Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. August 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 80/02
(BPatG: Beschluss v. 14.08.2002, Az.: 29 W (pat) 80/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Wortmarke
"Smartweb"
soll für die Dienstleistungen
"Durchführung von Auktionen und Versteigerungen im Internet; Betrieb eines Call-Centers, nämlich Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren (Auftrags- und Bestellannahme) sowie Beratung im Hinblick darauf, Marktforschung, Betrieb einer Informations-, Beschwerde- und Notfall-Hotline; vorgenannte Dienstleistungen via Telekommunikation insbesondere mit dem Ziel der Außendienstunterstützung/-optimierung, der Stammkundenpflege und der Neukundengewinnung;
Telekommunikation; Telefonantwortdienste; Anbieten von Dienstleistungen im Internet, nämlich Auktionen, Versteigerungen, Unterricht, Tauschbörsen, Sammeln und Liefern von Nachrichten; Übermittlung von Nachrichten; Zugangsvermittlung zu Verzeichnissen der in Daten-Netzwerken, insbesondere im Internet verfügbaren Informationen;
Erteilung von Unterricht im Internet;
Such- und Vermittlungsdienste, nämlich Suchen und Auffinden von Informationen in einem Daten-Netzwerk, insbesondere dem Internet; Vermittlung von Bekanntschaften, Brief- und Chat-Freundschaften."
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch eine Beamtin des höheren Dienstes mit Beschluss vom 16. Januar 2002 zurückgewiesen. Der angemeldeten Kennzeichnung fehle jegliche Unterscheidungskraft und es handele sich für die beanspruchten Waren um eine beschreibende Angabe (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG). Die angemeldete Marke bestehe aus dem englischen Adjektiv "SMART" (klug, gescheit, schlau), das auf dem Gebiet der Mikroelektronik und elektronischen Datenverarbeitung einen geläufigen Fachbegriff im Sinne von "gerätetechnischer" bzw. "künstlicher Intelligenz" darstelle, und dem Substantiv "Web" (Kurzform für ein weltweites Hypermediasystem mit der Bezeichnung "World-Wide-Web" im Internet). Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen stelle die angemeldete Wortkombination eine unmittelbar beschreibende und allgemein verständliche Angabe dar, da sie lediglich darauf hinweise, dass es sich um Dienstleistungen handele, die im intelligenten Web oder mit einem intelligenten Web erbracht werden. Wegen des beschreibenden Gehalts sehe der Verkehr in der Marke auch keine Betriebskennzeichnung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses trage allenfalls für Dienstleistungen, die den Betrieb eines World Wide Web ermöglichten. Beansprucht seien jedoch Dienstleistungen, die teilweise überhaupt nicht in einem "Web" abgewickelt oder angeboten würden. Insoweit vermittle der Zeichenbestandteil "Web" keine sinnvolle Aussage, sondern beinhalte lediglich einen sehr verschwommenen Begriffsinhalt. Soweit Dienstleistungen beansprucht seien, die im Internet angeboten werden, handle es sich ebenfalls nicht um eine Sachangabe, weil die Eigenschaften des "Web" nicht von einzelnen Anbietern im Internet beeinflusst werden; ein "smartes Web" könne lediglich von Providern gestaltet und beeinflusst werden. Auch die Abwicklung von Unterricht oder Versteigerungen stelle allenfalls die Nutzung eines mehr oder weniger "smarten" Mediums dar, sei aber nicht das Web selbst.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Der Senat hat eine Internetrecherche zur Bedeutung der Wortzusammensetzung "Smartweb" durchgeführt, deren Ergebnis dem Anmelder zur Kenntnis gegeben worden ist.
II Die gem. § 165 Abs. 4, § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das angemeldete Wortzeichen ist für die beanspruchten Dienstleistungen als Marke nicht eintragbar. Soweit die Anmeldung eine Dienstleistungsmarke im Bereich des Telefonversandhandels betrifft, ist die Anmeldung zu unbestimmt gem. § 32 Abs. 3 MarkenG, §§ 14 Abs. 1, 15 MarkenV, § 36 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 MarkenG iVm dem Abkommen von Nizza über die Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken v. 15. Juni 1957, 8. Auflage, und es fehlt ihr darüber hinaus, ebenso wie für die übrigen davon unabhängigen und selbständigen Dienstleistungen die Schutzfähigkeit gem. § 8 Ab 2 Nr. 1 MarkenG.
1. Die Anmeldung der Dienstleistung "Betrieb eines Call-Centers, nämlich Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren (Auftrags- und Bestellannahme) sowie Beratung im Hinblick darauf; vorgenannte Dienstleistungen via Telekommunikation insbesondere mit dem Ziel der Außendienstunterstützung/-optimierung, der Stammkundenpflege und der Neukundengewinnung" betrifft eine Form des Handels, nämlich das sog. Electronic Shopping bzw. Teleshopping, die ihrer Art und Zweckbestimmung nach neben den stationären und den ambulanten Einzelhandel im Rahmen des Versandhandels als eine weitere Art der Einzelhandelsdienstleistungen tritt.
