Oberlandesgericht Stuttgart:
Urteil vom 11. Juni 2015
Aktenzeichen: 2 U 136/14
(OLG Stuttgart: Urteil v. 11.06.2015, Az.: 2 U 136/14)
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 15.10.2014 wird, auch im Umfang der berufungsrechtlichen Hilfsanträge,
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 35.000,00 EUR
Gründe
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage, sich wieder von einem mit dem Beklagten auf dessen Abmahnung hin geschlossenen Unterlassungsverpflichtungsvertrag zu lösen.
Die Klägerin ist Inhaberin einer stationären Apotheke und zugleich von 5 Domains, über welche sie im Wege des ihr erlaubten Versandhandels nicht verschreibungspflichtige Medikamente vertreibt. Mit diesen Domains ist sie auch gelistet in einem Vergleichsportal €m... .de€, in welchem sich das Ranking zunächst aus der Preisgünstigkeit ergibt, bei Preisgleichheit ergänzend durch Kundenbewertungen. Durch diesen Fünffachauftritt gelang es der Klägerin, in diesem Preisvergleichsportal unter den ersten 8 gelisteten Apotheken 5-mal ausgewiesen zu werden.
Darin hatte der nun beklagte Verband einen Wettbewerbsverstoß gesehen und die Klägerin deshalb am 22.08.2013 unter anderem dahin abgemahnt (K 3 = Bl. 26):
€Sie werben im INTERNET auf dem Preisvergleichsportal www.m... .de für Ihr Apothekensortiment in der Weise, dass Sie dort unter verschiedenen Bezeichnungen und Domains sowie mit verschiedenen Preisangaben für ein und dasselbe Präparat auftreten. So haben Sie beispielsweise am 8. August 2013 für das Mittel "G... extra 240 mg Filmtabletten 80 Stück" Preise von 52,76 EUR (a... .com) 52,77 EUR (a...-g... .de), sowie dreimal 52,97 EUR (a...d... .com, a...s... .de, i... eu) angegeben. Im Ergebnis erscheint Ihre Apotheke dann auf dem Preisvergleichsportal unter den ersten acht gelisteten Apotheken fünf Mal. Ein solches Geschäftsgebaren ist unlauter im Sinne von § 3 UWG, denn es verstößt gegen § 4 Nr. 10 UWG. Dadurch dass Sie mit den verschiedenen Shopseiten, die Sie führen, die Spitzenplätze der Rangliste besetzen, behindern Sie gezielt Ihre Mitbewerber.
Damit verhalten Sie sich wettbewerbswidrig. Wir fordern Sie auf, eine rechtsverbindliche Unterlassungserklärung bis ... abzugeben. ..."
Dies tat die Klägerin am 29.08.2013, allerdings nicht unter Verwendung der der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung des Beklagten, sondern einer modifizierten, die ansetzte mit (K 4 = Bl. 29):
"... ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, unter dem auflösenden Vorbehalt einer Änderung der Rechtslage oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung, gleichwohl rechtsverbindlich, ... es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,als Inhaber einer Versandhandelserlaubnis für Arzneimittel unter Angabe verschiedener Bezeichnungen und/oder Domains, deren Inhaber die [Klägerin] ist, für identische Arzneimittel auf Preisvergleichsportalen, insbesondere dem Preisvergleichsportal www.m... .de Arzneimittel zur Abgabe im Fernabsatz mit verschiedenen Preisangaben zu werben."
Zugleich versprach die Klägerin die Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 166,60 EUR, welche sie auch erbrachte.
Am 08.08.2014 ließ die Klägerin u.a. erklären (K 6 = Bl. 32/33):
"... Sie haben dies als Verstoß gegen § 4 Ziff.10 UWG tituliert. Unsere Mandantin hat darauf im Vertrauen, dass Ihre Angaben richtig sind, eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Diese fechte ich für unsere Mandantin zunächst wegen arglistiger Täuschung an. Tatsächlich ist ein Verstoß gegen § 4 Ziff. 10 UWG nicht ansatzweise erkennbar. Unsere Mandantin weist auf ihr eigenes, attraktives, auf verschiedenen Seiten unterbreitetes Angebot hin. Sie hat ausschließlich ein Eigenförderungsinteresse. Schon durch die Anfechtung ist der Unterlassungsvertrag hinfällig. Da von Anfang an kein Grund für die Abgabe einer Unterlassungserklärung bestand, kündigen wir diese ... auch aus wichtigem Grund. Unsere Mandantin hätte auch einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages nach §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB, da jedenfalls fahrlässig über die Rechtslage getäuscht wurde (vgl. nur Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 12 Rdnr. 1.165) ... "
Mit diesem Rechtsansatz hat die Klägerin mit ihrem im Kern zweitinstanzlich gleichgerichteten Antrag in I. Instanz die Loslösung von ihrer eingegangenen vertraglichen Verpflichtung begehrt - nur die Hilfsanträge (Berufungsantrag Ziff. 1 a) und Ziff. 2.) werden erstmals in II. Instanz in das Verfahren eingeführt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin allenfalls einem rechtlich unbeachtlichen Irrtum im Beweggrund über die Abgabe der Unterlassungserklärung erlegen sei; für einen im Rahmen des § 123 BGB erforderlichen Täuschungsvorsatz fehle zudem hinreichender Anhalt. Letztlich habe die Klägerin den Rechtsstandpunkt der Beklagten auch nicht widerstandslos übernommen, sondern eine eigenformulierte Erklärung abgegeben und sich