Bundesgerichtshof:
Urteil vom 10. Juli 2012
Aktenzeichen: VI ZR 341/10

(BGH: Urteil v. 10.07.2012, Az.: VI ZR 341/10)

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten zu 2 und 3 wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der N. AG. Er nimmt die Beklagten zu 2 und 3, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, wegen Beihilfe zu Untreuetaten des Vorstandsvorsitzenden der N. AG auf Schadensersatz in Anspruch.

Die N. AG stellte Markenplüsch- und Geschenkartikel her. Sie stand in langjähriger Geschäftsbeziehung zu der O.-Handelsgesellschaft mbH, die u.a. 1 Markenartikel der N. AG an verschiedene Großabnehmer absetzte. Geschäftsführer der O.-Handelsgesellschaft mbH waren seit ihrer Gründung der Beklagte zu 2 und seit 1999 auch der Beklagte zu 3. Im August 2003 übernahm der Beklagte zu 3, der an der O.-Handelsgesellschaft mbH bis dahin zu 49,43 % beteiligt gewesen war, vom Beklagten zu 2 einen (weiteren) Geschäftsanteil von 35,57 %. Mit Wirkung vom 28. November 2003 wurde die O.-Handelsgesellschaft mbH durch Formwechsel in eine Aktiengesellschaft - die Beklagte zu 1 - umgewandelt. Ihr Vorstand besteht aus den Beklagten zu 2 und 3.

Im Zeitraum von Oktober 2002 bis August 2003 stellte die O.-Handelsgesellschaft mbH der N. AG elf Warenrechnungen über insgesamt 14.017.462,82 € netto. Die angeblich zugrunde liegenden Forderungen veräußerte sie zum Teil an ein Factoring-Unternehmen und zum Teil an eine Bank. Die N. AG zahlte die Rechnungsbeträge im Zeitraum von Februar bis November 2003 an den Factor bzw. die Bank. Im Zusammenhang mit den Warenrechnungen berechnete die O.-Handelsgesellschaft mbH der N. AG mit elf gesonderten Rechnungen darüber hinaus "Handlinggebühren" in Höhe von insgesamt 377.509,39 € netto, die die N. AG ebenfalls beglich. Am 1. August 2006 wurde über das Vermögen der N. AG das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger behauptet, der Vorstandsvorsitzende der N. AG, P., habe, um Liquidität zu erzeugen, Scheingeschäfte initiiert. Er habe veranlasst, dass die K. P. GmbH, deren Geschäftsführer sein Bruder war, Rechnungen für die angebliche Lieferung diverser Artikel der N. AG an die Beklagte zu 1 gestellt habe, denen tatsächlich keine Warenlieferung zugrunde gelegen habe. Die Beklagte zu 1 habe die Rechnungen bezahlt und die angeblich gelieferten Artikel absprachegemäß der N. AG mit einem Aufschlag von 10 % in Rechnung gestellt. In einzelnen Fällen habe die N. AG die Ware ihrerseits der Firma K. P. GmbH berechnet. Bei den Rechnungen der O.-Handelsgesellschaft mbH über insge-3 samt 14.017.462,82 € netto und den Handlingrechnungen über insgesamt 377.509,39 € netto handele es sich um derartige Scheinrechnungen für fingierte Warenlieferungen. Dies sei den Beklagten zu 2 und 3 bekannt gewesen.

Mit der vorliegenden Teilklage begehrt der Kläger von den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern die Zahlung eines Betrags in Höhe von 10.000.000 €. Das Landgericht hat die Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 8.333.603,72 € nebst Zinsen zu zahlen, und die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 im Übrigen abgewiesen. Dieses Urteil haben die Beklagten mit der Berufung und der Kläger mit der Anschlussberufung angegriffen. Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger die Klageforderung in Höhe von 10.575,76 € gegen den Kostenerstattungsanspruch der Beklagten aus dem auf der Grundlage des erstinstanzlichen Urteils ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss aufgerechnet; insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Seinen Antrag hat der Kläger in der vollen Höhe von 10.000.000 € aufrechterhalten. Die Berufung der Beklagten zu 2 und 3 hatte keinen Erfolg. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts dahin abgeändert, dass die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 10.000.000 € nebst Zinsen verurteilt werden. Mit den vom Senat zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten zu 2 und 3 ihre Anträge auf Abweisung der Klage in vollem Umfang weiter.

