ist abschließend noch die umfassende Sicherung, die der Kläger durch die zahlreichen Verbote in der Unterlassungserklärung erhalten hat. Verstößt ein Angebot des Beklagten - wie dargelegt - auch nur gegen eine der Unterlassungsverpflichtungen, ist die Vertragsstrafe verwirkt, und zwar in Höhe von 5.100,00 €.
Berücksichtigt man alle diese Umstände, in dem man sie in die Auslegung der Unterlassungserklärung einfließen lässt, lässt sich das Zusammenfassungsverbot anders verstehen als dies der reine Wortlaut nahe legt. Dann drängt sich eine Auslegung auf, dass die Zuwiderhandlung nicht in dem einzelnen Angebot liegt, sondern dass der Verstoß in den vom Beklagten verwandten AGB liegt. Mit anderen Worten: Ein Verstoß liegt vor, solange der Beklagte dieselben AGB verwendet. Eine solche Auslegung erscheint interessengerecht. Sie benachteiligt den Kläger auch nicht und lässt die Vertragsbestimmung auch nicht gleichsam leer laufen.
Das Zusammenfassungsverbot im Eingangssatz der Unterwerfungserklärung lässt sich zwanglos dann dahin verstehen, dass damit die Figur des Fortsetzungszusammenhangs ausgeschlossen werden sollte, die Parteien sich dabei nur ungeschickt ausgedrückt haben. Mehrere Angebote, die wegen verschiedener AGB an sich auch selbständige Verstöße darstellen, sollen nicht noch zusätzlich durch besondere Rechtsfiguren zu einem einheitlichen Verstoß verklammert werden können. Damit sollte aber nicht die vorrangige Frage geklärt werden, was als ein Fall der Zuwiderhandlung anzusehen ist. Auch das Konkurrenzverhältnis zwischen den Parteien legt es hier nahe, das Schwergewicht des Verstoßes nicht in der Anzahl der Produktangebote mit verbotswidrigen AGB-Klauseln zu sehen, sondern allein in der Ausgestaltung der AGB als solcher. Solange der Beklagte dieselben AGB verwendet, liegt damit nur ein einheitlicher Verstoß vor. Ändert der Beklagte seine AGB, kann darin ein neuer Verstoß liegen, der nach der Klausel des Eingangssatzes eben nicht unter welchen Gesichtspunkten auch immer zu einem einheitlichen Verstoß zusammengefasst werden soll.
Das gleiche kann gelten, wenn der Beklagte nach entsprechender Rüge seine AGB nicht ändert. Der Beklagte soll sich nicht dadurch freikaufen können, dass er durch Zahlung einer einzigen Vertragsstrafe sich freie Bahn für die Verwendung verbotener AGB schafft. Denn es ist dann Sache des Klägers, sich durch Überprüfung der AGB des Beklagten dessen Vertragstreue zu vergewissern und im Falle des Verstoßes durch dann erforderliche Rügen eine Zäsur zu setzen. Auch in diesem Zusammenhang kann das Zusammenfassungsverbot Bedeutung gewinnen, dass sich der Beklagte bei erneuter Verwendung verbotener AGB nach entsprechender Rüge nicht darauf berufen kann, dass dieser fortgesetzte Verstoß mit der einmaligen Zahlung einer Vertragsstrafe bereits abgegolten ist.
Aus diesen Überlegungen folgt, dass der Beklagte hier die Vertragsstrafe nur einmal verwirkt hat, weil es jeweils um die Verwendungen ein und derselben Klauseln geht, ohne dass dies vom Kläger schon vorher einmal gerügt worden ist. Mithin ist die Klageforderung nur in Höhe von 5.100,00 € begründet, in Höhe von 650,00 € unbegründet, die auf den Teil der zweiten, aber zu Unrecht geltend gemachten Vertragsstrafe entfallen.
Eine Herabsetzung der Vertragsstrafen nach § 343 BGB kommt hier nach § 348 HGB nicht in Betracht. Der Beklagte hat nicht dargetan, dass er keinen Gewerbebetrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB führt. Kaufleuten ist aber der Minderungsweg nach § 343 BGB gem. § 348 HGB verschlossen.
Eine Herabsetzung der Vertragsstrafen nach § 242 BGB könnte hier nur mit den unangemessenen Auswirkungen begründet werden. Irgendeine unvorhergesehene Situation, die an einen Wegfall der Geschäftsgrundlage denken lassen könnte, ist nicht eingetreten. Auch eine Übervorteilung des Beklagten ist nicht ersichtlich. Er hätte sich eben auf eine solche umfangreiche Unterwerfungserklärung nicht einlassen dürfen.
Im Übrigen kommt eine Herabsetzung der Vertragsstrafe hier auch deshalb nicht in Betracht, weil gerade deren Höhe wesentliches Argument für die einschränkende Auslegung der Vertragsstrafenklausel ist, wie der Begriff der einzelnen Zuwiderhandlungen hier zu verstehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 91 a ZPO.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, gebietet es das für die Kostenverteilung nach § 91 a ZPO maßgebliche billige Ermessen, insoweit die Kostenlast dem Kläger aufzuerlegen. Wie dargelegt, steht dem Kläger die Vertragsstrafe nur einmal zu. In der Abmahnung hat sich der Kläger dagegen einer drei Mal verwirkten Vertragsstrafe berühmt. Da der Kläger diese Berühmung erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat fallen lassen, was der Beklagte dann zur Veranlassung genommen hat, die Hauptsache für erledigt zu erklären, wäre die negative Feststellungsklage des Beklagten bis dahin zulässig und begründet gewesen. Die Hilfsaufrechnung und die weitere Widerklage sind dagegen bei der Kostenentscheidung unberücksichtigt zu lassen, da sie sich prozessual nicht ausgewirkt haben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.
OLG Hamm:
Urteil v. 22.03.2007
Az: 4 U 170/06
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