Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. September 2009
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 17/08
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.09.2009, Az.: VI-U (Kart) 17/08)
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Oktober 2008 verkündete Grundurteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreiben-den Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstre-ckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Wert des Berufungsverfahrens und die Beschwer der Beklagten werden auf jeweils 4.697.570,77 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beklagte bietet seit jeher eine Universalbeförderungsleistung vom Briefkasten bzw. von ihrer annehmenden Filiale bis zum Empfänger gegen Standardporto an. Entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 28 PostG gewährt sie hierbei nach wie vor Massenversendern die Möglichkeit, unter Preisnachlass nur Teile ihrer Beförderungskette (sogenannte Teilleistungen) in Anspruch zu nehmen, indem diese gesammelte und nach Postleitzahlen vorsortierte Briefsendungen bei einem der Briefzentren der Beklagten einliefern können. Im Rahmen ihres Monopols, welches ihr bis zum 31.12.2007 für die Beförderung von Briefsendungen unterhalb bestimmter durch § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG in seinen verschiedenen Fassungen jeweils festgelegten Einzelgewichtsgrenzen zukam (sogenannte gesetzliche Exklusivlizenz), bot sie einen solchen Teilleistungszugang unter Rabattgewährung bis zum Jahr 2005 nur selbst einliefernden Massenabsendern oder in deren Namen und Auftrag handelnden gewerblichen Postbeförderern an.
Die Beklagte verfügte jedenfalls im Zeitraum der Jahre 2003 bis 2005 auf dem Markt für lizenzpflichtige Postdienstleistungen über einen 90 % übersteigenden Marktanteil.
Der Kläger ist seit dem 13.06.2001 Inhaber einer sogenannten "E-Lizenz", die ihn berechtigt, gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG gewerbsmäßig Post bei einem Absender abzuholen und sie in dessen Auftrag bei einer Annahmestelle der Beklagten einzuliefern. Im Mai 2003 bat er die Beklagte um Unterbreitung eines Teilleistungsangebotes für gewerbsmäßig von ihm bei verschiedenen Absendern in den Postleitzahlgebieten 27 und 28 einzusammelnde (zu konsolidierende), nach Postleitzahlen vorzusortierende und in ein Briefzentrum der Beklagten einzuliefernde Briefe mit einem Gewicht unterhalb der in § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG festgelegten Gewichtsgrenze. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, sie dürfe im Rahmen ihrer gesetzlichen Exklusivlizenz Teilleistungen nur Kunden, nicht aber Wettbewerbern gewähren.
Unter anderem auf eine Beschwerde des Klägers untersagte das Bundeskartellamt der Beklagten durch Beschluss vom 11.02.2005, Wettbewerber in Zukunft anders als sogenannte Kunden zu behandeln, weil es im Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen § 20 GWB sowie gegen Art. 82 EG sah. Der Senat bestätigte die Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes und wies durch Beschluss vom 13.04.2005 einen gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes gerichteten Eilrechtsschutzantrag der Beklagten zurück. Die gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 in der Hauptsache eingelegte Beschwerde nahm die Beklagte mit einem am 28. April 2008 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz zurück. Wegen der Einzelheiten zum Inhalt der kartellbehördlichen Entscheidung und der Entscheidung des Senats wird im Einzelnen auf den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005, Az.: B 9 - 55/03, und den Beschluss des Senats vom 13.04.2005, Az.: VI - Kart 3/05 (V), verwiesen.
Hiernach unterbreitete die Beklagte dem Kläger zunächst im August und sodann im Oktober 2005 ein vorläufiges Teilleistungsangebot, welches der Kläger jedoch nicht annahm.
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz.
Er hat behauptet, er sei willens und in persönlicher wie auch wirtschaftlicher Hinsicht in der Lage gewesen, ab dem 01.07.2003 eine unternehmerische Tätigkeit als sogenannter Konsolidierer in Bremen aufzunehmen, wenn die Beklagte seiner Bitte aus Mai 2003 entsprechend ein Teilleistungsangebot unterbreitet und einen entsprechenden Teilleistungsvertrag mit ihm geschlossen hätte. Hierzu hat er im Einzelnen vorgetragen. Des Weiteren hat er behauptet, im Oktober 2005 finanziell nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, den angestrebten Geschäftsbetrieb aufzunehmen. Indem die Beklagte schuldhaft seine im Mai 2003 gestellte Bitte zu Unrecht abgelehnt und sich bis Herbst 2005 geweigert habe, diesbezüglich ein annehmbares Teilleistungsangebot zu unterbreiten, sei ihm für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis 31.12.2005 ein Schaden in Gestalt entgangenen Gewinns entstanden, zu dem er im Einzelnen vorgetragen hat.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.697.570,77 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 278.528,16 € und weiterer Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 4.697.570,77 € seit dem 15. Januar 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem klägerischen Vorbringen entgegengetreten. Sie hat ein ihr zur Last fallendes Verschulden bestritten und hierzu vorgetragen, infolge der eindeutigen Beschlusslage der Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post (RegTP) - heute: Bundesnetzagentur -, der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichts Köln und des erkennbaren Willens des Gesetzgebers dahingehend gebunden gewesen zu sein, im Bereich ihrer gesetzlichen Exklusivlizenz Wettbewerbern einen Teilleistungszugang nicht gewähren zu dürfen; andernfalls hätte sie sich dem Risiko eines Bußgeldes ausgesetzt. Darüber hinaus ist sie der klägerischen Behauptung eines Schadens entgegengetreten und hat die vom Kläger im Einzelnen behaupteten persönlichen, finanziellen und tatsächlichen Voraussetzungen und Grundlagen für die Aufnahme des angeblich angestrebten Geschäftsbetriebes mit Nichtwissen bestritten.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Grundurteil der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Hierbei hat das Landgericht die ernsthafte Absicht des Klägers zur Gründung eines Konsolidierungsunternehmens in dem Umfang seiner rechtlichen Bemühungen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Teilleistungszugang bestätigt und die Sachkunde des Klägers in dessen Werdegang sowie seine finanziellen Möglichkeiten zur Gründung eines solchen Unternehmens in den von ihm vorgelegten Unterlagen belegt gesehen. Des weiteren hat das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt:
Indem die Beklagte sich trotz Fehlens einer obergerichtlichen und erst recht höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage eines Teilleistungszugangs für Wettbewerber im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz schlicht auf eine ihr günstige Rechtsauffassung verlassen und dem Kläger rechtswidrig einen Teilleistungszugang verweigert habe, habe sie aufgrund eines nicht zu entschuldigenden Rechtsirrtums und damit fahrlässig gehandelt. Aufgrund der Sachlage sei es wahrscheinlich, dass der Kläger mit der geplanten Tätigkeit dem Grunde nach zu ersetzende Gewinne erzielt hätte, für dessen Feststellung der Höhe nach es aber noch weiterer Aufklärung bedürfe.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zur Verschuldens- und Schadensfrage und trägt darüber hinaus vor:
Sie rügt, dass das Landgericht weder eine Anspruchsgrundlage noch einen Kartellrechtsverstoß festgestellt habe. Ihrer Meinung nach finde hier § 33 GWB a.F. Anwendung, der mangels einer § 33 Abs. 4 GWB n.F. entsprechende Regelung die ausdrückliche Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes erfordere. Ein solcher sei jedenfalls für den fraglichen Zeitraum zu verneinen, weil ihr aufgrund der damaligen Gesetzeslage unter Berücksichtigung des erkennbaren Willen des Gesetzgebers und der Anwendungspraxis der RegTP und des Verwaltungsgerichts Köln kein Verhaltensspielraum zugekommen sei, Wettbewerb im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz zu ermöglichen. Erst durch die Entscheidung des Bundeskartellamtes und des bestätigenden Beschlusses des Senats vom 13.04.2005 im benannten Eilrechtsschutzverfahren seien ihr postrechtlich normierter Verhaltensspielraum gemeinschaftsrechtskonform weiter zu verstehen gewesen. Hierbei werde - wie die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Consorzio Industrie Fiammiferi (CIF) vom 9. September 2003, Az.: C-198/01, meint - ihr in der Vergangenheit liegendes Verhalten aber durch die zuvor geltende Rechtslage und Entscheidungspraxis der RegTP und des Verwaltungsgerichts Köln gerechtfertigt.
Schließlich meint die Beklagte, nicht passivlegitimiert zu sein. Ursächlich für den vom Kläger behaupteten Schaden sei vor dem tatsächlichen wie auch rechtlichen Hintergrund allenfalls die Entscheidungspraxis der RegTP.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen,
hilfsweise
den Streit über den Betrag des klägerischen Anspruchs gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO an das Gericht es ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Über sein wiederholtes erstinstanzliches Vorbringen hinaus ist er der Auffassung, dass nach der bestandskräftigen Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20.10.2004 die den gewerblichen Postdienstleistern nachteilige Auslegung des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG durch die RegTP gegen Art. 82 EG verstoße. Weiter meint der Kläger zur Frage des Verschuldens, dass die Beklagte angesichts - unstreitig - bereits vor Mai 2003 ersichtlich abweichender Rechtsstandpunkte verschiedener Konsolidierer zur Frage eines Teilleistungszugangs im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz, die damals durch das Verwaltungsgericht Köln nicht rechtskräftig beschieden gewesen seien, und einer bereits im September 2001 der RegTP unterbreiteten abweichenden Meinung des Bundeskartellamtes hierzu nicht darauf habe vertrauen dürfen, dass sich ihr Rechtsstandpunkt durchsetzen werde. Die Beklagte treffe daher das Risiko ihrer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung. Schließlich ist der Kläger der Auffassung, die Beklagte sei als Adressantin des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots aus § 20 Abs. 1 GWB passiv legitimiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat gemäß Beschluss vom 17.06.2009 Beweis erhoben über die Frage der Branchen- und Sachkundigkeit des Klägers und die Frage seines finanzielles Leistungsvermögens in der Zeit vom 01.07.2003 bis 31.12.2005 durch Vernehmung der Zeugen S., B., H., K. und M. - insoweit gemäß § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch den Einzelrichter - und im Wege des Urkundenbeweises. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Beweistermins vom 12.08.2009 verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat das Grundurteil im Ergebnis zu Recht erlassen. Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme besteht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte sowohl aus §§ 33 S. 1, 20 Abs. 1 GWB a.F. als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 82 EG.
