Landgericht Mönchengladbach:
Urteil vom 3. September 2013
Aktenzeichen: 3 O 280/12
(LG Mönchengladbach: Urteil v. 03.09.2013, Az.: 3 O 280/12)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 28.050,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2012 zu zahlen.
2. Die Verurteilung in Ziff. 1. erfolgt Zug-um-Zug gegen Übertragung der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung an der im Nennwert von EUR 30.000,00 nebst Übertragung der im Wertpapierdepot der Klägerin bei der Beklagten geführten Aktien an der an die Beklagte.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung an der im Nennwert von EUR 30.000,00 nebst Übertragung der im Wertpapierdepot der Klägerin bei der Beklagten geführten Aktien an der in Verzug befindet.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung im Nennwert von EUR 30.000,00 resultieren und die ohne Zeichnung dieses Fondsanteils nicht eingetreten wären.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 24 v. H. und der Beklagten zu 76 v. H. auferlegt.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche infolge der Beteiligung der Klägerin an dem damals geschlossenen Immobilienfonds (im Folgenden: "Fonds" oder "Fondsgesellschaft").
Die zum damaligen Zeitpunkt 58 Jahre alte Klägerin, die sich zuvor über die Beklagte bereits an Investmentfonds beteiligt hatte, zeichnete am 04.05.2005 eine Beteiligung am Fonds über 30.000 € zuzüglich 5 % Agio, insgesamt einen Anlagebetrag von 31.500 €. Diese Beteiligung zeichnete sie in der Filiale der Beklagten. Der Zeichnungsschein (Anl. K2) wurde auch vom Zeugen gegengezeichnet, der damals Filialleiter der Beklagten in war. Zuvor war es zwischen dem Zeugen und der Klägerin zu einem Gespräch gekommen, dessen genauer Inhalt streitig ist. In dem Zeichnungsschein bestätigt die Klägerin mit gesonderter Unterschrift, dass sie den Beteiligungsprospekt erhalten habe.
Die Beklagte hat eine Vergütung von 13,9 % des Anlagebetrages (darunter das gesamte Agio) eines jeden durch sie vermittelten Anlegers erhalten.
Der Fonds war laut seinem Plan bis zum 31.12.2019 aufgelegt, wobei die vorherige Kündigung ausgeschlossen war. Er sollte steigende Ausschüttungen von 5,75 % ab dem 30.12.2005 bis zu 7,0 % im Jahre 2017 erbringen. Er leistete insgesamt vier halbjährliche Zahlungen von jeweils 862,50 €, also insgesamt 3.450 € an die Klägerin, zuletzt am 06.06.2007, danach aber keine weiteren mehr.
Der Fonds erlaubte im ersten Jahr seiner Auflegung (also im Jahr 2005) eine Verlustzuweisung von 5,3 % der Beteiligungssumme.
Ende des Jahres 2007 fasste die Mehrheit der Gesellschafter des Fonds die Entscheidung zur Umwandlung des geschlossenen Fonds in eine . Seit dem 01.07.2011 ist der Fonds unter dem Namen börsennotiert, entsprechende Aktien sind dem Depot der Klägerin bei der Beklagten zugeschrieben. Seit dem Umwandlungsbeschluss wurde weder eine Ausschüttung noch eine Dividende gezahlt.
Für den Fonds ist ein Fondprospekt (Anl. K1) aufgelegt, der Zeitpunkt von dessen Übergabe an die Klägerin ist jedoch zwischen den Parteien streitig.
In diesem Prospekt heißt es neben der Beschreibung der einzelnen Fondsobjekte auf S. 89 unter der Überschrift "Beschaffung von Eigenkapital": "Die Beteiligungsgesellschaft hat die und die (beide nachfolgend auch "der Vermittler" genannt) exklusiv bis zum 30.06.2005 beauftragt, Beteiligungskapital in Höhe von € 183.000.000 zu beschaffen. Der Vermittler darf sich dabei Dritter bedienen bzw. Untervertreter bestellen. [...] Die Vergütung des Vermittlers für die vertragsgerechte Kapitalbeschaffung beträgt maximal € 16.287.000 bzw. € 11.748.000 im Falle der Herabsenkung des Beteiligungskapitals auf € 132.000.000, zuzüglich des insgesamt zu leistenden Agios (Vergütungshöchstbetrag)."
Dementsprechend ist in der Übersicht zur Mittelverwendung auf S. 58 des Fondsprospekt unter der Rubrik Dienstleistungshonorare ein Betrag von 16.287.000 € für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen mit der Anmerkung "zuzüglich 5 % Agio (€ 9.150.000) auf das Eigenkapital. Das Agio wird als zusätzliche Vertriebsprovision verwendet."
Auf S. 149 des Vertriebsprospekts heißt es: "Dabei ist jedoch das Bewusstsein erforderlich, unmittelbar an der Entwicklung der Immobilienmärkte beteiligt zu sein. Anders als bei herkömmlichen Bankanlagen (z.B. Sparbuch, Festgeld) fließen aus einer derartigen Investition keine festen Zinsen. Vielmehr hängt das wirtschaftliche Ergebnis von zahlreichen variablen Faktoren ab, die sowohl Chancen für höhere Erträge als prognostiziert bieten wie auch Risiken beinhalten, die das Ergebnis abweichend von den im Prospekt vorgenommenen Prognosen negativ beeinflussen können. [...]
Insgesamt können auch Wertverluste nicht ausgeschlossen werden - die Beteiligung an einem vermögensverwaltenden Unternehmen beinhaltet das Risiko, bei Eintritt einzelner oder gar mehrerer Risikofaktoren geringere Ausschüttungen als berechnet zu erhalten sowie das eingezahlte Kapital teilweise oder gar insgesamt zu verlieren."
Auf S. 155 heißt es unter der Überschrift "Fungibilität":
"Es existiert jedoch kein organisierter Markt für den Handel mit Kommanditanteilen, auf dem eine Veräußerung zu einem nach den Prinzipien von Angebot und Nachfrage ermittelten Preis erfolgen könnte. Es besteht daher das Risiko, den Geschäftsanteil nicht, nur schwer oder unter Preisabschlägen veräußern zu können. Der Initiator ist dabei bereit, ggf. die Verkaufsbemühungen zu unterstützen. Eine Anlage in Immobilienfonds ist generell als langfristiges Engagement zu betrachten. Vorliegendes Angebot ist deshalb insgesamt langfristig ausgerichtet; es ist nicht geeignet für einen auf kurz- oder mittelfristige Verfügbarkeit der investierten Gelder angewiesenen Anleger."
Die Klägerin behauptet, ihre Investition in den Fonds sei nur zustande gekommen, weil der Zeuge Weiland sie im Mai 2005 von sich aus konkret angesprochen habe und ihr die Investition in den Fonds als wirtschaftliche und steuermäßige Notwendigkeit dargestellt habe. Sie habe dabei vor dem Gespräch deutlich gemacht, dass es ihr um eine langfristige Steuerersparnis mit hoher Rendite zum Zwecke der Altersvorsorge gehe. Sie habe insbesondere deutlich gemacht, dass sie nicht bereit sei, ein Verlustrisiko zu tragen. Sie habe auch aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters eine allenfalls mittelfristige Anlage gewünscht, die ihr ab dem 65. Lebensjahr wieder zur Verfügung stünde.
