Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 15. Januar 1997
Aktenzeichen: 6 U 63/96
(OLG Köln: Urteil v. 15.01.1997, Az.: 6 U 63/96)
1. Werden in einem Zeitschriftenbeitrag typische Fallkonstellationen rechtlicher und steuerrechtlicher Natur (hier: Probleme des Bausparens) erörtert, liegt hierin auch dann keine individuelle Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten i.S. des Rechtsberatungsgesetzes, wenn dem Artikel keine fiktiven Sachverhalte, sondern tatsächliche Erfahrungen realer, mit Phantasienamen belegter Personen zugrundeliegen, die mittels einer Fragebogenaktion des Presseorgans zuvor eingeholt worden sind. Auch in einem solchen Falle handelt es sich in der Regel um (belehrende) Informationen an die Leserschaft insgesamt und nicht um die individuelle rechtliche Beratung gerade der Personen, deren ,Fälle" - z.T. mit pressetypischen Originalzitaten - in dem Artikel dargestellt sind. 2. Ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 S. 1 RBerG stellt grundsätzlich zugleich einen solchen gegen § 1 UWG dar. Bei einem Presseunternehmen gilt das allerdings nur, wenn konkrete Umstände festgestellt werden, die hinreichend erkennen lassen, daß neben der Absicht, die Leserschaft zu unterrichten, der Zweck der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs mehr als nur eine untergeordnete, weil notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat.
Gründe
Die Beklagte zu 1) ist Verlegerin der Zeitschrift ,D.", in deren
Ausgabe 8/95 (August 1995) der Artikel ,BAUSPAREN Die sieben
Todsünden" erschienen ist wie nachstehend wiedergegeben: Der Kläger
sieht in diesem Artikel einen Verstoß gegen Art. 1 § 1 S. 1 RBerG
in Verbindung mit § 1 UWG und nimmt in seiner Eigenschaft als
Rechtsanwalt die Beklagten - die Beklagte zu 1) als Verlegerin der
Zeitschrift ,D.", den Beklagten zu 2) als deren verantwortlichen
Redakteur, der auch den fraglichen Artikel verfaßt hat, und den
Beklagten zu 3) als Mitwirkenden an dem Artikel - auf Unterlassung
in Anspruch.
Dem Artikel ,BAUSPAREN Die sieben Todsünden" und dem
vorliegenden Rechtsstreit war u.a. folgendes Geschehen
vorausgegangen:
Im Heft 2/95 (Februar 1995) der Zeitschrift ,D." war den Lesern
die Möglichkeit angeboten worden, ihren Bausparvertrag nach
Ausfüllen und Óbersenden des gleichzeitig veröffentlichten
Fragebogens sowie gegen Óbermittlung eines Schecks in Höhe von
40,00 D. an die D.Redaktion überprüfen zu lassen (vgl. dazu Bl. 45
- 52 d.A.). Dieser Artikel führte zu der einstweiligen Verfügung
des Landgerichts Köln vom 30. Januar 1995 (81 O 15/95 LG Köln, Bl.
64 f. d.A.), die der K.er Anwaltsverein gegen die Beklagten zu 1)
und 2) des vorliegenden Rechtsstreits erwirkt hatte. Mit
anwaltlichem Schreiben vom 3. Februar 1995 (Bl. 75 f. d.A.) gaben
daraufhin die Beklagten zu 1) und 2) dieses Verfahrens hinsichtlich
der im Heft 2/95 angekündigten D.-Aktion gegenüber dem K.er
Anwaltsverein eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab mit
einem Vorbehalt, was die Auswertung des im Februarheft 1995 der
,D." abgedruckten Fragenkatalog betrifft. Dieser Vorbehalt sowie
das in diesem Schreiben vom 3. Februar 1995 angeführte
Begleitschreiben, mit dem die Auswertung der Fragenaktion jeweils
an den Einsender versandt werden sollte, war Anlaß für die von dem
Kläger des vorliegenden Verfahrens am 10. Februar 1995 im Verfahren
81 O 26/95 LG Köln erwirkte einstweilige Verfügung (vgl. dazu Bl.
78 f. d.A.). Den Beklagten zu 1) und 2) war mit dieser
Beschlußverfügung des Landgerichts Köln untersagt worden, ,die in
Verfolg der von Lesern der ,D." ausgefüllten und eingesandten
Fragebögen, wie sie in der Ausgabe ,D." (West) 2/95 auf S. 131/132
abgedruckt worden sind, mit dem vorstehend erwähnten
Begleitschreiben zurückzusenden."