A.
Der Klageantrag ist dem Grunde nach aus §§ 33 Satz 1, 20 Abs. 1 GWB a.F. gerechtfertigt.
1.
Für die Beurteilung des Streitfalls ist auf die Bestimmungen des Kartellgesetzes in der Fassung vom 26.08.1998 - und nicht auf die aktuelle Gesetzesfassung - abzustellen. Nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Rechts - auf die mangels einer entsprechenden Übergangsregelung in § 131 GWB in der derzeit geltenden Fassung zurückzugreifen ist - sind rechtsgeschäftlich wie auch gesetzlich begründete Schuldverhältnisse nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses galt (Fuchs in Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 131 Rn. 15 m.w.N.). Dementsprechend richtet sich auch der kartellrechtliche Schadensersatzanspruch aus § 33 GWB als ein deliktischer Haftungstatbestand nach dem im Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Kartellrecht (vgl. Fuchs, a.a.O.). Auf Kartellrechtsverstöße, die - wie hier - vor Inkraft-Treten der 7. GWB-Novelle am 01.07.2005 begangen worden sind, findet demzufolge grundsätzlich § 33 GWB a.F. Anwendung (vgl. Fuchs, a.a.O. § 131 Rn. 16 m.w.N.).
2.
Gemäß § 33 Satz 1 GWB a.F. ist derjenige, der gegen eine (drittschützende) Vorschrift des GWB verstößt, zum Ersatz des aus dem Verstoß entstandenen Schadens verpflichtet, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Diese Haftungsvoraussetzungen liegen im hier zu entscheidenden Fall vor.
a) Indem die auf dem inländischen Markt für Briefbeförderung und den Teilmärkten innerhalb der Briefbeförderungskette unstreitig marktbeherrschende Beklagte sich weigerte, für Sendungen unterhalb der Gewichts- und Preisgrenzen der gesetzlichen Exklusivlizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG dem Kläger Zugang zu Teilleistungen und Rabatte für die von ihm erbrachten teilleistungsrelevanten Eigenleistungen nach § 28 Abs. 1 PostG zu gewähren, verstieß sie gegen das kartellrechtliche Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB a.F..
aa) Dies hat der Senat bereits in dem von der Beklagten geführten Beschwerdeverfahren gegen die diesbezügliche Untersagungsverfügung vom 11.02.2005 mit Beschluss vom 13.04.2005 - VI-Kart 3/05 (V) - im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
bb) Überdies steht aufgrund der bestandskräftig gewordenen Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 für den vorliegenden Schadensersatzprozess bindend fest, dass die Beklagte durch ihre Weigerung, dem Kläger einen Teilleistungszugang unter Einräumung von Teilleistungsrabatten zu gewähren, gegen § 20 Abs. 1 GWB a.F. verstoßen hat. Die Bindungswirkung dieser kartellbehördlichen Verfügung folgt aus § 33 Abs. 4 GWB in dessen derzeit geltender Fassung. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht, das über einen Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen eine Vorschrift des GWB zu entscheiden hat, an die Feststellung dieses Verstoßes durch eine bestandskräftige kartellbehördliche oder rechtskräftige kartellgerichtliche Entscheidung gebunden.
(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 33 Abs. 4 GWB auf den Streitfall Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift im Zeitpunkt des Kartellverstoßes im Jahre 2003 noch nicht existierte, sondern erst im Zuge der 7. GWB-Novelle mit Wirkung zum 01.07.2005 in das Kartellgesetz eingefügt worden ist.
Die Grundsätze des intertemporalen Rechts dienen dem Schutz des Vertrauens darin, dass das rechtserhebliche Handeln eines Rechtssubjektes auch in Zukunft nur nach dem zu seiner Vornahme (oder Unterlassung) geltenden Recht beurteilt wird. Dieses schutzwürdige Vertrauen gebietet ein Verbot der Rückwirkung ungünstigeren neuen Rechts bzw. ein Gebot zur Anwendung günstigeren alten Rechts jedoch nur in Bezug auf das materielle Recht. Dementsprechend findet § 33 GWB a.F. auf vor dem 01.07.2005 begangene Kartellverstöße Anwendung, soweit die 7. GWB-Novelle zu einer materiellen Rechtsänderung geführt hat, wobei die Frage, ob es sich um eine materielle Rechtsänderung handelt, für die einzelnen Regelungen des § 33 GWB n.F. jeweils gesondert zu untersuchen ist (vgl. Fuchs in Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 131 Rn. 16).
Die Regelung des § 33 Abs. 4 GWB stellt zwar eine gegenüber der alten Rechtslage wesentliche Neuerung dar, hat aber lediglich eine Beweiserleichterung für potentielle Privatkläger zur Ermöglichung von Anschlussklagen ("Followon”-Verfahren) und damit eine prozessuale Frage zum Gegenstand. Dies führt dazu, dass für die Anwendbarkeit dieser prozessualen Vorschrift nicht auf die Entstehung des Rechtsverhältnisses oder die Eröffnung des kartellbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens, sondern auf den Zeitpunkt dessen bestands- oder rechtskräftigen Abschlusses abzustellen ist (vgl. Fuchs, a.a.O., § 131 Rn. 21). Denn erst der mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung einhergehende Abschluss des Verfahrens führt zu einem nunmehr unabänderbaren prozessual erheblichen Sachverhalt. Erlangt die Entscheidung daher erst nach dem 01.07.2005 Bestands- bzw. Rechtskraft, liegt weder eine unzulässige Rückwirkung noch eine sonstige Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens vor, so dass § 33 Abs. 4 GWB n.F. ohne weiteres eingreift (Fuchs a.a.O.; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB 4. Aufl., § 33 Rn. 76; Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 33 Rn. 35).
Die Verfügung des Bundeskartellamtes vom 11. Februar 2005 hat erst nach dem 01.07.2005, nämlich durch die am 28. April 2008 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangene Rücknahme der gegen sie erhobenen Beschwerde, Bestandskraft erlangt.
(2) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bindungswirkung nach § 33 Abs. 4 GWB sind erfüllt.
Unter anderem auf die Beschwerde des Klägers vom 17.06.2003 hat das Bundeskartellamt die Weigerungshaltung der Beklagten kartellrechtlich gewürdigt und mit Verfügung vom 11.02.2005 eine Zuwiderhandlung gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB a.F. festgestellt. Nachdem die daraufhin gegen die Beklagte ergangene Untersagungsverfügung bestandskräftig geworden ist, steht auch im vorliegenden Schadensersatzprozess fest, dass bei richtlinienkonformer Auslegung der postrechtlichen Vorschriften anhand der Postdienste-Richtlinie 97/67/EG
eine Konsolidierungstätigkeit nicht in den Exklusivbereich der Beklagten im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 PostG eingreift, die - im Fall des Klägers unstreitig vorliegende - Lizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG auch die Einlieferung konsolidierter Briefsendungen umfasst und ein umfassender Anspruch des Konsolidierers auf Teilleistungszugang aus § 28 Abs. 1 PostG besteht, so dass die Beklagte dem Kläger den Abschluss eines Teilleistungsvertrages unter Einräumung der Teilleistungsrabatte, die sie im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz selbst einliefernden Massenversendern gewährte, kartellrechtswidrig verweigert hat.
b) Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Consorzio Industrie fiammiferi (CIF), C-198/01 berufen.
Nach jener Entscheidung des EuGH gebietet es der allgemeine gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit, dass ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten privater Unternehmen, das zwar gegen europäisches Kartellrecht verstößt, aber durch (gemeinschaftsrechtswidriges) zwingendes nationales Recht bestimmt wurde, im Verhältnis sowohl zu den Behörden als auch zu anderen Wirtschaftsteilnehmern nicht sanktioniert werden darf (vgl. EuGH, Urteil vom 09.09.2003, Rs. Consorzio Industrie Fiammiferi (CIF), C-198/01, Ziffer 53 - 55). Nach Art. 10 EG müsse, so führt der EuGH aus, das europarechtswidrige nationale Recht von den staatlichen Stellen unangewendet bleiben. Bis zu einer entsprechenden Erklärung der nationalen Kartellbehörde habe dieses gemeinschaftsrechtswidrige nationale Recht als zwingendes Recht jedoch das Verhalten der Unternehmen bestimmt und beeinflusst. Jenen Unternehmen falle ein eigener Verstoß gegen das europäische Kartellrecht nicht zur Last, weil Art. 10 EG nur die Mitgliedstaaten sowie ihre Organe und Gerichte binde. Im Ergebnis dürfe daher gegen die Unternehmen für nach nationalem Recht zwingend vorgeschriebene und bis zur behördlichen Entscheidung der Nichtanwendung des europarechtswidrigen nationalen Gesetzes vorgenommene Verhaltensweisen keine nachteiligen Rechtsfolgen gezogen werden.