Gründe

A.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Beklagten zu 2 und 3 dem Kläger aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 Abs. 1, § 27 StGB zum Ausgleich des der N. AG entstandenen Schadens verpflichtet. Die Haupttat, zu der die Beklagten zu 2 und 3 Beihilfe geleistet hätten, sei die von P. begangene Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB). P. habe die ihm als alleinvertretungsberechtigtem Mitglied des Vorstands der N. AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht dadurch verletzt, dass er mittels fingierter Geschäftsvorfälle den Abfluss von Vermögensbestandteilen der N. AG initiiert habe. Die N. AG habe auf seine Veranlassung auf Scheinrechnungen der O.-Handelsgesellschaft mbH gezahlt, denen keine entsprechenden Forderungen zugrunde gelegen hätten. Durch die pflichtwidrigen Handlungen des P. sei der N. AG ein Schaden entstanden. Denn die Zahlungen seien aus ihrem Vermögen abgeflossen, ohne dass die N. AG einen Gegenwert hierfür erlangt habe. Es sei weder ersichtlich noch dargetan, dass P. ständig Gelder zum Ersatz des Vermögensabflusses bereitgehalten habe oder eine alsbaldige Erstattung der zu Unrecht abgezweigten Mittel aus anderen Gründen sicher habe erwartet werden können. P. habe auch vorsätzlich gehandelt. Ihm sei der Scheincharakter der Rechnungen bekannt gewesen. Durch die Erfassung der fingierten Vorfälle in den Geschäftsunterlagen der N. AG habe er die wahre Sachlage und den wahren wirtschaftlichen Hintergrund verschleiern wollen, der in der Schaffung von Liquidität zu Gunsten der N. AG und der K. P. GmbH bestanden habe.

Der Beklagte zu 2 habe Beihilfe zu den Untreuetaten des P. durch aktives Tun geleistet, indem er mit diesem die für die Durchführung der Scheingeschäfte erforderlichen Absprachen getroffen habe. Er habe mit ihm insbesonde-6 re die Höhe der jeweiligen Scheinrechnung abgestimmt. Hierdurch habe der Beklagte zu 2 die Untreuetaten des P. aktiv gefördert. Denn dieser sei auf die Kenntnis des zur Verfügung stehenden Finanzierungsrahmens angewiesen gewesen. Auf diese Weise habe er das Volumen der von der K. P. GmbH auf seine Veranlassung zu erstellenden Eingangsrechnungen bei der O.-Handelsgesellschaft mbH, die wiederum die Grundlage für deren Ausgangsrechnungen gewesen sei, kalkulieren können. Der Beklagte zu 2 habe auch in Kenntnis aller Umstände, die seinen Beitrag als Förderung der Haupttat qualifizierten, und mit dem Wollen der Förderung gehandelt. Ihm sei aufgrund des Gesprächsinhaltes bewusst gewesen, dass mit der Rechnungsstellung an die N. AG Handelsgeschäfte nur hätten vorgetäuscht werden sollen und nicht geschuldete Zahlungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens der N. AG veranlasst werden würden, denen eine Gegenleistung der O.-Handelsgesellschaft mbH nicht gegenübergestanden habe.

