Landgericht Bochum:
Urteil vom 3. Mai 2007
Aktenzeichen: 14 O 21/07
(LG Bochum: Urteil v. 03.05.2007, Az.: 14 O 21/07)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstre-ckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind praktizierende Zahnärzte, für die beide die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe zuständig ist. Auf dem Briefkopf des Beklagten befindet sich ein Vermerk "Praxis für ganzheitliche Zahnmedizin" und er selbst ist wie folgt genannt:
"L
Dr. med. dent.
Lehrauftrag der Universität
Bochum
Qualitätsmanagement
Umwelt-ZahnMedizin
Schmerztherapie"
Die Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin und der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner fördern wissenschaftlich und praktisch die Umweltzahnmedizin als eine neue Richtung innerhalb der Zahnmedizin. Sie basiert auf der These, dass sich umweltbedingte Erkrankungen auch im Mund-, Zahn- und Kieferbereich (dem Tätigkeitsbereich des Zahnarztes) manifestieren können, ohne dass sie dort isoliert auftreten müssen. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte in der beschriebenen Weise unter Betonung des Begriffs Umwelt-ZahnMedizin auftreten darf.
Der Kläger ist der Ansicht, der Auftritt des Beklagten sei wettbewerbswidrig. Er dürfe den Begriff Umwelt-ZahnMedizin nicht als Tätigkeitsschwerpunkt oder besondere Qualifikation führen. Denn nach § 21 Abs. 2 und 3 der Berufsordnung der Zahnärzte Westfalen-Lippe in der Fassung vom 19.11.2005 dürften besondere personenbezogene Qualifikationen nur ausgewiesen werden, sofern sich diese auf fachlich und von der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe anerkannte Teilbereiche der Zahnmedizin bezögen. Zudem müssten die Angaben sachgerecht erfolgen und dürften nicht irreführend sein. Bei besonderen Qualifikationen müsse zwischen jenen unterschieden werden, die auf Weiterbildung beruhten und jenen, die sich nicht daraus ergäben. Außerdem seien die von der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe erlassenen Ausführungsbestimmungen zu berücksichtigen, aus denen sich ein allgemeines Werbeverbot für Zahnärzte ergebe und nach denen besonders berufswidrige Werbung untersagt sei, auf die Sache bezogene Werbung hingegen erlaubt. Der Kläger ist der Ansicht, nach den Regeln der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe dürfe der Beklagte diesen Werbezusatz nicht führen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit seiner zahnärztlichen Tätigkeit den Tätigkeitsschwerpunkt "UmweltZahnMedizin" in dieser oder ähnlicher Schreibweise als besondere Qualifikation beruflich zu führen und zu verwenden, insbesondere auf Briefbögen,
an den Kläger 489,45 € zu zahlen nebst Zinsen darauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2007.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, er sei berechtigt, diesen Begriff zu verwenden. Zwischen den Verbänden des Deutschen Berufsverbandes der Umweltmediziner sowie der Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin sei ein Fortbildungskurs entwickelt worden, er sei Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin und habe maßgeblich an der Entwicklung der Lehr- und Lerninhalt für den Fortbildungskurz mitgewirkt. Er sei auch in diesem Bereich spezialisiert und behandele laufend eine Vielzahl von Patienten mit Symptomen, die Erkrankungen der Umweltmedizin/Umweltzahnmedizin zuzuordnen seien. Die Berufsordnung der Zahnärzte und insbesondere die Ausführungsbestimmungen seien verfassungswidrig, da sie gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstießen. Das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit werde verletzt, zumal keine Rechtsgrundlage für die Ausführungsbestimmungen gegeben seien. Von daher habe sich der Beklagte nicht wettbewerbswidrig verhalten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Unterlassung der Führung der Bezeichnung "UmweltZahnMedizin" im Zusammenhang mit seiner zahnärztlichen Tätigkeit aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 UWG.
Der Beklagte verhält sich nicht wettbewerbswidrig, insbesondere handelt er keiner gesetzlichen Vorschrift zuwider, die auch bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Denn entgegen der Auffassung des Klägers verstößt der Beklagte mit seiner Darstellung auf Briefbögen und Visitenkarten nicht gegen § 21 Abs. 1 und 3 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe und der insoweit erlassenen Ausführungsbestimmungen.