danach ohne weiteren Rechtsklärungswillen bindend verpflichtet. Zwar könne ein Unterlassungsvertrag als Dauerschuldverhältnis außerordentlich gekündigt werden, wenn dem Schuldner die weitere Erfüllung unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände nicht (mehr) zugemutet werden könne. Die Vereinbarung eines einseitigen Kündigungsrechts könne regelmäßig nur bei einer aus der Risikosphäre der anderen Partei stammenden Änderung des Vertragsverhältnisses infrage kommen. Eine aus der Risikosphäre des Beklagten stammende nachträgliche Änderung der Vertragsgrundlage sei nicht gegeben. Da sich insbesondere in der Rechtsprechung, aber auch in der Literatur keine Meinung zu der vorliegend betroffenen Fallgestaltung herausgebildet habe, könne auch die Änderung der Gesetzes- oder Rechtslage nicht als Kündigungsgrund fruchtbar gemacht werden. Auch das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei der Klägerin nicht behilflich. Der Unterlassungsvertrag schaffe eine abstrakte Unterlassungsverpflichtung, die in ihrem Bestand nicht davon abhängig sei, dass das fragliche Verhalten auch mithilfe eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs durchgesetzt werden könnte. Die Klägerin habe selbst, die der Abmahnung beigefügte Formulierungshilfe ablehnend, ihre Erklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber dennoch als rechtsverbindlich abgegeben, damit zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr Verhalten nicht für wettbewerbswidrig erachte, sich aber ohne weitere Rechtsklärung gleichwohl binden wolle. Die Wirkung der Lösung vom Vertrag ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss. Zwar könne sich ein solcher Anspruch unter Umständen dann ergeben, wenn sich der Schuldner aufgrund einer fahrlässig falschen Darstellung des Gläubigers zur Unterlassung verpflichtet habe. Dies setze aber das Bestehen besonderer Sorgfaltspflichten und deren Verletzung voraus, wofür eine objektiv unbegründete Abmahnung für sich noch nicht ausreichend sei. Dies gelte, solange - wie hier - sich die Abmahnung in der Darstellung der eigenen Sicht erschöpfe. Der Beklagte habe auch nicht über seine Prozessführungs-/Antragsbefugnis getäuscht, was die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ohnehin nicht dargelegt, im Übrigen im nicht nachgelassenen Schriftsatz auch nicht veranschaulicht habe. Auch das Kartellrecht gebiete keine Aufhebung eines auf die Unterlassung von wettbewerbskonformem Verhalten gerichtete Vereinbarung; eine solche Wettbewerbsbeeinträchtigung müsse spürbar sein, woran es fehle. Diese Rechtswirkungen führten auch dazu, dass die bezahlte Abmahnpauschale nicht zurückzuerstatten sei.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin,die unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und den damit verbundenen Wertungen erneut auf jene Angriffspunkte abstellt, welche nachfolgend im Einzelnen abgehandelt werden; ergänzend führt sie erstmals Hilfsanträge ein.
Die Klägerin beantragt:
1. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ulm vom 15.10.2014, Az. 10 O 70/14 KfH, wird
a) der Beklagte verurteilt, der rückwirkenden Auflösung des am 29.08.2013/02.09.2013 zwischen den Parteien geschlossenen Unterlassungsvertrages zuzustimmen;
b) hilfsweise: festgestellt, dass die Erklärung der Klägerin vom 29.08.2012 (Anlage K 4) durch Anfechtung vom 08.08.2014 erloschen ist;
c) der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 166,60 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, im geschäftlichen Verkehr unter Angabe verschiedener Bezeichnungen und/oder Domains, deren Inhaberin die Klägerin ist, auf Preisvergleichsportalen, insbesondere dem Preisvergleichsportal €m... .de€, für identische Produkte mit verschiedenen Preisangaben zu werben.
Der Beklagte beantragt:
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B1.a)aa)
Das Landgericht hat, wenngleich es auf US 14 die Wertung ausgesprochen hatte: €Denn gegen § 4 Nr. 10 UWG verstößt das beanstandete Verhalten der Klägerin nicht€, diese Urteilspassage aufgehoben mit: €Die Frage der Wettbewerbswidrigkeit oder Wettbewerbsgemäßheit des beanstandeten Verhaltens kann jedoch dahingestellt bleiben€.
Auch der Senat ist nicht aufgerufen, letztlich zu entscheiden, ob die Abmahnung berechtigt war, weil sie durch einen gesetzlichen Unterlassungsanspruchs gedeckt gewesen war.
bb)
Allerdings erscheinen ihm einige Überlegungen angezeigt, welche belegen, dass für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gewisse Erwägungen sprachen, welche die Abmahnung nachvollziehbar erscheinen lassen und ihr den Makel nehmen, in einem solchen Maße unvertretbar gewesen zu sein, dass ihr die Berechtigung gänzlich abgeht, was Aufschlüsse über Verschuldensgrade auf Beklagtenseite oder gar deren Täuschungsvorsatz zu geben geeignet sein könnte (vgl. dazu, dass auf innere Vorgänge als dem Beweis nur schwer zugängliche Tatsachen regelmäßig nur aus objektiven Umständen geschlossen werden kann: BGH WM 2013, 333 [Tz.31]).