Ein solcher (oder dem auch nur vergleichbarer) Normenkonflikt zwischen zwingendem nationalem Recht und höherrangigem Gemeinschaftsrecht liegt nicht vor. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der in der Entscheidung des EuGH zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke ebenfalls anzuwenden ist, wenn - wie hier - die das Verhalten der Unternehmen bestimmende behördliche Gesetzesanwendungspraxis im Widerspruch zu europäischem Kartellrecht steht. Für die Frage des objektiven Kartellrechtsverstoßes allein entscheidend und den vorliegenden Streitfall kennzeichnend ist vielmehr, dass das deutsche Postgesetz von vornherein europarechtskonform dahin ausgelegt werden konnte und auszulegen gewesen ist, dass eine Konsolidierungstätigkeit nicht in den Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz eingreift und Konsolidierer aus § 28 Abs. 1 PostG einen Anspruch auf Teilleistungszugang unter Einräumung von Teilleistungsrabatten haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auch insoweit Bezug auf seinen Beschluss vom 13.04.2005.
c) Hinsichtlich des Kartellrechtsverstoßes fällt der Beklagten zumindest Fahrlässigkeit zur Last, auch wenn sie auf die ständige Beschlusspraxis der RegTP und eine insoweit bestätigende Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vertraut hat. Der darin liegende Rechtsirrtum, nach den damaligen gesetzlichen Regelungen im PostG und der Entscheidungspraxis der RegTP nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet zu sein, dem Kläger einen Teilleistungszugang im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz zu verwehren, schließt das Verschulden der Beklagten nicht aus.
Auch im Bereich des gewerblichen sowie wettbewerbsrechtlichen Rechtsschutzes vermag ein Rechtsirrtum das Verschulden nur auszuschließen, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen, von seiner Rechtsauffassung abweichenden Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Bei zweifelhaften Rechtsfragen, in denen sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat und die insbesondere nicht durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt sind, braucht dies nicht zu bedeuten, dass für den rechtsirrig Handelnden die Möglichkeit einer ihm ungünstigen gerichtlichen Entscheidung undenkbar gewesen sein müsste. Jedoch muss durch strenge Anforderungen an seine Sorgfalt verhindert werden, dass er das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zuschiebt (BGH WuW/E BGH 2341 ff. - Taxizentrale Essen, zitiert nach juris Tz. 19). Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH NJW 1999, 139, 141 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.
aa) Als der Kläger im Mai 2003 einen Teilleistungszugang unter Preisnachlass im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz begehrte, war die hierfür maßgebliche Rechtslage zweifelhaft.
Zwar konnte die Beklagte ihre Rechtsauffassung auf die gleichlautende ständige Regulierungspraxis der RegTP stützen. Der Standpunkt der RegTP war indes in erster Instanz noch in keinem Hauptsacheverfahren - und erst recht nicht ober- oder gar höchstgerichtlich - bestätigt worden. Es lag lediglich eine Eilrechtsschutzentscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 29.05.2002 (Az.: 22 L 725/01) vor, welche die Rechtsauffassung der RegTP und der Beklagten billigte. Zugleich war bereits damals der Standpunkt der RegTP auf verschiedenen Ebenen bekämpft und zur Überprüfung gestellt:
Unstreitig hatten bereits zuvor verschiedene gewerbliche Postdienstleister, die über eine Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG verfügten, im eigenen Namen, also nicht für einen einzelnen Massenversender, Teilleistungszugang bei der Beklagten (erfolglos) beantragt und somit einen abweichenden rechtlichen Standpunkt zur Reichweite der gesetzlichen Exklusivlizenz sowie der Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG und zu einem Anspruch auf Teilleistungszugang geltend gemacht.
Seit dem 04.10.2001 war eine verwaltungsgerichtliche Klage der m. V. GmbH gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 22 K 7266/01) anhängig, in dem es gerade um die Rechtmäßigkeit der rechtlichen Beurteilung des Teilleistungszugangs für Konsolidierer und der Reichweite der Lizenz gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG durch die RegTP ging. Auch der Kläger hatte am 10.10.2001 mit gleichem Gegenstand Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben. Der Ausgang beider Verfahren war im Zeitraum, in welchem die Beklagte dem Kläger einen Teilleistungszugang verweigerte, völlig offen.
Das Bundeskartellamt hatte sich gegenüber der RegTP bereits mit Stellungnahmen aus September 2001 aus kartellrechtlichen Gründen für eine weite Auslegung der Anspruchsgrundlagen für einen Teilleistungszugang ausgesprochen.
Des weiteren leitete die Europäische Kommission Mitte 2003 aufgrund einer Beschwerde des B. e.V. vom 06.05.2003 gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Gesetzeslage und der behördlichen Handhabung des Teilleistungszugangs im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz ein Verfahren gemäß Art. 86 in Verbindung mit Art. 82 EG ein.
Diese Umstände mussten der Beklagten auch bekannt sein, zumal sie sowohl in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren als auch in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren der RegTP beigeladen war und im Verfahren der Europäischen Kommission in der zweiten Jahreshälfte 2003 angehört wurde. Jedenfalls macht die Beklagte insoweit keine Unkenntnis geltend.
Bei dieser Sachlage durfte die Beklagte nicht auf die Richtigkeit ihrer Rechtsansicht vertrauen. Es lag für sie erkennbar im Bereich des Möglichen, dass - wie später auch geschehen - die Frage des Teilleistungszugangs für gewerbliche Konsolidierer im Bereich der Exklusivlizenz in gerichtlichen Hauptsacheverfahren abweichend beurteilt werden könnte. Dass ihre Rechtsansicht juristisch vertretbar gewesen sein mochte, hindert den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht. Bei zweifelhafter Rechtslage darf der Handelnde sich nicht einfach auf die ihm günstige Auffassung stützen (Bechtold, a.a.O. § 33 Rn. 20 m.w.N.).
bb) Ein Rechtsirrtum kann allerdings entschuldigt sein, wenn dem Irrenden nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des anderen Teils nicht zugemutet werden kann, eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen oder abzuwarten (BGH WuW/E BGH 2341 ff. - Taxizentrale Essen, zitiert nach juris Tz. 24). Dies ist hier indes nicht der Fall.
(1) Dass der Beklagten ab März 2004 ein ihren Standpunkt bestätigendes Privatgutachten vorlag, beseitigt oder unterbricht den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht. Das Ergebnis des Privatgutachtens vermochte die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage nicht zu beseitigen. Dies gilt nicht zuletzt schon deshalb, weil seinerzeit bereits das Verfahren der EU-Kommission anhängig war, in dem der gegenteilige Rechtsstandpunkt vertreten wurde.
(2) Die Beklagte kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, dass ihr eine vorläufige Gewährung eines Teilleistungszugangs für Briefsendungen, die der gesetzlichen Exklusivlizenz unterfallen, als Alternativverhalten bis zur (gerichtlichen) Klärung der Rechtslage nicht zumutbar gewesen sei.
(2.1) Dies gilt zunächst soweit die Beklagte darauf verweist, eine solche von der damaligen Rechtsauffassung der RegTP abweichende Maßnahme wäre als Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 1 PostG angesehen worden, so dass sie sich dem Risiko eines Bußgeldes ausgesetzt hätte.
Die Beklagte hätte bei richtiger - im Beschluss des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 und im Senatsbeschluss vom 13.04.2005 im Einzelnen dargelegter - Rechtsanwendung keine (postrechtliche) Ordnungswidrigkeit begangen, wenn sie dem Kläger den begehrten Teilleistungszugang unter entsprechenden Preisnachlässen (vorläufig) gewährt hätte. Für sie konnte daher von vornherein nur das Risiko bestehen, dass die RegTP aufgrund ihrer damaligen - unzutreffenden - Rechtsauffassung ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleitet und - zu Unrecht - ein Bußgeld verhängt. Dass dies tatsächlich und ernstlich zu erwarten war, ist weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst ersichtlich:
Die RegTP und das Bundeskartellamt traf nach § 48 Satz 3 PostG i.V.m. § 82 Satz 5 TKG a.F. die Pflicht, auf eine einheitliche und den Zusammenhang mit dem GWB wahrende Auslegung des Postgesetzes hinzuwirken. Der Begriff "hinwirken" intendiert, dass beide Behörden vom ernsthaften Willen getragen sein sollen, gemeinsame Auffassungen in Auslegungsfragen zu finden und beide Seiten im Zweifel der Kompromissbereitschaft den Vorrang gegenüber ausgedehnten Kontroversen um die zutreffende Interpretation einzuräumen (Senat, Beschluss vom 13.04.2005, VI-Kart 3/05). Ziel der Vorschrift ist es, dem sich aus der Parallelzuständigkeit beider Behörden ergebenden Risiko uneinheitlicher Rechtsanwendung wirksam zu begegnen.
Diesen Grundsatz hätte die RegTP grob missachtet, wenn sie ihren - auf breiter Front bekämpften und vom Bundeskartellamt seit September 2001 bekanntermaßen nicht geteilten - Rechtsstandpunkt nicht nur aufrechterhalten, sondern versucht hätte, ihn mit Hilfe eines Bußgeldverfahrens bei der Beklagten durchzusetzen.
Darüber hinaus hätte die RegTP vor diesem Hintergrund damit rechnen müssen, dass sie sich ihrerseits mit einer solchen ordnungsrechtlichen Maßnahme dem Risiko von Amtshaftungsansprüchen aussetzen könnte.
Bei dieser Sachlage spricht Alles für die Annahme, dass die RegTP die im Mai 2003 auf nationaler und europäischer Ebene bereits eingeleitete Klärung der Rechtslage abgewartet und von einem Bußgeldverfahren abgesehen hätte. Gegenteiliges hat die Beklagte, die für die Unzumutbarkeit darlegungs- und beweisbelastet ist, selbst nicht behauptet. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.
(2.2) Die Berufung dringt auch nicht mit dem Einwand durch, die Gewährung eines Teilleistungszugangs für den Kläger hätte im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes und § 28 PostG dazu gezwungen, allen potentiellen Wettbewerbern (vorläufigen) Teilleistungszugang zu gewähren, wodurch die Beklagte in unzumutbarer Weise dem Insolvenzrisiko zahlreicher Wettbewerber ausgesetzt werde.