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Februar 1995 (Bl. 128 - 133
d.A.) gaben die Beklagten zu 1) und 2) gegenüber dem K.er
Anwaltsverein eine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtungserklärung hinsichtlich der Ankündigung
und Durchführung der in der D.-Ausgabe 2/95 beschriebenen D.-Aktion
ab und verpflichteten sich zugleich strafbewehrt, es zu
unterlassen, eine Auswertung der zu dieser Aktion von Lesern
eingesandten Fragebögen mit dem in dem anwaltlichen Schreiben der
Beklagten vom 3. Februar 1995 angeführten Begleitschreiben an die
jeweiligen Einsender der Fragebögen zu versenden. Die
Unterlassungsverpflichtung zu der Auswertung der Fragebögen und dem
Begleitschreiben erklärten dabei die Beklagten zu 1) und 2)
ebenfalls gegenüber dem Kläger des vorliegenden Rechtsstreits.
Mit Schreiben vom 21. Februar 1995 (Bl. 86 d.A.) sandte die
Beklagte zu 1) die ihr von Lesern im Anschluß an die Aktion im
Februarheft 1995 der Zeitschrift ,D." eingesandten Schecks an die
jeweiligen Einsender zurück, wobei es in diesem Anschreiben unter
anderem wie folgt heißt:
,Sie haben sich per Fragebogen an der D.-Aktion ,Bausparvertrag"
beteiligt. Leider können wir die Aktion nicht innerhalb der
geplanten 6-Wochen-Frist abwickeln. Sie erhalten deshalb zu unserer
Entlastung Ihren Verrechnungsscheck über 40 Mark hiermit zurück.
Sobald wir eine Möglichkeit finden, Ihnen Ihr Gutachten
zuzustellen, erhalten Sie es ohne Berechnung als Service der
D.."
In der ,D."-Ausgabe von April 1995 ging die Beklagte zu 1) auf
das vorliegend dargestellte Geschehen ein (Bl. 88 - 91 d.A.). In
dem ,EDITORIAL" des Chefredakteurs Z. der Beklagten zu 1) heißt es
dabei u.a.:
,Teilnehmer an der D.-Aktion können darauf vertrauen, daß sie
rechtzeitig ihr Gutachten erhalten, zumal der K.er Karneval
inzwischen vorbei ist."
Im August 1995 erschien sodann der Artikel in der Zeitschrift
,D.", wie er bereits eingangs des Tatbestandes dieses Urteils
wiedergegeben worden ist. Dieser Artikel führte zunächst zu der von
dem Kläger im Verfahren 81 O 141/95 LG Köln am 3. August 1995
erwirkten einstweiligen Verfügung (Beschlußverfügung) gegen die
Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits und sodann zu dem
vorliegenden Hauptsacheverfahren.
Der Kläger hat geltend gemacht, der streitgegenständliche
,D."-Artikel 8/95 stelle insbesondere unter Beachtung der
Vorgeschichte des Berichts in den Augen von sieben Lesern, die sich
an der ,D."-Aktion vom Februar 1995 beteiligt haben, das seinerzeit
angekündigte Gutachten dar. Bei der Schilderung der einzelnen Fälle
(als sog. ,Sündenfälle") in dem Artikel seien - wie in der ersten
Instanz unstreitig war - entsprechend dem Schlußhinweis des
Artikels tatsächlich nur die Namen geändert worden. Jeder dieser
Einsender habe daher anhand der im übrigen sehr genauen Daten sich
und ,seinen" Fall wiedererkennen und folglich auch den dort
gegebenen Ratschlag als auf ihn bezogen erkennen können; angesichts
der Langfristigkeit von Bausparverträgen handele es sich zudem nach
wie vor um einen Rat in einem aktuellen Rechtsfall. Eine
Notwendigkeit, aus journalistischen Erwägungen heraus so wie
geschehen vorzugehen, nämlich nicht nur die OriginalSachverhalte im
Artikel anzuführen, sondern sogar darauf noch ausdrücklich
hinzuweisen, bestehe nicht. Der Kläger hat weiterhin die Ansicht
vertreten, für den streitgegenständlichen Artikel sei ebenfalls der
Beklagte zu 3) verantwortlich, denn dieser habe - wie bereits bei
der Ausschreibung der ,D."-Aktion angekündigt - an der Auswertung
der Einsendungen mitgewirkt, wie auch in der einleitenden Bemerkung
des Artikels vom August 1995 verlautbart.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden
Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes
in Höhe von bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen,
den nachfolgend in Fotokopie wiedergegebenen, im
Wirtschaftsmagazin ,D." 8/95 auf den Seiten 90 bis 92 und 94 bis 97
