Sozialgericht München:
Urteil vom 11. Dezember 2014
Aktenzeichen: S 15 R 1890/14

(SG München: Urteil v. 11.12.2014, Az.: S 15 R 1890/14)

Die Tätigkeit eines angestellten steuerberatenden Rechtsanwalts in einer Steuerkanzlei ist im Kontext von § 6 Abs. 1 SGB VI ebenso befreiungsfähig wie die eines angestellten Rechtsanwalts in einer Rechtsanwaltskanzlei.Berufungsverfahren anhängig (L 6 R 114/15)SG München 15. Kammer,

Urteil vom

11.12.2014, S 15 R 1890/14TenorI. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 23.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2014 verurteilt, die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - für die Beschäftigung des Klägers bei der B. Steuerberatungsgesellschaft und Wirtschaftstreuhand GmbH rückwirkend auf den 19.12.2013 zu erteilen.II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 23.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2014 verurteilt, die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - für die Beschäftigung des Klägers bei der B. Steuerberatungsgesellschaft und Wirtschaftstreuhand GmbH rückwirkend auf den 19.12.2013 zu erteilen.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand

Der Kläger arbeitet seit November 2013 als angestellter Anwalt für die B.-Stadt Steuerkanzlei B. Steuerberatungsgesellschaft und Wirtschaftstreuhand GmbH (nunmehr: B.). Seit dem 19.12.2013 ist er sowohl Mitglied der Rechtsanwaltskammer A-Stadt und der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung aufgrund seiner Tätigkeit für die B.. Der Kläger hält als Gesellschafter an der B. ein Sechstel der Geschäftsanteile, zudem ist er als Prokurist bestellt.

Der Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht vom 17.02.2014 wurde mit Bescheid vom 23.04.2014 abgelehnt. Der Kläger sei Syndikusanwalt im Sinne der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Nach Widerspruch vom 05.05.2014 wurde dieser mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2014 zurückgewiesen. Der Kläger sei nicht als Rechtsanwalt bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Der Kläger sei nicht "wegen" seiner Beschäftigung bei der B. Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und des Versorgungswerks. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Versorgungswerk müsse wegen ein und derselben Beschäftigung bestehen. Die in Rede stehende Beschäftigung müsse Versicherungspflicht in beiden Versicherungssystemen auslösen. Dies sei bei Syndikusanwälten nicht der Fall.

Der Kläger erhob am 6.10.2014 Klage zum Sozialgericht München mit der maßgeblichen Begründung, dass er kein Syndikusanwalt sei. Er benötige die Anwaltszulassung, um seine Beschäftigung als steuerberatender Anwalt, wozu er gem. § 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) ausdrücklich ermächtigt ist, ausüben zu können. Sowohl die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) als auch das StBerG ließen Kooperationen zwischen steuerberatenden Rechtsanwälten und Steuerberatern zu.

Er beantragt:

Der Bescheid vom 23.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.09.2014 wird aufgehoben sowie die Beklagte verurteilt, die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für die Beschäftigung bei der B. Steuerberatungsgesellschaft und Wirtschaftstreuhand GmbH rückwirkend auf den 19.12.2013 zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass der Kläger Syndikusanwalt im Sinne der neuesten Rechtsprechung des BSG und des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) in Bezug auf seine Tätigkeit bei der B. sei.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die vorliegende Prozessakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die angegriffenen Bescheide beschweren den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Die rückwirkende Befreiung zum Zeitpunkt des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen ergibt sich aus § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 4 S. 1 SGB VI, da der Befreiungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Voraussetzungen (vgl. hierzu: BeckOK SozR/von Koch SGB VI § 6 Rn. 30) gestellt wurde.

Die Befreiungsvoraussetzungen gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI liegen vor. Der Kläger ist seit dem 19.12.2013 kumulativ Mitglied des Versorgungswerks sowie der Rechtsanwaltskammer. Die Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 S. 1 S. 1 Nr. 1 lit a) bis c) SGB VI sind unstreitig erfüllt. Der Kläger ist auch insbesondere "wegen der" Beschäftigung für die Steuerberatungsgesellschaft B. Mitglied der Kammer und des Versorgungswerks. Er ist kein "Syndikusanwalt".