1.1. Als Call-Center bezeichnet man Kommunikationszentren, in denen Kundenkontakte mittels moderner Kommunikationsmittel (Telefon, E-Mail, Fax, Internet, Coupon, Brief, Anrufbeantworter etc.) auf der Basis DV-gestützter Informationstechnologien, insbesondere von Kundendaten aus Datenbanken, abgewickelt werden. Grundsätzlich kann ein Call-Center eine große Palette unterschiedlicher Tätigkeiten umfassen. Diese können entweder für Dritte, die mit dem Betreiber des Call-Centers in keinerlei betrieblicher Verbindung stehen, erbracht werden. Insoweit handeln sie als outgesourcter Bereich eines Unternehmens ausschließlich für einen oder mehrere andere Unternehmer. Die Tätigkeiten eines Call-Centers können aber auch als ein unselbständiger Unternehmensteil eines Gesamtunternehmens vorkommen. In beiden Fällen werden sowohl Anfragen von Kunden unmittelbar und effizient von Spezialisten bearbeitet als auch Kunden aktiv angesprochen. Hierbei kann unter Einsatz der modernen DV-Technik ein individuelles Kundenprofil erstellt und - etwa im Bereich der Direktversender - anhand des bisherigen Kaufverhaltens ein individuell zugeschnittenes Warenangebot für jeden einzelnen Kunden bedürfnisgerecht zusammengestellt werden (Castenow, New Marketing in der Praxis, Econ Verlag, 1993, S. 80). Ziel ist die größere Effizienz eines Unternehmens aufgrund vermehrter Vertragsabschlüsse, die durch Kundennähe, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit bzw. Kundenloyalität erreicht werden können, sowie Kostensenkung durch schlagkräftige Konzentration von Knowhow und Technologieeinsatz, was sich auf Umsatz, Verkaufsraten und Wertschöpfung auswirkt (vgl. dazu Vahlen, Großes Marketing Lexikon, dtv 1994, Stichwort "Telefonverkauf"; Koschnick, Standard-Lexikon Werbung, Verkaufsförderung Öffentlichkeitsarbeit, 1996, Stichwörter "Telefonmarketing, Telefonverkauf"; Gabler, Wirtschaftslexikon, Stichwort "Call Center"; Castenow, New Marketing in der Praxis, Econ Verlag, 1993, S. 297; Frühschütz, E-Commerce-Lexikon, 1. Aufl. 2001, Stichwörter "Call Center, E-Commerce, Electronic Commerce, Electronic Mall, electronic Shop, elektronischer Markt"). Vor diesem ökonomischen Hintergrund hat sich diese Erscheinungsform des Handels Hand in Hand mit der zunehmenden Bedeutung des ecommerce, dh des Teleshopping, des Versandhandels mit Waren via Telekommunikation, entwickelt. Das Geschäftslokal zum Betrachten und Auswählen der Waren wird durch elektronische Kataloge oder eine TV-Präsentation ersetzt und der Betreiber des Call-Centers kann vergleichbar dem Händler neben der Bereitstellung von Websites und dem darin von ihm gesammelten Angebot in elektronischen Katalogen vor allem die Entgegennahme von Bestellungen des Kunden, die individuelle Beratung und die Bestellung der georderten Waren beim Hersteller abwickeln. Auf diese Weise existiert ein Geschäftslokal und häufig auch eine Lagerhaltung im herkömmlichen Sinne überhaupt nicht mehr (Frühschütz, E-Commerce-Lexikon, 1. Aufl. 2001, Stichwörter "Call Center, E-Commerce, Electronic Commerce, Electronic Mall, electronic Shop, elektronischer Markt"; Mindermann, Schubert, Prümm, CTI und Call Center, ADDison-Wesley, 2002, Kap. 9.3). Der über ein Call-Center eines Dritten abgewickelte Handel steht neben dem sog. "Electronic Shopping" oder "Internet Shopping", bei dem Kunden unmittelbar beim Hersteller bestellen (vgl. Vahlen, Großes Marketing Lexikon, dtv 1994, Stichwort "Einzelhandel").
Die in der Anmeldung gegebene Definition der Aufgaben eines Call-Centers als Ausschnitt aus den zahlreichen anderen Betätigungsfeldern, zB auch ausschließlich Entgegennahme von Beschwerden und Reklamationen, unter der Einschränkung "nämlich" entspricht dem Aufgabenbereich des Einzelhandels als solchem und es ist möglich, diese so angegebene Tätigkeit in der rechtlichen Beurteilung dem klassischen stationären Einzelhandel gleichzusetzen.
2. Zwar verneinte die Rechtsprechung in Deutschland in älteren Entscheidungen die Eintragungsfähigkeit der Dienstleistung "Einzelhandel" gänzlich mit der Begründung, es handle sich dabei nicht um eine selbständige Dienstleistung, sondern es lägen lediglich unselbständige Hilfsdienstleistungen vor, die ausschließlich dem Vertrieb der vom Anmelder angebotenen Waren dienten und damit von der Warenmarke mitumfasst seien (vgl. BPatG GRUR 1985, 50 - Lodenfrey). In Entscheidungen aus den Jahren 1997 bis 1999 erweiterte das BPatG seine Rechtsprechung dahingehend, dass im Rahmen der Einzelhandelstätigkeiten diejenigen als selbständige Dienstleistungen für eintragbar gehalten wurden, die sich auch an Dritte zur selbständigen Wahrnehmung übertragen lassen (BPatGE 39, 70 - SUMMIT; Beschluss vom 22.10.1999 - 33 W (pat) 210/97 - Century 21; BPatGE 38, 148 - Rexham; ebenso Beschluss vom 2.7.1997 - 29 W (pat) 123/97 - Büchersuchdienst für "Waren und Dienstleistungen eines Buchclubs").