abgedruckten Artikel
,BAUSPAREN Die sieben Todsünden"
zu vertreiben und/oder diesen Artikel zu bewerben:
- es folgt nunmehr im Klageantrag der vorstehend wiedergegebene
Artikel aus der Zeitschrift ,D." -
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben die Passivlegitimation des Beklagten zu 3)
geleugnet und im übrigen die Ansicht vertreten, der vom Kläger
beanstandete Artikel in der Zeitschrift ,D." vom August 1995 stelle
keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar. Für eine
entsprechende Qualifizierung dieses Artikels fehle es bereits
daran, daß bei einem Erscheinen dieses Artikels ca. 6 Monate nach
der im Februar 1995 angekündigten Fragebogen-Aktion eine konkrete
Angelegenheit der Leser, die sich an der damaligen Aktion beteiligt
haben, nicht mehr habe gefördert werden können. Im übrigen bestehe
auch ein massives öffentliches Interesse an einer konkret
gehaltenen Information über vorhandene Mißstände. Zu
berücksichtigen sei weiterhin, daß vorliegend erkennbar der
journalistische Zweck im Vordergrund stehe; die Vorgeschichte sei
durch die abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärungen
endgültig abgeschlossen und könne in die Bewertung nicht mehr mit
einbezogen werden.
Wegen des weitergehenden Vortrags der Parteien in der ersten
Instanz wird auf die dortigen Schriftsätze der Parteien Bezug
genommen.
Mit dem am 14. März 1996 verkündeten Urteil hat das Landgericht
Köln dem Klagebegehren des Klägers antragsgemäß gegenüber allen
Beklagten stattgegeben und die Klage gemäß § 1 UWG in Verbindung
mit Art. 1 § 1 RBerG als begründet erachtet. Nach Ansicht des
Landgerichts ist das beanstandete Verhalten der Beklagten als
unmittelbare Förderung konkreter Rechtsangelegenheiten Dritter mit
den erteilten Auskünften zu werten, denn in jedem der sieben
,Sündenfälle", die nichts anderes seien als sieben ernsthaft und
tatsächlich gestellte Fragen der Leser nach Ratschlägen, wie weiter
zu verfahren sei, würden genaue Ratschläge hinsichtlich der
notwendigen oder zumindest sinnvollen Maßnahmen gegeben. Daß auch
andere Leser von der im Artikel vorgeschlagenen ,Strategie"
profitieren könnten, wenn sie sich in einer in den wesentlichen
Aspekten identischen Situation glaubten, sei dabei ohne Bedeutung.
Bei den fraglichen Ratschlägen handele es sich auch um eine
Raterteilung in konkreten und insbesondere auch noch in aktuellen
Rechtsangelegenheiten, denn ohne gegenteilige Anhaltspunkte sei
aufgrund der Besonderheiten der Materie - nämlich angesichts der
langfristigen Bindungen von Bausparverträgen - davon auszugehen,
daß auch noch 6 Monate nach Óbersendung des ausgefüllten
Fragenkatalogs Beratungsbedarf bestehe. Hinzu komme ergänzend, daß
die Empfänger der von der Beklagten zu 1) zurückgesandten Schecks
ausdrücklich aufgefordert worden seien zu warten, wobei diese
Aufforderung zugleich belege, daß entgegen der Auffassung der
Beklagten die Vorgeschichte durchaus noch eine ganz erhebliche
Rolle bei der Beurteilung des Falles spiele. Schließlich sei auch
davon auszugehen, daß die sieben Personen, deren Fälle den sieben
,Sündenfällen" zugrunde liegen, ,ihren" Fall problemlos
wiedererkennen könnten. Angefangen vom Wohnort über den Namen der
Bausparkasse bis hin zu den individuellen Vertragsdaten seien mehr
als ausreichende Wiedererkennungsmerkmale angegeben, zumal die
Teilnehmer an der Februaraktion 1995 nach Erhalt des Briefes der
Beklagten zu 1) vom 21. Februar 1995 nach ,ihren" Daten auch
ausdrücklich suchten. Vor diesem Hintergrund gehe jedoch die
vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Klägers aus, denn es
sei zur Wahrnehmung der journalistischen Aufgabe der Beklagten
keineswegs erforderlich, wie geschehen, echte Sachverhaltselemente
so gut wie unverschlüsselt als Aufhänger einer Berichterstattung zu
verwenden. Zwar mögen bestimmte ,echte" Angaben notwendig sein, um
das Interesse des Lesers wirkungsvoll anzusprechen und sie
tatsächlich zu informieren und nicht nur zu unterhalten. Hierzu sei