b)aa)
§ 4 Nr. 10 UWG erfasst auch die Behinderung von Werbung (Jänich in Münchner Kommentar-LauterkeitsR, 2. Aufl. [2014], § 4 Nr. 10, 29; Peifer in GK-UWG, 2. Aufl. [2013], § 4 Nr. 10, 372 und 378; Hasselblatt in Gloy/Loschelder/Erdmann, UWG, 4. Aufl. [2010], § 57, 124). Dies kann für ein Internetprogramm gelten, das unmittelbar darauf gerichtet ist, Werbemaßnahmen von Wettbewerbern zu behindern (BGH GRUR 2004, 877 [juris Tz. 30] - Werbeblocker; Jänich a.a.O. 29; Götting in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 4 -10, 143; Mankowski in Fezer a.a.O. § 4-S12, 88). § 4 Nr. 10 UWG richtet sich auch gegen die Behinderung der Sichtbarkeit am Markt (Peifer in GK-UWG a.a.O. § 4 Nr. 10, 35). Die gezielte, unmittelbare Vereitelung fremder Werbung ist immer wettbewerbswidrig (Jänich a.a.O. 29; Hasselblatt a.a.O. § 57, 126). Bei einer nur mittelbaren Beeinträchtigung ist auf die Einzelumstände abzustellen (BGH a.a.O. [juris Tz. 38] - Werbeblocker; Hasselblatt a.a.O. § 57, 126). Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH U. v. 12.03.2015 € I ZR 188/13 [Tz. 16] € Uhrenankauf im Internet).
bb)
So ist als unlauter angesehen worden das Abfangen von Kunden, indem sich der Werbende zwischen den Mitbewerber und den Kunden stellt, um diesem eine Änderung des Kaufentschlusses aufzudrängen (Jänich a.a.O. § 4 Nr. 10, 25). Diesem körperlichen (analogen) Dazwischentreten können digitale Manipulationen vergleichbar sein wie Abfangpraktiken im Telekommunikationsbereich (Jänich a.a.O. § 4 Nr. 10, 27) oder das sog. Keyword-Buying, indem der Wettbewerber von der Trefferliste einer Suchmaschine praktisch verdrängt wird (Jänich a.a.O. § 4 Nr. 10, 73). Das entscheidende Argument für die Unlauterkeit liegt hierbei darin, dass dem Markt Kommunikationsmöglichkeiten vorenthalten werden. Für diese Konfliktsituationen haben die Gerichte im Umfeld von Suchbegriffen im Internet eine einfache Faustformel formuliert: Dem Markt hilft es, wenn die Aufmerksamkeit auf weitere Informationen hingelenkt, es hilft ihm nicht, wenn die Aufmerksamkeit von Informationen abgelenkt wird (Peifer a.a.O. § 4 Nr. 10, 373). Ein unlauteres Abfangen von Kunden läge nur vor, wenn dem Nutzer die Möglichkeit eines sachlichen Leistungsvergleichs genommen würde. Der Internet-Nutzer ist aber daran gewöhnt, dass Suchergebnisse eine zufällige Auswahl darstellen und muss daher seinerseits die Auswahl zwischen den angezeigten Websites treffen. Die Schwelle zur Unlauterkeit soll allenfalls dann überschritten sein, wenn ein Unternehmer Metatags oder Schlüsselwörter im Text so massiv einsetzt, dass Suchmaschinen überflutet werden und auf den ersten Plätzen nur noch Links anzeigen, die auf die Website des Unternehmers verweisen (Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. [2014], § 4, 10/53 a). Beim word stuffing kann ein zusätzlicher Unwert hinzutreten, wenn das Schlüsselwort vielfach in den Quellcode oder in den Text der Website platziert wird. Denn solche zahlenmäßige Dominanz soll Suchmaschinen veranlassen, die Website wegen der häufigen Nennung des Suchworts vorn in die Trefferliste aufzunehmen. Darin liegt eine besondere Wettbewerbsbehinderung. Die Suchmaschinen werden nachgerade systematisch überflutet (Mankowski in Fezer a.a.O. § 4-S12, 98).
c)
Vorliegend geht es nicht darum, der Klägerin die Werbung mit der Günstigkeit ihrer Angebote als Versandapotheke über ihren Onlineshop zu verbieten. Dieses Eigenförderungsinteresse ist schutzwürdig als Merkmal der freien Marktwirtschaft. Vorliegend geht es um die künstliche Vervielfältigung des nämlichen, weil einzigen Angebotes unter unterschiedlichen Domains, womit - bei Günstigkeit des einen Angebots - dieses Angebot unter Anführung mehrerer Onlineshops in der Liste der Suchergebnisse ganz oben und mehrfach auftaucht, wodurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der Kunde unter mehreren gleichen Angeboten eines der mehreren Domains der Klägerin aufruft, die alle nur zu diesem Anbieter führen. Diese vorgetäuschte Anbietervermehrung mag auch deshalb bedenklich erscheinen, da Apotheker einer zahlenmäßigen Beschränkung hinsichtlich der von ihnen führbaren Betriebsstätten unterliegen. So bedarf nach § 1 Abs. 2 ApoG einer Erlaubnis, wer eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will. Nach § 2 Abs. 4 und Abs. 5 ApoG ist der Betreiber mehrerer öffentlicher Apotheken Erlaubnisvorbehalten unterworfen, auch sind gewisse Beteiligungen an Apotheken als stiller Gesellschafter gemäß § 8 ApoG verboten. Das Gesetz will verhindern, dass ein Apotheker (wirtschaftlich) eine Apothekenkette eröffnet und unterhält. Wenn ein Versandapotheker seinen Betrieb in mehrere Onlineshops aufspreizt und so als (scheinbarer) Mehrfachanbieter seine Chancen erhöht, die jeweiligen Nachfragen abzufischen, nähert sich dieses Vermarktungskonzept der Unterhaltung einer Apothekenkette an. Verräterisch ist insoweit die Argumentation der Klägerin in der Berufungsbegründung selbst, wenn sie ausführt: €Führen zwei Apotheken ein Produkt zum selben Preis, wird der Anbieter mit der besseren Kundenbewerbung in der Ergebnisliste an vorderer Position geführt€ (Bl. 170), was dem Nachfrager nur hilfreich sein könne. Hier aber gelangen nicht mehrere, sondern eben nur eine Apotheke bei Günstigkeit in die Spitzengruppe der Trefferliste. Das Vorgehen der Klägerin zu Ende gedacht, führt dies - wie auch der Beklagte aufzeigt - dazu, dass jeder Wettbewerber immer mehr Domains generiert, unter denen er das identische Angebot präsentiert, nur um im Wettlauf um viele vordere Plätze im Ranking der jeweiligen Suchmaschine mit dabei zu sein. Die Suchmaschinen werden geflutet mit einer Fülle von scheinbar unterschiedlichen Anbietern. Durch eine solche Angebotsverstopfung wird die Informationsfunktion solcher Internetportale unterlaufen, gar lahmgelegt im Sinne eines reinen Ellenbogenwettbewerbs, bei welchem Verbraucherinteressen gänzlich ins Hintertreffen geraten.
