Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 14. Juli 2005
Aktenzeichen: 7 Ta 54/05
(LAG Köln: Beschluss v. 14.07.2005, Az.: 7 Ta 54/05)
1. Stellt der Arbeitgeber anläßlich einer Betriebschließung auf nach seiner Ansicht "freiwilliger" Basis einen bestimmten Betrag für Abfindungen und sonstige Ausgleichsleistungen zur Verfügung und streiten die Beteiligten im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht über die Höhe dieses Betrages, sondern (nur) darüber, ob dem Betriebsrat insoweit ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluß eines Sozialplans zusteht, so handelt es sich um eine Streitigkeit nicht vermögungsrechtlicher Natur.
2. Die Bewertung einer solchen Streitigkeit mit dem fünffachen Regelwert d. § 8 Abs. 2 BRAGO a.F. erscheint nicht ermessensfehlerhaft.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 11.01.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 11.01.2005 ist nicht zu beanstanden.
Das Arbeitsgericht hat die Streitwertfestsetzung zu Recht auf § 8 Abs. 2 BRAGO a. F. gestützt. Bei der von den Beteiligten des Beschlussverfahrens Arbeitsgericht Köln 14 BV 97/04 ausgetragenen Streitigkeit handelte es sich um eine solche nichtvermögensrechtlicher Natur. Streitgegenstand des Hauptantrags war das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des antragstellenden Betriebsrats gemäß §§ 111 ff. BetrVG. Die Antragsformulierung ist eindeutig, unmissverständlich und lässt anderweitige Auslegungen nicht zu. Die Antragsformulierung gibt auch inhaltlich den Charakter des von den Beteiligten in dem vorliegenden Beschlussverfahren ausgetragenen Streits zutreffend wieder.
Die Beteiligten haben im vorliegenden Beschlussverfahren nicht darum gestritten, ob die Arbeitgeberseite aus Anlass der Schließung des Modehauses G in K bereit sein würde, Ausgleichszahlungen bzw. Abfindungen an die Belegschaft in einem Gesamtvolumen von ca. 300.000,00 aufzubringen - eine entsprechende Bereitschaft war nach dem Akteninhalt jedenfalls während des Laufs des vorliegenden Beschlussverfahrens niemals in Frage gestellt -, sondern der Streit der Beteiligten bezog sich ausschließlich darauf, ob die Ausgleichszahlungen im Rahmen eines mitbestimmungsrechtlich erzwingbaren Sozialplans zu erfolgen hätten oder auf freiwilliger Basis, sei es im Rahmen einer freiwillig abgeschlossenen Betriebsvereinbarung oder im Rahmen individueller Vereinbarungen mit den einzelnen Arbeitnehmern.
Die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts ist nichtvermögensrechtlicher Natur. Die Streitwertfestsetzung hatte demnach auf der Basis des § 8 Abs. 2 BRAGO a. F. zu erfolgen.
Nichts anderes gilt für den Hilfsantrag gemäß Schriftsatz vom 26.11.2004. Auch der Hilfsantrag sollte dem Antragsteller dazu dienen, ein vermeintlich erzwingbares Recht zum Abschluss eines Sozialplans durchzusetzen, wobei hier lediglich auf eine andere Anspruchsgrundlage, nämlich den Interessenausgleich vom 06.04.2004, abgestellt werden sollte.
Im Rahmen des § 8 Abs. 2 BRAGO a. F. beträgt der Regelstreitwert 4.000,00 . Der Regelstreitwert kann u. a. unter den Gesichtspunkten der Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit sowie des durch sie verursachten Arbeitsaufwandes angemessen zu erhöhen seien. Das Arbeitsgericht hat in dem angegriffenen Streitwertbeschluss diesen Gesichtspunkten bereits dadurch Rechnung getragen, dass es für Hauptantrag und Hilfsantrag zusammen insgesamt vom Fünffachen des Regelstreitwerts ausgegangen ist. Es hat den Streitwert damit nach Einschätzung des Beschwerdegerichts bereits "großzügig" angesetzt, sein Ermessen jedoch noch nicht überschritten.
Wie aus den obigen Ausführungen unmittelbar folgt, erscheint der wirtschaftliche Betrachtungsansatz des Beschwerdeführers demgegenüber verfehlt. Der Beschwerdeführer deutet die von ihm selbst zitierte Rechtsprechung grundlegend fehl, wenn er aus ihr den Schluss zieht, dass immer dann, wenn der Abschluss eines Sozialplans mit einem feststehenden finanziellen Volumen in Streit stehe, dieses finanzielle Volumen gleichbedeutend mit dem Streitwert sei. Vielmehr kommt das wirtschaftliche Volumen eines Sozialplans nur dann als Kriterium bei der Streitwertbemessung in Frage, wenn der Umfang des Volumens selbst aus dem Blickwinkel der Interessenlage des jeweiligen Antragstellers einen Bestandteil des Streits bildet. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber einen Einigungsstellenspruch über einen Sozialplan mit der Begründung anficht, dass das von der Einigungsstelle festgelegte Sozialplanvolumen wirtschaftlich nicht vertretbar sei. In solchen Fällen kann der Umfang der wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers als Antragsteller durch einen Sozialplan von dem Ausgang eines entsprechenden Beschlussverfahrens unmittelbar beeinflusst werden.
So liegt der vorliegende Fall gerade nicht. Wollte man vielmehr den wirtschaftlichen Betrachtungsansatz des Beschwerdeführers vorliegend konsequent anwenden, könnte der Streitwert des Verfahrens allenfalls auf 4.526,90 angesetzt werden; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag des Antragsgegnervertreters hat sich das Gesamtvolumen der an die von der Betriebsschließung betroffenen Arbeitnehmer geleisteten Ausgleichszahlungen in Folge des vorliegenden Beschlussverfahrens lediglich um diesen Betrag erhöht.
Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zugelassen.
(Dr. Czinczoll)
LAG Köln:
Beschluss v. 14.07.2005
Az: 7 Ta 54/05
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