Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 2. Oktober 1997
Aktenzeichen: 6 U 86/97
(OLG Köln: Urteil v. 02.10.1997, Az.: 6 U 86/97)
1. Wird ein Produkt (hier: Papier-Haushaltstuch) mit einer Oberflächengestaltung (hier: Wabenmuster), die den Wiedererkennungswert bzw. den Aufmerksamkeitseffekt der äußeren Ausgestaltung einer unmittelbar mit ihm konkurrierenden Ware schmälern kann, zeitlich vor dieser in den deutschen Markt eingeführt, läßt sich hieraus allein kein Unlauterkeitsvorwurf i.S. von § 1 UWG herleiten.
2. Die befristete Abgabe (Erprobung) eines Produktes auf einem örtlich begrenzten Testmarkt zur Erforschung seiner Marktchancen stellt grundsätzlich (noch) kein auf seinen bundesweiten Vertrieb gerichtetes bzw. angelegtes Inverkehrbringen dar. Auch ein derartiges Testprodukt genießt aber Schutz vor Nachahmung seiner Ausstattung. Die Annahme unlauterer Nachahmung und/oder Anlehnung an das Testprodukt verbietet sich aber dann, wenn das Konkurrenzprodukt zeitlich nach Beginn der Testphase in einer Ausstattung auf den Markt gelangt, die das Ergebnis eigener, vor Testbeginn abgeschlossener Entwicklungsprozesse ist.
3. Zur Frage der Verwechslungsgefahr und ihrer Glaubhaftmachung bei Oberflächengestaltungen und der werblichen Präsentation von Konsumgütern sowie der Behinderung beim Marktzutritt.
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 18. März 1997 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 90/97 - wird zurückgewiesen. Klarstellend wird festgestellt, daß der Unterlas-sungsantrag zu Ziff. 1(b) der Antragstellerin in der Hauptsache erledigt und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts insoweit gegenstandslos ist. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung, mit dem nur noch der Unterlassungsantrag zu Ziff. 1 a)
(entsprechend der Bezifferung in der Antragsschrift der
Antragstellerin vom 31. Januar 1997) geltend gemacht wird, nachdem
die Parteien im Berufungstermin hinsichtlich des
Unterlassungsverlangens der Antragstellerin zu Ziff. 1 b) den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, bleibt
auch nach dem Berufungsvorbringen der Antragstellerin ohne
Erfolg.
Das Rechtsmittel der Antragstellerin scheitert allerdings nicht
an der fehlenden Zulässigkeit des Verfügungsantrags. Insoweit
bestehen keine Bedenken, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin
ebenfalls nicht gegenüber dem Vorliegen des Verfügungsgrundes. Wie
bereits zutreffend vom Landgericht ausgeführt, auf dessen
Erwägungen Bezug genommen wird, ist die zugunsten der
Antragstellerin eingreifende Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG
nicht durch das eigene Verhalten der Antragstellerin widerlegt.
Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die dazu führen
könnten, der Antragstellerin die Verfolgung ihres
Unterlassungsbegehrens gegenüber der Antragsgegnerin im Wege der
einstweiligen Verfügung mangels Dringlichkeit zu versagen.
Der Verfügungsantrag der Antragstellerin ist jedoch nicht
begründet. § 1 UWG, der wie schon in der ersten Instanz auch nach
dem Berufungsvorbringen der Antragstellerin allein als
Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, vermag das
Unterlassungsbegehren zu 1 a) der Antragstellerin und die damit
erhobene Beanstandung der Oberflächen-Struktur bzw.
Oberflächen-Prägung der von der Antragsgegnerin unter der
Bezeichnung "K. Super Saugtuch" vertriebenen Papier-Küchentücher
nicht zu rechtfertigen.