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 03.04.2014 (Az. B 5 RE 13/14 R) ausgeführt, dass bereits dann der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst ist, wenn ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führen kann. Die bei Syndikusanwälten im Sinne von § 46 BRAO erbrachte Erwerbstätigkeit sei für die Mitgliedschaft des Syndikusanwalts in der Rechtsanwaltskammer und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI fehle und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigen würde. Eine lediglich inhaltliche Überschneidung der in den zu koordinierenden öffentlich-rechtlichen Sicherungssystemen erfassten Erwerbstätigkeit genüge nicht. Ein Eingehen auf inhaltliche Aspekte einer in Frage stehenden Erwerbstätigkeit würde sich dann erübrigen, wenn es bereits aufgrund der äußeren Form der Erwerbstätigkeit ausgeschlossen sei, dass die Tätigkeit mehrfache Versicherungspflicht begründen könne. Der Syndikusanwalt sei gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen. Bezogen auf das Tätigkeitsbild eines Anwalts, wie es in § 1 und 3 BRAO normiert ist, sei der Syndikus nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in seiner Erwerbstätigkeit als Syndikus nicht als Rechtsanwalt tätig; er sei vielmehr einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt.

Als Syndikus sei derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber stünde. Der Syndikusanwalt sei gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (BSG unter Verweis auf BGH Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71 mit Hinweis auf BT-Drucks III/120 S 77 und Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; vgl. zum Begriff des Syndikusanwalts und den damit verbundenen zwei Arbeitsbereichen Feuerich/Weyland, BRAO, Kommentar 8. Auflage 2012, § 46 Rn. 3). Der Syndikusanwalt habe daher zwei Arbeitsbereiche inne, einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freien Anwalt. In das Berufsbild des Anwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege ließe sich nur eine Tätigkeit einfügen, die der Syndikus außerhalb seines Dienstverhältnisses ausüben würde. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts könne sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtssuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt sei Rechtsanwalt, weil er sich aufgrund seiner Zulassung neben seiner Tätigkeit für das Unternehmen gesondert als Rechtsanwalt betätigen könne. Im Hauptberuf berate er seinen Arbeitgeber als Angestellter in rechtlichen Angelegenheiten.

Das BSG führt weiter aus, dass es bei einer Tätigkeit eines Rechtsanwalts bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber unerheblich sei, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich Elemente der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. Im Schrifttum wird demgemäß darauf hingewiesen, dass § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für Rechtsanwälte nicht gegenstandslos geworden ist. Wer als Rechtsanwalt bei einem Rechtsanwalt beschäftigt wird, kann der Verpflichtung zur unabhängigen und weisungsfreien Ausübung seines Berufs auch in einem entsprechend ausgestalteten Anstellungsverhältnis bei diesem genügen (BeckOK SozR/von Koch SGB VI § 6 Rn. 9c).

