Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 10. März 2014
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 77/13

(BGH: Beschluss v. 10.03.2014, Az.: AnwZ (Brfg) 77/13)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 8. Oktober 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Seine Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag hat keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Soweit einleitend in der Zulassungsbegründung pauschal auch auf die weiteren Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 VwGO verwiesen wird, ist der Antrag mangels näherer Ausführungen unzulässig; im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen vorliegen.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, ZVI 2007, 619 Rn. 5; vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4 und vom 21. März 2013 - AnwZ (Brfg) 53/12, juris Rn. 4). Hierbei ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs infolge des ab 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens - hier Widerrufsbescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2012 - abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011, aaO Rn. 9 ff.; vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 20/11, NZI 2012, 106 Rn. 7 und vom 14. November 2013 - AnwZ (Brfg) 65/13, juris Rn. 5).

a) Der Anwaltsgerichtshof, auf dessen Begründung der Senat Bezug nimmt, hat zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO am 18. Dezember 2012 vorgelegen haben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen daran keine ernstlichen Zweifel, weil er über ein seine Verbindlichkeiten wertmäßig übersteigendes Vermögen verfüge. Selbst wenn man insoweit von den vom Kläger angegebenen Werten - vor allem für die von ihm angesprochenen Immobilien - ausgeht, ist nicht ersichtlich, dass diese dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquide Vermögenswerte zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden haben. Auf die Liquidität entsprechender Mittel kommt es aber nach der ständigen Senatsrechtsprechung entscheidend an (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2004 - AnwZ (B) 3/03, ZVI 2004, 598, 599; vom 25. Juli 2005 - AnwZ (B) 43/04, juris Rn. 6 f.; vom 24. Mai 2013 - AnwZ (Brfg) 15/13, juris Rn. 4; vom 7. Oktober 2013 - AnwZ (Brfg) 44/13, juris Rn. 5 und vom 14. November 2013, aaO Rn. 4). Dagegen spricht hier bereits der Umstand, dass der Kläger es zur Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen hat kommen lassen, ohne durch sein behauptetes Vermögen diese ihn und sein berufliches Ansehen belastenden Vorgänge zu verhindern. Nicht einmal das von der Beklagten bereits vor geraumer Zeit eingeleitete Verfahren auf Prüfung des Widerrufs der Zulassung hat den Kläger dazu bewegt, rechtzeitig seine Vermögensverhältnisse zu ordnen.

b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511; vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 54/09, juris Rn. 6 und vom 24. Mai 2013, aaO Rn. 5). Hierfür trägt der Rechtsanwalt die Feststellungslast (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2010 - AnwZ (B) 67/08, BRAK-Mitt. 2010, 129 Rn. 11; vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5 und vom 24. Mai 2013, aaO). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die mit der Zulassungsbegründung aufgestellte These, bei hohem Eigenvermögen entfalle jede Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, trifft ersichtlich nicht zu. Das behauptete Eigenvermögen hat die Erwirkung von Titeln und Vollstreckungsmaßnahmen und damit auch die Gefahr eines möglichen Zugriffs von Gläubigern auf etwaige Fremdgelder bereits in der Vergangenheit nicht verhindert. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er zur Zeit eine der beiden Immobilien veräußere, ist eine etwaige dadurch in Zukunft eintretende Veränderung seiner finanziellen Verhältnisse schon aus Zeitgründen für die Frage der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs ohne Bedeutung.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Roggenbuck Seiters Martini Quaas Vorinstanz:

AGH Berlin, Entscheidung vom 08.10.2013 - I AGH 3/13 -






BGH:
Beschluss v. 10.03.2014
Az: AnwZ (Brfg) 77/13


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