Der Zeuge , so die Behauptung, habe zugesichert, dass die Investition risikolos sei und einen raschen Rückfluss des eingesetzten Kapitals vorsehe. Er habe die Klägerin insbesondere nicht über das Totalausfallrisiko, die Haftung als Kommanditistin und die von der Beklagten erzielten Rückvergütungen informiert.
Der Anlageprospekt sei ihr vor ihrer Zeichnung nicht übergeben worden. Erst auf eine weitere Anfrage an die Beklagte vom 20.07.2012 sei ihr der Prospekt erstmals zugesandt worden. Es habe beim Beratungsgespräch nur eine Kurzübersicht vorgelegen, die ihr nicht übergeben worden sei.
Die Klägerin beantragt,
8. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 28.050,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
9. dass die Verurteilung in Ziff. 1 Zugum-Zug erfolgt gegen Abgabe eines Angebots der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung an der im Nennwert von EUR 30.000,00, sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung einschließlich der in ihrem Wertpapierdepot bei der Beklagten geführten Aktien an der an die Beklagte;
hilfsweise zu 2.: die Verurteilung in Ziff. 1 Zugum-Zug gegen Übertragung der von der Klägerin am 05.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung an der im Nennwert von EUR 30.000,00 nebst Übertragung der in ihrem Wertpapierdepot bei der Beklagten geführten Aktien an der an die Beklagte erfolgen zu lassen;
10. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung an der im Nennwert von EUR 30.000,00 sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung, nebst Übertragung der in ihrem Wertpapierdepot bei der Beklagten geführten Aktien an in Verzug befindet;
hilfsweise zu 3.: festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung der an der im Nennwert von EUR 30.000,00 nebst Übertragung der in ihrem Wertpapierdepot bei der Beklagten geführten Aktien an der in Verzug befindet;
11. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin entgangenen Gewinn in Höhe von EUR 8.869,49 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
12. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von der Klägerin am 04.05.2005 / 01.06.2005 gezeichneten Beteiligung an der im Nennwert von EUR 30.000,00 resultieren und die ohne Zeichnung dieses Fondsanteils nicht eingetreten wären;
13. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.277,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte erhebt zunächst die Einrede der Verjährung. Spätestens mit den Informationen im Rahmen der im Jahr 2007 habe die Klägerin genaue Kenntnis über den Aufbau, Charakter und die in Zukunft zu erwartenden Gewinne des Fonds erhalten.
Die Beklagte behauptet, dass es bereits am Tag vor der Zeichnung des Fonds, also am 03.05.2005, ein erstes Beratungsgespräch gegeben hätte. Im Rahmen dessen habe die Klägerin dem Zeugen , der ihr ursprünglich eine andere Anlage hätte empfehlen wollen, ausdrücklich nach geschlossenen Immobilienfonds gefragt, weil sie gehört habe, dass dort besonders hohe Renditen zu erzielen seien. Erst daraufhin habe der Zeuge ihr die streitgegenständliche Anlage empfohlen. Eine sichere Altersvorsorge habe die Klägerin ausdrücklich nicht verlangt.
Bei diesem Vorgespräch am 03.05.2005 habe der Zeuge der Klägerin auch den vollständigen Fondsprospekt übergeben. Er habe auch mündlich über das Agio und seine Verwendung richtig aufgeklärt.
Im Übrigen behauptet die Beklagte, dass Rückvergütungen für die Anlageentscheidung der Klägerin jedenfalls nicht wesentlich gewesen seien, weil sie auch zeitlich nach dem streitgegenständlichen Fonds noch Aktienfonds mit entsprechenden Rückvergütungen gezeichnet habe.
Schließlich ist sie der Ansicht, dass jedenfalls ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin nur in Höhe des Nettobetrages bestehen würde, da sie Steuern abzuführen hätte.
Die Klageschrift ist der Beklagten am 15.11.2012 zugestellt worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen . Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2013 (Bl. 147 ff. d. A.) verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist auch hinsichtlich der Klageanträge zu 1.), 2.), 3.) und 5.) begründet, wobei allerdings hinsichtlich der Klageanträge zu 2.) und 3.) lediglich die Hilfsanträge begründet sind. Unbegründet ist sie hingegen hinsichtlich der Klageanträge zu 4.) und 6.).
A. Zulässigkeit
Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage. Insbesondere ist das Landgericht Mönchengladbach für die Entscheidung über die Klage sachlich und örtlich zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit gründet sich auf den besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 Abs. 1 ZPO. Denn es wird allein die Verletzung von Berater- oder Vermittlerpflichten der Beklagten geltend gemacht.
Für den Erfüllungsort eines reinen Beratungs- oder Anlagevermittlungsvertrages ist aber der Ort maßgebend, wo die Beratung tatsächlich stattgefunden hat. Bei einer Beratung in einer Niederlassung ist das der Ort dieser Filiale (Zöller/Vollkommer, ZPO 29. Aufl. 2012, § 29 Rn. 25 "Anlageberatung, Anlagevermittlung"). Hier fand die Beratung in der Filiale der Beklagten in im hiesigen Bezirk statt.
Zulässig sind auch die von der Klägerin gestellten Klageanträge zu 3.) und 5.), mit denen eine Feststellung begehrt wird. Insoweit besteht das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO.
Bezüglich des Klageantrags zu 3.) ergibt sich dieses Interesse aus der Möglichkeit, bei Feststellung des Annahmeverzugs in einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde ohne Angebot der Gegenleistung Zugum-Zug vollstrecken zu können, §§ 756 Abs. 1, 765 Nr. 1 ZPO. Ein rechtskräftiges oder vorläufig vollstreckbares Urteil, das den Annahmeverzug feststellt, erfüllt die Voraussetzungen einer solchen öffentlichen Urkunde i.S.v. § 415 Abs. 1 ZPO.
Ein Feststellungsinteresse besteht auch hinsichtlich des Klageantrags zu 5.). Dabei genügt es für die Frage der Zulässigkeit, dass weitere Nachteile für die Klägerin aus der Fondsbeteiligung, für die sie eine Ersatzpflicht der Beklagten festzustellen beantragt, zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen. Weitere Nachteile sind insoweit zumindest nicht ausgeschlossen, dass für den Anlagezeitraum das Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen ist, sodass jedenfalls von Seiten der Finanzbehörden Steuerforderungen, die auf der Fondbeteiligung der Klägerin basieren, denkbar sind. Die Klägerin hält weiterhin die aus den Fondsanteilen umgewandelten Aktien der in ihrem Depot.
Ebenso konnten die verschiedenen Anträge der Klägerin zulässigerweise nach § 260 ZPO im Wege der objektiven Klagehäufung in einem Verfahren geltend gemacht werden.
B. Begründetheit
Soweit die Klage begründet ist, ergibt sich die Haftung der Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 611 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB wegen der schadensursächlichen Verletzung der ihr aus einem Anlageberatungsvertrag mit der Klägerin obliegenden Beratungspflichten.