Die Voraussetzungen des § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der
gezielten Behinderung der Antragstellerin bei der Markteinführung
der von ihr unter der Bezeichnung "B." vertriebenen
Papier-Küchentücher durch die Antragsgegnerin sind von der
Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Zur Begründung eines derartigen Unlauterkeitsvorwurfs gegenüber
der Antragsgegnerin genügt es nicht, daß die Antragsgegnerin mit
ihrem Produkt möglicherweise objektiv den Wiedererkennungswert der
bei "B." vorhandenen Prägung und bzw. oder den
Aufmerksamkeitseffekt der dortigen Prägung beim Publikum schmälert,
weil es neben "B." auf dem deutschen Markt noch ein weiteres
Produkt mit Papier-Küchentüchern gibt, die mit einer bestimmten
Muster-Prägung versehen sind. Die Antragsgegnerin ist mit ihrem
Produkt seit dem 27. Dezember 1996 auf dem deutschen Markt präsent,
damit mehrere Monate vor dem erst ab April 1997 vertriebenen
Produkt der Antragstellerin. Dann aber ist die vorstehend
angesprochene mögliche Auswirkung der Existenz des Produkts der
Antragsgegnerin auf dem deutschen Markt für das Produkt der
Antragstellerin Folge der zeitlichen besseren Ausgangsposition der
Antragsgegnerin, die, wie vom Landgericht zutreffend angeführt, für
sich genommen nicht zu beanstanden ist. Daß die Antragstellerin ihr
Produkt "B." bereits in der Zeit vom 26. Februar 1996 bis zum 29.
November 1996, also noch vor dem Marktzutritt der
streitgegenständlichen K.-Papierküchentücher, in H. getestet hat,
begründet keine andere Beurteilung. Eine derartige Erprobung eines
Produkts auf einem örtlich begrenzten Testmarkt wie hier dem von
der GfK für Marktstudien mit bundesweiter Aussagekraft eingesetzten
Testgebiet H. kann nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden mit dem
von der Antragsgegnerin im Dezember 1996 begonnenen bundesweiten
Inverkehrbringen ihres Produkts, kann aber ebenfalls nicht
gleichgesetzt werden mit einer Vertriebshandlung, die sich
vielleicht zunächst auf einen regionalen Markt beschränkt, aber in
ihrem Kern auf einem bundesweiten Vertrieb angelegt ist. Anders als
bei diesen Vertriebshandlungen, die selbst bei eventuell zunächst
regionaler Beschränktheit darauf ausgerichtet sind, das Produkt auf
Dauer (mit einer bestimmten Ausstattung und Gestaltung) auf den
Markt einzuführen, soll bei der Erprobung eines Produktes auf einem
Testmarkt regelmäßig erst festgestellt werden, ob das Produkt
überhaupt Marktchancen hat und später - nach erfolgreichem Abschluß
des Tests - auf den Markt kommen soll. Weiterhin soll zumeist mit
solchen Tests auch ermittelt werden, welche Gestaltung des Produkts
und bzw. oder seiner Werbung dem Produkt voraussichtlich den
größten Erfolg beim Verbraucher sichern kann.
Auch bei dem Test von "B." in H. ging es - jedenfalls in der
Anfangsphase des Tests - ersichtlich um alle diese Fragen. Dies
legt nicht nur die Testdauer von neun Monaten sondern ebenfalls der
Umstand nahe, daß der deutsche Handel erst ab September 1996 über
die bevorstehende nationale Markteinführung von "B." informiert
worden ist, wobei der Senat den von der Antragstellerin vorgelegten
Glaubhaftmachungsmitteln nicht entnehmen kann, daß im Herbst 1996
gegenüber dem Handel bereits ein genaues Datum für die
Markteinführung genannt worden ist. Daß "B." erst im April 1997
"regulär" auf den deutschen Markt gebracht worden ist, obwohl der
Test in H. schon Ende November 1996 abgeschlossen war, macht im
übrigen deutlich, daß von einem nahtlosen Óbergang des
Testvertriebs von "B." in den "regulären" Vertrieb des Produkts
keine Rede sein kann.
Die Erprobung eines Produktes auf einem begrenzten und für die
Wettbewerber erkennbar als solcher ausgewiesenen Testmarkt wie hier
in H. macht zwar das getestete Produkt nicht schutzlos.
Insbesondere können die Besonderheiten des Testvertriebs gegenüber
dem "regulären" Vertrieb die Wettbewerber nicht berechtigen, das
getestete Produkt nachzuahmen und die Nachahmung auf den Markt zu
bringen. Andererseits vermag ein solcher Test nicht gem. § 1 UWG
den Vertrieb eines Produktes zu hindern, welches das Ergebnis
eigener, bereits vor dem Testbeginn des Konkurrenzproduktes
einsetzender oder gar abgeschlossener Entwicklungsprozesse und
Entscheidungen des Vertreibenden ist und sich auch in seiner
äußeren Gestaltung von dem "Testprodukt" unterscheidet, so daß von
einer Anlehnung an die Ausstattung des "Testprodukts" keine Rede
sein kann. Die beanstandeten Papier-Küchentücher des Produkts "K.