es jedoch nicht notwendig, die journalistische Bearbeitung
hinsichtlich des tatsächlichen Ausgangspunktes auf das Heraussuchen
möglichst typischer Fallgestaltungen zu beschränken. Angesichts
dieser Situation könne es daher auch nicht mehr auf eine Abwägung
ankommen, die sich nach Ansicht des Landgerichts notwendigerweise
auf eine rein zahlenmäßige Gewichtung - einerseits die große Masse
der Leser, für die es sich um eine allgemeine ,Belehrung" handele,
und andererseits ,nur" sieben Einzelpersonen, denen Rechtsrat
erteilt werde - beschränken würde. Jedenfalls nach der
Vorgeschichte des ,D."-Artikels vom August 1995 und mit Rücksicht
auf die problemlose, d.h. dem Journalisten jegliche Freiheiten bei
der öffentlichen Meinungsbildung belassende Möglichkeit einer
,freien", gleichwohl aber typisch bleibenden
Sachverhaltsschilderung könne der feststehende Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz nicht (mehr) damit gerechtfertigt werden, daß
die Unterrichtung der Àffentlichkeit im Vordergrund stehe.
Die Passivlegitimation des Beklagten zu 3) für die vom Kläger
beanstandete Wettbewerbshandlung hat das Landgericht mit der
Begründung bejaht, daß es Sache des Beklagten zu 3) gewesen wäre,
genauer darzulegen, worin seine Mitwirkung hinsichtlich des
fraglichen Artikels bestanden habe, nachdem er in diesem Artikel
nicht nur wörtlich zitiert werde, sondern sogar im
,Ursprungsartikel" vom Februar 1995 als Mitwirkender mit Bild
vorgestellt worden sei und anschließend die geforderte
Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung des
Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug
genommen.
Gegen dieses ihnen am 28. März 1996 zugestellte Urteil haben die
Beklagten am 29. März 1996 Berufung eingelegt, die sie nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29. Mai 1996
fristgerecht am 28. Mai 1996 begründet haben.
Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Wie bereits in der ersten Instanz machen die Beklagten
auch im Berufungsverfahren geltend, daß der beanstandete
Presseartikel keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz
beinhalte. Entgegen der Ansicht des Landgerichts, so meinen die
Beklagten, sei der Artikel ,Die sieben Todsünden" nicht das den
Lesern im Heft der ,D." 2/95 und im Schreiben der Beklagten zu 1)
vom 21. Februar 1995 versprochene Kurzgutachten für zumindest
sieben Leser, sondern ein allgemein gehaltener Bericht über
Probleme beim Bausparen. Der Artikel sei viel zu allgemein, als daß
er eine Antwort auf die im Februar 1995 konkret gestellten Fragen
der Leser darstellen könne. Was die vom Landgericht vorgenommene
Auslegung des Schreibens der Beklagten zu 1) vom 21. Februar 1995
angehe, sei dem entgegenzuhalten, daß für den Leser aus diesem
Anschreiben deutlich hervorgehe, daß die Beklagte zu 1) die
Gutachten in der ursprünglich vorgesehenen Form, nämlich als
Individualgutachten, habe anfertigen wollen, sobald sie dazu
rechtlich in der Lage gewesen sei. Dabei sei die Erstellung dieser
Gutachten ausweislich des dritten Absatzes des Anschreibens jedoch
unmißverständlich an die Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom
30. Januar 1995 gekoppelt worden. Den Lesern sei weiterhin kein
Termin für die Erstellung dieser Gutachten in Aussicht gestellt,
noch seien sie in irgendeiner Form dazu animiert worden, die
kommenden D.-Ausgaben zu verfolgen. Vielmehr hätten die Leser nach
dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 21. Februar 1995 davon
ausgehen müssen, daß die Beklagte zu 1) unaufgefordert auf sie
persönlich zugehen werde. Vor diesem Hintergrund werde deutlich,
daß der Bericht ,Die sieben Todsünden" sich nicht an die Teilnehmer
der D.-Aktion 2/95, sondern allgemein an die an Bausparfragen
interessierten Leser wende. Dem entspreche, daß der Artikel die
D.-Aktion 2/95 nicht aufgreife, sondern lediglich in der Einleitung
kurz auf das ,Ergebnis der D.-Bausparkassen-Aktion" Bezug
nehme.