3. Haftungsbegründender Tatbestand
Dabei ist davon auszugehen, dass jedenfalls am 04.05.2005 zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Anlageberatungsvertrag im Zusammenhang mit der Entscheidung der Klägerin, in den streitgegenständlichen Fonds zu investieren, geschlossen wurde. Die Beklagte war die Hausbank der Klägerin, mit der schon zuvor Kontakt bestand. Das Angebot zu einem Beratungsvertrag wurde konkludent abgegeben, als die Klägerin mit der Beklagten (vertreten durch den Zeugen ) in Kontakt kam und das Gespräch auf mögliche Anlageformen kam. Durch die Aufnahme der Beratung hat der Zeuge das Angebot im Namen der Beklagten angenommen.
Ob ein Finanzdienstleistungsunternehmen eine bloße Anlagevermittlung oder aber weitergehend eine Anlageberatung seinen Kunden gegenüber verspricht, ist nach den Gesamtumständen der jeweiligen Kontaktsituation und auch abhängig von den sonstigen geschäftlichen Beziehungen der Parteien zu bestimmen.
Dabei spielt die streitige Frage keine Rolle, ob der Kontakt ursprünglich von der Klägerin oder von der Beklagten ausging.
Der Abschluss eines Beratungsvertrages ist auch dann anzunehmen, wenn die Behauptung der Beklagten zutrifft, dass die Anlageklasse der geschlossenen Immobilienfonds von der Klägerin selbst ausdrücklich in das Gespräch gebracht wurde. Jedenfalls der konkret empfohlene Fonds wurde vom Zeugen ausgesucht. Die Klägerin hatte somit jedenfalls nicht bereits ein bestimmtes Anlageobjekt abschließend identifiziert und die Beklagte insoweit nur wegen der Abwicklung und der Depotverwaltung eingeschaltet, wie es Kennzeichen eines bloßen Anlagevermittlungsvertrages ist. Eine Anlageberatung kann sich auch von vornherein auf eine bestimmte den Kundeninteressen entsprechende Produktgruppe beschränken.
Die Annahme eines Beratungsvertrages entspricht auch der üblichen Interessenlage zwischen einem Kreditinstitut und seinen Kunden. Es ist in der Regel davon auszugehen, dass eine Bank oder Sparkasse gegenüber einem Bestandskunden mehr als eine reine Vermittlungstätigkeit erbringt. Dies entspricht jedenfalls den typischen Erwartungen des Kunden, der gegenüber oft aggressiv am Markt auftretenden freien Anlagevermitteln gerade deswegen die Beratung seiner Bank sucht, weil er von ihr eine über allgemeine Vermittlungshinweise hinaus gehende Beratung erwartet; diese kann die Bank, die regelmäßig Einblick in die finanziellen Verhältnisse des Kunden hat, auch erbringen. Daher wird im Rahmen des Hinweises auf eine oder mehrere Anlagemöglichkeiten zwischen dem Kunden und der Bank regelmäßig ein Anlageberatungsvertrag geschlossen (grundlegend BGH vom 06.07.1993, XI ZR 12/93, NJW 1994, 2433; BGH vom 07.10.2008, XI 89/07, BGHZ 178, 149 = NJW 2008, 3700, 3701). Die Beklagte hatte das Anlage- und Depotgeschäft für die Klägerin schon längere Zeit übernommen, bevor es zu dem fraglichen Abschluss kam, und war somit auch mit deren wirtschaftlicher Lage vertraut.
Dagegen, dass der Zeuge damals mit Vertretungsmacht für die Beklagte gehandelt hat, hat diese nichts vorgetragen: Vielmehr sieht sie ihn ausdrücklich als bevollmächtigt an, selbstständig gegenüber Dritten aufzutreten und zumindest Anlagen in ihrem Namen zu vermitteln.
Gegen die ihr aus dem so abgeschlossenen Beratungsvertrag erwachsenen Pflichten hat die Beklagte verstoßen. Dabei bediente sie sich des Zeugen , der den Beratungsverträge nicht nur für sie abschloss, sondern sie zugleich für sie durch die Weitergabe von Informationen zum Fonds erfüllte; er ist insoweit Erfüllungsgehilfe der Beklagten i. S. v. § 278 BGB, sodass sie für seine Pflichtverletzungen einstehen muss.
Eine Anlageberatungsvertrag verpflichtet den Berater, auf die ihm erkennbar gewordenen Interessen, finanziellen Hintergründe und vorhandene Kenntnisse des Anlegers einzugehen. Es besteht somit eine Pflicht zu anleger- und anlagegerechter Beratung (vgl. Übersicht über die einzelnen Pflichten des Anlageberaters bei Wagner, DStR 2004, 1883, 1884).
Diesen Maßstäben ist die Beklagte jedenfalls hinsichtlich der Aufklärung zu den von ihr bezogenen Rückvergütungen nicht nachgekommen.
Dabei steht zunächst fest, dass sich die Beklagte hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht nicht darauf berufen kann, dieser durch rechtzeitige Übergabe eines Prospektes nachgekommen zu sein, wie es dem Berater grundsätzlich möglich ist (BGH vom 27.10.2009, XI ZR 338/08, BB 2010,15). Dabei kann für diese Frage dahin stehen, ob der Klägerin am Tage der Zeichnung oder an dessen Vortag der Anlageprospekt bereits belassen wurde. Es bedarf nämlich, damit der Bankberater seine Pflicht durch Übergabe des Prospekts überhaupt erfüllen kann, einer hinreichend langen Zeit vor der Zeichnung, in welcher der Kunde den Prospekt mit Verständnis lesen und die Informationen verarbeiten kann. Nach der Entscheidung des BGH vom 12.07.2007, III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692, 1693 soll dabei eine Frist von zwei Wochen vor Zeichnung regelmäßig hinreichend sein. Eine Übergabe am Vortag, wie sie hier die Beklagte vorträgt, reicht aber in keinem Fall aus (OLG Frankfurt/Main vom 23.03.2007, 3 U 141/06, BKR 2007, 379, juris Tz. 25).
Dies gilt umso mehr, da der Prospekt des streitgegenständlichen Fonds außergewöhnlich umfangreich (202 zweispaltig bedruckte Seiten) war. Sämtliche aus dem Beratungsvertrag geschuldeten Aufklärungen konnten also nur mündlich durch den Zeugen erfolgen.
Nichts anderes ergibt sich auch aus der unterschriebenen Bekundung der Klägerin im Zeichnungsschein, dass sie den Beteiligungsprospekt erhalten habe. Da dieses Empfangsbekenntnis gesondert unterschrieben ist, ist es nicht schon nach § 309 Nr. 12 lit. b) BGB unwirksam. Es ist ihm aber gerade nicht zu entnehmen, dass die Klägerin den Fondsprospekt nicht nur bei der Zeichnung (hierauf bezieht sich das Empfangsbekenntnis nur), sondern auch eine hinreichende Zeit davor erhalten habe.
Auch außerhalb der Übergabe eines Prospektes, namentlich also im mündlichen Beratungsgespräch von Seiten des Zeugen hat die Beklagte die Klägerin nicht korrekt über die von ihr erhaltenen Rückvergütungen, insbesondere im Hinblick auf deren Höhe, aufgeklärt.
