Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. März 2008
Aktenzeichen: 17 W (pat) 77/04
(BPatG: Beschluss v. 06.03.2008, Az.: 17 W (pat) 77/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 H des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist am 12. April 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität einer japanischen Voranmeldung vom 17. April 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden unter der Bezeichnung
"Wärmeschutzeinrichtung".
Sie wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 H des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2004 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Patentanspruch 1 Unklarheiten aufweise, so dass sich aus ihm kein zweifelsfreies Schutzbegehren ableiten lasse.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie beantragt zuletzt (siehe Schriftsatz vom 28. Februar 2008):
den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und die Anmeldung mit den Patentansprüchen 1 - 10, eingegangen am 29. Februar 2008, an die Prüfungsstelle zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen.
Sie führt dazu aus, dass mit den geltenden Patentansprüchen der Einwand mangelnder Klarheit der Ansprüche beseitigt sein dürfte.
Die nunmehr geltenden Patentansprüche, eingeg. am 29. Februar 2008, lauten:
" 1. Wärmeschutzeinrichtung mit einem Schaltmechanismus, umfassend eine feststehende leitende Platte (10, 10"), die einen ersten Anschluss (11, 11",12) für einen äußeren Stromkreis hat und die einen feststehenden Kontakt (13, 13") an ihrer Oberfläche aufweist;
eine bewegliche Platte (20, 20', 20") aus federndem Material, die sich oberhalb der feststehenden leitenden Platte (10, 10) befindet, und die einen zweiten Anschluss (22, 22") für den äußeren Stromkreis an ihrem hinteren Ende hat und die einen beweglichen Kontakt (21, 21) gegenüberliegend zum feststehenden Kontakt (13, 13") an der unteren Fläche ihres vorderen Endabschnitts aufweist;
und ein Bimetallelement (30, 30', 30") , das sich oberhalb der beweglichen Platte (20, 20', 20") befindet, und dessen vorderer, mit der beweglichen Platte (20, 20', 20") verbundener Endabschnitt durch Biegekraft den vorderen Endabschnitt der beweglichen Platte (20, 20', 20") anhebt, wenn eine festgelegte Temperatur überschritten ist, wodurch der bewegliche Kontakt (21, 21") von dem feststehenden Kontakt (13, 13") getrennt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die bewegliche Platte (20, 20', 20") in ihrer Kontur mit einer Stufe ausgebildet ist, die gegenüber dem vorderen Endabschnitt der beweglichen Platte (20, 20', 20"), der den beweglichen Kontakt (21, 21'') aufweist, nach unten gerichtet ist, und dass in oder an der Stufe eine Öffnung (24, 24', 24'', 29) vorgesehen ist, in welche der vordere Endabschnitt des Bimetallelementes (30, 30', 30) eingepasst ist.
2. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 1, wobei die Öffnung (29) in der Stufe vorgesehen und als Loch ausgebildet ist und der vordere Endabschnitt des Bimetallelementes (30) in das Loch eingeführt ist.
3. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Öffnung (24, 24'', 29) in einem mittleren Bereich in Richtung der Breite der genannten beweglichen Platte (20, 20") ausgeführt ist.
4. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 1, wobei die Öffnung (24') an beiden Seiten in Richtung der Breite der beweglichen Platte (20') ausgeführt ist.
5. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 1, wobei die Höhe der Öffnung (24, 24', 24'', 29) so bemessen ist, dass die Oberseite des vorderen Endabschnittes des Bimetallelementes (30, 30', 30'') sich im Wesentlichen mit der Befestigungsfläche des beweglichen Kontaktes (21, 21") an der beweglichen Platte (20, 20', 20) deckt.
6. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 1, wobei ein Teil der feststehenden leitenden Platte (10, 10") an einer aus einem elektrisch isolierenden Harz bestehenden Auflage (50) befestigt ist, die die seitliche Begrenzungsfläche der beweglichen Platte und des Bimetallelementes umgibt, und eine Schutzabdeckung (40, 40) aus Metallblech vorgesehen ist, die sich über dem Bimetallelement befindet.
7. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 6, wobei an der inneren Fläche der Schutzabdeckung (40, 40'') ein konvex geformter Bereich (41, 41") zum Andrücken an die obere Fläche des mittleren Bereichs des Bimetallelements (30, 30', 30) gebildet ist.
8. Wärmeschutzeinrichtung nach Anspruch 7, wobei der konvex geformte Bereich (41, 41) derart gestaltet ist, dass er eine Presskraft auf das Bimetallelement (30, 30', 30") ausübt, wenn sich der bewegliche Kontakt und der feststehende Kontakt berühren.
9. Wärmeschutzeinrichtung gemäß Anspruch 1, wobei die Außenfläche der feststehenden leitenden Platte (10) mit einer elektrisch isolierenden Schicht (60) von geringer Dicke bedeckt ist.