d)
Ob dieses von der Klägerin gewiss bewusst und zielgerichtet eingesetzte Marketinginstrument der künstlichen Mehrung ihrer Repräsentanz in der Ergebnisliste der Suchmaschine, womit zugleich Einmalanbieter in ihren Absatzchancen statistisch und damit faktisch benachteiligt werde, den Tatbestand des § 4 Nr. 10 UWG erfüllt, muss der Senat nicht entscheiden. Die vorstehenden Erwägungen zeigen aber, dass die rechtliche Subsumption des Beklagten in der Abmahnung, es liege ein solcher Verstoß vor, nicht von vornherein von der Hand zu weisen ist, und einer, der solches gleichwohl abmahnend angeht, sich nicht in die Nähe eines leichtfertigen, mutwilligen oder gar vorsätzlich täuschenden Verwarners begibt.
2.
Anfechtung.
a)
§ 123 BGB.
aa)(1)
Eine Anfechtung gemäß § 123 Abs. 1 BGB setzt eine zur Täuschung geeignete Handlung voraus, die beim Adressaten eine Fehlvorstellung über Tatsachen oder Bewertungen hervorrufen kann (vgl. allg. Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl. [2015], § 123, 2 f.), zudem ist ein Bewusstsein des Täuschenden gefordert, dass der Partner ohne die Täuschung die Willenserklärung möglicherweise nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgegeben hätte, wofür bedingter Vorsatz ausreicht (BGH NJW 2000, 2497, 2499).
(2)
Einen solchen Irrtum hat die Klägerin zu beweisen (BGH VersR 2012, 615 [Tz. 8]), ebenso wie sämtliche Voraussetzungen der Arglist (BGH NJW 2014, 3296 [Tz. 13]).
(3)
Mit einer erfolgreichen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann mithin auch ein Unterwerfungsvertrag aufgelöst werden (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. [2015], § 12, 1.165; Brüning in Hartl/Henning, UWG, 3. Aufl. [2013], § 12, 154; Achilles in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl. [2013], Kap. 8, 45; Feddersen in GK-UWG, 2. Aufl. [2015], § 12, B 157; OLG Köln NJW-RR 1987, 360).
bb)(1)
Die Klägerin hat schon nicht hinreichend dargelegt geschweige denn bewiesen, dass sie durch die Abmahnung getäuscht worden sei.
In einer Abmahnung liegt, wie jedenfalls ein Kaufmann wie die Klägerin weiß oder zumindest wissen muss, nur die Mitteilung einer Rechtsbewertung wie in jedem Schreiben, in welchem sich jemand gegenüber einem anderen eines Anspruchs berühmt, und nicht die Verlautbarung einer unverbrüchlichen Rechtsposition. Daran ändert nichts, dass es sich bei dem Beklagten um einen Verband mit einer Rechtsabteilung handelt, bei der eine sorgfältige Aufbereitung der Rechtsfrage auch beim Adressaten des Abmahnschreibens erwartet werden kann. Der im Geschäftsleben tätige Kaufmann weiß, dass ein Forderungsschreiben selbst einer rechtlich beratenen Partei nicht unfehlbar und - solches tut die Klägerin nun auch mit der Anfechtung des Unterlassungsverpflichtungsvertrages - einer rechtlichen Überprüfung zugänglich ist, wie dies auch für Entscheidungen von Instanzgerichten nicht minder gilt. Eine ab-weichende Bewertung mag angezeigt sein, wenn in der Abmahnung etwa auf eine aktuelle BGH-Entscheidung verwiesen und dieser die Klärung gerade der streitbetroffenen Konstellation zugeschrieben wird. So liegt der vorliegende Fall aber nicht. Der Beklagte hat in seiner Abmahnung nur eine Rechtsbehauptung aufgestellt und sie als eigene Wertung zu erkennen gegeben. Weitere Zusätze hat jenes Abmahnschreiben nicht enthalten, aus denen die Berühmung einer eindeutigen und unzweifelhaften Rechtseinordnung hätte abgeleitet werden können. Danach geht die Behauptung der Klägerin fehl, der Beklagte habe sie in der Abmahnung irregeführt, gar arglistig getäuscht, indem er seinen Vorwurf als eine keinem Zweifel zugängliche Rechtsbewertung dargestellt hätte, der man sich nur unterwerfen konnte.