Diese Gesichtspunkte weiterführend sind nach Auffassung des Senats die Tätigkeiten des Einzelhandels zusammengefasst in dem Begriff "Einzelhandelsdienstleistungen" grundsätzlich neben diesen nach bisheriger Rechtsprechung bereits als selbständig schutzfähigen jeweiligen Dienstleistungen, die im Einzelhandel auftreten können, in Klasse 35 schutzfähig, und zwar als Händlermarke (Roeb, in Handelsmarken (Hrsg. Bruhn), Stuttgart 2001, S 291).
Damit teilt der Senat dem Grundsatz nach die Ansicht der 2. Beschwerdekammer des HABM in seiner Entscheidung "Giacomelli Sport", in der jedoch zusätzlich Konkretisierungen durch spezifizierende Angaben der im Einzelhandel vertriebenen Waren verlangt worden waren, um eine klare Abgrenzung des Schutzumfangs der Marke zu gewährleisten (Entscheidung v. 17.12.99 - R 46/1998 - 2; ABl. HABM 2000,730). Auch in der darauffolgenden Verlautbarung Nr 3/01 v. 12.3.2001 des Präsidenten des HABM wird die Schutzfähigkeit von Einzelhandelsdienstleistungen in Klasse 35 anerkannt mit der Angabe in der Anmeldung "Einzelhandel" bzw dem Wortlaut der Erläuternden Anmerkungen der 8. Nizzaer Klassifikation zu Klasse 35, nämlich "Das Zusammenstellen verschiedener Waren (ausgenommen deren Transport) für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern" (ABl. HABM 2001/1222). Die Angabe von einschränkenden Spezifikationen im Hinblick auf die Waren oder die Vertriebsstätte wird zur Vermeidung unnötiger Widerspruchsverfahren empfohlen, jedoch nicht verlangt.
Auch die übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erkennen für die Anmeldung als Dienstleistungsmarke den Wortlaut "Einzelhandelsdienstleistung" (retailservices) an oder - und dies überwiegend - die Formulierung der Erläuternden Anmerkungen zur Klasse 35 der 8. Nizzaer Klassifikation. Darüber hinaus halten einen konkretisierenden Zusatz hinsichtlich der "Einzelhandelsdienstleistungen" für erforderlich: England und Wales, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Österreich; nicht jedoch ist diese Angabe notwendig für Benelux, Dänemark, Finnland, Portugal, Schweden, Spanien. Einschränkungen hinsichtlich der Waren oder Vertriebsstätten zu machen wird den Anmeldern aber empfohlen. Nicht-EU-Staaten wie Norwegen, Kanada, USA verlangen ebenfalls diese Spezifikationen in der Anmeldung einer "Einzelhandelsdienstleistungsmarke" oder dem Wortlaut der Nizzaer Klassifikation. Die Schweiz trägt "Einzelhandelsdienstleistungen" ohne weitere Spezifikation ein. Lediglich Japan schließt sie von jeglichem Schutz aus (Japanese Trademark Association - JTA - Bulletin, Dezember 2001, S 1 ff). Auch die WIPO nimmt Registrierungen mit dem Wortlaut "retailservices", bzw der Nizzaer Klassifikation ohne einschränkende Spezifikation bei IR Marken nach dem MMA und dem Protokoll zum MMA vor. Dabei wird vorausgesetzt - und dies gilt auch für die übrigen nationalen Markenämter, die die Benennung dieses Oberbegriffes für ausreichend halten - dass dem die Definition der Erläuternden Anmerkungen der Nizzaer Klassifikation entspricht.
3. Der Senat legt seiner Ansicht insbesondere unter dem Blickwinkel eines harmonisierten Markenrechts folgendes zugrunde:
3.1. Weder in den nationalen Markenrechten noch in der europäischen Markenverordnung gibt es eine Definition der Einzelhandelsdienstleistung. Da das Markenrecht ein wesentlicher Teil zur Erfüllung des EU-Vertrages und die Harmonisierung des Markenrechts eine wichtige Aufgabe der europäischen Integration ist, müssen bei der Auslegung des Dienstleistungsbegriffes daher auch diese europarechtlichen Vorgaben dem nationalen Markenrecht zugrunde gelegt werden. Die Weiterentwicklung der bisherigen nationalen Rechtsprechung erfordert eine EU-markenrechtskonforme Definition von Einzelhandel als Dienstleistung, denn das Markenrecht ist eines der wesentlichen Mittel zur Durchsetzung der Ziele des gemeinsamen Binnenmarktes sowie ein wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs. Daher muß eine systemimmanente einheitliche Beurteilung des Begriffes "Dienstleistung" erfolgen (EuGH GRUR Int 99,438 - Deenik; 1990, 960 - HAG II; EuGH GRUR 2001, 1148, - BRAVO).
Dafür kommt hier Art 50 EGV in der Fassung durch den Amsterdamer Vertrag vom 2. Oktober 1997 in Betracht, in dem "Dienstleistungen" definiert sind als "Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden ....", dies sind insbesondere."..... b) kaufmännische Tätigkeiten".