Der Einwand ist schon deshalb unerheblich, weil die für die Frage der Unzumutbarkeit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch nicht im Ansatz dargelegt hat, dass und für welche Unternehmen ab Mai 2003 ein unzumutbares Insolvenzrisiko bestanden hätte.
Unabhängig davon wäre die Beklagte in der Lage gewesen, sich durch vertragliche Regelungen und Vorkehrungen hinreichend gegen Insolvenzrisiken bei vorläufiger Gewährung eines Teilleistungszugangs abzusichern. Insbesondere wäre das Verlangen nach einer (Bank-)Bürgschaft oder die Vereinbarung eines Kündigungsrechts bei Zahlungsverzug naheliegend gewesen.
3.
Der Erlass eines Grundurteils setzt über die Bejahung aller Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, hinaus die Wahrscheinlichkeit voraus, dass der Anspruch auch unter Berücksichtigung der gegen ihn erhobenen Einwendungen in irgendeiner Höhe besteht (BGH NJW-RR 2005, 1008, zitiert nach juris Tz. 15). Bei Schadensersatzklagen muss daher die hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass irgendein Schaden entstanden ist (BGH NJW 1994, 2286 - hier zitiert nach juris Tz. 8; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 304 Rn. 6). Auch dies ist hier der Fall.
Soweit - wie hier - ein entgangener Gewinn als Schaden geltend gemacht wird, führt § 252 Satz 2 BGB zu einer § 287 ZPO ergänzenden Beweiserleichterung zugunsten des Verletzten, indem dieser nur die Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen hat, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falles die Wahrscheinlichkeit des Gewinneintritts ergibt. Erforderlich aber auch ausreichend ist es, wenn Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung vorgetragen und bewiesen werden (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 252 Rn. 5).
Von diesem Maßstab ausgehend besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass dem Kläger ein nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartender Gewinn aus der ernsthaft beabsichtigten und ihm angesichts seiner nachweislichen Sach- und Branchenkenntnisse sowie seiner ausreichenden finanziellen Mittel möglichen, aufgrund der Verweigerung eines Teilleistungszugangs aber nie aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit als Konsolidierer entgangen ist. Die Feststellung dessen Höhe bleibt dem Betragsverfahren vorbehalten.
a) Den diese Wahrscheinlichkeit begründenden Erwägungen liegt zunächst zu Grunde, dass der Kläger bereits seit 1999 im Postdienstleistungssektor tätig gewesen ist. Dies steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Die Zeugin S. hat glaubhaft bekundet, dass ihr Postdienstleistungsunternehmen C. auf Initiative des Klägers - unstreitig 1999 - gegründet, nach einem vom Kläger entwickelten Konzept strukturiert und unter dessen maßgeblicher Leitung betrieben worden sei. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, am Wahrheitsgehalt dieser detaillierten und in sich widerspruchsfreien Aussage der Zeugin zu zweifeln, zumal die Zeugin Erinnerungslücken deutlich von ihrem positiven Wissen unterschieden hat und trotz ihrer aus ihren Bekundungen erkennbaren kritischen Haltung zur Person des Klägers keinerlei Begünstigungs- oder Belastungstendenzen hat erkennen lassen. Darüber hinaus stimmt die Aussage der Zeugin - soweit es die Tätigkeit des Klägers (und deren Gegenstände) in jenem Zeitraum betrifft - mit den vom Kläger vorgelegten und in ihrer Echtheit nicht bestrittenen Unterlagen überein, namentlich mit
den jeweils an C. gerichteten, in der Anschrift unmittelbar den Kläger ansprechenden Schreiben der Regulierungsbehörde vom 06.12.1999 betreffend den Zugang zu Postfachanlagen für C. (Anlage K 89), des Kreiswehrersatzamtes B. vom 08.02.2000 nebst dem vom Kläger für C. unterschriebenen Briefbeförderungsvertrag mit dem Kreiswehrersatzamt B. (Anlage K 95), des Arbeitsamtes B. vom 16.11.1999 (Anlage K 98), der Firma K. und D. vom 05.11.1999 (Anlage K 100), den jeweils vom Kläger für C. unterschriebenen Schreiben an die Regulierungsbehörde vom 19.09.1999 betreffend einen begehrten Teilleistungszugang für C. (Anlage K 90), an die Senatskanzlei B. vom 29.10.1999 (Anlage K 91), an die D. I. B. vom 08.11.1999 betreffend die Anbringung eines Firmenschildes von C. (Anlage K 92), der für C. vom Kläger unterschriebenen Praktikumsvereinbarung vom 23.09.1999 (Anlage K 97), dem für C. vom Kläger unterschriebenen Briefbeförderungsvertrag mit T. T. T. vom 27.08.1999 (Anlage K 103) und der vom Kläger für C. unterschriebenen Abmahnung eines Mitarbeiters vom 13.12.1999 (Anlage K 99).
In Anbetracht des von der Zeugin S. des Weiteren bekundeten Unternehmensverkaufs von C. an die Beklagte im Jahr 2000 für mehrere Millionen Euro, dem - wie die Zeugin es verstanden hat - der Streit um den Antrag von C. auf Teilleistungszugang zugrunde gelegen habe und der allein durch den namens C. handelnden Kläger ausgehandelt worden sei, sowie unter Berücksichtigung des von der Beklagten auch unstreitig gestellten Schriftverkehrs zwischen dem namens C. handelnden Kläger und der Beklagten in den Jahren 1999 und 2000, welchen der Kläger mit Schriftsatz vom 14.07.2009 als Anlagen K 79 bis K 87 und K 94 vorgelegt hat, dürfte das nach Maßgabe des § 138 Abs. 4 ZPO erfolgte Bestreiten einer Branchentätigkeit des Klägers mit Nichtwissen prozessual unzulässig gewesen sein.
Der Kläger ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nach Veräußerung von C. auf dem Postdienstleistungssektor tätig gewesen:
Der Kläger war ausweislich der im Original vorgelegten notariellen Urkunden der Notare Dr. S. vom 20.10.2000 (URNr. …) - Anlage K 62 - und G. vom 20.12.2002 (Nummer … der urkundenrolle für 2002) - Anlage K 63 - zunächst neben dem Zeugen B. Mitgesellschafter und ab 20.12.2002 alleiniger Gesellschafter der E. GmbH. Nach dem in der erstgenannten Urkunde beurkundeten Gesellschaftsvertrag (§ 3) ist Gegenstand des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens das Angebot und die Vermittlung von Kommunikations-, Beförderungs- und Logistikdienstleistungen aller Art gewesen.
Der Zeuge B. hat glaubhaft bekundet, dass die dahinter stehende Geschäftsidee gewesen sei, Konzernunternehmen ein Konsolidierungskonzept mit Teilleistungszugang im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz zu vermitteln; dieses Konsolidierungskonzept sei allein vom Kläger entwickelt und den Kunden vorgestellt worden. Auch insoweit besteht kein Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der Aussage. Dass der Zeuge um wahrheitsgemäße Bekundungen bemüht war, wird insbesondere darin deutlich, dass er im Rahmen seiner im Übrigen in sich schlüssigen Bekundungen deutlich zwischen einerseits sicher und andererseits nur lückenhaft erinnerten Umständen unterschied. Hierbei hat er die Geschehnisse in Übereinstimmung mit der ihm nach seinen Bekundungen zukommenden Rolle in der GmbH und wirtschaftlichen Interessenlage nachvollziehbar geschildert.
Zudem decken sich seine Bekundungen im Kern mit der Aussage des Zeugen H.. Dieser hat glaubhaft die Geschäftsbeziehung zwischen E. und der B. GmbH Berlin, deren Geschäftsführer er nach wie vor sei, bestätigt und bekundet, dass der Kläger das aus seiner - des Zeugen - Sicht auch erfolgreiche Konzept zu Einsparungen von Postentgelten vorgestellt und das Projekt seitens E. betreut habe.
b) Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger die ernsthafte Absicht zur Aufnahme einer gewerblichen Konsolidierungstätigkeit hatte.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verfolgte der Kläger bereits seit 1999 die Geschäftsidee, gewerbsmäßig Briefsendungen verschiedener Absender zu sammeln, vorzusortieren und bei der Beklagten im eigenen Namen einzuliefern, um Teilleistungsrabatte erlangen zu können.
Nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugin S. habe sich bereits ihr -gemeinsam mit dem Kläger aufgebautes und betriebenes - Postdienstleistungsunternehmen C., welches sich mit Postbeförderung befasste, auf Betreiben des Klägers um einen Teilleistungszugang im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz bemüht. Der Zeuge B. hat glaubhaft bekundet, dass der Kläger bereits im Rahmen des bis Ende 2002 gemeinsamen Unternehmens E., welches andere Unternehmen gerade über die Möglichkeit eines Teilleistungszugangs und der Konsolidierung von Briefsendungen von verbundenen Unternehmen beraten habe, eine eigene Konsolidierungstätigkeit vorgeschlagen habe. Aus der Aussage des Zeugen K., dem Ansprechpartner des Klägers in Vermögensanlagefragen bei dessen Hausbank in der Zeit von 1997 bis 2005, ergibt sich, dass der Kläger sich immer wieder mit der Geschäftsidee der Postkonsolidierung getragen und dafür auch um seine Hausbank als Kundin geworben habe. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, an der Glaubhaftigkeit dieser jeweils widerspruchsfreien Aussagen der untereinander ersichtlich nicht in Verbindung stehenden Zeugen zu zweifeln.