(2)
Die Argumentation, die Abmahnung habe sich auf zwei Sätze beschränkt und danach mit ihrer apodiktischen Kürze den Eindruck der Alternativlosigkeit der Einschätzung erweckt, kann in dieser Allgemeinheit ebenso wenig beigetreten werden. In gleicher Weise kann einer umfänglich begründeten Abmahnung beigelegt werden, dass diese eine allumfassende und vertiefte rechtliche Aufbereitung beanspruche und danach Zweifeln, dass die Rechtseinschätzung vorläufig oder gar ungewiss sei, Schweigen gebiete. Maßgeblich bleibt immer die Verlautbarung in ihrem kommerziellen Kommunikationszusammenhang. Dass hier ein Verband die Abmahnung ausgesprochen hatte, legt - wie bereits ausgeführt - diese Erklärungen keine erhöhte Richtigkeitsgewähr bei. Auch dem Kaufmann ist bekannt, dass ein Verband nicht nur gewisse Interessen vertritt, sondern auch in seiner rechtlichen Beurteilung fehl gehen kann. Dass, nur weil die Abmahnung von einer solchen Einrichtung stammt, eine später abweichende letztinstanzliche Beurteilung ausgeschlossen sei, wird kein Kaufmann bei einer solch allgemein gehaltenen Verwarnung annehmen.
(3)
Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte für eine Arglist des Beklagten gegeben. Dies umso weniger, als nach den Ausführungen zu oben B 1 die in der Abmahnung vorgenommene rechtliche Einordnung nicht als abwegig oder zumindest als so fragwürdig eingeschätzt werden kann, dass sich daraus ein Rückschluss darauf ergäbe, dass der Beklagte die Unrichtigkeit seiner Rechtsberühmung kannte oder zumindest für nahe liegend gehalten hatte.b)
Einen Anfechtungstatbestand gemäß § 119 BGB (vgl. hierzu Feddersen a.a.O. § 12 B, 157) hat das Landgericht bereits zutreffend verneint. Denn irrt sich der Schuldner über die Rechtswidrigkeit des abgemahnten Verhaltens, so liegt darin lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum (Schleswig OLG-Report 2002, 9 [juris Tz. 40]; Feddersen a.a.O. § 12 B, 157; Brüning a.a.O. § 12, 155).
Darauf kommt die Berufung denn auch nicht mehr zurück.
3.
Dass die Voraussetzungen des von der Klägerin selbstständig in ihre Unterwerfungserklärung aufgenommenen Vorbehaltes (Änderung der Rechtslage oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung) eingetreten wären (vgl. hierzu Bornkamm a.a.O. § 12, 1.160; Ottofülling in MünchKomm-LauterkeitsR, 2. Aufl. [2014], § 12, 220; Ohly a.a.O. § 8, 60; Achilles a.a.O. Kap. 8, 46), ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Wie aufgezeigt hat sich zu dieser Fallgestaltung keine, schon keine eindeutige Rechtsmeinung herausgebildet. Danach konnte sie auch keiner Änderung unterliegen (vgl. auch Ottofülling a.a.O. § 12, 221). Dies nimmt die Berufung auch nicht in Anspruch.
4.
Rückgängigmachung des Unterwerfungsvertrages wegen culpa in contrahendo.
a)
Zwar wird angenommen, dass, hat der Gläubiger nur fahrlässig gehandelt, dem Schuldner wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages (§§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB) zusteht (Bornkamm in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12, 1.65; OLG Frankfurt GRUR-RR 2013, 132, 134; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 211, 215; Achilles a.a.O. Kap. 8, 45). Dieser Anspruch setzt jedoch voraus, dass ein Beteiligter nach Einleitung von Vertragsverhandlungen oder nach Begründung eines ähnlichen konkreten Verhältnisses Sorgfaltspflichten gegenüber einem anderen Beteiligten schuldhaft verletzt hat, die sich aus dem durch die Einleitung von Vertragsverhandlungen oder dergleichen begründeten besonderen Vertrauensverhältnis ergeben. Insoweit ist allein eine objektiv unbegründete Abmahnung für sich noch nicht ausreichend. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, insbesondere wenn dem Schuldner, zu dessen allgemeinem Lebensrisiko die Konfrontation mit unberechtigten Ansprüchen gehört, alles an die Hand gegeben wird, was er benötigt, um sich durch eigene Erkundigungen - und diese obliegen ihm selbst - über die Rechtslage zu vergewissern, statt blindlings den Aussagen zu folgen (OLG Frankfurt a.a.O. 134; Achilles a.a.O. FN 151; vgl. auch OLG Hamm MMR 2012, 538/539). Denn andernfalls würde sich jeder Schuldner, der sich im Hinblick auf eine Forderung einer Gläubigerin, die auch nur fahrlässig nicht erkannt hat, dass ihre Anspruchsberühmung objektiv unberechtigt ist, vertraglich bindet, vom Vertrag einfach wieder lossagen können. Allein die objektive Rechtslage würde über den Fortbestand des Vertrages entscheiden. Rechtlich nachteilige Verträge hätten letztlich keinen Bestand. Dies ist unvereinbar mit dem Selbstverantwortungspostulat an Wirtschaftsbeteiligte im Rahmen der freien Marktwirtschaft.
b)
Vorliegend hätte die Klägerin die Berechtigung der Abmahnung klären lassen können. Dass die Klägerin darauf verzichtet hat und sich aufgrund eigener, laienhafter Sicht oder rechtlich beraten auf eine möglicherweise objektiv rechtlich nicht gebotene Verpflichtung eingelassen hat, weist allenfalls auf auf beiden Seiten bestehende Versäumnisse hin.