Super Saugtuch" stellen aber nach dem Sachvortrag der Parteien im
vorliegenden Eil-Verfahren ein derartiges Produkt dar. Die
Antragsgegnerin hat durch Vorlage entsprechender Unterlagen sowie
durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, daß die
Entscheidung, ein mit einem Muster versehenes Papier-Küchentuch auf
den deutschen Markt zu bringen, nicht erst nach dem Beginn des
Testvertriebs von "B." in H. gefallen ist, sondern schon zu einem
früheren Zeitpunkt. Die von der Antragsgegnerin überreichten
Anlagen AG 13 und AG 14, 15 belegen, daß die Antragsgegnerin
bereits im Jahre 1988 (Anlage AG 13) und 1994. (Anlagen AG 14, 15)
Vergleichstest und Studien zur Frage der Musterung von
Papier-Küchentüchern durchgeführt hat. Dabei stellte sich heraus,
daß der Verbraucher einer bestimmten Art von Mustern im Bereich von
Küchentüchern den Vorzug gab, weil diese Muster den Eindruck von
mehr Saugkraft vermittelten. In die gleiche Richtung geht die von
der Antragsgegnerin als Anlage AG 17 vorgelegte Studie aus dem
Jahre 1993. Bei den Untersuchungen, die dieser Studie
zugrundeliegen, war zwar nach der Assoziation bestimmter Muster auf
Toilettenpapier beim Verbraucher gefragt. Die dabei erzielten
Ergebnisse - die Ablehnung bestimmter Muster durch die Befragten
und die dafür gegebene Begründung, mit der die Verbraucher eine
bestimmte Musterung für Toilettenpapier negativ beurteilten, weil
sie das Papier eher als ein solches für die Küche erscheinen ließ -
waren auch für die in etwa zeitgleichen Ermittlungen der
Antragsgegnerin zur Musterung und Prägung von Papier-Küchentüchern
verwertbar und nutzbar. Die Untersuchungen der Antragsgegnerin
fanden ihren Niederschlag in dem Strategieplan vom 3. Juli 1995
(Anlage AG 21). Dieser Strategieplan enthält bereits Zeitvorgaben
und nähere Beschreibungen zu den Ausstattungsmerkmalen bestimmter
Produkte der Antragsgegnerin, darunter auch Angaben zu einem als
"ULTRA" bezeichneten Produkt, welches danach 1997 mit "Quilted
embossing" auf den Markt kommen sollte und zu dem es in dem
Strategieplan für das Jahr 1997 weiter wie folgt heißt: "New
extension for ultra. The thicker cleaner upper". Ausweislich dieser
Angaben war somit schon im Juli 1995 das dann Ende Dezember 1996
auf den Markt gebrachte streitgegenständliche K.-Produkt ins Auge
gefaßt. Wie sodann durch die von der Antragsgegnerin überreichte
Anlage AG 22 und die eidesstattliche Versicherung des Zeugen D. vom
28. August 1997 glaubhaft gemacht und wie mittelbar auch durch die
eidesstattliche Versicherung des Zeugen F. vom 21. Februar 1997
bestätigt wird, wurde dieser Strategieplan dem Management der
Antragsgegnerin Ende Januar 1996 präsentiert. In der Anlage AG 22,
die das Datum vom 29. Januar 1996 trägt, findet sich bei dem
Produkt "K. Ultra" für das Jahr 1997 der Hinweis "Diamond" für die
Musterung des Produktes. Aus der bereits erwähnten eidesstattlichen
Versicherung des Zeugen F. vom 21. Februar 1997 (Anlage AG 8) ist
schließlich zu entnehmen, daß die Antragsgegnerin Anfang 1996 mit
dem Prozeß begonnen hat, der zur Auswahl von drei verschiedenen
Strukturmustern für das hier in Rede stehende K. Super Saugtuch und
dann zu dem von der Antragstellerin im vorliegenden Rechtsstreit
beanstandeten Prägemuster der Antragsgegnerin führte.