Im Hinblick auf die Ausführungsbestimmungen vertritt die Kammer nicht die Auffassung des Beklagten, dass diese wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig sei. Denn weder die Berufswahl noch die Berufsausübung wird unmittelbar dadurch beeinträchtigt. Der Beklagte ist und bleibt befugt, seine zahnärztliche Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt ganzheitlicher Gedankenansätze durchzuführen und ist insoweit auch berechtigt, dies der Öffentlichkeit gegenüber darzustellen. § 21 Abs. 2 und 3 der Berufsordnung sowie die Ausführungsbestimmungen regeln lediglich die werbliche Darstellung von Tätigkeitsschwerpunkten und besonderen Qualifikationen, die Berufsausübung selbst wird davon nicht betroffen. Von daher ist auch kein Verstoß gegen Art. 2 GG gegeben.
Allerdings verstößt der Beklagte mit seinem Briefkopf und den dementsprechenden Visitenkarten nicht gegen § 21 Abs. 2 und 3 der Berufsordnung in Verbindung mit den Ausführungsbestimmungen. Soweit der Beklagte unter seinem Namen zunächst den akademischen Titel und sodann u. a. den Begriff UmweltZahnMedizin aufführt, wird damit nicht eine besondere Qualifikation herausgestellt. Dies behaupten auch die Parteien nicht. Zwar hat der Beklagte insoweit dargelegt, dass es mittlerweile einen Fortbildungskurs in diesem Bereich gibt, den er selbst mit erarbeitet hat, dazu aber nicht behauptet, dass er diesen Kurs erfolgreich absolviert hat oder mit einer Absolvierung eines solchen Kurses wirbt. Von daher wirbt der Beklagte nicht mit einer Qualifikation, die er tatsächlich nicht hat.
Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagte mit einem Tätigkeitsschwerpunkt Umweltzahnmedizin werbend auftritt. Nach den Ausführungsbestimmungen muss bei Tätigkeitsschwerpunkten gemäß Ziff. 4 der Zusatz "Tätigkeitsschwerpunkt" vorangestellt werden. Das macht der Beklagte unstreitig nicht, auch wenn er darlegt, dass er sich tatsächlich sehr in diesem Bereich engagiert und auch vielfältige Behandlungen unter Beachtung dieses Zweiges vornimmt. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Beklagte überhaupt nicht mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Sinne des § 1 Abs. 2 der Berufsordnung in Verbindung mit den Ausführungsbestimmungen wirbt, so dass es auf die Frage, ob die Zahnärztekammer diesen Bereich als Tätigkeitsschwerpunkt akzeptiert oder nicht, nicht ankommt. Für den Patienten stellt es sich nach Lektüre des Briefkopfes oder der Visitenkarte so dar, dass der Beklagte in diesem Bereich möglicherweise einen besonderen Interessenschwerpunkt hat, nicht aber, dass dort auch ein Tätigkeitsschwerpunkt liegt. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist die Kammer aufgrund der Gestaltung und den Regelungen in der Berufsordnung sowie den Ausführungsbestimmungen der Meinung, dass die Bezeichnung UmweltZahnMedizin nicht einen Tätigkeitsschwerpunkt, sondern einen Interessenschwerpunkt kennzeichnet. Denn die Berufsordnung in Verbindung mit den Ausführungsbestimmungen regelt lediglich, inwieweit werbende Aussagen über Tätigkeitsschwerpunkte und Qualifikationen getroffen werden dürfen und wie sie darzustellen sind, so dass es einem Zahnarzt unbenommen bleibt, darüber hinaus besondere Interessenschwerpunkte darzustellen und auch werbend zu erwähnen.
Von daher liegt schon kein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 der Berufsordnung vor, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich dabei um eine gesetzliche Vorschrift handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Darüber hinaus sind Anhaltspunkte dafür, dass die Führung der Bezeichnung UmweltZahnMedizin durch den Beklagten in sonstiger Weise irreführend oder unlauter sein könnte, nicht gegeben.
Deshalb war wie erkannt mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zu entscheiden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
LG Bochum:
Urteil v. 03.05.2007
Az: 14 O 21/07
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