Dem folgt der 14. Senat des Bayer. LSG mit seiner (zeitlich früheren) Entscheidung vom 18.12.2013 (Az. L 14 R 384/12), die sich parallel zur Entscheidung des 5. Senats des BSG bzgl. der Berufsbezogenheit der Tätigkeit maßgeblich auf das anwaltliche Berufsrecht stützt. Bereits in den Leitsätzen (weiter ausgeführt in den Gründen, Rn. 30 unter juris) heißt es, dass Rechtsanwälte zu befreien sind, wenn die rechtsanwaltliche Zulassung die rentenversicherungspflichtige Betätigung mit umfasst. Weiter wird explizit darauf Bezug genommen, dass die Tätigkeit als Rechtsanwalt in einer Rechtsanwaltskanzlei/-gesellschaft zu befreien ist, weil dort die rechtsberatende Arbeitsleistung als Dienstleistung gegenüber externen Mandanten und nicht unternehmensintern erfolgt (ebenso die ganz h.M. zu den Beschränkungen von § 46 BRAO, vgl. Henssler/Prütting, BRAO, Kommentar 4. Auflage 2014, § 46 Rn. 26 unter Zitierung von BGH, NJW 2006, 1516: €Nicht erfasst ist das ständige Dienstverhältnis zwischen einem Rechtsanwalt (bzw. einer Rechtsanwaltsgesellschaft) und dem bei ihm angestellten Kollegen. Die Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit ist hier weit geringer ausgeprägt, und zwar nicht nur weil der Arbeitgeber selbst den anwaltlichen Berufspflichten unterworfen ist, sondern auch weil er kein persönliches Interesse an der Mandatsbearbeitung und damit weit weniger Anlass hat, sich aus fachfremden Gründen in diese einzuschalten.€). Das Bayer. LSG stellt mithin entscheidend darauf ab, ob für die Tätigkeit die anwaltliche Zulassung erforderlich ist und ob (hergeleitet aus der Gesetzesbegründung, BT Drs. 12/7656) eine Beratung des Arbeitgebers durch den angestellten Anwalt erfolgt oder ob eine Drittberatung stattfindet.

Ausgehend von diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen ist die Tätigkeit des Klägers in der Steuerberatungsgesellschaft B. nicht als syndikusanwaltliche zu verstehen. Der Kläger ist nicht gleichzeitig neben seiner Beschäftigung für die Steuerkanzlei auch als Anwalt zugelassen, sondern er benötigt seine anwaltliche Zulassung für die streitgegenständliche Tätigkeit. Die Tätigkeit des Klägers für die B. ist eine anwaltliche. Dies ergibt sich bereits aus § 3 Nr. 1 StBerG, wonach Rechtsanwälte gleichberechtigt neben Steuerberatern und anderen steuerberatenden Berufen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind (vgl. hierzu Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Auflage, § 3 Rn. 7, wonach Fachanwälte für Steuerrecht keine weitergehenden Befugnisse haben als Rechtsanwälte ohne Fachanwaltszulassung). Diese gesetzliche Befugnis ist mit der anwaltlichen Zulassung verknüpft, ein bloßer Volljurist darf keine geschäftsmäßige Hilfeleistung ausüben. Die anwaltliche Zulassung ist mithin hinreichende, aber auch notwendige Voraussetzung, um die streitgegenständliche Tätigkeit ausüben zu können.

Von § 46 Abs. 1 BRAO sind alle personenrechtlichen Dauerrechtsverhältnisse umfasst, bei denen es zu Interessenkollisionen zwischen der unternehmensbezogenen Tätigkeit und der anwaltlichen Berufsausübung kommen kann (Henssler/Prütting, a.a.O., § 46 Rn. 26 a.E.). Nach diesen Grundsätzen ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht von den Beschränkungen des § 46 BRAO erfasst. Der Kläger berät nicht seine Arbeitgeberin - die Steuerberatungsgesellschaft - in steuerrechtlichen Angelegenheiten, sondern externe Dritte. Die Gefährdung der anwaltlichen Berufstätigkeit ist hier wie bei einem angestellten Rechtsanwalt in einer Rechtsanwaltskanzlei weit geringer ausgeprägt als bei einem Syndikusanwalt, da die Arbeitgeberin des Klägers kein persönliches Interesse an seiner Mandatsbearbeitung hat und mithin weniger Anlass besteht, sich aus fachfremden Gründen in diese einzuschalten. Zudem ist die Arbeitgeberin des Klägers weitgehend identischen Berufspflichten unterworfen, wie dies bei einem Rechtsanwalts-Arbeitgeber der Fall wäre, so dass aus diesem Grunde der Steuerberater als sozietätsfähiger Beruf für Rechtsanwälte gesetzlich zugelassen wurde (§ 59a BRAO, siehe hierzu sogleich weiter unten).