Die vorstehend dargestellten Entwicklungen und Entscheidungen
bei der Antragsgegnerin vollzogen sich sämtlich (bis eventuell auf
die Entscheidung für die Auswahl des konkreten Musters aus den
Musterproben, wie es in der eidesstattlichen Versicherung des
Zeugen F. beschrieben wird) vor dem Testbeginn von "B." in H. und
der Information des Handels über die beabsichtigte Einführung von
B. auf dem deutschen Markt im Herbst 1996, aber ebenfalls vor dem
Vertrieb des Produkts der Antragsgegnerin in Àsterreich ab August
1996. Das einzige, was damals - bis zum Testbeginn von B. in H. -
bekannt war, war die Bestellung von Herrn A. zum Marketing Manager
für B./Europa, über die in dem Presseorgan "H." vom 2. Juli 1995
berichtet worden war. Daraus ergibt sich aber noch nichts dafür,
ob, und wenn ja wann B. auf den deutschen Markt kommen sollte. Dies
gilt um so weniger angesichts der Tatsache, daß "B." mit der
streitgegenständlichen Prägung bereits seit 1993 sehr erfolgreich
auf dem US-amerikanischen Markt vertrieben worden ist, ohne daß
dies 1994 oder zumindest 1995 zu einer Erweiterung des Vertriebs
auf den deutschen Markt führte. Gerade das Produkt "B." macht dabei
deutlich, daß es, wie bereits vom Landgericht zutreffend
ausgeführt, ersichtlich keineswegs die durchgängige
Geschäftspolitik der Antragstellerin ist, erfolgreiche Produkte
weltweit zu vertreiben. Selbst diese von der Antragstellerin als
Argument zur Begründung ihres Unterlauterkeitsvorwurfs gegenüber
der Antragsgegnerin angeführte angebliche Geschäftspolitik mußte
danach der Antragsgegnerin nicht deutlich machen, daß "B." zu einem
bestimmten Zeitpunkt oder zumindest in absehbarer Zeit nach 1993
auf den deutschen Markt kommen würde.
Von einer unlauteren Behinderung der Markteinführung von "B."
auf dem deutschen Markt durch die Antragsgegnerin kann zudem umso
weniger die Rede sein, weil das beanstandete Prägemuster des
K.-Küchentuchs sich nicht nur als Ergebnis bereits vor dem
Testbeginn von "B." in H. durchgeführter bzw. begonnener Studien
und Entwicklungen darstellt, sondern die Antragsgegnerin bei diesem
konkreten Muster ersichtlich auch auf ihre eigenen
Produktentwicklungen zurückgegriffen hat. Die Antragsgegnerin ist
Ende 1995/Anfang 1996 aus einem Zusammenschluß der K.-C.
Corporation und der S. P. Company entstanden. Die S. P. Company hat
in der Zeit von 1980 bis 1986 das als Anlage AG 11 überreichte
Muster "F. Q." für Papier-Küchentücher verwandt und dieses Produkt
in Großbritannien auf den Markt gebracht. Dieses Muster entspricht
aber nach Größe und Gestaltung der dortigen Rauten einschließlich
deren Anordnung im wesentlichen dem im vorliegenden Rechtsstreit
beanstandeten Muster der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin hat
zudem 1995 auf dem deutschen Markt und in einigen anderen, nicht
näher bekannten europäischen Ländern das Produkt "S. Clean-Mr. B."
vertrieben. Auch das Muster dieser Papier-Küchentücher
demonstriert, daß sich die Prägung des jetzigen Produkts der
Antragsgegnerin auf eigene Entwicklungen der Antragsgegnerin
stützt. Auch vor dem Hintergrund der/des bereits bei der
Antragsgegnerin vor 1996 vorhandenen Erfahrung und Musterfundus
sieht es deshalb der Senat als hinreichend glaubhaft gemacht an,
daß das beanstandete Muster der Antragsgegnerin das Ergebnis einer
eigenständigen Entwicklung bei der Antragsgegnerin ist.
Hinzu kommt schließlich, daß das beanstandete K.-Muster, wie
bereits vom Landgericht ausgeführt, keine identische Nachahmung des
B.-Musters darstellt. Das Muster der Papier-Küchentücher des
Produktes "K. Super Saugtuch" unterscheidet sich nicht nur durch
die dort verwandten Rauten von dem "B."-Muster mit seinen
Quadraten, sondern ebenfalls durch die konkrete Ausführung dieses
Musters, die dem K.-Tuch eher die Anmutung der auf dem Markt
befindlichen Viskose-Haushaltstücher gibt. Das "B."-Tuch mit den
größeren "Punkten" und Abständen zwischen diesen "Punkten" läßt
demgegenüber seinen Papier-Charakter sehr viel deutlicher erkennen,
wie die Musterung von "B." mit den dort verwandten Quadraten auch
sonst eher als das K.-Muster die Erinnerung an die Prägung der
Ränder bei Papier-Taschentüchern und Papier-Servietten erweckt.
