Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 1. Oktober 1997
Aktenzeichen: 26 WF 110/97
(OLG Köln: Beschluss v. 01.10.1997, Az.: 26 WF 110/97)
Im Fall des § 130 Abs. 2 BRAGO steht der Landeskasse nicht die Befugnis zu, den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu stellen.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 14. August 1997 - 12 F 88/96 - dahin abgeändert, daß der Kostenantrag des Beschwerdegegners abgewiesen wird. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse.
Gründe
Die nach § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO statthafte und auch sonst in
formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige Beschwerde des Klägers
hat in der Sache Erfolg, da dem Beschwerdegegner nicht das Recht
zukommt, den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu
stellen.
Der Antragsbefugnis des Beschwerdegegners ermangelt es entgegen
einer in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (LG Frankenthal
JurBüro 1986, 1383) allerdings nicht bereits deshalb, weil die
Landeskasse befugt sein soll, die gemäß § 130 BRAGO auf sie
übergegangenen Ansprüche unmittelbar auf der Grundlage des § 269
Abs. 3 Satz 3 ZPO gegen den Kläger geltend zu machen, ohne daß es
noch einer Kostengrundentscheidung nach dieser Bestimmung bedarf.
Dabei kann dahinstehen, ob der Ansicht zu folgen ist, dem
Kostenausspruch nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO komme nur
deklaratorische Wirkung zu. Ob das zutrifft, kann durchaus
zweifelhaft sein, denn die Aussage des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, der
Kläger, der die Klage zurückgenommen habe, sei verpflichtet, die
Kosten des Rechtsstreits zu tragen, kann inhaltlich kaum anders
verstanden werden als die Formulierung des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO,
die unterliegende Partei habe die Kosten zu tragen; für § 91 Abs. 1
Satz 1 ZPO wird aber - soweit ersichtlich - nicht die Meinung
vertreten, es handele sich um eine nur deklaratorische
Kostenentscheidung. Aber auch dann, wenn von einem deklaratorischen
Charakter des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auszugehen sein sollte, so
würde dies doch nichts "an dem anerkannten Grundsatz" ändern "daß
die die Prozeßkosten betreffende Kostenfestsetzung nur auf Grund
eines die Pflicht zur Kostenerstattung dem Grunde nach
aussprechenden Titels..." durchgeführt werden kann (so zutreffend
KG MDR 1988, 420, 421).
Der Senat vermag sich darüber hinaus auch der vom Amtsgericht
und der vom 10. Zivilsenat dieses Oberlandesgerichts (Beschluß vom
22.10.1990 - 10 WF 230/90) vertretenen Ansicht nicht anzuschließen,
im Fall des § 130 Abs. 2 BRAGO sei die Landeskasse als befugt
anzusehen, den Kostenantrag nach § 269 ZPO zu stellen, um auf diese
Weise die Grundlage für eine Kostenfestsetzung zu ihren Gunsten zu
schaffen. Diese auch von den Landgerichten Osnabrück (JurBüro 1987,
1379) und Aschaffenburg (JurBüro 1990, 1020) und Mümmler (vgl. etwa
JurBüro 1988, 826; Göttlich-Mümmler, BRAGO, 18. Aufl., Ziffer 14.1)
vertretene Ansicht wird damit begründet, das Antragsrecht nach §
269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gehe als Hilfsrecht entsprechend §§ 412, 401
BGB auf die Landeskasse über, wenn diese den Rechtsanwalt nach
PKH-Grundsätzen befriedigt habe. Dem kann mit der wohl
überwiegenden Mehrheit der veröffentlichten Stimmen in
Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1989,
694; OLG Nürnberg JurBüro 1989, 803; LG Hannover JurBüro 1986, 617;
von Eicken in Gerold-Schmidtv.Eicken-Madert, BRAGO, 13. Aufl., §
130 Rn. 4; Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., Band 3, § 269, Fußnote 114
zu Rn. 66) nicht gefolgt werden. Denn das Antragsrecht nach § 269
Abs. 3 Satz 3 ZPO steht der Partei, nicht aber den sie vertretenden
Rechtsanwalt zu; der Prozeßbevollmächtigte hat dieses Recht
grundsätzlich im Sinn oder gemäß dem Auftrag seiner Partei, nicht
aber im eigenen Interesse oder demjenigen der Landeskasse
auszuüben. Damit scheidet aber die Einordnung des Antragsrechts
nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO als eines Hilfsrechts zum
Vergütungsanspruch oder zum Kostenerstattungsanspruch des
Rechtsanwalts ersichtlich aus.
Der vorstehenden Bewertung steht auch das anzuerkennende
Bedürfnis, Manipulationen zum Nachteil der Landeskasse zu begegnen,
nicht entgegen. Dieses Schutzbedürfnis kann - will man die
prozessuale Handlungsfreiheit der bedürftigen Partei gegenüber der
auf eigene Kosten prozeßführenden Partei icht über Gebühr
einschränken - ohnehin nur in gröberen Fällen Platz greifen, etwa
dann, wenn die Landeskasse arglistig geschädigt wird (vgl.
Hartmann, Kostengesetze, § 130 BRAGO Rn. 15 ff.). In einem solchen
Fall kann dem ggfls. mit der Erhebung der Einrede der Arglist
gegenüber dem Vergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts begegnet
werden, nicht jedoch mit einer Inanspruchnahme des Klägers, der
wegen der Prozeßkostenhilfegewährung zugunsten des Beklagten von
keinerlei Verpflichtungen zur Rücksichtnahme auf die Landeskasse
betroffen ist und - etwa bei einem mit dem Beklagten geschlossenen
Vergleich - erwarten kann, daß das Vergleichsgefüge nicht durch
Intervention eines an dem Vergleichsschluß nicht beteiligten
Dritten gestört wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Beschwerdewert: 673,90 DM.
OLG Köln:
Beschluss v. 01.10.1997
Az: 26 WF 110/97
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