10. Wärmeschutzeinrichtung gemäß Anspruch 9, wobei die elektrisch isolierende Schicht nicht dicker als 50 µm ist."
Ihnen liegt unverändert die Aufgabe zugrunde, eine Wärmeschutzeinrichtung in dünner Bauweise zu realisieren, ohne dass die Stabilität der Funktion beeinträchtigt wird (siehe Offenlegungsschrift Absatz [0010]).
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG.
1. Die Anmeldung betrifft eine "Wärmeschutzeinrichtung" in Form eines elektrischen Wärmeschutzschalters, der mittels eines Bimetall-Elementes bei Übertemperatur einen Stromkreis unterbricht, vgl. Offenlegungsschrift Absatz [0004]. Der Kerngedanke ist darin zu sehen, durch einen geeigneten mechanischen Aufbau mit einer Stufe im Kontaktträger, an welcher das Bimetallelement angreift, eine besonders dünne Bauweise zu erzielen.
Als Fachmann für den elektromechanischen Aufbau eines Wärmeschutzschalters wird ein entsprechender Entwicklungsingenieur der Elektrotechnik mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung angesehen.
2. Der Zurückweisungsbeschluss wurde mit Verweis auf mehrere unklare Formulierungen im damaligen Patentanspruch 1 begründet. Die Anmelderin hat zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung neu formulierte Patentansprüche eingereicht, die im Dialog mit dem Senat weiter klargestellt wurden.
Die geltende Anspruchsfassung gibt nach Auffassung des Senats nunmehr verständlich an, was unter Schutz gestellt werden soll. Sie verlässt nicht den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung:
Der geltende Patentanspruch 1 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 12, wobei generell einige Umformulierungen für eine bessere Verständlichkeit vorgenommen wurden; weitere konkrete Details sowie die hinzugefügten Bezugszeichen ergeben sich aus den Figuren 3, 8 und 11 sowie den Figuren 6, 10, 13 und 15.
Zum Patentanspruch 2 siehe Figur 15.
Zum Patentanspruch 3 siehe den ursprünglichen Anspruch 5 und die Figuren 6, 13 und 15.
Zum Patentanspruch 4 siehe den ursprünglichen Anspruch 6 und Figur 10.
Zum Patentanspruch 5 siehe den ursprünglichen Anspruch 2 und die Figuren 6, 10, 13 und 15.
Zum Patentanspruch 6 siehe den ursprünglichen Anspruch 7 und die Beschreibung Seite 8 unten / Seite 9 oben, insbesondere Seite 9 Zeile 2.
Zum Patentanspruch 7 siehe den ursprünglichen Anspruch 14 und die Figuren 3, 8 und 11.
Zum Patentanspruch 8 siehe den ursprünglichen Anspruch 15 und Seite 9 Abs. 3.
Zu den Patentansprüchen 9 und 10 siehe die ursprünglichen Ansprüche 10 und 11.
Die beanspruchte Lehre ist ferner in der Anmeldung, insbesondere in den Zeichnungen, so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Das geltende Patentbegehren ist daher zulässig, und der Grund für den Zurückweisungsbeschluss ist damit ausgeräumt.
3. Der im bisherigen Prüfungsverfahren zitierte Stand der Technik:
D1 DE 197 03 758 A1 D2 DE 28 21 457 A1 D3 DE 33 04 121 C3 D4 DE 31 04 828 A1 D5 US 4 517 541 A steht dem geltenden Hauptanspruch nicht patenthindernd entgegen.
Als nächstkommender Stand der Technik wird die (auf die Anmelderin zurückgehende, vorveröffentlichte) D1 angesehen, welche offensichtlich alle Merkmale des Oberbegriffs des geltenden Patentanspruchs 1 aufweist, vgl. etwa Figur 8 und zugehörige Beschreibung. Ebenso offensichtlich zeigt D1 jedoch nicht die kennzeichnenden Merkmale, insbesondere keine Stufe in der Kontur der beweglichen, den beweglichen Kontakt C1 tragenden Platte 3, wobei dann zwangsläufig das Bimetallelement 2 nicht mit einem Eingriffsabschnitt im Bereich in oder an der Stufe verbunden sein kann. Gegenüber der beanspruchten Lösung ist die Bauhöhe, vor allem wegen der Dicke des Kontakts C1, ersichtlich größer.
Auch keiner der Thermoschalter gemäß den übrigen vier Dokumenten zeigt eine solche Stufe in der Kontur der beweglichen, den beweglichen Kontakt tragenden Platte, welche letztlich die angestrebte dünne Bauform ermöglicht. Sonach wäre der geltende Patentanspruch 1 gegenüber dem bisher entgegengehaltenen Stand der Technik patentfähig.
4. Jedoch hat die Prüfungsstelle im Bescheid vom 3. Juni 2002 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aufgrund der zu jenem Zeitpunkt vorliegenden Unklarheiten eine Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht möglich war. Sie hat daher auch nur allgemeinen Stand der Technik zitiert.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat somit in der Sache selbst noch keine Entscheidung getroffen. Die Anmeldung war daher, auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen, zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Dr. Fritsch Eder Baumgardt Dr. Thum-Rung Fa
BPatG:
Beschluss v. 06.03.2008
Az: 17 W (pat) 77/04
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