Allein aufgrund der Gestaltung der sich gegenüberstehenden
Papier-Küchentücher sieht der Senat daher eine Verwechslungsgefahr
oder eine gezielte Anlehnung des K.-Musters an das Muster von B. -
zumal unter Einbeziehung der oben dargestellten Entwicklung bei der
Antragsgegnerin - nicht als hinreichend glaubhaft gemacht an.
Die von der Antragstellerin vorgelegten Meinungsumfragen
begründen keine andere Beurteilung. Zu der Frage der
Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Produkte nehmen die
mit der Anlage BB 6 überreichte Umfrage mit den gutachterlichen
Àußerungen des Sachverständigen in der Anlage BB 7 und BB 11
Stellung. Es geht dabei um eine Befragung, die im Zeitraum
Februar/März 1997 auf dem österreichischen Markt durchgeführt wurde
und die nach ihrer Themastellung darauf abzielt, die
Produktvorstellungen sowie die Verwechslungsgefahr für die
streitgegenständlichen Papier-Küchentüchern festzustellen, und zwar
bezogen auf die unverpackten Küchentücher. Bei dieser Umfrage
bestehen jedoch Bedenken gegenüber der Methodik der Fragestellung.
Nach den Erläuterungen des Sachverständigen in der Anlage BB 7
sollte bei der Umfrage (im Anschluß an die völlig allgemein
gehaltenen Eingangsfragen Nr. 1 und Nr. 2) mit den Fragen Nr. 3 bis
6 zunächst ermittelt werden, wie weit und in welcher Weise den
Befragten die Papier-Küchentücher der Marke "B." bekannt sind
(wobei dann das Interview ab der Frage Nr. 7 nur noch mit denen
fortgesetzt wurde, denen "B." bekannt war). Wie aber die Fragen Nr.
3 bis 6 deutlich machen, wurde die Aufmerksamkeit der Befragten
damit in einer derart gezielten Weise auf das Produkt "B." und
dessen äußerliche Erkennungsmerkmale gerichtet, daß die Ergebnisse
der nachfolgenden Fragen nicht geeignet sind, die Behauptung der
Antragstellerin vom Bestehen einer Verwechslungsgefahr der sich
gegenüberstehenden Produkte im Hinblick auf deren Musterprägung
ausreichend glaubhaft zu machen. Es ist eher erstaunlich, daß trotz
der - auch aus der Sicht der Befragten - unverkennbar deutlich auf
die Musterung hinzielenden Fragen und der unstreitig massiven
Werbemaßnahmen der Antragstellerin, die insbesondere in der
TV-Werbung gezielt die als "wabenartig" bezeichnete Struktur ihres
Tuches herausstellen und dessen Prägung in Großaufnahme zeigen, nur
28,7 % der Befragten die Merkmale "Muster, Prägung, Struktur" als
äußerliche Kennzeichnungen von "B." nannten und lediglich 18,7 %
der Befragten das Produkt der Antragsgegnerin für das Produkt "B."
hielten bzw. nur 14,6 % der Befragten die Merkmale "Muster,
Prägung, Struktur" als Grund für diese Benennung angegeben haben.
Die von der Antragstellerin vorgelegten weiteren Befragungen
(Anlagen BB 2 und BB 4) mit den sich darauf beziehenden
gutachterlichen Àußerungen in den Anlagen BB 3, BB 5 und BB 11
führen weder für sich genommen noch unter Berücksichtigung der
erörterten Anlagen BB 6 und BB 7 zu einer anderen Bewertung der
Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Produkte und bzw.