3.1.1. Die Tätigkeiten des Einzelhandels umfassen bei der zunehmenden Entwicklung hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft eine Vielzahl von möglichen Erscheinungsformen, die abschließend aufzuzählen nicht möglich ist. Neue Dienstleistungen werden entsprechend der Nachfrage erfunden, und danach richtet sich auch der Einzelhandel. Er hat sich, ausgehend von dem klassischen und altbekannten stationären und ambulanten Einzelhandel, wie bereits dargestellt, weiter diversifiziert in den Einzelhandel via Telekommunikation, das Teleshopping. Ein elektronischer Katalog, in Einzelfällen ein auf Stammkunden abgestimmtes elektronisch erstelltes Angebot, eine TV-Präsentation oder eine Website dienen der Auswahl und auch die Bestellung wird entweder elektronisch oder per Telefon abgewickelt. Insoweit fällt auch ein Call-Center, das sich, wie hier in der Anmeldung angegeben, ausdrücklich dem An- und Verkauf von Waren widmet, darunter. Die Einzelhandelsdienstleistungen umfassen damit als typisch und in Übereinstimmung mit der Nizzaer Klassifikation die Sortimentsauswahl und das Betreiben einer Einkaufsstätte in verschiedenster Ausgestaltung in räumlicher und servicemäßiger Hinsicht, wobei auch Call-Center eine Form davon darstellen. Solche Tätigkeiten, die in früherer Zeit teilweise - sofern sie damals überhaupt und in sehr eingeschränkter Form vorgekommen sind - als selbstverständlicher Service jedes Einzelhändlers ohne eigenständige wirtschaftliche Bedeutung verstanden worden sind, werden jedenfalls heute immer mehr angesichts der im allgemeinen zunehmenden kapitalisierten Segmentierung zahlreicher Lebensbereiche zum zusätzlichen Angebot und zum in der Werbung herausgestellten Service. Dies schlägt sich in Preisaufschlägen als indirekte Bezahlung nieder oder es sind etwa Verbindungsentgelte bei Hotlines, beim Erwerb von "Servicecards" usw. zu bezahlen. Beim Händler treten alle diese im Kontakt mit dem Kunden beim Warenangebot entstehenden Aufwendungen als die Kosten auf, die bei der Erbringung seiner Leistung anfallen und sie finden sich in seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung bei Gewinn- und Verlust als eigenständige Posten. Sie sind also sowohl auf Seiten des Verbrauchers als auch des Händlers Geldes wert und erfüllen damit ein Tatbestandsmerkmal von Art. 50 des Vertrages von Rom.
Mit diesen Tätigkeiten treten die Händler auch professionell auf dem Markt auf und es entsteht Wettbewerb zwischen ihnen um die Anzahl der Kunden und deren Neigung, in einem bestimmten Geschäft einzukaufen oder in einem bestimmten Call-Center anzurufen, um Waren zu erwerben. Es handelt sich also auch um kaufmännische Tätigkeiten im Sinne von Art. 50 des Vertrages von Rom. Im großen und ganzen beruht der Geschäftswert eines Einzelhandelsunternehmens daher auf der Dienstleistung, die es erbringt (vgl. 2. Beschwerdekammer HABM a.a.O. - Giacomelli Sport; Roeb aaO). Demgemäss ist ein derartiger für ein Einzelhandelsunternehmen und seine Vertriebsmerkmale prägender, existenziell wichtiger Tätigkeitsbereich aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht vom Markenschutz auszuschließen (Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., § 3 Rn 154 a; Grabrucker GRUR 2001, 623 f; Stork, Mitt. 2000, 399, 401; v. Bomhard/Pohlmann, Mitt 2001, 346, 348).
3.1.2. Diese geschäftlichen Aktivitäten sind in ihrer Gesamtheit ein wesentliches Merkmal des Herkunftsbetriebs, von dem sie erbracht werden und sie erfüllen damit auch die Kriterien der Markenfunktion im Sinne von Art. 2 der Markenrechtsrichtlinie, nämlich dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden. Insgesamt existiert eine breite Palette möglicher Darbietungsformen und Vertriebsstätten in den verschiedensten Warensortimenten (Grabrucker, aaO, S 626 ff.). Die Vielfalt reicht vom Internetshopping und Teleshopping, dem Warenangebot und Verkauf aus Schachteln, Kisten und Paletten, bis hin zu Geschäften oder Kaufhäusern, in denen sehr teuere und exklusive Waren mit Beratung, zusätzlichen Leistungen und einem sorgfältig ausgewählten und auf die Kundschaft abgestimmten Sortiment in Erlebnisatmosphäre angeboten werden. Die angebotene Einzelhandelsdienstleistung kann sich dabei aus jeweils verschiedenen Faktoren zusammensetzen. Diese können je nach angebotenem Warensortiment, der Art und Weise der Warenpräsentation, dem Standort, dem Komfort insgesamt, dem Engagement der Mitarbeiter, der Aufmerksamkeit gegenüber dem Kunden, verschieden aussehen. Diese jeweils unter der Kontrolle des individuellen Einzelhändlers entwickelten Aktivitäten zur Herstellung einer Verbindung von Ware und Verbraucher machen die Qualität seiner Dienstleistung insgesamt aus und stellen in ihrer Gesamtheit - mögen sie sehr einfach oder sehr aufwendig sein, je nachdem welche Zielgruppe der Händler ansprechen will - ein wesentliches Merkmal für ihn und seinen Betrieb dar. Entscheidend ist, dass der Kunde - wie hier in "seinem" Call-Center - erstens in gleichbleibender Qualität eine bestimmte Sortimentsauswahl von Waren vorfindet und zweitens die Bedingungen des telefonischen Einkaufs z.B. mit Hilfe von personenbezogenen in Dateien gespeicherten Einzelheiten stets dieselben sind. Insoweit ist dies vergleichbar der persönlichen Beratung im klassischen stationären Einzelhandel. Dabei liegt der Schwerpunkt darin, dass es sich ausschließlich um eine Dienstleistung handelt, die eine über den bloßen Verkauf hinausgehende Tätigkeit des Einzelhändlers ist, und die - wie dargelegt - einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert verkörpert. Unter diesen gegebenen Voraussetzungen steht daher die Tätigkeit des Einzelhändlers mit der Funktion der Marke als Herkunftshinweis sowohl nach der Markenrechtsrichtlinie wie auch nach dem Markengesetz in Einklang. Das Kriterium "Bindung an die Einkaufsstätte" und nicht "Bindung an Herkunft der Ware" ist hierbei das entscheidende Element.
