Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2001
Aktenzeichen: 19 W (pat) 46/00

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2001, Az.: 19 W (pat) 46/00)

Tenor

Die Kostenanträge der Einsprechenden 1 und der Einsprechenden 2 werden zurückgewiesen.

G r ü n d e:

I.

Die Beschwerde der Patentinhaberin vom 18. September 2000 hatte sich gegen den Beschluß der Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamtes gerichtet, mit dem das Patent 197 13 924 widerrufen worden war.

Das Streitpatent ist, wie von der Patentinhaberin beabsichtigt, inzwischen wegen Nichtzahlung der 4. Jahresgebühr erloschen.

Die Einsprechende 2 hat eingewandt, da das Patent ex nunc erloschen sei, habe sie ein rechtliches Interesse an der Bestätigung des angefochtenen Beschlusses, da sie sonst uU von der Patentinhaberin wegen Benutzungshandlungen in der Zeit von der Erteilung bis zum Erlöschen in Anspruch genommen werden könnte (Eingabe vom 7.6.2001).

Einer Erledigung des Beschwerdeverfahrens könne deshalb nur dann zugestimmt werden, wenn die Patentinhaberin rückwirkend auf das Patent verzichte.

Überdies müsse die Patentinhaberin die Kosten der Einsprechenden 2 tragen, da sie durch ein verfahrensökonomisches Verhalten das Entstehen dieser Kosten hätte verhindern können; denn ersichtlich sei die Patentinhaberin schon im Januar 2001 entschlossen gewesen, das Patent nicht zu verteidigen und hätte deshalb bereits damals die Beschwerde zurücknehmen können und müssen.

Nachdem die Patentinhaberin zunächst gegenüber der Einsprechenden 2 auf Ansprüche aus dem Patent verzichtet hat (Eingabe vom 4.7.2001), hat die Einsprechende 1 geltend gemacht, daß die Patentinhaberin den Verzicht ausdrücklich auf die Einsprechende 2 beschränkt habe und sie - die Einsprechende 1 - deshalb weiterhin befürchten müsse, für die Vergangenheit aus dem Patent in Anspruch genommen zu werden (Eingabe vom 10.7.2001).

Zudem müsse die Patentinhaberin auch die Kosten der Einsprechenden 1 tragen; denn sie hätte entweder die Beschwerde bereits früher zurücknehmen oder auch gegenüber der Einsprechenden 1 auf die Rechte aus dem Patent verzichten müssen. So aber habe sie Kosten verursacht, die ihr billigerweise aufzuerlegen seien.

Die Patentinhaberin hat daraufhin auch der Einsprechenden 1 gegenüber auf die Rechte aus dem Patent für die Vergangenheit verzichtet (Eingabe vom 24.7.2001).

Beide Einsprechenden haben schließlich das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt, beantragen jedoch weiterhindie jeweiligen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Patentinhaberin aufzuerlegen.

Die Patentinhaberin beantragt, die beiden Kostenanträge zurückzuweisen.

Sie meint, es entspreche nicht der Billigkeit, sie mit den Kosten der beiden Einsprechenden zu belasten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Anträge der beiden Einsprechenden, der Patentinhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, bleiben ohne Erfolg.

Im Beschwerdeverfahren trägt jeder Beteiligte seine Kosten selbst, ein Grundsatz, von dem PatG § 80 ausgeht (vgl ua BGH, BlPMZ 1973, 23 - Lewapur, 1996, 411 - Schutzverkleidung; Schulte, PatG, 6. Aufl., § 80 Rdn 6 mwN).

Von diesem Grundsatz im vorliegenden Falle abzugehen, sieht der Senat keine Veranlassung. Ein Fall, in dem der Grundsatz der Billigkeit es gebietet der Patentinhaberin und Beschwerdeführerin die Kosten der Beschwerdegegnerinnen aufzulegen, liegt nicht vor. Insbesondere kann der Senat in der Verfahrensführung der Patentinhaberin kein Verhalten sehen, das mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt nicht im Einklang steht (vgl BGH, aaO - Schutzverkleidung, II.3.b.aa) aE).