Um anlagegerecht zu sein hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können, wobei zwischen den allgemeinen Risiken, etwa der Konjunkturlage oder Entwicklung des Börsenmarktes und den speziellen Risiken zu unterscheiden ist, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes wie Kurs-, Zinsund Währungsrisiko ergeben (grundlegend BGH vom 07.06.1993, XI ZR 12/93, NJW 1993, 2433; BGH vom 21.03.2006, XI ZR, 63/05, NJW 2006, 2041).
Zu einer in diesem Sinne anlagegerechten Beratung zu den konkreten Gegebenheiten des Anlageobjekts gehört jedenfalls für einen Berater, der wie die Beklagte selbst eine Bank oder bankgebunden ist, eine Aufklärung über alle von ihm im Zusammenhang mit der entsprechenden Anlage erhaltenen Rückvergütungen. Ohne eine solche Aufklärung wäre der Anleger außer Stande, ein besonderes Interesse der beratenden Bank an der Anlageempfehlung und den damit verbundenen Interessenkonflikt zu erkennen (BGH vom 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 = NJW 2007, 1876; OLG München vom 27.11.2012, 5 U 1345/12, BKR 2013, 37, 41). Unerheblich ist hierbei, ob sich die Anlageberatung der Bank auf solche Anlageformen bezieht, die dem WpHG und somit seinen dort kodifizierten Vorschriften zur Aufklärung über Interessenkonflikte (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) unterfallen, oder auf solche wie geschlossene Immobilienfonds, die aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur außerhalb seines Anwendungsbereichs stehen.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte für jeden von ihr vermittelten Anleger eine Vergütung von 13,9 % der Anlagesumme erhalten hat.
Dieser Betrag war dabei als aufklärungspflichtige Rückvergütung anzusehen. Hierunter sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung regelmäßig umsatzabhängige Provisionen zu verstehen, "die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann." (BGH vom 09.03.2011, XI ZR 191/10 Tz. 25, NJW 2011, 3227, 3228).
Die Beklagte war neben der mit ihr konzernverbundenen aufgrund eines Dienstleistungsvertrages mit der Fondsgesellschaft ausdrücklich mit dem Vertrieb des Fonds beauftragt. Demzufolge erhielt sie die auch im Fondsprospekt ausgewiesenen Mittel für die Eigenkapitalbeschaffung bezogen auf die von ihr vermittelten Anleger. Gerade der Umstand, dass es sich dabei nicht um Kosten aus dem Fondskapital von planmäßig 349,4 Mio. € handelte, das für die Anschaffungskosten für Grundstücke und Gebäude und damit für die Sicherstellung der Einnahmen des Fonds fließen sollte, lässt diese Kosten als Rückvergütungen erscheinen. Es handelt sich um am Investitionsvolumen des Anlegers berechnete, also umsatzabhängige Gebühren, die nach der Definition des BGH unter aufklärungspflichtige Rückvergütungen fallen.
Die somit geschuldete Aufklärung ist nach dem Stand der Akte, insbesondere auch der Aussage des Zeugen , wie sie sich aus dem Protokoll ergibt, nicht erfolgt. Dieser hat selbst angegeben, dass er die Klägerin im Rahmen des Beratungsgesprächs darauf hingewiesen habe, dass von ihr der 5-prozentige Aufgabeaufschlag zu zahlen sei und dass dieser in Gänze der Beklagte zufließen würde. Er gab aber ebenfalls an, dass er nicht mehr wisse, ob darüber hinaus noch über Depotgebühren oder Ähnliches gesprochen worden sei.
Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Zeuge die Klägerin nicht über den gesamten Umfang der von der Beklagten bezogenen Vergütungen aus dem Dienstleistungsvertrag mit der Fondsgesellschaft aufgeklärt hat. Denn wie gerade aus der Mittelverwendungsübersicht auf S. 58 des Fondsprospekts hervorgeht, stellte das Agio von 5 % des eingeworbenen Eigenkapitals nur eine "zusätzliche Vertriebsprovision" dar, die neben dem Dienstleistungshonorar für die Eigenkapitalbeschaffung von 16,287 Mio. € (entsprechend 8,9 % der prospektierten Einlagen der Fondszeichner von 183 Mio. €) an die Beklagte und die fließen sollte. Im Ergebnis bestand also im Zufluss an die Beklagte zwischen dem Agio von 5 % und den weiteren Provisionen von 8,9 % des Anlegerkapitals kein Unterschied, weswegen im Prozess die Parteien auch von einer einheitlichen Vergütung von 13,9 % ausgingen.
Nur diese Kenntnis der gesamten von der Beklagten durch die Vermittlung der streitgegenständliche Anlage erhaltenen Vorteile hätte es der Klägerin, dem Zweck der Aufklärungspflicht zu Rückvergütungen entsprechend, erlaubt, dass Eigeninteresse der Beklagten an dem Fondsvertrieb zu quantifizieren und damit informiert bei ihrer Anlageentscheidung zu berücksichtigen. Eine falsche oder unvollständige Aufklärung zur Höhe von Rückvergütungen stellt ebenso eine Pflichtverletzung dar wie die vollständige Unterlassung der Aufklärung (BGH, XI ZR 56/05, Tz. 24).
Somit hätte der Zeuge auch aufklären müssen, dass die Beklagte eben nicht nur das aufgrund seiner getrennten Ausweisung gewissermaßen offensichtliche Agio von 5 %, sondern deutlich mehr, nämlich 13,9 % an Gesamtprovisionen erhalten hat. Dies hat er jedoch nach dem Ergebnis seiner Zeugenaussage nicht getan. Hierzu hat er angegeben, sich nicht mehr erinnern zu können, ob er über das Agio hinaus noch zu irgendwelchen weiteren Kosten die Klägerin informierte. Es wäre aber unter der Annahme eines in sich konsistenten Erinnerungs- und Aussageverhaltens davon auszugehen, dass der Zeuge , da er sich mit Bestimmtheit daran erinnert, der Klägerin mitgeteilt zu haben, dass das Agio an die Beklagte fließt, auch noch daran erinnern würde, wenn er mit ihr über deren weitere Vergütung von 8,9 % gesprochen hätte.
Die Kausalität des somit vorliegenden Beratungsfehlers für die konkrete Anlageentscheidung wird vermutet. Die Klägerin selbst hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung erklärt, bei Kenntnis einer Rückvergütung von 13,9 % den streitgegenständlichen Fonds nicht gezeichnet zu haben. Insoweit greift die von der Rechtsprechung entwickelte tatsächliche Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens ein. Sie ist schon beim objektiven Vorliegen eines Beratungsfehlers, unabhängig von einem Entscheidungskonflikt beim Anleger, anwendbar (BGH vom 08.05.2012, XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 = NJW 2012, 2427).
Die Beklagte kann diese Vermutung nicht widerlegen.