Diese geben mangels des Hinzutretens weiterer Umstände kein einseitiges Lossagungsrecht zu Gunsten der Schuldnerin.
c)
Solches wäre allenfalls denkbar, wenn der Beklagte besonderes Vertrauen der Klägerin in Anspruch genommen hätte. Dies trägt die Klägerin selbst nicht vor. Dass es sich beim Beklagten um keine Einzelperson/keinen Wettbewerber, sondern um einen Verband handelt, begründet einen solchen Ausnahmetatbestand nicht. Wie auch einem Kaufmann nicht verborgen bleiben kann, handelt es sich beim Beklagten, wie schon dessen Vorspann in der Abmahnung vom 22.08.2013 selbst ausgewiesen hat, um einen Verein, der die €gewerblichen Interessen seiner Mitglieder€ vertritt. Schon dies offenbarte, dass es die Klägerin letztlich mit Wettbewerbern, jedenfalls nicht mit einer objektiven, staatlichen Einrichtung zu tun hatte. Im Übrigen ist die Klägerin auch nicht Opfer eines Unfehlbarkeitsanscheins der Abmahnenden geworden. Sie hat - worauf der Beklagte zutreffend verweist - sich nicht blindlings oder ergeben dessen Unterlassungserklärungsentwurf unterworfen, sondern eine eigenständig und abgeändert verfasste Erklärung entgegengestellt.
5.
Außerordentliches Kündigungsrecht.
a)
Die Klägerin stellt auf ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB ab (etwa Bl. 177) und nicht auf das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, wozu nicht nur Darlegungen hinsichtlich der Geschäftsgrundlage fehlen (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast BGH NJW 2003, 510), sondern auch weit strengere Anforderungen als bei der (bloßen) Kündigung aus wichtigem Grund gelten (BGH GRUR 2014, 797 [Tz. 23] - fishtailparka; Z 133, 316 [Tz. 41] - Altunterwerfung I).
b)
Der reine Einwand unzulässiger Rechtsausübung kann auch ohne Kündigung eines Unterwerfungsvertrages der Geltendmachung eines Anspruchs aus diesem entgegengestellt werden, wenn der Anspruch dem Gläubiger aufgrund einer Gesetzesänderung unzweifelhaft, d.h. ohne weiteres erkennbar, nicht mehr zusteht (BGH a.a.O. [Tz. 23] - fishtailparka; GRUR 2001, 85 [Tz. 19] - Altunterwerfung IV; Bornkamm in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12, 1.164; Ottofülling a.a.O. § 12 UWG, 308; vgl. auch BGH U. v. 24.02.2015 - XI ZR 47/14 [Tz. 45]).
Dafür ergibt sich nichts.
c)aa)
Der Unterlassungsvertrag kann wie jedes andere Dauerschuldverhältnis durch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB gekündigt werden. Nach dieser Vorschrift liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das ist im Allgemeinen nur anzunehmen, wenn die Gründe, auf welche die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen (BGH a.a.O. [Tz. 33] - fishtailparka; BGH U. v. 24.02.2015 - XI ZR 47/14 [Tz. 45]; Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 189; Ohly a.a.O. § 8 UWG, 61; Achilles in Ahrens a.a.O. Kap. 8, 49). Dabei kann der Wegfall des dem vertraglich vereinbarten Verbot zu Grunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs einen wichtigen Grund darstellen (BGH a.a.O. [Tz. 24] - fishtailparka; a.a.O. [Tz. 28] - Altunterwerfung I; Büscher a.a.O. § 8, 191 und 192; Feddersen in GK-UWG a.a.O. § 12, B, 168; Ohly a.a.O. 61; Ottofülling a.a.O. § 12, 299; Achilles a.a.O. Kap. 8, 50 und 51; vgl. auch Brüning in Harte/Henning a.a.O. § 12, 158).