4. Des weiteren ist die Anmeldung der Dienstleistung eines Call-Centers - wie vom Anmelder formuliert - als Einzelhandelsdienstleistungsmarke anhand der Nizzaer Klassifikation zu beurteilen. Diese ist für Deutschland als Vertragsstaat bindend, wie sich aus dem Vorwort sowie aus Art. 1 Abs 2 der 8. Nizzaer Klassifikation ergibt. Daran gemessen scheitert die Anmeldung hier jedoch an mangelnder Übereinstimmung mit den Erläuternden Anmerkungen zu Klasse 35, nämlich zu dem dort vorgesehenen Wortlaut "das Zusammenstellen verschiedener Waren (ausgenommen den Transport) für Dritte, um Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern".
4.1. Der weitere daran sich anschließende Text "diese Klasse enthält insbesondere nicht: .... - Tätigkeiten eines Unternehmens, dessen Hauptaufgabe der Verkauf von Waren ist, d.h. eines sogenannten Handelsunternehmens;" stünde markenrechtlichem Schutz nicht entgegen, denn er widerspricht nicht dem ersten Satz, sondern stellt lediglich klar, dass der Verkauf alleine ohne weitere darüber hinausgehende eigenständige Aktivitäten dem Markenschutz nicht zugänglich sein soll. Die Verkaufshandlung für sich ist nach wie vor von der Warenmarke als Hilfsdienstleistung beim Absatz der Produkte umfasst und nicht selbständig schutzfähig.
4.2. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Wortlaut der Nizzaer Klassifikation identisch in der Anmeldung zu übernehmen ist oder nur seinem Sinn nach, wie es zB in Italien und Irland gepflogen wird. Im vorliegenden Fall jedenfalls fehlt in der Anmeldung ausdrücklich die Angabe, dass die beanspruchten Dienstleistungen "für Dritte" erbracht werden. Der in der Anmeldung gewählte Wortlaut mag diese zwar umfassen. Die Tätigkeiten können aber genauso gut die vom Anmelder selbst produzierten Waren betreffen, wenn es sich um ein warenherstellerinternes Call-Center handelt. In diesem Fall ist auch nach Auffassung des Senats nach wie vor der Vertrieb der Waren durch den Hersteller selbst als von der Warenmarke mitumfasst anzusehen und nicht dem Schutz durch eine Händlermarke zugänglich. Selbst wenn der Hersteller beim Verkauf der Waren besondere Serviceleistungen im Call-Center erbringt, die geldwert sind, so dient dies allein dazu, das von ihm hergestellte Produkt als solches aufzuwerten. Dies entspricht insoweit den Einkaufsstätten von Markenwarenherstellern, die bei ihrer Verkaufsphilosophie mit ihrer Ware ein spezielles Flair verbinden wollen und deshalb große eigene Einkaufsstätten kreiieren, wie zB Nike-Town in Berlin. Dieser Service ist jedoch weder "im Interesse anderer" noch beinhaltet er ein "Zusammentragen von Waren" und entspricht damit nicht dem Wortlaut der 8. Nizzaer Klassifikation. Darüber hinaus stimmt diese Tätigkeit auch nicht mit der Markenfunktion einer Dienstleistungsmarke überein, denn sie ist nur auf die Ware bezogen, nicht auf den Service beim Erwerb. Demnach können solche Einkaufsstätten, bzw Call-Center auch nicht mit einer Händlermarke geschützt werden.
5. Aber auch für den Fall, dass man unter die in der Anmeldung angegebene Formulierung noch den Verkauf für Dritte fallen lassen wollte, wenn man zum einen überhaupt eine Abweichung vom Wortlaut der 8. Nizzaer Klassifikation für möglich hält und darüber hinaus die Formulierung in der Anmeldung, nämlich "Abwicklung von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren" als Einschränkung dahingehend versteht, dass der Betreiber des Call-Centers Waren kauft, damit "zusammenbringt" und sie verkauft, was im Kontext als "für Dritte erbracht" aufgefasst werden könnte, so ist die Anmeldung zu unbestimmt.