Zur Widerlegung dieser tatsächlichen Vermutung wäre es an der Beklagten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die für einen atypischen Geschehensablauf sprechen. Die Beklagte trägt zur Widerlegung der Vermutung vor, die Klägerin habe auch nach dem streitgegenständlichen Fonds über die Beklagte noch weitere Fonds mit einem Gesamtvolumen von etwa 200.000 € gezeichnet. Aus späterem Verhalten des Anlegers dürfte jedoch der Schluss, dass ihm Rückvergütungen an die beratende Bank für seine Anlageentscheidung gleichgültig seien, nur dann gezogen werden, wenn er zum Zeitpunkt der späteren Anlage bereits sicher wusste, dass erhöhte Rückvergütungen für die vorherige Anlage geflossen sind. Die Beklagte trägt jedoch nicht schon nicht substantiiert vor, wann, in welchem Umfang und in welche Arten von Fonds die späteren Anlagen erfolgten, sodass auf die Kenntnis der Klägerin von der Rückvergütungspraxis keine Rückschlüsse gezogen werden können.
Keine Beachtung kann auch finden, dass die Beklagte vorträgt, bei jeder von ihr vermittelten Anlage hätten Provisionszahlungen in größerem oder kleinerem Umfang bestanden. Dies spielt keine Rolle, weil die Aufklärung dem Anleger auch die Möglichkeit geben kann und soll, ganz auf eine Anlage über die Bank zu verzichten und sein Investitionskapital ohne Einschaltung einer Bank, etwa direkt in Immobilien, zu investieren.
Das Verschulden wird bei Vorliegen einer Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Zu einer möglichen Exkulpation hat die aufklärungspflichtige Beklagte insoweit nichts vorgetragen.
4. Unverjährtheit
Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg auf die Einrede der Verjährung.
Die streitgegenständliche Beratung und Anlageentscheidung erfolgten im Jahr 2005. Durch Zustellung der Klageschrift an die Beklagte ist am 15.11.2012 eine laufende Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Die absolute Verjährung des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB von 10 Jahren ist somit nicht eingetreten.
Ebenso wenig ist aber auch die Regelverjährungsfrist von 3 Jahren nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB hinsichtlich des auf die fehlerhafte Aufklärung zu den erhaltenen Rückvergütungen gestützten Anspruchs der Klägerin abgelaufen. Die Regelverjährungsfrist beginnt erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Schuldner Kenntnis oder zumindest grob fahrlässige Unkenntnis von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für jede denkbare Pflichtverletzung die Verjährungsfrist nach dem Eintritt der insoweit geltenden Umstände getrennt zu laufen beginnt, sodass jede Pflichtverletzung verjährungsrechtlich gesondert zu behandeln ist (BGH vom 07.07.2011, III ZR 90/10, III ZR 90/10, Tz. 15, NJOZ 2011, 2087, 2088).
Für die konkrete Pflichtverletzung der unvollständigen Aufklärung über Rückvergütungen kommt es dabei darauf an, wann insoweit die verjährungsauslösende Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlag. Dies ist dann der Fall, wenn dem Gläubiger die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, Erfolg versprechend möglich ist (grundlegend BGH vom 09.06.1952, III ZR 128/51, BGHZ 6, 195, juris Tz. 12; BGH vom 24.06.1999, IX ZR 363/97, NJW 1999, 2743, Tz. 7; MüKo-BGB/Grothe, 6. Aufl. 2012, § 199 Rn.25). Dafür ist es allerdings weder notwendig, dass der Gläubiger alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch dass er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand hat; eine mögliche Klage muss nicht risikolos sein. Grundsätzlich kommt es nicht auf die zutreffende rechtliche Würdigung des Gläubigers an (MüKo-BGB/Grothe, § 199 Rn. 26).
Für das Vorliegen dieser Kenntnis davon, von der Beklagten fehlerhaft beraten worden zu sein, und den Zeitpunkt ihres Eintretens ist dabei die Beklagte, deren Einrede die Kenntnis stützt, darlegungs- und beweisbelastet. Vorgänge innerhalb der Fondsgesellschaft wie das Ausbleiben der planmäßigen Ausschüttungen oder die Umwandlung des Fonds in eine lassen dabei noch nicht den Schluss zu, dass auch die von der Fondsgesellschaft institutionell unabhängige Beklagte bei der Aufklärung der von ihr empfangenen Vergütungen nicht pflichtgemäß vorging.
Für die Darlegung dieses Kenntniseintritts kann sich die Beklagte allerdings nicht bereits auf die Übersendung des Prospekts berufen. Dabei wäre in der Tat davon auszugehen, dass jedenfalls eine verjährungsrechtlich der positiven Kenntnis gleich stehende grob fahrlässige Unkenntnis zu dem Zeitpunkt eintrat, als der Fondsprospekt der Klägerin tatsächlich zuging. Denn aus dem Fondsprospekt, konkret der Mittelverwendungsaufstellung auf S. 58, aber auch aus der textlichen Erläuterung des Vermittlungsvertrages der Fondsgesellschaft mit der Beklagten auf S. 89 f. des Fondsprospekts wurde auch dem wirtschaftlich unerfahrenen, aber jedenfalls durchschnittlich verständigen Leser klar, dass das Agio lediglich eine Teilvergütung der Beklagten war, die ausdrücklich nur zuzüglich zu einer noch umfangreicheren Vergütung aus dem Vermittlungsvertrag gezahlt wurde.
Dieser an mehreren Stellen des Fondsprospekts herausgestellte Umstand musste der Klägerin auch ins Auge springen, wenn sie Gelegenheit hatte, den Fondsprospekt, nachdem er ihr zuging, zu lesen. Denn ungeachtet des bereits erwähnten Umfangs des Prospekts muss von einem Anleger erwartet werden, dass er das ihm zur Verfügung gestellte Dokumentationsmaterial jedenfalls hinsichtlich der dort aufgeführten Verwendungstabellen und rechtlichen Hinweise einer sorgfältigen Durchsicht unterzieht.
Allerdings konnte die Beklagte nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen, dass die Klägerin diesen Fondsprospekt nicht, wie sie selbst behauptet, erst im Nachgang an eine Anfrage ihrerseits vom 20.07.2012, sondern bereits in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Fondszeichnung erhalten hat. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die die Bekundung der Klägerin, den Beteiligungsprospekt erhalten zu haben, die sie im Zeichnungsschein vom 04.05.2005 unterschrieb, inhaltlich nicht zutrifft. Angesichts der besonderen Situation bei der Zeichnung in einer Bankfiliale, in der der Kunde oft unter zeitlichem Druck steht und die ihm zur Unterschrift vorgelegten Dokumente, wenn sie umfangreicher sind, nur schwer prüfen kann, erscheint die Unterschrift der Klägerin unter ein solches inhaltlich unrichtiges Empfangsbekenntnis auch erklärlich. Dies ergibt sich namentlich aus der Aussage des Zeugen , der als der zuständige Berater bekundet hat, dass zum Zeitpunkt der Beratung und der Zeichnung der vollständige Prospekt auch ihm nicht vorgelegen habe, sondern die Beratung anhand eines Flyers durchgeführt wurde, zu dessen Inhalt die Beklagte aber nicht vorgetragen hat. Es hätte nahe gelegen, dass - wenn ein Prospekt der Klägerin bei der Zeichnung ausgehändigt worden wäre - der Zeuge hierauf Bezug genommen hätte.