Des Weiteren hat der EuGH in seinem - vom Kläger als Anlage K 36 zu den Akten gereichten - Urteil vom 06.03.2008 (C 287/06 bis C 292/06) festgestellt, dass der Kläger im eigenen Namen bereits im Jahr 2001 von der jetzigen Beklagten ein Teilleistungsangebot im Sinne des § 28 PostG begehrte und sich dies auf die Möglichkeit bezog, größere Mengen an Briefsendungen bei verschiedenen Kunden einzusammeln und gewerbsmäßig, im eigenen Namen sowie zu den gleichen Sondertarifen wie für Geschäftskunden der jetzigen Beklagten bei einem Briefzentrum zusammengefasst und vorsortiert einzuliefern.
Der Wille zur Gründung passt auch in den zeitlichen Zusammenhang, nicht nur weil es im Jahr 2003 im Bereich B. unstreitig kaum nennenswerte Konkurrenz durch andere gewerbliche Konsolidierer gab, sondern auch weil die E. GmbH, deren Geschäftsanteile der Kläger zu diesem Zeitpunkt alleine hielt, kaum noch eine wirtschaftliche Perspektive bot. Aus der glaubhaften Aussage des Zeugen H. ergibt sich, dass der Vertrag zwischen E. und der B. GmbH Berlin ein Erfolgshonorar mit über drei Jahre gestaffelten Beteiligungen an den Einsparungen, die aufgrund des von E. vermittelten Konzepts von der B. GmbH in Bezug auf Postentgelte erzielt würden, vorgesehen habe. Der im Beweistermin am 12.08.2009 persönlich angehörte Kläger hat erklärt, dass außer mit diesem Kunden nur noch mit zwei weiteren Unternehmen Beratungsverträge abgeschlossen worden seien; die Schwierigkeit bei der Vermarktung des Beratungskonzepts sei es gewesen, dass - wie der Zeuge B. bestätigt hat - die Akquirierung von Beratungskunden häufig gescheitert sei, nachdem das Einsparungskonzept vorgestellt worden sei; die Interessenten hätten das offen gelegte Konzept dann einfach kopiert. In Anbetracht dieser Gesamtsituation - absehbar auslaufende Honorarzahlung der B. B. GmbH im Jahr 2004 und allenfalls geringer Erfolg in der Akquirierung neuer Beratungskunden - lag es im Jahr 2003 nahe, andere Geschäftskonzepte umzusetzen, um sich eine neue Einnahmequelle zu verschaffen.
Vor diesem Hintergrund ist der Senat auch von der Ernsthaftigkeit der damaligen klägerischen Absicht überzeugt. Die Ernsthaftigkeit manifestiert sich gerade in den ganz erheblichen - unstreitigen - Anstrengungen des Klägers, zur Erreichung des verweigerten Teilleistungszugangs alle im Wesentlichen in Betracht kommenden behördlichen und gerichtlichen Schritte nebst dem damit auch verbundenen Kostenrisiko zu ergreifen. Zutreffend hat das Landgericht hierzu auf der Grundlage der allgemeinen Lebenserfahrung darauf abgestellt, dass derjenige, der in einem solch erheblichen Umfang Anstrengungen auf sich nimmt, es mit dem erkennbar verfolgten unternehmerischen Ziel ernst meint. Es ergeben sich auch weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst Anhaltspunkte für durchgreifende Zweifel insbesondere dahingehend, dass - wie die Beklagte behauptet - es dem Kläger von vornherein nur um die Erschleichung von Schadensersatzansprüchen gegangen wäre. Dass der Kläger - außer der von ihm im Beweistermin vom 12.08.2009 unwidersprochen behaupteten Vorhaltung von Geschäftsräumen - keine weiteren Maßnahmen zur Vorbereitung einer Betriebsaufnahme ergriffen, insbesondere noch keine Kundenakquisition betrieben hatte, begründet keine ernstlichen Zweifel mit der von der Beklagten gezogenen Schlussfolgerung; seine Zurückhaltung insoweit kann plausibel mit der damals noch offenen Rechtslage, der für die Betriebsaufnahme grundlegenden Bedeutung der Klärung eines Teilleistungszugangs und wirtschaftlich sinnvollem kaufmännischen Verhalten erklärt werden. Der Umstand, dass der Kläger, nachdem er den Weg zur Aufnahme einer gewerblichen Konsolidierertätigkeit im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz unter Inanspruchnahme kartellbehördlicher und gerichtlicher Verfahren geebnet hatte, keine solche gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hat, sondern inzwischen Schadensersatzansprüche geltend macht, spricht ebenfalls nicht gegen die Ernsthaftigkeit seiner damalige Absicht zu einer Unternehmensgründung.
c) Der Kläger verfügte damals auch über die hierzu erforderliche postrechtliche Lizenz. Unstreitig ist der Kläger seit dem 13.06.2001 im Besitz einer sogenannten E-Lizenz nach § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG. Wie das Bundeskartellamt in seinem bestandskräftigen Beschluss vom 11.02.2005 und der Senat in seinem Beschluss vom 13.04.2005 [VI-Kart 3/05 (V)] im Einzelnen ausgeführt haben, genügt diese Lizenz bei der gebotenen gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PostG für die Konsolidierungstätigkeit im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz.
d) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht des Weiteren fest, dass der Kläger im Juli 2003 über eine ausreichende Branchen- und Sachkunde verfügt hat, um ein Konsolidierungsunternehmen gründen und fortführen zu können. Der Kläger hat nachgewiesen, in seiner seit 1999 andauernden beruflichen Tätigkeit auf dem Postdienstleistungssektor mit allen wesentlichen logistischen, kaufmännischen und gerade auch rechtlichen Anforderungen befasst gewesen zu sein, die der Aufbau und der Betrieb eines gewerblichen Briefbeförderungsunternehmens üblicherweise mit sich bringen. Seine erwiesene fachliche Erfahrung in diesem Dienstleistungsbereich lässt zur Überzeugung des Senats auf entsprechend gesicherte Sach- und Branchenkunde schließen.
aa) Die Zeugin S. hat das Vorbringen des Klägers zu dessen umfassenden Tätigkeiten im Betrieb von C. bestätigt. Aus ihren glaubhaften Bekundungen ergibt sich, dass die Gründung von C. nicht nur eine Idee des Klägers gewesen ist, sondern dieser auch im wesentlichen alleine Fördermittel der Stadt B. erfolgreich beantragt, die notwendigen Betriebsmittel organisiert und die Betriebsabläufe - insbesondere aufgrund von ihm allein erstellter Arbeitsvorgaben - strukturiert und gelenkt hat. Sie hat des Weiteren im Einzelnen bekundet, dass er die treibende Kraft des Unternehmens gewesen und im Wesentlichen alleine sowie eigenständig für die Kundenakquise und -betreuung, die Erledigung postrechtlicher Fragen - insbesondere gegenüber der Regulierungsbehörde und der Beklagten -, die Vorbereitung von Vertragsabschlüssen, Abrechnungsfragen, Rückläuferrecherchen und die Kontrolle von Mitarbeitern zuständig gewesen sei; der Kläger sei neben ihr für die morgendliche Abholung der Postsendungen bei den Kunden und zunächst auch für die Postzustellung per Auto zuständig gewesen; sowohl sie als auch der Kläger hätten die Mitarbeiter geschult und bei der Briefsortierung angeleitet; faktisch sei er - wie sie auch den Finanzbehörden habe nachweisen können - Mitbetreiber des Unternehmens gewesen.
Der Senat hat aus den bereits dargelegten Gründen keinen Anlass, an der Richtigkeit der Aussage dieser Zeugin zu zweifeln, zumal - wie bereits erörtert - die vom Kläger vorgelegten und im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Unterlagen eine umfassende Tätigkeit des Klägers für C. belegen. Insoweit ist ergänzend auf die - unstreitige - Korrespondenz zu verweisen (Anlagen K 79 bis K 87), die der Kläger namens C. mit der Beklagten im Zeitraum von August 1999 bis März 2000 über die Frage eines Postfach-Zugangs und insbesondere eines Teilleistungszugangs für konsolidierte Briefsendungen (Anlagen K 80 und 82) führte.
bb) Auch aus den Aussagen der Zeugen B. und H. ergibt sich, dass der Kläger über rechtliche und praktische Kenntnisse im Zusammenhang mit der Gestaltung von Teilleistungsverträgen und deren Umsetzung verfügt hat.
Der Zeuge B. hat glaubhaft bekundet, dass das von der E.. GmbH vertriebene Konzept zur Einsparung von Briefbeförderungsentgelten durch zentrale Konsolidierung der Briefsendungen verbundener Unternehmen vom Kläger gestammt habe; innerhalb der GmbH sei der Kläger für die Vorstellung des Konzepts beim Kunden und dessen spätere sachliche und fachliche Begleitung bei der Konzeptumsetzung zuständig gewesen, während er - der Zeuge - für die Beratung in maschinentechnischen Fragen zuständig gewesen sei. Seine Aussage stimmt insoweit mit der Aussage des Zeugen H. überein, der bekundet hat, dass er als Geschäftsführer der B. GmbH im Zusammenhang mit dem von E. vermittelten Einsparungskonzept von Kontakten seines Unternehmens nur zum Kläger Kenntnis habe und dieser das Konzept vorgestellt habe und in der Folgezeit insoweit Ansprechpartner gewesen sei.
Auch insoweit hat der Senat keinerlei Anlass, an dem Wahrheitsgehalt beider Aussagen zu zweifeln.
e) Der Kläger hat auch den Nachweis erbracht, dass er im Jahr 2003 zur Aufnahme einer Tätigkeit als gewerblicher Konsolidierer finanziell in der Lage gewesen wäre.
aa) Den zur konkreten Existenzgründung erforderlichen Finanzbedarf hat der Kläger mit 145.000,00 € schlüssig dargetan, ohne dass die Beklagte dem in erheblicher Weise entgegengetreten ist.