oder Muster. Dies gilt ebenso wie in bezug auf die bereits
erörterte Anlage BB 6 ungeachtet aller sonstigen Zweifel gegenüber
diesen Befragungen auch aufgrund der sich aus der von der
Antragsgegnerin vorgelegten Emnid-Umfrage ergebenden Bedenken an
einer Verwechslungsgefahr der streitgegenständlichen Produkte. Die
Emnid-Umfrage (Anlage AG 36) war im August 1997 auf dem deutschen
Markt zu den verpackten Küchenrollen der Parteien durchgeführt
worden, wobei der Senat aufgrund der eidesstattlichen Versicherung
des Zeugen S. im Termin vom 29. August 1997 als hinreichend
glaubhaft gemacht ansieht, daß Gegenstand der Umfrage die von der
Antragsgegnerin im Termin vom 29. August 1997 überreichte Packung
(Doppelrolle) des Produkts "K. Super Saugtuch" in der mit dem
ursprünglichen Unterlassungsantrag zu Ziff. 1 b) beanstandeten
Ausstattung war. Ausweislich der Tabelle Nr. 2 gingen jedoch nur
12,4 % bzw. 13 % der Befragten davon aus, daß "B." und "K."
irgendwie zusammenhängen. Eine solche Quote reicht aber - zumal bei
Einbeziehung der angeführten eigenen Forschungen und Entwicklungen
nebst Musterfundus der Antragsgegnerin vor dem frühesten Zeitpunkt
eines Marktzutritts von "B." auf dem deutschen Markt - nicht aus,
um die Ansicht der Antragstellerin von einer unlauteren Behinderung
des Marktzutritts von "B." durch die Antragsgegnerin zu
stützen.
Nach alledem ist mit dem Landgericht davon auszugehen, daß das
beanstandete Wettbewerbsverhalten der Antragsgegnerin nicht den
Tatbestand des § 1 UWG unter dem Aspekt der Behinderung
erfüllt.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich jedoch zugleich, daß
auch die Voraussetzungen des Tatbestands der vermeidbaren
Herkunftstäuschung im Sinne von § 1 UWG nicht hinreichend glaubhaft
gemacht ist. Abgesehen von den angeführten Besonderheiten, die für
den Vertrieb eines Produktes auf einem Testmarkt wie hier in H.
gelten, scheitert dieser Tatbestand jedenfalls an der nicht
hinreichend glaubhaft gemachten Verwechslungsgefahr. Schließlich
sind ebenfalls keine Umstände ersichtlich, die das
Unterlassungsbegehren der Antragstellerin zu 1 a) gemäß § 1 UWG
unter dem Aspekt der Rufausbeutung rechtfertigen könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Dabei entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des
Unterlassungsantrags zu 1 b), hinsichtlich dessen die Parteien -
wie bereits erwähnt - den Rechtsstreit im Berufungstermin in der
Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, der
Antragstellerin aufzuerlegen, denn diese wäre ohne die
Erledigungserklärungen der Parteien mit ihrem Rechtsmittel auch
insoweit unterlegen. Der Unterlassungsantrag zu 1 b) war zwar aus
den oben angeführten Gründen zum Unterlassungsantrag zu 1 a)
zulässig. Er hätte aber in der Sache nicht zum Erfolg geführt, denn
die Voraussetzungen des § 1 UWG, der auch bei diesem
Unterlassungsanspruch allein als Anspruchsgrundlage in Betracht
kommt, waren von der Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft
gemacht. Was den Tatbestand der vermeidbaren Herkunftstäuschung im
Sinne von § 1 UWG angeht, kann auf die Erörterungen zum
Unterlassungsanspruch zu 1 a) verwiesen werden. Wie bereits dort
ausgeführt ist schon fraglich, ob dieser Tatbestand überhaupt im
vorliegenden Fall Anwendung finden kann, weil "B." vor der
Markteinführung des Produkts der Antragsgegnerin nur "testweise" in
H. angeboten worden ist. Der hier in Rede stehende Tatbestand des §
1 UWG würde zudem an der fehlenden Verwechslungsgefahr der sich
gegenüberstehenden Produkte scheitern, wie ebenfalls bereits im
Rahmen der Erörterungen zu dem Unterlassungsanspruch zu 1 a)
ausgeführt.