Gegen eine Prospektübergabe bei Zeichnung spricht weiterhin, dass nach den Bekundungen des Zeugen allen Anlegern der in Frage stehende Prospekt "zeitnah nach dem Gespräch" postalisch zugesandt wurde. Eine solche Übersendung eines sehr umfangreichen Prospekts in großer Anzahl, wie sie die Beklagte eingerichtet hatte, wäre unnötig, wenn der Prospekt jedem Anleger bereits bei der Zeichnung übergeben worden wäre.
Aber auch der Nachweis, dass die Klägerin in zeitlicher Nähe zur Zeichnung im Jahr 2005 den Prospekt auf postalischem Wege erhalten habe, ist der Beklagten nicht gelungen. Die Klägerin bestreitet dies. Beweise hat die Beklagte hierfür nicht angeboten. Wer, wie die Beklagte, aus dem Zugang des Fondsprospekts auf dem Postwege ihm günstige Rechtsfolgen ableiten will, ist im Falle des Bestreitens gehalten, dessen Zugang hinreichend zu dokumentieren, etwa durch Versendung mit Einschreiben oder im Postident-Verfahren. Es besteht darüber hinaus keine allgemeine Vermutung, dass abgesendete Poststücke auch bei ihrem Empfänger ankommen.
Die Verjährung ist schließlich auch nicht bereits zu dem Zeitpunkt des mündlichen Beratungsgesprächs angelaufen. Aus der dort vom Zeugen geleisteten Aufklärung darüber, dass das Agio in voller Höhe an die Beklagte floss, kann zur Überzeugung des Gerichts keine die Verjährung auslösende Kenntnis von einem Beratungsfehler gefolgert werden.
Es ist in der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung allerdings anerkannt, dass für den Beginn der Verjährung es im Allgemeinen nicht darauf ankommt, dass der Anleger die genaue Höhe von pflichtwidrig verschwiegenen Rückvergütungen bestimmen kann. Sobald er also vom Vorliegen von irgendwelchen Rückvergütungen an seinen Berater Kenntnis hat, beginnt die Verjährung zu laufen (BGH vom 26.02.2013, XI ZR 498/11, Tz. 29, BB 2013, 1171).
Von diesem Grundsatz muss, wie der BGH selbst anerkannt hat (BGH, XI ZR 498/11, Tz. 30), dann allerdings eine Ausnahme gemacht werden, wenn der Anlageberater über eine bestimmte Provisionshöhe aufgeklärt hat und der Schadensersatzanspruch gerade darauf gegründet wird, dass der Anlageberater jedoch tatsächlich eine höhere Provisionseinnahme erzielt hat (OLG Düsseldorf vom 09.12.2010, 6 U 30/10, juris Tz. 36). Wenn sich also der Anleger auf ihm tatsächlich gemachte konkrete, aber fehlerhafte Angaben zur Höhe der Rückvergütungen verlässt, kann eine verjährungsauslösende Kenntnis erst dann eintreten, wenn dem Anleger Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die damaligen Angaben fälschlich zu niedrig waren.
So liegt der Fall hier: Der Zeuge hat die Klägerin nach seiner Aussage darüber aufgeklärt, dass das gesamte Agio von 5 % der Anlagesumme an die Beklagte fließen würde, nach den bereits oben getroffenen Feststellungen des Gerichts aber gerade nicht über den weiteren Fluss einer über das Agio hinaus gehende Vergütung von 8,9 %. Vielmehr konnte die Klägerin aus der Aussage entnehmen, dass die Beklagte eben auch nicht mehr das Agio erhalten würde. Anders als in Fällen, wo ein Berater überhaupt nicht auf die an ihn fließenden Rückvergütungen aufklärt, bestand somit für die Klägerin noch kein konkreter Anlass, misstrauisch zu werden, wie die Vertriebsleistungen der Beklagten vergütet werden.
Auch der Umstand, dass die Klägerin bei ihrer Anhörung abweichend vom Zeugen angegeben hat, dieser habe sie nicht darüber aufgeklärt, welche prozentuale Anteil des Agios an die Beklagte zu zahlen sei, berührt diese Erwägungen nicht. Hiernach wäre eine verjährungsbegründende Kenntnis nur dann anzunehmen, wenn die von der Beklagten empfangenen Vergütungen sich innerhalb des vom Zeugen vorgetragenen Rahmens von 5% der Anlagesumme gehalten hätten. Die von der Beklagten empfangene aufklärungspflichtige Vergütung geht aber gerade im Umfang über das Agio hinaus. Auch wenn sich die Klägerin nach ihrer Anhörung keine genauen Vorstellungen über eine eventuelle Aufteilung und Verwendung des Agios sich machte - ob also etwa die Beklagte davon überhaupt nichts, oder 3% oder die gesamten 5 % erhalten sollte - so bestand nach der Aufklärung durch den Zeugen für sie kein Anlass davon auszugehen, dass die Beklagte mehr als 5 % erhalten sollte. Auch nach der protokollierten Erinnerung der Klägerin an das Beratungsgespräch hatte der Zeuge einen konkreten Maximalbetrag von 5% der Anlagesumme genannt, mit deren Rückfluss an die Beklagte die Klägerin rechnen musste.
Der Umstand, dass die Klägerin, folgt man ihrer Anhörung, sich keine Gedanken darüber gemacht hat, wie hoch die an die Beklagte fließende Vergütung konkret sein würde, spielt insoweit keine Rolle. Sie mochte es hinnehmen und akzeptieren, dass er in einem unbekannten Bereich zwischen 0 und 5% der Anlagesumme sich bewegen würde. Jedenfalls bestanden damals für sie keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mehr als 5 % erhalten würde, dass also der Zeuge Weiland sie insoweit falsch - nämlich nur zu einem Vergütungsteil - beraten hatte.
5. Klageanträge zu 1.) und 2.)
Der der Klägerin wegen der Pflichtverletzung der Beklagten zustehende Schadensersatzanspruch bemisst sich nach § 249 Abs. 1 BGB. Danach kann die Klägerin im Rahmen der Naturalrestitution verlangen so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn sie die fragliche Anlage nicht gezeichnet hätte. Dann hätte sie insoweit weder den Anlagebetrag noch das Agio investiert, somit noch 31.500 € zur Verfügung. Allerdings hätte sie auch keine Ausschüttungen on Höhe von 3.450 € erhalten, die abzuziehen sind, sodass der Klägerin ein Betrag von 28.050 € zusteht.
Da die Klägerin allerdings dann auch nicht die Fondsanteile, die nun in Aktien einer umgewandelt wurden, erhalten hätte, kann - wie die Klägerin selbst beantragt - die Verurteilung der Beklagten zum Schadensersatz nur Zugum-Zug gegen Übertragung der noch von der Klägerin gehaltenen Aktien an die Beklagte erfolgen. Durch diesen Antrag hat die Klägerin entsprechend § 274 Abs. 1 BGB ein ansonsten der Beklagten zustehendes Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen.