Maßgeblich für die Höhe der zur Existenzgründung notwendigen Investitionen ist die - plausible - Vorstellung des Klägers in Bezug auf den Umfang derjenigen Betriebsmittel, deren Bereitstellung für die typischerweise zu erwartende Anlauf- und Aufbauphase seines (geplanten) Unternehmens erforderlich sind, bis das neu gegründete Unternehmen nach gewöhnlichem Lauf der Dinge Umsätze und hieraus Rohgewinne erwarten lässt, aus denen sodann laufende Betriebskosten gedeckt und möglicherweise Folgeinvestitionen finanziert bzw. gesichert werden können.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Geschäftsmodell des Klägers in Bezug auf die laufenden Betriebskosten eine vorzufinanzierende Vorlaufzeit von mindestens sechs Wochen anzusetzen ist, bis erste Umsätze und damit Rohgewinne erzielt werden können. Denn nach dem Geschäftsmodell des Klägers sollte sein Konsolidierungsunternehmen Umsätze allein aus den Rabatten erzielen, welche die Beklagte bei Inanspruchnahme von Teilleistungen ihrer Beförderungskette gewährt. Diese Rabatte wollte der Kläger teilweise an seine Kunden weitergeben und im Übrigen als Entgelt für seine Konsolidierungstätigkeit vereinnahmen. Unstreitig zahlt die Beklagte diese Rabatte im Allgemeinen 14 Tage nach Ende des jeweiligen Einlieferungsmonats aus.
Den sich vor diesem Hintergrund ergebenden Investitionsbedarf hat der Kläger unter Vorlage der Erlös- und Kostenanalyse der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH W. vom 12.12.2006 (Anlage K 13) und die Erlös- und Kostenanalyse der C. W. mbH vom 06.12.2005 (Anlage K 25) plausibel dahingehend beziffert, dass
für die Anschaffung eines auf Leasingbasis vollfinanzierten Fuhrparks Sicherheiten in Gestalt von Bankbürgschaften in Höhe von
25.000,00 €,
für die erste Betriebsausstattung (Tische, Regale, innerbetriebliche Transportmittel etc.) einschließlich Kommunikationsmittel Anschaffungskosten in Höhe von
20.000,00 €,
für zunächst zwei Nummerierungsmaschinen Anschaffungskosten in Höhe von
20.000,00 €
und - sinngemäß - für laufende Betriebsausgaben (insbesondere Personalkosten und Miete) die überbrückungsweise Bereitstellung von
80.000,00 €, insgesamt daher erforderlich seien. 145.000,00 €
Die Beklagte ist dem substantiiert lediglich hinsichtlich der erforderlichen Zahl von Nummerierungsmaschinen und der notwendigen Personalkosten entgegengetreten. Soweit sie hierzu vorträgt, dass zur Bearbeitung einer "Startmenge von 100.000 Sendungen" zwei Sortiermaschinen unzureichend und für Sortierung sowie Nummerierung der Sendungen Personalkosten in Höhe von mindestens 18.787,00 € anstatt der vom Kläger insoweit eingerechneten 12.191,40 € zu veranschlagen seien, ist dies jedoch unerheblich. Denn diesem Vorbringen liegt bereits eine unzutreffende Bezugsgröße zugrunde. Wie sich aus der Anlage 2 zur Erlös- und Kostenanalyse der W. vom 12.12.2006 (Anlage K 13) ergibt, ist der Kläger vielmehr - wirtschaftlich nachvollziehbar - von einer Anlaufphase ausgegangen, in der sich das Briefvolumen von 45.000 Briefsendungen im ersten Geschäftsmonat schrittweise, nämlich monatlich, erhöht und erst nach sechs Monaten maximal 100.000 Briefsendungen erreichen soll. Es ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger so kalkulierten Investitionskosten für Sortiermaschinen und laufende Betriebskosten für die Startphase des geplanten Unternehmens wirtschaftlich nicht plausibel wären.
bb) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger im Jahr 2003 auch in der Lage war, die zur Gründung des damals beabsichtigten Konsolidierungsunternehmens und Geschäftsaufnahme erforderlichen Finanzmittel aufzubringen bzw. zu beschaffen.
(1) Zum Stichtag 30.06.2003 ergeben sich für ihn kurzfristig angelegte Geldanlagen und Barvermögen in einer Gesamthöhe von … € aus den jeweils im Original vorgelegten Urkunden, die der Beklagten bekannt sind und vom Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerteten worden sind, namentlich
der schriftlichen Depotaufstellung der D. Bank vom 01.07.2009 zur Depotkonto-Nr. …, als dessen Inhaber der Kläger bezeichnet wird, zum Stichtag 30.06.2003, welches ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtkurswert in Höhe von
ausweist (Anlage K 40), … €
dem schriftlichen "Vermögensverzeichnis" der C. S. für "V. D. B." und das Depot … zum 31.12.2002, nach welchem sich im Depot 2.000 Namensaktien der D. T. AG mit einem Kurswert von … CHF befanden (Anlage K 41), die ausweislich des undatierten Kontoauszuges der C. S. für das Privatkonto Nr. … des Klägers zum Stichtag 31.12.2003 (Anlage K 42) am 24.07.2003 mit einem Erlös von
verkauft wurden, … €
dem Kontoauszug Nr. 3 der B. B. vom 01.08.2003 für das Konto Nr. …, Blatt 1, ausgestellt für den Kläger (Anlage K 43), welches per 30.06. ein Abschlusssaldo zugunsten des Klägers in Höhe von
ausweist, …€ …
der "Abschlussrechnung" der B. B. vom 28.07.2003 für das Konto Nr. …, Blatt 2, ausgestellt für den Kläger (Anlage K 44), nach welchem per 30.06. ein Guthaben des Klägers in Höhe von
bestand, … €
das - in Türkisch ausgestellte - Devisenbuch der T. B. zur Kontonummer … (…) … (…) (Anlage K 45) nebst Übersetzung des allgemein beeideten Dolmetschers R. H. vom 19.06.2009 (Anlage K 78) und der - wiederum in türkischer Sprache verfasste - Kontoauszug für das (mit vorgenanntem identische) Tagesgeld-Devisenkonto Nr. … des Klägers bei derselben Bank für den Zeitraum 07.04.2003 bis 08.01.2008 (Anlage K 71) nebst Übersetzung der vereidigten Dolmetscherin I. O.-A., H., vom 05.07.2009 (Anlage K 77), aus welchen sich übereinstimmend ein Guthaben per 01.05.2003 in Höhe von
ergibt, wobei die nächstfolgende Buchung per 11.08.2003 zu einem Guthaben in Höhe von … € führte und dieser Guthabenbetrag sich in der Folgezeit bis zu … € am 27.10.2003 erhöhte. … €
(2) Bis zum Ende Jahres 2003 verfügte der Kläger allein aus genannten Geldanlagen über ein kurzfristig verfügbares Vermögen in einer Gesamthöhe von … €. Dies ergibt sich aus folgenden jeweils im Original vorgelegten Urkunden, die der Beklagten bekannt sind und vom Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet worden sind:
Der schriftliche Depotauszug der B. B. vom 04.01.2004 zur Depotkonto-Nr. weist zum Stichtag 31.12.2003 ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtkurswert in Höhe von
aus (Anlage K 70). Der Bestand entspricht - soweit es die höheren Einzelposten betrifft - nach Bezeichnung und Stückzahl überwiegend dem in der Depotaufstellung vom 01.07.2009. … €
Aus dem Devisenbuch der T. B. zur Kontonummer … (…) … (…) (Anlage K 45) nebst Übersetzung des allgemein beeideten Dolmetschers R. H. vom 19.06.2009 (Anlage K 78) und der Kontoauszug für das (mit vorgenanntem identische) Tagesgeld-Devisenkonto Nr. … des Klägers bei derselben Bank für den Zeitraum 07.04.2003 bis 08.01.2008 (Anlage K 71) nebst Übersetzung der vereidigten Dolmetscherin I. O.-A., H., vom 05.07.2009 (Anlage K 77) ergeben sich nach dem 01.05.2003 erhebliche Gutschriften bis zu einem Saldo per 27.10.2003 von
zugunsten des Klägers, der bis zum April 2004 unverändert blieb. … €
Es ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch sonst Anhaltspunkte, an der Echtheit der zum Beleg vorgelegten Urkunden und der Richtigkeit ihres jeweiligen Aussagegehaltes zu zweifeln.
(3) Des Weiteren bestand für den Kläger in der zweiten Jahreshälfte 2003 die Möglichkeit, den laut - jeweils vorgelegter und der Beklagten bekannten - schriftlicher verbindlicher Bestellung vom 14.05.2002 (Anlage K 46) und Rechnung der Firma S. GmbH, B., vom 17.05.2002 (Anlage K 47) von ihm zum Preis von … € erworbenen PKW … zu veräußern. Dieses Fahrzeug hat der Kläger ausweislich des ebenfalls vorgelegten und der Beklagten bekannten schriftlichen Kaufvertrags zwischen ihm und "F.", …, vom 19.11.2003 zum Preis von … € verkauft. Mangels anderslautender Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass dieser Verkaufwert mindestens dem für Juni 2003 bis zur Veräußerung anzusetzenden Verkehrswert bzw. erzielbaren Veräußerungserlös entspricht. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nichts, was gegen die Verfügbarkeit des Fahrzeugwertes in dieser Höhe für den Kläger im fraglichen Zeitraum spricht.