5.1. Die grundsätzliche Eintragbarkeit von Einzelhandelsdienstleistungen, auch wenn die Anmeldung mit dem Wortlaut der Klassifikation übereinstimmt, besagt nämlich noch nichts hinsichtlich der Notwendigkeit weiterer einschränkender Angaben. Bei der Frage nach der Inhaltsbestimmung des Dienstleistungsbegriffes angesichts des insoweit unbestimmten Wortlauts von § 3 Abs 1 MarkenG, Art. 2 MarkenRL und damit der Gewährung von Markenschutz für die Dienstleistungen des Händlers sind sie nach Auffassung des Senats notwendig, um eine solche Händlermarke in Einklang mit verfassungsmäßigen Grundsätzen zu bringen. Im Rahmen eines Ausgleichs widerstreitender Interessen sind unter Beachtung des verfassungsmäßig gebotenen Verhältnismäßigkeitsprinzips einerseits die Interessen des Anmelders, nämlich sein grundsätzlicher Anspruch auf den Zugang zu einem Schutzrecht im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auch bei einem neuen Schutzrecht zu beachten (Ströbele, Festschrift für Erdmann, 2002, S 491) und andererseits das Rechtsstaatsprinzip mit seinem in ihm begründeten Bestimmheitsgrundsatz beim Erlaß von Verwaltungsakten und der Bestimmtheit des Registers gegenüberzustellen. Um diesen Ausgleich herbeizuführen, ist das Verlangen nach einschränkenden Spezifikationen ein notwendiges, geeignetes Mittel und gibt dem Anmelder keine unverhältnismäßig großen Belastungen auf. Der Schutzgegenstand sowie der Schutzumfang der Marke können damit hinreichend bestimmbar gemacht werden.
Darüber hinaus ist damit auch ein sich unter bestimmten Einzelfallkonstellationen ergebender rechtlich jedoch unzulässiger doppelter Schutz durch die Dienstleistungsmarke vermieden, wenn sich beim Ähnlichkeitsvergleich zwischen Waren und Dienstleistung eine Ähnlichkeit mit zahllosen, in der Praxis nahezu allen Waren ergeben kann und dies zu einer Blockierung von Warenmarken durch den Inhaber einer einzigen Händlermarke führen könnte.
5.2. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde: Zur Bestimmung des Schutzgegenstandes der Marke muß der Registereintrag hinreichend klar umrissen sein. Dies erfordert das Rechtsstaatsprinzip und der aus ihm abgeleitete Grundsatz der Rechtssicherheit sowie der Bestimmtheit von Verwaltungsakten, was sowohl national wie auch richtlinienkonform zu beachten ist gem. Art. 20, 19 Abs. 4 GG; Art. 6 Abs. 1 EU (Schwarze, EU-Kommentar, Nomos, Art. 6 EUV Rdn. 15 mwN; Fezer, Markengesetz, 3. Aufl., § 3 Rdn. 154). Da mit einer Marke ein Eigentumsrecht entsteht, sind hier besonders hohe Anforderungen zu stellen. Die Gewährleistung von Markenschutz hat nämlich Auswirkungen auf dreierlei zu berücksichtigende Interessen: Den Anmelder, der im Rahmen der Gesetze einen Anspruch auf Erteilung hat und damit seine vermögenswerten Rechte vermehren kann; den Wettbewerber, der davon in seiner Wettbewerbsfreiheit beeinträchtigt sein könnte und der sich dagegen wehren können muss; den Staat selbst, der das öffentliche Interesse im Hinblick auf ungerechtfertigte Monopolisierungen zu vertreten hat und der seiner Pflicht in Verletzungs- und sonstigen markenrechtlichen Verfahren mangels hinreichender Konkretisierungen zum Schutzumfang des Rechts nicht Genüge tun kann. Die Unbestimmtheit betrifft auch den Anmelder als Wettbewerber und in seiner Gewerbefreiheit mit der Frage, wie weit er in der Benutzung seines Rechts gehen, wie und wann er seinen Konkurrenten Einhalt gebieten kann oder wie weit deren Rechte gehen, ohne Verletzungen zu begehen. Letztere können insoweit sogar in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit beeinträchtigt sein, wenn sie sich veranlasst fühlen, von vorneherein bestimmte Unternehmungen zu unterlassen. Dieser Fall kann zumindest während der Benutzungsschonfrist der Einzelhandelsdienstleistungsmarke ohne Einschränkung auf bestimmte Waren eintreten. Es kann aber auch der Fall auftreten, dass der Wettbewerber die Einzelhandelsdienstleistungsmarke unbeabsichtigt verletzt und sich einem Verfahren ausgesetzt sieht, das er bei Kenntnis des Schutzumfangs der Händlermarke vermieden hätte. Zusätzlich ist zu bedenken, dass hier auch strafrechtliche Bestimmungen gem. § 143 ff MarkenG eingreifen können und die Anforderungen an die Rechtssicherheit es gebieten, so weit wie möglich Unsicherheiten hinsichtlich der Verwirklichung strafrechtlicher Tatbestände zu vermeiden. 