Dabei war bezüglich des Klageantrags zu 2.) allerdings unter Abweisung des Hauptantrags nur dem Hilfsantrag nachzukommen. Zugum-Zug zur Zahlung des Schadensersatzes ist von der Beklagten nicht nur die Abgabe eines Angebotes zur Übertragung der Aktien, sondern deren tatsächliche Übertragung zu fordern; dies erfordert nach sachenrechtlichen Grundsätzen auch die Übertragung des mittelbaren Besitzes der Klägerin an der Sammelurkunde (vgl. § 9a DepotG) i.S.v. § 931 BGB. Auch wenn bei einer nach § 5 Abs. 2 REITG unabhängig von einer Satzungsregelung der Anspruch des Aktionärs auf Einzelverbriefung ausgeschlossen ist, bleibt doch die Situation wie bei einer regulären AG, die von der Satzungsermächtigung in § 10 Abs. 5 AktG Gebrach gemacht hat, so, dass eine rechtsgeschäftliche Übertragung von Aktien neben der bloßen Einigung auch ein Übergabesurrogat voraussetzt (vgl. Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, § 10 Rn. 11). Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten bestünde ebenfalls, bis die Aktien tatsächlich auf sie übergegangen sind. Die Interessen der Klägerin sind durch die gesetzlichen Regeln des Annahmeverzugs und die von ihr in Anspruch genommene Möglichkeit, diesen wie mit dem Klageantrag zu 3.) geschehen festzustellen zu lassen, hinreichend gewahrt.
Steuervorteile muss sich die Klägerin auf ihren Schadensersatzanspruch nicht anrechnen lassen. Dies wäre nur der Fall, wenn diese außergewöhnlich hoch wären, wofür die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet ist.
Als anerkannter Anhaltspunkt für das Vorliegen von außergewöhnlich hohen Steuervorteilen gelten Verlustzuweisungen, die die Anlagesumme übersteigen (OLG Frankfurt/Main vom 23.01.2012, 23 U 114/10, OLGR Mitte 5/2012 Anm. 2, juris Tz. 38). Ein solches Übersteigen liegt im vorliegenden Fall jedoch bei Weitem nicht vor. Bei dem hiesigen Fonds stand eine Steuerersparnis nicht im Vordergrund. Entsprechend lagen die Verlustzuweisungen im ersten Jahr der Auflage, in dem sie regelmäßig am größten sind, nur bei 5,3 % der Anlagesumme.
Dabei war entgegen dem Vortrag der Beklagten der Klägerin die entsprechende Summe nicht unter der Einschränkung, sie sei ein Bruttobetrag, zuzusprechen.
Die Beklagte stützt sich dabei auf die Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 22.09.2009 (BStBl. 2010 I S. 94) und 16.10.2010 (BStBl. I S. 1305) (vgl. auch Rundschreiben des Bundesfinanzministeriums vom 09.10.2012, Gz. IV C 1 - S 2252/10/10013). Hiernach sollen Entschädigungszahlungen wegen Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage als besonderes Entgelt und Vorteil i.S.v. § 20 Abs. 3 EStG gewertet werden, sodass sie nach § 43 Abs. 1 S. 2 EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen; für diese Steuern hat die Kapitalerträge auszahlende Stelle den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge vorzunehmen, § 44 Abs. 1 S. 3 EStG. Dies ist hier die Beklagte als Depot führendes Institut.
Dieser Umstand spielt jedoch für den Umfang der Verurteilung keine Rolle. Zunächst erscheint äußerst fraglich, ob die Zahlungen der Beklagten auf den Anspruch der Klägerin von § 20 Abs. 3 EStG erfasst sind. Dies trifft nämlich nur solche Entgelte und Vorteile, die neben oder anstelle der in § 20 Abs. 1 u. 2 EStG aufgelisteten gezahlt werden, also den gesetzlich definierten Arten von Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin beruht jedoch nicht auf einem Beratungsfehler im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage, sondern mit dem Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds im Jahre 2005. Ein geschlossener Immobilienfonds generiert für die Anleger nicht Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern solche aus Vermietung und Verpachtung i.S.v. § 21 EStG. Demzufolge können Ansprüche im Zusammenhang mit einem beim Fondsbeitritt aufgetretenen Beratungsfehler auch nicht Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern allenfalls solche aus Vermietung und Verpachtung ersetzen; für diese gilt jedoch nicht der Steuerabzug nach § 44 EStG. Der entsprechende Anspruch entstand auch schon bereits im Zeitpunkt der Anlage 2005. Der Umstand, dass der Fonds gewissermaßen zufällig später, nämlich erst im Jahr 2007, in eine umgewandelt wurde, deren weitere Erträge erst ab diesem Zeitpunkt allerdings unter § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG fallen, kann einem bereits entstandenen und fälligen Schadensersatzanspruch allerdings nicht mehr den Charakter eines Ersatzes einer anderen Einkunftsart gewähren.
Von dieser Frage der steuerrechtlichen Einordnung des Anspruchs unabhängig scheidet eine Kürzung des Anspruchs der Klägerin auf den Nettobetrag bereits deswegen aus, weil die Berufung der Beklagten hierauf treuwidrig wäre. Nach dem Grundsatz des dolo agit, der in § 242 BGB verankert ist, kann die Beklagte nicht verlangen, dass sie den Schadensersatz nur nach dem Nettowert an die Klägerin zu leisten hätte. Denn aufgrund ihrer titulierten Verpflichtung, alle weiteren Schäden der Klägerin in Folge der Kapitalanlage zu tragen (vgl. unten zum Klageantrag zu 5.)) müsste sie der Klägerin sogleich die von ihr im Rahmen des Steuerabzugs nach § 44 EStG einbehaltenen Beträge wiederum ersetzen, handelt es sich dabei doch auch um aus der Beteiligung am Fonds erlittene steuerliche oder wirtschaftliche Schäden der Klägerin, die diese im Rahmen der vollen Restitution von der Beklagten ersetzt verlangen kann.
Die von der Klägerin beantragte Verzinsung der Klagesumme aus dem Klageantrag zu 1.) ab Rechtshängigkeit ist ihr zuzusprechen. Der Zinsanspruch auf die Prozesszinsen ergibt sich aus §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Klageschrift ist der Beklagten am 15.11.2012 zugestellt worden, wodurch Rechtshängigkeit eintrat, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO. Nach § 187 Abs. 1 BGB begann der Prozesszinsenlauf ab Beginn des Folgetages, also des 16.11.2012.
6. Klageantrag zu 3.)
Der Klageantrag zu 3. ist im der Form des Hauptantrages unbegründet, in der Form des Hilfsantrages aber begründet.
Insoweit kann auf die Erwägungen zum Klageantrag zu 2.) verwiesen werden. Ein Annahmeverzug der Beklagten kann nur hinsichtlich der Übertragung insgesamt (also sowohl der Annahme der dinglichen Einigung wie auch der Abtretung des Herausgabeanspruchs der Klägerin als mittelbarer Besitzerin der Globalaktienurkunde) bestehen. Dieser Annahmeverzug der Beklagten folgt aus § 295 BGB. Mit der Klageschrift hat die Klägerin das Angebot zur Übertragung ihrer Aktien wörtlich abgegeben. Dieses nur wörtliche Angebot genügte, da die Beklagte innerhalb der Zeitspanne des § 147 Abs. 2 BGB ihrerseits die Annahme nicht erklärt hat. Eine solche Annahmeerklärung der Beklagten wäre jedoch bereits im Sinne von § 929 S. 1 BGB für die dingliche Einigung zur Aktienübergabe erforderlich.