bb)
Eine Fallgruppe hierzu hat Sachverhalte zum Gegenstand, bei denen die Rechtslage zweifelhaft war, der Schuldner sich auf die Abmahnung des Gläubigers hin gleichwohl unterworfen hat, eine Unterlassungsvereinbarung zu Stande gekommen ist und die Zweifelsfrage nunmehr nachträglich im Sinne des Schuldners geklärt werden soll (Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 193). Im Unterlassungsvertrag wird nur ausnahmsweise ein Vergleich zu sehen sein (vgl. hierzu Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. [2011], Kap. 8, 5 und Kap. 20, 27: wenn bewusst gerade rechtliche Ungewissheit beseitigt werden soll; Büscher a.a.O. 193), so doch aber ein abstraktes Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis (Bornkamm a.a.O. § 12, 1.103; Teplitzky a.a.O. Kap. 8, 5 je m.N.). Schwieriger zu fassen sind derartige Kündigungsgründe jedoch, wenn die ihnen zu Grunde liegenden Umstände bereits bei Abschluss des Unterwerfungsvertrages zweifelhaft waren und der Schuldner sich dennoch unterworfen hat bzw. die Vertragsparteien sich über den Umfang des zu unterlassenden Verhaltens, gegebenenfalls sogar auf einer mittleren Linie und unter wechselseitigem Aufgeben von Rechtspositionen, geeinigt haben. Allerdings muss man im Auge behalten, dass zumindest bei üblichen Wettbewerbsstreitigkeiten derartige Unterwerfungsschuldverhältnisse selbst im Falle eines beiderseitigen Nachgebens vielfach maßgeblich von dem Willen der Vertragsparteien geprägt sind, die Rechtslage, wenn man ihr mangels hinreichender Klärung des Erlaubtseins der beanstandeten Wettbewerbshandlung schon nicht in bestimmter Richtung folgen kann, dann jedenfalls inter partes auch nicht noch aufwändig auszuprozessieren. Eine Unterwerfung in Kenntnis der Ungeklärtheit der zu Grunde liegenden Frage hat deshalb nicht zwingend zur Folge, dass darin per se ein jeder Kündigung oder Änderung entgegenstehender Grund gesehen werden kann. Dies ist vielmehr im Rahmen der ohnehin zusätzlich zu betrachtenden Zumutbarkeit zu prüfen, wobei der Umstand, dass die Vertragsbeteiligten das Ungewissheitsrisiko bewusst eingegangen sind, Anlass sein kann, der aus der Interessenlage abgeleiteten Zumutbarkeitsfrage mehr als das häufig nur schematische Augenmerk zu schenken (so Achilles a.a.O. Kap. 8, 52; vgl. auch Büscher in Fezer a.a.O. § 8, 192; Teplitzky a.a.O. Kap. 20, 24 f.; Ottofülling a.a.O. § 12, 301). Häufig wird die durch Annahme zum Unterlassungsvertrag gewordene Unterwerfungserklärung ergeben, dass, weil dieser Erklärende das Risiko einer Ablehnung der Unterwerfung wegen der bestehenden Unklarheit für so groß hält, er sich sogar zur einseitigen, gegenleistungslosen Unterwerfung bereitfindet. In diesem Falle, in dem der Rechtsgedanke des § 779 BGB mangels Nachgebens der Gegenseite unabwendbar ist, wird man billigerweise auch die Risikolage, d.h. die angenommene Möglichkeit, dass der Schuldner den Streit verlieren würde, als - ebenfalls gemeinsame - Geschäftsgrundlage der eingegangenen Verpflichtung ausreichen lassen müssen (so Teplitzky a.a.O. Kap. 20, 28). Die Annahme, in einem solchen Fall werde generell das Veränderungsrisiko auf den Schuldner verlagert, erscheint nicht angemessen; sowohl Parteiwille als auch das Postulat der Wettbewerbsfreiheit werden eher dafür sprechen, den Schuldner nicht an der Unterlassungspflicht festzuhalten. Erforderlich ist aber auch hier eine Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände und Interessen (so Feddersen a.a.O. § 12, B, 168).
d)
Die Umsetzung dieser Grundsätze ergibt, dass der Klägerin kein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zur Seite steht. Die Klägerin hat sich schon nicht bloß unterworfen, gleichsam widerstandslos ergeben, sondern nicht nur durch sprachkosmetische Umstellungen, vielmehr durch eine eigenverfasste und eigenkonzipierte Unterwerfungserklärung, mithin durch ein eigenes Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB), die Gestaltung des Streitverhältnisses selbst vorgenommen. Dies spricht für eine eigene Rechts- und Risikoeinschätzung, mithin für einen Verzicht, diese Frage gerichtlich klären zu lassen. Wird dann durch Annahme der (geänderten) Unterlassungsverpflichtungserklärung ein Unterlassungsvertrag geschlossen, bei dem nicht ersichtlich ist, dass die Parteien - übereinstimmend - eine eindeutige Rechtslage voraussetzen, gilt der Grundsatz: pacta sunt servanda. Es kann nicht angehen, wird auch zur Risikominimierung, eine solche Handhabung gewählt, der Schuldnerin ein jederzeitiges Klärungsrecht zu eröffnen, ob ihre Erklärung einem gesetzlichen Unterlassungsanspruch entsprochen hat und entspricht. Ein solches Verständnis käme einer Unterlassungserklärung unter dem Vorbehalt der jederzeitigen gerichtlichen Überprüfbarkeit gleich, mithin dem Klärungsvorbehalt, ob der Gläubigeranspruch überhaupt besteht. Solche Vorbehalte mögen ausdrücklich möglich sein, falls sich der Gläubiger darauf einlässt. Sie beseitigen, bleiben sie einseitig, nicht die Wiederholungsgefahr, da sie eine schwebend unwirksame Unterwerfungserklärung schaffen. Der Unterlassungsvertrag wäre wertlos, wenn der Schuldner durch Kündigungserklärung jederzeit in eine gerichtliche Klärung der Frage und damit der Rechtsverbindlichkeit des Vertrages eintreten könnte. Dies gilt umso mehr, wenn wie aufgezeigt vieles für die Berechtigung der Abmahnung spricht, sie jedenfalls nicht greifbar unberechtigt war oder geworden ist.
e)
Die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag ergibt sich auch nicht daraus, dass - wie die Klägerin nun vorträgt - andere Apotheker in ähnlicher Weise verfahren und damit die Klägerin angesichts ihrer vertraglichen Beschränkung auf die ein-Preis-eine-Domain-Regel im Wettbewerb ins Hintertreffen gerät. Zum einen hat sie sich in einer noch nicht geklärten, immer noch als rechtlich ungewiss einzuschätzenden Fallgestaltung vertraglich gebunden. Offen ist aber auch, ob das Verhalten der anderen Wettbewerber zu dulden ist und auch unbeanstandet bleiben wird. Und nicht zuletzt fällt auf, dass in den von der Klägerin insoweit nun angeführten Beispielen überwiegend nur eine Verdoppelung der Angebote durch jene Apotheker geschehen ist, während die Klägerin ein Instrument zur beliebigen Vervielfachung eines Angebots geschaffen hat.