5.3. Eine weitere bedeutende Rolle bei dem Erfordernis nach einschränkenden Spezifikationen spielt im Rahmen von Kollisionen auch der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Markeninhaber gem. Art 3 Abs 1 GG. Bei Prüfung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit angesichts der derzeitigen Rechtsprechung sowohl des BGH (GRUR 1999, 731 - Canon II; 1999, 586 - White Lion; 2000, 883 - Papagallo; 2001, 507 - EVIAN/REVIAN; WRP 2001, 165; MarkenR 2001, 31 - Wintergarten) wie des EuGH (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon) ist eine Ähnlichkeit dann anzunehmen, wenn das Publikum eine gemeinsame Qualitätskontrolle im Sinne einer übergeordneten betrieblichen Kontrolle zu vermuten Anlass hat. Dieser Fall kann bei zahlreichen Waren vorliegen, denn die großen Handelsketten mit ihren Kaufhäusern führen als Einzelhandelsunternehmen unter ihrer betrieblichen Kontrolle auch Wareneigenmarken. Aber auch zahlreiche Handelsunternehmen, die solche nicht besitzen, kontrollieren häufig beim Hersteller aufgrund des Imagetransfers den Herstellungsvorgang und die Qualität der vom Händler vertriebenen Produkte. Beides ist dem Publikum auch allgemein bekannt. Sind die übrigen bei einer Kollision zu berücksichtigenden Faktoren sodann zu bejahen, so würde sich mit der Händlermarke ihr Schutzumfang in der Verteidigung, im Widerspruch oder Angriff auf alle diese Waren erstrecken. Das bedeutet, dass mit einer Dienstleistungsmarke unter Umständen ein sehr großes Warensortiment, das sich von Lebensmitteln über Bekleidung bis hin zu Heimwerker-, Elektroartikel, Computer, Fahrräder etc. erstrecken kann, für das sonst sehr viele Warenklassen in Anspruch zu nehmen wären, verteidigt werden könnte. Damit käme ihr Schutzumfang der Inhaberschaft einer Warenmarke für nahezu alle Waren gleich. Hinzu tritt, dass der Inhaber einer Einzelhandelsdienstleistungsmarke wesentlich geringeren Anforderungen an die Benutzung der Marke unterliegt, als sie für die Warenmarke gelten. Das Handelsunternehmen könnte sich auf diese Weise die Anbringung der Marke auf den Preisetiketten aller Waren ersparen und sich mit der Anbringung der Marke allein auf Quittungen, Einkaufstüten, Geschäftspapieren, Werbeprospekten und über den Eingängen der Verkaufstätte - gleich dem Firmenkennzeichen - begnügen. Um ein solches Ergebnis zu verhindern, ist in Italien z.B. auch das Anbringen der Einzelhandelsdienstleistungsmarke neben der Warenmarke auf der Ware zur Benutzung erforderlich. Im Ergebnis hätte somit der Händler, der den Schutz der Einzelhandelsdienstleistungsmarke genießt, aufgrund ihrer wesentlich geringeren Anforderungen an die Benutzung einen größeren Spielraum als der Inhaber einer Warenmarke, die er wiederum jedoch unter Umständen erfolgreich damit angreifen oder sich besser gegen diese verteidigen könnte. Dies würde in der praktischen Auswirkung bedeuten, dass der Händler als Dienstleistungsmarkeninhaber eine Position einnimmt, als hätte er für ein und dieselbe Tätigkeit den Schutz aus einer Dienstleistungs- und aus einer Warenmarke für zahlreiche Waren. Dieses Ergebnis kommt jedoch einer unzulässigen Verdoppelung des Schutzes mithilfe einer Dienstleistungsmarke gleich, die nicht mit dem sog. "cobranding" oder "dual branding", dh zweier Marken für unterschiedliche Klassen nebeneinander, zu verwechseln ist. Es ist nämlich nicht möglich, innerhalb desselben wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiches für ein und dieselbe Handlung gleichzeitig eine Waren- und eine Dienstleistungsmarke zu erhalten (BPatGE 39, 70, 73; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 3 Rdn 154 ff; Grabrucker a.a.0. S. 629; Schwendy, GRUR 1984 S. 19; Ströbele, GRUR 1981, 771, 775 li.Sp.).
Im übrigen könnte hierin auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Form einer mittelbaren Diskriminierung gesehen werden, denn zusätzlich zu den Auswirkungen auf die Benutzung erspart sich der Händlermarkenanmelder im Vergleich zum Warenmarkenanmelder die Anmeldegebühren für alle Warenklassen. Soweit jedoch in der Anmeldung Angaben zu den Waren gemacht werden, bzw. mindestens zur Art der Vertriebsstätte - z.B. "Gemischtwarenhandlung", "Bekleidungsgeschäft" oder "Apotheke" - entfällt dieses rechtlich unzulässige Ergebnis, denn der Schutzumfang ist damit eingegrenzt auf ein bestimmtes Warensegment. Dies mag auch noch für die Angabe "Supermarkt" gelten, denn auch hier ist ein in typisierender Art feststellbares Warensortiment zu finden. Im Hinblick auf Vertriebsstätten wie ein Call-Center jedoch, das auch für den Vertrieb zahlloser Waren am Markt zu finden ist und das deshalb hinsichtlich des Schutzumfangs im oben ausgeführten Sinne zu unbestimmt ist, würde der Gesichtspunkt dieses unzulässig ausgeweiteten, d.h. doppelten Schutzeffektes eingreifen. Um aber auch hier zu vermeiden, dass die Händlermarke aus diesen Gründen als nicht schutzfähig angesehen wird, jedenfalls solange sich die Rechtsprechung zu den Erfordernissen für die Benutzung einer Marke nicht geändert hat, kann die Angabe von Einschränkungen das geeignete, notwendige und mit den geringsten Belastungen für den Anmelder verbundene Mittel sein, um ihrer aus den dargestellten Gründen rechtlichen Unzulässigkeit schlechthin entgegenzuwirken.