7. Klageantrag zu 4.)
Der Klageantrag zu 4.) ist als unbegründet abzuweisen.
Mit diesem Klageantrag macht die Klägerin entgangenen Gewinn geltend. Zu dessen Höhe und Berechnung trägt die Klägerin jedoch nichts Weiteres vor. Es liegt nahe, dass die Klägerin mit diesem im schriftlichen Verfahren gestellten Klageantrag nun beziffern möchte, was sie sie als Teil des damaligen Klageantrags zu 1.) schon mit den in der in der mündlichen Verhandlung verlesenen Anträge forderte. Dort hatte sie noch beantragt, für die Zeit von 30.06.2005 bis zur Rechtshängigkeit 4% Zinsen p.a. aus der um Ausschüttungen reduzierten Anlagesumme zuzusprechen. Die Klägerin legte der Neufassung ihrer Anträge nur klarstellende Funktion bei.
Allerdings fehlt jede Form von Vortrag, wie die Klägerin ihr Vermögen angelegt hätte, wenn sie nicht den streitgegenständlichen Fonds gezeichnet hätte. In ihrer Anhörung hat sie angegeben, dass sie sich bezüglich weiterer Produkte hätte beraten lassen; hieraus kann aber eine konkrete alternative Anlageform nicht geschlossen werden.
Daher fehlt es, auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterung des § 252 BGB, an jeglichem Anhaltspunkt für das Gericht, den entgangenen Gewinn für die Klägerin zu bestimmen. Der Klägerin hätte zumindest darlegen müssen, welche konkrete und realistische Anlageform sie zeitnah gewählt hätte, wenn sie nicht den streitgegenständlichen Fonds gezeichnet hätte. Eine allgemeine Vermutung, dass sich jede Kapitalanlage mindestens in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes des § 246 BGB von 4% p.a. verzinsen würde, besteht nicht (BGH vom 24.04.2012, XI ZR 360/11, MDR 2012, 912).
8. Klageantrag zu 5.)
Der Klageantrag zu 5.) wiederum ist aus §§ 280 Abs. 1, 611 Abs. 1, 675 Abs. 1 i.V.m. 249 Abs. 1 BGB begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf umfassende Abdeckung aller zu erwartenden Nachteile.
Zu diesem umfassenden Ersatzanspruch gehört auch, dass die Klägerin auch von weiteren, bisher noch nicht bezifferbaren Schäden freigehalten wird, die ihr aus ihrer Fondsanlage entstanden sind. Für die Begründetheit eines solchen feststellenden Antrags ist es erforderlich, aber auch genügend, dass unter den Freistellungsantrag fallende Ansprüche Dritter mit gewisser Wahrscheinlichkeit bestehen mögen und noch durchsetzbar sind (OLG München vom 24.06.1998, 7 U 1766/98, OLGR München 1998, 349, juris Tz. 58; OLG Köln als RhSchiffObG vom 19.09.1995, 3 U 227/94 BSchRh).
Dass diese weiteren Nachteile sogar nahe liegen, folgt nicht zuletzt aus dem bereits oben zu den Klageanträgen 1.) und 2.) erwähnten Vortrag der Beklagten, dass die steuerliche Behandlung des Schadensersatzes noch unklar ist. Da die Klägerin gegenwärtig immer noch die hält, kann notwendigerweise insoweit das Besteuerungsverfahren nicht abgeschlossen sein. Jedenfalls von Seiten der Finanzverwaltung sind Nachforderungen, die auf der Fondsbeteiligung der Klägerin basieren, denkbar. Die steuerrechtliche Verjährung nach §§ 228 ff. AO ist jedenfalls noch nicht eingetreten.
9. Klageantrag zu 6.)
Der Klageantrag zu 6.). schließlich ist unbegründet. Mit diesem Klageantrag verlangt die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten ersetzt.
Soweit diese allerdings überhaupt angefallen sind, sind sie jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht zu ersetzen.
Es ist nämlich eine auf außergerichtliche Durchsetzung des Anspruchs gerichtete Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht ersichtlich. Es wurde kein Mahnung vor der Klageerhebung abgeschickt, noch erfolgte eine sonstige außergerichtliche Geltendmachung des Anspruchs.
Die Klägerin selbst gibt an, dass der Klageerhebung kein Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung voraus ging. In dieser Konstellation ist nicht nachvollziehbar, weshalb die offenbar zur Klage fest entschlossene Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten keinen unbedingten Klageauftrag erteilt hat. Hierzu wäre sie nach dem Gebot zur Schadensminderung nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet gewesen. Im Falle eines unbedingten Klageauftrags fällt für den Prozessbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an, die nach der Überschrift von Teil 2 VV RVG nur für außergerichtliche Tätigkeiten anfällt.
Das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, das nach Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG durch die Geschäftsgebühr abgedeckt wird, wird im Falle eines unbedingten Klageauftrags im Sinne von Teil 3 VV RVG, also einer gerichtlichen Zivilsache, nach der dortigen Vorbemerkung 3 Abs. 2 durch die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machende Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten.
10. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1, 2. Var. ZPO.
Dabei war für die verhältnismäßige Teilung der Kosten im Sinne von § 92 Abs. 1 S. 1, 2. Var. ZPO das jeweilige Obsiegen und Unterliegen der Parteien nicht nur im Hinblick auf die streitwertrelevanten Klageanträge zu 1.), 2.) und 5.), sondern auch im Hinblick auf die Klageanträge zu 4.) und 6.), mit denen die Klägerin unterlegen ist, zu bestimmen. Insoweit waren zwar letztere Anträge, mit denen entgangener Gewinn im Sinne einer Verzinsung der Hauptforderung und (vorgerichtliche) Kosten geltend gemacht wurden, nach § 4 Abs. 1, 2. Hs. ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts unbeachtlich. In die Berechnung der jeweiligen Obsiegensquote war jedoch auch der Wert dieser Anträge einzustellen, sodass ein gleichsam fiktiver Gebührenstreitwert zum Berechnungsmaßstab der Quote wird (MüKo-ZPO/Schulz, 4. Aufl. 2012, § 92 Rn. 4; BeckOK-ZPO/Jaspersen/Wache, Ed. 10, § 92 Rn. 26). Aufgrund ihres Umfangs von mehr als 30% des Streitwertes der Hauptanträge sind diese Klageanträge zu 4.) und 6.) nicht mehr, wie es sonst üblicherweise bei Nebenanträgen der Fall der Fall ist, im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als verhältnismäßig geringfügig anzusehen sind. Dem Klageantrag zu 3.) kommt hingegen wegen der Identität des Streitgegenstandes zu den Klageanträgen zu 1.) und 2.) überhaupt kein eigener Wert zu (KG vom 21.03.2005, 8 W 65/04. NJOZ 2005, 2246, 2247).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 709 S. 1 u. 2, 711 S. 1 u. 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 35.050,00 EUR festgesetzt.
LG Mönchengladbach:
Urteil v. 03.09.2013
Az: 3 O 280/12
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