1. Die bloße Tatsache des Verzichts auf ein Patent kann die Kostenbelastung nicht rechtfertigen (vgl ua BPatGE 2, 69; Schulte, PatG, 6. Aufl, § 80, Rdn 16 mwN). Müßte nämlich ein Beschwerdeführer befürchten, mit Kosten belastet zu werden, wenn er sein Patent verfallen läßt, dann wäre er veranlaßt, gegen bessere Einsicht ein vielleicht aussichtsloses Beschwerdeverfahren fortzusetzen und dadurch weitere Kosten zu verursachen, um einem Kostennachteil zu entgehen.

Denn selbst wenn er am Ende unterliegen sollte, müßte er nicht zwingend die gesamten Kosten tragen (vgl ua BGH, aaO - Lewapur; Schulte, aaO, Rdn 11 mwN).

Das Patent verfallen zu lassen und nicht weiter zu verteidigen, stellt demnach keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht dar.

Nichts anderes gilt von der Wahl des Zeitpunktes; an dem die Beschwerdeführerin ihre Absicht, das Patent verfallen zu lassen, dem Gericht und damit mittelbar den übrigen Beteiligten mitgeteilt hat; denn es ist nicht ersichtlich, daß sie durch eine Mitteilung zu einem früheren Zeitpunkt die Beschwerdegegnerinnen veranlaßt hätte, auf die Einschaltung eines Verfahrensbevollmächtigten zu verzichten. Daß diese Mitteilung den Beteiligten nicht umgehend zugestellt wurde, kann zu keiner anderen Beurteilung führen.

2. Aber auch das weitere Verhalten der Beschwerdeführerin läßt keinen Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht erkennen.

Mit dem Erlöschen des Patents ist das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache erledigt (vgl BPatGE 29, 65 mwN) und dies, ohne daß es einer Erledigterklärung durch die Beteiligten bedurfte.

Zutreffend haben die Einsprechenden ausgeführt, daß damit die Wirkungen des Patents lediglich für die Zukunft (ex nunc), nicht jedoch für die Vergangenheit entfallen sind (allg. M., vgl ua Schulte, aaO, § 59, Rdn 37, 215, 216; Busse, PatG, 5. Aufl, § 59, Rdn 181 ff, § 79, 16; Benkard, PatG, 8. Aufl, § 21, Rdn 23, jeweils mwN).

Die Fortsetzung des Verfahrens mit dem Ziel, die Unwirksamkeit des Patents auch für die Zeit bis zu seinem Erlöschen feststellen zu lassen, erfordert nunmehr ein besonderes Rechtsschutzinteresse, das die Einsprechenden geltend zu machen haben (vgl BPatG, aaO).

Da die Patentinhaberin sich keiner Ansprüche aus dem Patent für die Vergangenheit berühmt hat, könnte ein solches Feststellungsinteresse allenfalls dann vorliegen, wenn sie sich geweigert hätte, auf solche Ansprüche zu verzichten (vgl BGH, GRUR 1981, 515 - Anzeigegerät -; GRUR 1985, 871 - Ziegelsteinformling II - für den Fall des Erlöschens eines Gebrauchsmusters; GRUR 1997, 615, - Vornapf -).

Das aber hat die Patentinhaberin nicht getan.

Denn diesen Verzicht brauchte sie nicht unaufgefordert, gewissermaßen vorsorglich zu erklären. Daß sie zunächst allein gegenüber der Einsprechenden 2 den Verzicht erklärt hat, ist nicht zu beanstanden; denn sie hat - entgegen der Auffassung der Einsprechenden 1 - keine Erklärung abgegeben, die erkennen oder auch nur vermuten ließe, der Verzicht beschränke sich auf die Erklärungsempfängerin. Da sich bis zu diesem Zeitpunkt die Einsprechende 1 im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hatte, konnte die Patentinhaberin mit dem Verzicht zu warten, bis jene ihr Interesse an dem Verzicht erklärt hatte. Sie hat danach unverzüglich den Verzicht erklärt.

Der von der Einsprechenden 1 hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung bedurfte es angesichts der ausführlichen schriftlichen Äußerungen nicht.

Dr. Kellerer Schmöger Dr. Mayer Dr. Kaminski Na






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Beschluss v. 17.10.2001
Az: 19 W (pat) 46/00


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