Da der Anmelder seine Dienstleistungen jedoch nicht auf die von ihm vertriebenen Waren spezifiziert hat, ist die Anmeldung zu unbestimmt und nach Ansicht des Senats liegt auch hierin aus den genannten Gründen ein Eintragungshindernis.
6. Im übrigen fehlt der angemeldeten Kennzeichnung darüber hinaus für die beanspruchten Dienstleistungen eines Einzelhändlers sowie für alle weiteren selbständig zu beurteilenden Dienstleistungen auch jegliche Unterscheidungskraft (gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG).
6.1. Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um einen verständlichen Ausdruck (bzw. Wortfolge) der deutschen oder einer gebräuchlichen Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft, was gleichermaßen für Einwortzeichen als auch für Mehrwortzeichen wie Slogans, Wort-Bildzeichen und für fremdsprachige Ausdrücke gilt (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK; BGH GRUR 2002, 816 - BONUS II). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
6.2. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, ist das aus der englischen Sprache stammende Wort "smart" im deutschen Sprachgebrauch in der Bedeutung von "geschäftstüchtig, clever, gewitzt, von modischer und auffallend erlesener Eleganz; fein, intelligent" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl., jeweils Stichwort "smart") nachweisbar. Außerdem wird der Begriff "smart" im technischen Bereich heute auch für technische und elektronische Verknüpfung und Integration und vor allem als Hinweis auf gerätetechnische Intelligenz (Loskant, Das neue Trendwörterlexikon, 1998, Stichworte "Smart ..."; BGH GRUR 1990, 517 - Smartware; BPatG 30 W (pat) 187/98 mwN) verwendet. Das gleichfalls ursprünglich englische Wort "web" ist heute auch in der deutschen Sprache als Kurzwort für Internet oder für ein (Telekommunikations-)Netz gebräuchlich (Loskant, aaO, Kreisel, Tabbert, Net Jargon, 1996, jeweils Stichwort "Web"). Insgesamt ergibt sich daher für die angesprochenen relativ breiten Verkehrskreise leicht erfassbar der Begriffsinhalt "intelligentes Netz" (33 W (pat) 152/99 - SMARTNET, Zusammenfassung veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM). Dass in Verbindung mit dem world wide web und anderen Netzwerken von Intelligenz und von einem "smarten" Web oder Netz gesprochen wird und "Smartness" eine wesentliche Eigenschaft im Internet sein kann, belegt auch die Internetrecherche des Senats. Erstens gibt es "smarte Web-Seiten", nämlich Web-Seiten, die sich selbsttätig auf die Bedürfnisse der Besucher einstellen. Zweitens existieren so genannte "Smart Web"-Services, nämlich optimierte, intelligente Internet Services, die verschiedene Netzwerke umfassen (z.B. interne Netzwerke von Unternehmen) und damit neue technische Möglichkeiten eröffnen, die insbesondere bei der Erfassung der Kundendaten bei Call-Centern eine Rolle spielen können. Drittens steht der Begriff des "Smart Web" oder des "intelligenten Web" im Rahmen eines Netzwerkes, das ähnlich wie ein Mensch Informationen miteinander verknüpfen und "selbstständig denken" kann, in der wissenschaftlichen und kommerziellen Diskussion. Die beanspruchten Dienstleistungen haben insbesondere die Suche (und die Verknüpfung) von Informationen zum Gegenstand, die Voraussetzung für Auktionen, Versteigerungen, Anbieten von Dienstleistungen oder sonstige Such- und Vermittlungsdienstleistungen sind, so dass in diesem Zusammenhang ein "Smart Web" für die Erbringung und Qualität der Dienstleistungen von Bedeutung sein kann. Da "Web" auch für firmeninterne Netzwerke oder Netzwerke aller Art - einschließlich Telefonnetzwerke - steht, macht es entgegen der Ansicht des Anmelders für die Frage der Unterscheidungskraft grundsätzlich keinen Unterschied, ob die Dienstleistungen über das Internet oder telefonisch erbracht werden. Hinzu kommt, dass auch Mischformen der Telekommunikation denkbar sind, wie beispielsweise die Internettelephonie und dass ein Call-Center seine Informationen aus einem "smarten" Web, etwa auch einem smarten Intranet, bezieht. Außerdem wird in der modernen Technologie der Unterschied zwischen Datentransfer per Internet oder per Telefon immer mehr aufgehoben. Was die Erteilung von Unterricht angeht, kann Gegenstand dieses Unterrichts ein "smartes Web" sein. Insofern ist die angemeldete Bezeichnung dann lediglich Inhaltsangabe des Unterrichtsstoffes.
7. Auf die Frage, ob der Eintragung der angemeldeten Wortverbindung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, braucht nicht mehr eingegangen zu werden, weil die Eintragung bereits aus den unter 1. und 3. erläuterten Gründen zu versagen ist.
Grabrucker Pagenberg Guth Cl
BPatG:
Beschluss v. 14.08.2002
Az: 29 W (pat) 80/02
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d1e2ad113375/BPatG_Beschluss_vom_14-August-2002_Az_29-W-pat-80-02