Soweit der Kläger darüber hinaus die Möglichkeit zur Veräußerung des weiteren ihm damals gehörenden Fahrzeugs … mit dem amtl. Kennzeichen … reklamiert und dessen erzielbaren Wert mit … € durch Vorlage der verbindlichen Fahrzeugbestellung vom 12.12.2003 (Anlage K 49) belegen will, muss dies unberücksichtigt bleiben. Nach der vom Kläger zur Substantiierung seines Vorbringens vorgelegten Erlös- und Kostenanalyse der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH W. vom 12.12.2006 (Anlage K 13, dort Seite 7) sah die Unternehmensplanung des Klägers einen Firmenwagen "(bereits vorhanden)" vor, so dass die plausible Möglichkeit einer Kapitalbeschaffung durch Verwertung des Fahrzeugeigentums nicht sämtliche, dem Kläger damals gehörenden Fahrzeuge einschließen kann.
(4) Für eventuelle Finanzierungslücken, insbesondere zum Stichtag Juni 2003 in Höhe von (… € ./. … € ./. … € =) … €, bestand die plausible Möglichkeit zur Deckung aus sonstigem Barvermögen sowie zur Aufnahme von Fremdmitteln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Gesamtbetrag der notwendigen Gründungsinvestitionen erkennbar nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt ganz bereitzustellen war, sondern insbesondere die Deckung der laufenden Betriebskosten sukzessive geschehen konnte.
(4.1) An sonstigem Barvermögen standen dem Kläger monatliche Einnahmen - während des Jahres 2003 - in jeweils … Höhe aus der Geschäftstätigkeit der E. zur Verfügung. Dies steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Der Zeuge H. hat glaubhaft bekundet, dass die B. GmbH Berlin, deren Geschäftsführer er damals wie heute gewesen sei und die eine 100%-ige Tochter der B. Berlin gewesen sei, für Beratungsleistungen auf Erfolgshonorarbasis der E. im Jahr 2003 insgesamt … €, und zwar in monatlichen Zahlungen in unterschiedlicher Höhe geleistet habe, wobei der geleistete Höchstbetrag etwa … € und die niedrigste Zahlung in jenem Jahr etwa … € betragen habe; im August 2003 sei eine Zahlung in Höhe von … € erfolgt. Es ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, an der Richtigkeit dieser sowohl im Kern- als auch Randgeschehen detaillierten und in sich schlüssigen Aussage des Zeugen H., der - wie der Aussageinhalt deutlich macht - das Geschehen sachlich distanziert unter deutlicher Kenntlichmachung seiner Wissenslücken bekundet hat, zu zweifeln.
Seine Aussage wird insoweit durch die ebenfalls glaubhaften Aussagen der Zeugen K. und M., die für den Kläger in den Jahren 2003 und 2004 zuständigen Berater der B. B., bestätigt. Der Zeuge K. hat bekundet, dass auf dem Firmenkonto der E. "sehr große Eingänge" zu verzeichnen gewesen seien und die "Einnahmenseite sehr attraktiv" gewesen sei. Nach der Aussage des Zeugen M. sei in den Jahren 2003 und 2004 monatlich ein größerer Betrag in einer Größenordnung von geschätzt jeweils etwa … € auf dem Konto verbucht worden, wobei allerdings in seiner Aussage zweifelhaft geblieben ist, ob sich seine Bekundungen auf das Geschäftskonto der E. oder ein Privatkonto des Klägers bezogen.
Die Aussage des Zeugen B. ist für den Zeitraum nach 2002 unergiebig, weil er nach eigenen Angaben für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus der GmbH keine Kenntnisse über Geschäfts- und Einnahmenverlauf der Gesellschaft hatte. Jedoch hat dieser Zeuge eine über mehrere Jahre gestaffelte Beteiligung von E. an den Portoeinsparungen der B. GmbH bestätigt und für 2002 die kontinuierlich monatliche Zahlung erheblicher Beträge der B. Berlin an E. bezeugt, deren einzelne Höhe er nur mit … bis … Euro zu schätzen vermocht hat. Dies wiederum stimmt tendenziell mit der Aussage des Zeugen H. überein, der Zahlungen seiner Gesellschaft von November 2001 bis Dezember 2002 in Höhe von insgesamt … € bekundet hat. Seine Aussage über die Zahlungsentwicklung in den Jahren 2003 und 2004 wird daher in ihrer grundsätzlichen Nachvollziehbarkeit auch durch die Aussage des Zeugen B. gestützt.
Diese Einnahmen der E. im Jahr 2003 (sowie im Jahr 2004) standen letztlich allein dem Kläger zur Verfügung. Dieser war - wie bereits festgestellt - seit Ende 2002 alleiniger Gesellschafter der E. GmbH. Bereits in der Vergangenheit wurden - wie der Zeuge B. die Angaben des Klägers insoweit glaubhaft bestätigt hat - die auf dem Geschäftskonto eingehenden Zahlungen nach Abzug der Spesen und Verwaltungskosten an die Gesellschafter ausgekehrt. E. beschäftigte - wie der Zeuge B. die Angaben des Klägers jedenfalls für die Zeit bis zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft bestätigt hat - keine Mitarbeiter, so dass die - unwidersprochene - Behauptung des im Beweistermin am 12.08.2009 persönlich angehörten Klägers, die Kosten hätten maximal 5 % der Einnahmen betragen, plausibel ist. Dementsprechend werden die weiteren Angaben des Klägers im Beweistermin am 12.08.2009, der E. regelmäßig Rechnungen für seine persönliche Leistung orientiert am jeweiligen monatlichen Einnahmebetrag gestellt zu haben, durch die von ihm als Anlagenkonvolut K 119 im Original vorgelegten Kontoauszüge untermauert; aus diesen Kontoauszügen für das Konto mit der Nummern …, bei dem es sich nach der Aussage des Zeugen K. ebenso wie bei dem Konto Nr. …um ein Privatkonto des Klägers gehandelt habe, bestätigt; hiernach erfolgten Überweisungen von E. auf das Privatkonto des Klägers
mit dem Vermerk "RECHNUNG LT. BERATER VERTRAG" am 30.05.2003 in Höhe von … €, mit dem Vermerk "LT. B.VERTR. RECHNUNG" am 16.06.2003 in Höhe von … €, mit dem Vermerk "LAUT BERATERVERTRAG" am 01.08.2003 in Höhe von … € und mit dem Vermerk "LAUT BERATERVERTRAG VOM 01.01.2000" am 28.08.2003 in Höhe von … €.
Nach dem Beweisergebnis verfügte der Kläger ab Juni 2003 über ein nicht unerhebliches Barvermögen, welches zumindest teilweise zur Deckung des nach und nach anfallenden Gründungsinvestitionsbedarfs verwendet werden konnte. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass sich aufgrund der als Anlagenkonvolute K 119 und K 120 vorgelegten Kontoauszüge auch nicht unerhebliche Zahlungsabgänge ergeben; der Kläger hätte jedoch sein Ausgabeverhalten entsprechend eingerichtet, wenn die Notwendigkeit zur Deckung eines Teils der Investitionskosten aktuell bestanden hätte.
Bei der Auswertung der benannten Anlagenkonvolute K 119 und K 120 ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine Doppelberechnung von regelmäßigen Einnahmen und Geldanlagen zum Stichtag 30.06.2003.
(4.2) Schließlich ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Finanzierungslücke nicht durch Aufnahme von Fremdkapital (Kredite, Fördermittel) hätte schließen können.
Zum einen hat der Kläger nachgewiesen, dass er ab Juni 2003 eine nicht ausgeschöpfte Dispokreditlinie in Höhe von insgesamt … € hätte in Anspruch nehmen können.
Die Zeugen K. und M. haben einen auf den damaligen klägerischen Privatkonten eingeräumten Dispokreditrahmen in dieser Gesamthöhe glaubhaft bestätigt.
Dieser Kreditrahmen war jedenfalls in der Zeit von Juni bis August 2003 auch nachweislich noch nicht ausgeschöpft. Zur Frage der konkreten Kontenentwicklung in den Jahren 2003 und 2004 sind die Aussagen der hierzu vernommenen Zeugen K. und M. unergiebig. Der Zeuge M. hat allerdings bekundet, dass es alarmierende Auffälligkeiten wie beispielsweise eine dauerhafte hohe Inanspruchnahme des Kreditrahmens oder dessen Überziehung im Jahr 2003 nicht gegeben habe. Letztlich ergibt sich aus den vom Kläger als Anlagenkonvolute K 119 und K 120 teilweise vorgelegten Kontoauszügen der B. B.
(betreffend das Privatkonto …) vom 16.06.2003 (Blatt 2 - 4), 26.06.2003 (Blatt 1 - 3), 28.07.2003 (Blatt 1 -4), 01.09.2003 (Blatt 1 - 7) und (betreffend das Privatkonto …) vom 6.06.2003 (Blatt 4 - 6), 26.06.2003 (Blatt 1), 28.07.2003 (Blatt 1 - 5), 01.09.2003 (Blatt 1 - 4),
dass zwischen dem 31.05.2003 und dem 31.08.2003 sich folgende Monatsabschlusssalden gegenüberstanden: Die Konten
Nr. … Nr. … wurden im Monat Juni mit … € im Guthaben bzw. … € im Soll, Juli mit … € im Soll bzw. … € im Soll und August mit … € im Guthaben bzw. … € im Guthaben
geführt. Die eingeräumten Dispokreditrahmen standen somit im Juni noch mit … €, im Juli mit … € und im August 2003 vollständig zur Verfügung.
Nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen M. wäre es für die B. B. auch gleichgültig gewesen, wenn der Kläger den Dispokredit für eine Unternehmensgründung in Anspruch genommen hätte.
Zum anderen standen dem Kläger Möglichkeiten zur Inanspruchnahme weiterer Kredite im Jahr 2003 offen.