Für die Klägerin gilt die Unterlassungsvereinbarung fort.
6.
Dies führt auch dazu, dass die Abmahnkosten nicht zurückzuerstatten sind.
Denn werden sie - wie vorliegend - im Verbund mit einer Unterwerfungserklärung gezahlt und nicht einem isolierten Streit zugeführt, so nimmt die Zahlung am Rechtsgrund des Vertrages als Prüfstein für die endgültige Vermögenszuweisung teil.
C
Erstmalige Anträge im Berufungsverfahren (Hilfsanträge).
1.
Antrag Ziff. 1 b:
hilfsweise: festgestellt, dass die Erklärung der Klägerin vom 29.08.2012 (Anlage K 4) durch Anfechtung vom 08.08.2014 erloschen ist.
Dieser Hilfsantrag ist jedenfalls unbegründet, da, wie sich aus den vorangestellten Ausführungen ergibt, der Klägerin kein Anfechtungsrecht zur Seite steht.
2.a)
Antrag Ziff. 2:
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, im geschäftlichen Verkehr unter Angabe verschiedener Bezeichnungen und/oder Domains, deren Inhaberin die Klägerin ist, auf Preisvergleichsportalen, insbesondere dem Preisvergleichsportal €m... .de€, für identische Produkte mit verschiedenen Preisangaben zu werben.
Für diesen Antrag, nähme er nur das Nämliche wie Antrag Ziff. 1 a) oder b) auf und stellte er nur den Versuch einer anderen Antragsfassung für das Kernbegehren das, den Unterlassungsvertrag einvernehmlich aufzuheben oder sonst ungeschehen oder unbeachtlich zu machen, ergäbe sich die Unbegründetheit dieser weiteren Antragswendung im nur anderen Gewand ebenfalls aus dem Vorigen. Auch dieses Begehren wäre unbegründet, da die Klägerin an den Vertrag gebunden bleibt.
b)
Die Klägerin will jedoch, wie sich aus der Antragsfassung ergibt (Antrag Ziff. 1 b nur erläuternd; Antrag Ziff. 2 eigenständig gehalten) und sie auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt hat, die Feststellung der Rechtmäßigkeit ihres wettbewerblichen Verhaltens trotz Bindung an den Vertrag herbeiführen. Dieses prozessuale Ansinnen ist unzulässig.aa)
Eine Klageänderung liegt in einem Hilfsantrag, mit dem ein neuer Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt werden soll (BGH NZM 2015, 196).
bb)
Die Klägerin begehrt dabei auch nicht nur ein Minus. Bleibt - was Voraussetzung des Charakters dieses so verstandenen Hilfsantrages ist - das Verlangen der Beseitigung (Zustimmung zur Auflösung, Anfechtung) des Unterlassungsvertrages ohne Erfolg, so stellt die Klägerin mit diesem Hilfsantrag neben die dann gegenläufige Feststellung der Klageabweisung, nämlich dass der Vertrag Bestand hält, zusätzlich das isolierte Begehren, festgestellt zu erhalten, dass ihr Verhalten gleichwohl rechtmäßig war.
cc)
Ein solch eigenständiges (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse stellt etwas anderes dar (nämlich Klärungsbegehren der Klägerin: ich hatte und habe eigentlich recht) als der Angriff gegen die vertragliche Bindung. Damit liegt eine Klageänderung vor, womit § 533 ZPO betroffen ist. Da nur auf Tatsachen abgestellt wird, welche auch schon in I. Instanz Streitstoff gewesen waren, gilt die weitere Schranke des § 531 ZPO (vgl. hierzu Heßler in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 533, 35) vorliegend nicht.
dd)
Ungeachtet der Sachdienlichkeit besteht jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung, dass die Klägerin zwar gegenläufig durch wirksamen Vertrag gebunden, gleichwohl ohne Vertragskündigung mit der Fortsetzung ihres Verhaltens eigentlich rechtmäßig handeln würde.
Für die Klärung dieser (dann abstrakten) Rechtsfrage ist kein Rechtsschutzinteresse gegeben (BGH NZBau 2015, 229 [Tz. 17]). Damit ist dem Rechtsmittel der Klägerin auch nicht im Umfang dieses Hilfsbegehrens Erfolg beschieden.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
Der Gegenstandswert wird durch den Hilfsantrag Ziff. 2 erhöht (§ 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG). Denn er führt erstmals ein isoliertes und anderes Begehren in den Rechtsstreit ein. Der Senat hat das Klärungsinteresse daran mit 10.000,00 EUR veranschlagt (siehe Bl. 244).
Die Rückforderung der Abmahnkosten nimmt diesen nicht deren Charakter als reine Nebenforderung, da sie nur spiegelbildlich eine Abmahnung mit Kostennote rückgängig machen möchte.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat folgt ausschließlich anerkannten, auch und erst jüngst höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die Sachbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf den vorliegenden Einzelfall. Auf die Frage, ob das abgemahnte Marketinginstrument der Klägerin tatsächlich § 4 Nr. 11 oder § 5 UWG unterfällt, kommt es nicht an.
OLG Stuttgart:
Urteil v. 11.06.2015
Az: 2 U 136/14
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