Es kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, daß der
Unterlassungsantrag zu 1 b) bis zu seiner Erledigung jedenfalls
gemäß § 1 UWG aus Behinderungsaspekten in der Sache gerechtfertigt
war. Die beanstandete Gestaltung des Produkts der Antragsgegnerin
bietet hierfür keine ausreichenden Anhaltspunkte. Auch sonst sind
keine Umstände von der Antragstellerin angeführt oder aus der Akte
ersichtlich, die das Wettbewerbsverhalten der Antragstellerin unter
dem Gesichtspunkt der Behinderung als gemäß § 1 UWG unzulässig
ausweisen. Es ist durchaus üblich, daß auf der Außenverpackung auf
bestimmte Produktmerkmale hingewiesen wird, insbesondere dann, wenn
diese eine Ànderung erfahren haben, wie bei dem "K. Super Saugtuch"
auf die neue Prägung durch die farblich hervorgehobene Abbildung
des Musters und dessen Vergrößerung in der kreisrunden Abbildung
auf der rechten Seite der Verpackung mit den Hinweisen "NEUE
PRÀGUNG" auf der gelben Kreisumrandung. Wie bereits eingangs dieses
Urteils im Zusammenhang mit der Erörterung des Unterlassungsantrags
der Antragstellerin zu 1 a) dargestellt, begründet die Verwendung
des streitgegenständlichen Musters für die K.-Küchentücher durch
die Antragsgegnerin nicht den Vorwurf eines gemäß § 1 UWG
unlauteren Handelns gegenüber der Antragsgegnerin. Die Abbildung
des Tuchs und dessen Muster auf der K.-Außenverpackung waren daher
nicht geeignet, dem Unterlassungsantrag zu 1 b) zum Erfolg zu
verhelfen. Soweit die Antragstellerin aus der kreisrunden Abbildung
auf der rechten Packungs-Vorderseite einen deutlichen Hinweis dafür
sieht, daß es der Antragsgegnerin bei der Packungsgestaltung darum
gegangen sei, sich dem Produkt "B." unlauter zu nähern und dieses
auf dem Markt zu behindern, steht dem entgegen, daß sich die
Außenverpackung des Produkts der Antragsgegnerin zum einen
insgesamt nicht unerheblich von der Gestaltung der Außenverpackung
des Produkts "B." abhebt. Hinzu kommt, daß bereits die
Außenverpackung des 1995 von der Antragsgegnerin vertriebenen
Produkts "Servus Clean-Mr. Big" auf der rechten Seite eine runde
Abbildung mit einer vergrößerten Wiedergabe eines
Musterausschnittes in einem Doppelkreis aufwies, wie die von der
Antragsgegnerin überreichte Anlage AG 18 erkennen läßt. Auch wenn
der Musterausschnitt bei dem 1995 vertriebenen Produkt etwas anders
gestaltet ist als bei dem jetzt beanstandeten Produkt der
Antragsgegnerin, weist dies doch darauf hin, daß die
Antragsgegnerin auch bei der Gestaltung der Außenverpackung des "K.
Super Saugtuchs" auf eigene Entwicklungen und Produktformen
zurückgegriffen hat, die bereits vor dem Beginn des Tests von "B."
in H. vorhanden waren, und diese - wenn auch in etwas veränderter
Form - bei dem im vorliegenden Rechtsstreit von der Antragstellerin
beanstandeten Produkt weitergeführt hat. Soweit die Antragstellerin
aus der Markenanmeldung der Antragsgegnerin vom 21. November 1996
(Anlage BB 18) für die Außenverpackung des "K. Super Saugtuchs"
herleitet, daß sich die Antragsgegnerin noch zum Zeitpunkt der
Markenanmeldung nicht für die streitgegenständliche Außenverpackung
ihres Produkts entschieden habe, was wiederum nur dahin verstanden
werden könne, daß die Antragsgegnerin ihre Außenverpackung an der
zum damaligen Zeitpunkt bereits in H., auf dem österreichischen
Markt sowie durch die Präsentation von "B." gegenüber dem deutschen
Handel im Herbst 1996 bekannte Verpackung von "B." orientiert hat,
ist dem entgegenzuhalten, daß die Markenanmeldung nur einen kleinen
Ausschnitt der Außenverpackung wiedergibt, nämlich sich auf den
Marken- und Produktnamen in deren konkreten Gestaltung beschränkt.
Diese Markenanmeldung der Antragsgegnerin läßt daher nicht den von
der Antragstellerin geltend gemachten Schluß zu. Da schließlich
auch im übrigen keine Umstände ersichtlich sind, die dem
Unterlassungsantrag zu 1 b) gemäß § 1 UWG zum Erfolg hätten
verhelfen können, waren die Kosten dieses in der Hauptsache
erledigten Unterlassungsbegehrens nach den Grundsätzen des § 91 a
Abs. 1 ZPO der Antragstellerin aufzuerlegen.
Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung
rechtskräftig.
OLG Köln:
Urteil v. 02.10.1997
Az: 6 U 86/97
Link zum Urteil:
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