Dies gilt zunächst in Bezug auf (Existenzgründer-)Kredite der Hausbank des Klägers.
Die Zeugen K. und M. haben auf der Grundlage der von ihnen bekundeten Entwicklung auf den Konten des Klägers insoweit eine positive Einschätzung mitgeteilt.
Der Zeuge K. hat auf die Frage nach seiner Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Klägers bekundet, dass die Einnahmenseite trotz zum Teil hoher Abgänge "sehr attraktiv" gewesen sei; er habe dem Kläger anlässlich von Gesprächen über seine Geschäftsidee und eine eventuelle Kreditierung in Aussicht gestellt, sich (sinngemäß: wenn es zur Kreditprüfung komme) bei den Kollegen der Kreditabteilung für ihn zu verwenden.
Der Zeuge M. hat bekundet, dass öffentliche Fördermittel, die stets eine positive Entscheidung der Kreditgremien der Bank bedingen würden, auch bei einer Kontenentwicklung wie im Fall des Klägers möglich gewesen seien, wobei vor allem die Umsatzseite positiv wirke; des Weiteren hat er bekundet, dass er bei Vorlage aussagekräftiger Unterlagen, insbesondere eines nachvollziehbaren Businessplans einen Kreditwunsch des Klägers gegenüber den Kreditgremien befürwortet hätte; seines Wissens sei es aber nie zur Einreichung eines Businessplans gekommen, weil es noch Probleme hinsichtlich des Vollzugs der Geschäftsidee des Klägers wegen offener Verhandlungen mit der Post gegeben habe. Auch diese Aussage ist nur vor dem Hintergrund verständlich, dass der Zeuge bereits 2003 und 2004 mit dem Kläger jedenfalls allgemein über die Möglichkeiten eines Darlehens gesprochen haben muss. Dies war - wie die Aussage des Zeugen K., dem Kläger im Zusammenhang mit Gesprächen über seine Geschäftsidee der Postkonsolidierung die Vermittlung an die Kreditabteilung der B. B. angeboten zu haben, erkennen lässt - auch die Funktion des Zeugen M., der nach eigenen Bekundungen neben dem Zeugen K. die Betreuung des Klägers im Jahr 2002 als Fachberater Kredite übernommen hatte.
Darüber hinaus bestand für den Kläger damals die Möglichkeit, öffentliche Fördermittel in Anspruch zu nehmen.
Die KfW förderte ausweislich der vom Kläger vorgelegten Informationsbroschüren "KfW-Mittelstandsprogramm" Stand 02/02 (Anlage K 111) und "KfW Unternehmerkredit" Stand 09/2003 (Anlage K 113) mehrheitlich im Privatbesitz befindliche inländische Unternehmen bzw. Existenzgründer, die über die erforderliche fachliche und kaufmännische Qualifikation für die unternehmerische Tätigkeit verfügen und für die diese Existenz die Haupterwerbsgrundlage darstellt, im Bereich der gewerblichen Wirtschaft, wenn die Hausbank die grundsätzliche Wettbewerbsfähigkeit des beantragenden Unternehmers und positive Zukunftsaussichten ausdrücklich bestätigt und bankübliche Sicherheiten gestellt werden. In Anbetracht der bereits zum damaligen Zeitpunkt nachweislichen persönlichen Befähigung des Klägers, seiner im Jahr 2003 verfügbaren Eigenmittel und der von den Zeugen K. und M. bekundeten grundsätzlich positiven Haltung der B. B. ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine entsprechende KfW-Förderung nicht in Anspruch hätte nehmen können.
Eine eventuelle Besicherung der Darlehen beispielsweise durch Ausfallbürgschaften der B. Bremen erschien ebenfalls nicht ausgeschlossen; hierfür spricht die schriftliche Bestätigung der B. Bremen vom 17.08.2009 (Anlage K 110), nach der - rückblickend - die formalen Förderungsvoraussetzungen im Jahr 2003 vorgelegen hätten.
Insgesamt hing eine eventuelle Fremdfinanzierung für den Kläger nur noch von der Vorlage nachvollziehbarer Unterlagen zur Konzeption und Ertragserwartung des von ihm beabsichtigten Unternehmens und dessen positive Bewertung durch seine Hausbank ab. Insoweit ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger entsprechend überzeugende Planungen, wie er sie im Jahr 2006 auch hat erstellen lassen, nicht bereits 2003 hätte vorlegen können.
f) Die vom Kläger damals mithin ernsthaft beabsichtigte sowie ihm auch fachlich und finanziell mögliche gewerbliche Konsilidierungstätigkeit ließ nach gewöhnlichem Lauf der Dinge auch eine Gewinnerzielung irgendwann im Zeitraum Juni 2003 bis Ende 2005 erwarten.
Das Geschäftsmodell des Klägers sah vor, dass ein Teilleistungsvertrag, der Rabattgewährungen versprach, gerade nicht zwischen der Beklagten und seinen eigenen Kunden, sondern unmittelbar mit seinem Unternehmen geschlossen werden sollte. Dementsprechend hätte sein Unternehmen Einnahmen in Gestalt der Rabattauszahlungen erzielt. Da die Rabatte nur teilweise an die Kunden weitergeleitet werden sollten, hätten die verbleibenden Rohgewinne nach Abzug der Betriebskosten als Gewinn verbucht werden können.
Die Inanspruchnahme der Postdienste des Klägers wäre für Kunden nachvollziehbar attraktiv gewesen, weil sie durch Weiterleitung eines Teils der Rabatte gegenüber der Versendung von Briefen über die Beklagte in jedem Fall Portoeinsparungen erlangt hätten. Unstreitig gab es im fraglichen Zeitraum in Bremen kein weiteres Konsolidierungsunternehmen, so dass die Kundenakquise des auch insoweit erfahrenen Klägers erfolgversprechend gewesen wäre.
g) Für diesen Schaden des Klägers ist die Verweigerung eines Teilleistungsvertrages durch die Beklagte auch kausal. Der Abschluss eines Teilleistungsvertrages war für das im Einzelnen bereits erörterte Geschäftsmodell des Klägers grundlegende Bedingung, weil ohne Teilleistungszugang für konsolidierte Briefsendungen verschiedener Absender keine Rabatte auf das Porto erlangt werden konnten.
Die Beklagte dringt in diesem Zusammenhang auch nicht mit dem Einwand durch, dass der Kläger bei Gewährung eines (vorläufigen) Teilleistungszugangs im Mai /Juni 2003 unter einem dann gebotenen Vorbehalt der Beklagten, im Falle einer späteren Klärung der Rechtslage in ihrem Sinne bis dahin gewährte Rabatte zurückfordern zu dürfen, mangels finanzieller Sicherheit den Geschäftsbetrieb nicht aufgenommen hätte. Für die darin liegende Behauptung, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre, trägt der Schädiger - hier die Beklagte - die Beweislast; die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts reicht hierzu nicht aus (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl., Vorb § 249 Rn. 107). Mehr als die Möglichkeit eines solchen hypothetischen Schadensverlaufs hat die Beklagte aber nicht dargetan. Dass der Kläger im August 2005 das Vertragsangebot der Beklagten wegen des darin vorbehaltenen Rückforderungsrechts zurückgewiesen und bei der RegTP die Streichung dieses Vorbehalts erwirkt hat, trägt allein nicht den Schluss, dass er im Jahr 2003 die Aufnahme eines Geschäftsbetriebs als solche und auf Dauer wegen eines Rückforderungsvorbehaltes unterlassen hätte.
B.
Der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich überdies aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 82 EG. Dass die Beklagte durch ihre Weigerung, dem Kläger den nachgesuchten Teilleistungszugang zu gewähren, gegen das kartellrechtliche Verbot des Art 82 EG verstoßen hat, steht aufgrund der bestandskräftigen Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 11.02.2005 fest (§ 33 Abs. 4 GWB). Für die weiteren haftungsbegründenden Voraussetzungen, namentlich das Verschulden der Beklagten und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, gelten die vorstehenden Ausführungen gleichermaßen.
C.
Nach alledem hat die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Grundurteil keinen Erfolg und ist zurückzuweisen. Nach Zurückweisung der Berufung steht nun unmittelbar - worauf der Hilfsantrag der Beklagten ausdrücklich gerichtet ist - die Durchführung des Betragsverfahrens in erster Instanz an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.
Der Frage der Auslegung der postrechtlichen Vorschriften im Lichte der Postdienste-Richtlinie 97/67/EG kommt nach Erlass der bestandskräftigen Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20.10.2004 und des Urteils des EuGH vom 06.03.2008 (C-287/06 bis C-292/06) keine Klärungsbedürftigkeit und somit keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Die Rechtsfrage, ob das Verschulden durch die irrige Annahme, aufgrund der sektorspezifischen Vorschriften und deren Auslegung durch die RegTP Wettbewerbern keinen Teilleistungszugang im Bereich der gesetzlichen Exklusivlizenz gewähren zu dürfen, ausgeschlossen wird, hat der Senat ebenso wie die Frage der Schadenswahrscheinlichkeit im zugrundegelegten Maßstab ohne Abweichung zur höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden. Die Subsumtion der im Einzelfall festgestellten Tatsachen hierunter berührt nicht das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts und hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Dass der Beklagten - wie sie es anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 16.09.2009 zum Ausdruck gebracht hat - aufgrund einer Vorbildwirkung der vorliegenden Einzelfallentscheidung eine Vielzahl von Schadensersatzklagen von Wettbewerbern drohen könnte, vermag allein keine grundsätzliche Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu begründen.
Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.
Dr. J. Kühnen Dr. Maimann Breiler
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 30.09.2009
Az: VI-U (Kart) 17/08
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d252db6ebd64/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_30-September-2009_Az_VI-U-Kart-17-08