Die Gleichsetzung der Arbeit eines angestellten Rechtsanwalts in einer Rechtsanwaltskammer und in einer Steuerberatungsgesellschaft/Steuerkanzlei ergibt sich zudem aus weiteren berufsrechtlichen Vorschriften. Ausgehend von der in § 3 StBerG normierten vollen Befugnis zur Steuerberatung enthalten beide Berufsordnungen vielfache Verzahnungsvorschriften, die es Anwälten ermöglichen, auch in der äußeren Organisation steuerberatend tätig zu sein. So bestimmt § 59a BRAO, dass sich Rechtsanwälte mit anderen Rechtsanwälten, aber eben auch mit Steuerberatern und anderen steuerberatenden Berufen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse verbinden dürfen. Die entsprechende Parallelnorm findet sich in § 56 StBerG. Mit der Aufzählung der sozietätsfähigen Berufe in § 59a BRAO ist der Kreis der möglichen Berufe erschöpft. Der Grund für die restriktive Handhabung liegt in der Sorge um den Schutz der Mandanteninteressen. Nur bei Berufen, deren Angehörige eine vergleichbar strenge Pflichtenstellung wie Rechtsanwälte haben (Unabhängigkeit, Verschwiegenheitspflicht, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen etc.) und einer Kammeraufsicht unterliegen, sind die Belange des rechtssuchenden Publikums gewahrt (Henssler/Prütting, a.a.O., § 59a Rn. 29).

Gem. § 43 Abs. 4 S. 3 StBerG dürfen Rechtsanwälte die Bezeichnung Rechtsanwalt zum Hinweis auf steuerberatende Tätigkeiten verwenden. Die rechtsanwaltliche Tätigkeit ist ausdrücklich mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar, § 57 Abs. 3 Nr. 1 StBerG. Neben Steuerberatern und anderen steuerberatenden Berufe können auch Rechtsanwälte Mitglieder des Vorstands, Geschäftsführer oder persönlich haftende Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften sein, § 50 Abs. 2 StBerG. Eine Steuerberatungsgesellschaft wird nur anerkannt, wenn die Gesellschafter ausschließlich Steuerberater, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte, in der Gesellschaft tätige Personen, deren Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter nach § 50 Abs. 3 StBerG genehmigt worden ist, oder Steuerberatungsgesellschaften, die die Voraussetzungen dieses Absatzes erfüllen, sind, § 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG. Schließlich erstreckt sich das Tätigkeitsverbot von § 46 Abs. 2 BRAO auch auf sozietätsverbundene Angehörige anderer Berufe, § 46 Abs. 3 BRAO. Mit diesen sind wiederum die gem. § 59a BRAO sozietätsfähigen Berufe, also auch die Steuerberater, gemeint (Henssler/Prütting, a.a.O., § 46 Rn. 49).

Die enge Verzahnung der steuerberatenden Berufsbilder - Rechtsanwälte, Steuerberater und andere steuerberatende Berufe - führt dazu, dass die Tätigkeit eines angestellten Rechtsanwalts für eine Steuerkanzlei nicht anders zu beurteilen ist als die für eine Rechtsanwaltskanzlei. Insbesondere sind die berufsbezogenen Pflichten und Rechte, die §§ 1, 3 BRAO normieren, ebenso erfüllt. Der in einer Steuerkanzlei angestellte Rechtsanwalt ist unabhängiges Organ der Rechtspflege einzig mit der Besonderheit, dass sich seine Beratungsaufträge weitgehend auf Steuerrechtsfälle beschränken. Er berät und vertritt seine Mandanten wie ein angestellter Rechtsanwalt in Rechtsanwaltskanzleien in Angelegenheiten des Steuerrechts. Er ist damit im Sinne der BSG-Rspr. rechtlich und tatsächlich in der Lage, aufgrund seiner Tätigkeit in der Gesellschaft (und eben nicht neben seiner Tätigkeit) Rechtssuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten.

Nach allem war der Klage stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.






SG München:
Urteil v. 11.12.2014
Az: S 15 R 1890/14


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