Soweit das Landgericht und der Kläger davon ausgingen, die von
den Beklagten zu 1) und 2) in dem Artikel ,Die sieben Todsünden"
vorgenommene Verfremdung der Fallbeispiele sei nicht weitgehend
genug, um eine konkrete Rechtsberatung der in den sieben
Fallgruppen genannten Lesern auszuschließen, sei diese
Argumentation widersprüchlich. Hätten die Beklagten zu 1) und 2)
eine einzelfallbezogene Rechtsberatung beabsichtigt, hätte für sie
kein Anlaß bestanden, überhaupt eine Abstrahierung der Sachverhalte
und eine Ànderung der Lesernamen vorzunehmen. Umgekehrt werde sich
ein Leser, selbst wenn er sich wiederzuerkennen glaube, aufgrund
der Namensänderung sowie der allgemein gehaltenen Ausführungen über
Probleme beim Bausparen nicht angesprochen fühlen; keineswegs werde
er diesem Artikel einen unmittelbar an ihn gerichteten Rechtsrat
entnehmen. In diesem Zusammenhang seien auch der Sinn und Zweck der
Berichterstattung zu beachten. Eine Redaktion, die 1,5 Millionen
Leser erreichen wolle - dies entspreche der Reichweite der
Zeitschrift D. - werde nicht, wie es dem Kläger vorschwebe, einen
Artikel verfassen, um in sieben Fällen Rechtsrat zu erteilen.
Vielmehr würden die stapelweise eingegangenen Zuschriften im Rahmen
der redaktionellen Recherche aufgearbeitet und zum Zwecke der
allgemeinen Berichterstattung verwertet. Es liege aus der
Sichtweise der Redaktion völlig fern, Einzel-Rechtsrat zu erteilen
oder einen solchen auch nur anzustreben.
Die Beklagten machen weiterhin geltend, das Landgericht habe bei
der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt, daß das
Vorgehen der Beklagten nicht geschäftsmäßig im Sinne des Art. 1 § 1
RBerG sei. Die nach diesem Tatbestandsmerkmal erforderliche
Wiederholungsgefahr sei vorliegend nicht ersichtlich, denn die
Beklagte zu 1) beabsichtige nicht, einen weiteren Artikel über
Falschberatung bei Bausparverträgen zu publizieren; sie halte das
Informationsinteresse des Lesers hieran für erschöpft. Eine
Wiederholungsgefahr könne auch nicht im Hinblick auf die Aktion
,D." 2/95 angenommen werden. Wie bereits dargelegt handele es sich
bei dem Artikel in D. 8/95 nicht um eine daran anknüpfende
,Nachfolge"-Beratung, sondern um allgemein gehaltene Informationen
über Probleme beim Abschluß von Bausparverträgen.
Schließlich sind die Beklagten der Ansicht, das Landgericht habe
nicht zutreffend berücksichtigt, daß das Rechtsberatungsgesetz als
allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG wiederum im Lichte
des eingeschränkten Grundrechts ausgelegt und angewandt werden
müsse. Bei der somit erforderlichen Abwägung zwischen der Bedeutung
des eingeschränkten Grundrechts des Art. 5 Abs. 1 GG einerseits und
dem Schutzgut, dem das Rechtsberatungsgesetz dient, andererseits,
hätte das Landgericht eine Interpretation vornehmen müssen, nach
der der besondere Wertgehalt des Art. 5 Abs. 1 GG gewahrt bleibe.
Dies hätte jedoch im vorliegenden Fall dazu führen müssen, dem
Grundrecht der Pressefreiheit den Vorrang gegenüber dem
Rechtsberatungsgesetz einzuräumen.
Die Beklagten beantragen,
1. unter Abänderung des Urteils der 1. Kammer für Handelssachen
des Landgerichts Köln vom 14. März 1996 die Klage abzuweisen;
2. ihnen - den Beklagten - nachzulassen, etwaige erforderliche
Sicherheit durch die selbstschuldnerische Bürgschaft eines als
Fortsetzung: 6 U 63/96A, Datensatznummer: 1981
OLG Köln:
Urteil v. 15.01.1997
Az: 6 U 63/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d26110bd87fb/OLG-Koeln_Urteil_vom_15-Januar-1997_Az_6-U-63-96