Der Beklagte zu 3 habe Beihilfe durch pflichtwidriges Unterlassen geleistet. Ein aktiver Gehilfenbeitrag könne ihm zwar nicht nachgewiesen werden. Der Beklagte zu 3 habe aber Kenntnis von der Tatsache der Übereinkunft zwischen P. und dem Beklagten zu 2 betreffend die Durchführung von Finanzierungsgeschäften der streitgegenständlichen Art gehabt. Er sei deshalb in seiner Funktion zunächst als Geschäftsführer der O.-Handelsgesellschaft mbH und sodann als Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1 dazu verpflichtet gewesen, gegen die Beteiligung an Straftaten aus dem Unternehmensbereich der Beklagten zu 1 heraus einzuschreiten. Die Kenntnis des Beklagten zu 3 von den Absprachen zwischen P. und dem Beklagten zu 2 über die Scheingeschäfte ergebe sich daraus, dass sich der Beklagte zu 3 im Rahmen der Aufstockung seines Geschäftsanteils an der O.-Handelsgesellschaft mbH von 49,43 % auf 85 % intensiv mit den Geschäften dieser Gesellschaft befasst habe. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sei die N. AG der größte und bedeutendste Ge-8 schäftspartner der O.-Handelsgesellschaft mbH gewesen. Unter diesen Umständen könne ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 den Geschäftsbereich der N. AG aus seinen intensiven Erkundigungen und Prüfungen ausgenommen habe. Im Rahmen seiner Beschäftigung mit diesem Geschäftsbereich könne ihm nicht verborgen geblieben sein, dass Eingangsrechnungen über Beträge in Millionenhöhe Ausgangsrechnungen an die N. AG über dieselbe Ware korrespondierten und diese Geschäfte bei objektiver Betrachtung nur einem Zweck, dem der Veräußerung an Factoring-Unternehmen, hätten dienen können, ohne dass reale Absatzbemühungen geplant gewesen und durchgeführt worden seien. Als Auskunftsperson habe ihm darüber hinaus der Beklagte zu 2 zur Verfügung gestanden. Aus den objektiven Umständen habe sich dem Beklagten zu 3 der Schluss auf das Vorliegen von Scheinrechnungen aufgedrängt. Ausweislich der Anteilsübertragung sei im Jahr 2003 die "Stabübergabe" vom Beklagten zu 2 auf den Beklagten zu 3 erfolgt. Es liege nahe, dass sich der Beklagte zu 3 bereits im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung der Unternehmensumgestaltung umfassende Kenntnisse über die wesentlichen Unternehmensbereiche verschafft habe und deshalb schon während des Jahres 2003 Kenntnis vom wahren Hintergrund der Scheingeschäfte gehabt habe. Der Beklagte zu 3 habe selbst ausgesagt, dass dem Umgestaltungsprozess eine intensive Prüfung vorausgegangen sei. Er könne sich daher nicht mit Blick auf den Zeitpunkt der notariellen Beurkundung der Geschäftsanteilsabtretung im August 2003 auf Unkenntnis des maximal sechs Monate davorliegenden wahren Sachverhaltes berufen.

Zu den zentralen Aufgaben des Beklagten zu 3 als Mitgeschäftsführer oder Vorstandsmitglied zähle die Pflicht, aus dem eigenen Unternehmen entspringende Straftaten zu verhindern. Diese Pflicht habe dem Beklagten zu 3 nicht nur im Innenverhältnis zur Beklagten zu 1, sondern auch gegenüber der N. AG als Vertragspartnerin oblegen. Da der Beklagte zu 3 durch Einschreiten 9 die Durchführung und Fortsetzung der Absprache habe unterbinden können und ihm dies auch zumutbar gewesen sei, sei ihm der Vorwurf der Beihilfe zur Untreue des P. zu machen.

Der infolge der Schutzgesetzverletzung kausal verursachte und deshalb von den Beklagten zu 2 und 3 auszugleichende Schaden bestehe im Umfang der von der N. AG auf die "Luftrechnungen" und die damit sachlich verknüpften Handlingrechnungen geleisteten Zahlungen in Höhe der Bruttobeträge. Im Umfang der an die N. AG gelangten und dort ungeschmälert verbliebenen Rückflüsse sei allerdings ein gegenzurechnender Vorteil bzw. eine Schadenswiedergutmachung eingetreten. Die einzelnen Vorfälle begründeten jeweils einen eigenen Schadensersatzanspruch in Höhe des Zahlungsabflusses. Nur soweit der jeweils eingetretene Schaden durch einen hierauf bezogenen Zufluss ausgeglichen worden sei, könne der Zufluss Berücksichtigung finden.

B.

Diese Erwägungen halten weder den Angriffen der Revision des Beklagten zu 3 noch denen der Revision des Beklagten zu 2 stand.

I. Revision des Beklagten zu 3:

Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 3 sei dem Kläger wegen Beihilfe zur Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 Abs. 1, § 27 StGB zum Schadensersatz verpflichtet. 10 1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Bestimmungen der § 266 Abs. 1, § 27 StGB Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 192; vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, BGHZ 185, 378 Rn. 6, jeweils mwN).

2. Die getroffenen Feststellungen tragen aber nicht die Annahme, dass der Beklagte zu 3 den Tatbestand der § 266 Abs. 1, § 27 StGB verwirklicht hat.

a) Gemäß § 27 Abs. 1 StGB ist Gehilfe, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Als Hilfeleistung in diesem Sinne ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGH, Urteile vom 16. November 2006 - 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 388 f.; vom 5. Mai 2011 - 3 StR 445/10, StraFo 2011, 332). Dabei leistet auch derjenige dem Täter Hilfe, der die Tatförderung eines (weiteren) Gehilfen unterstützt (vgl. BGH, Urteile vom 8. März 2001 - 4 StR 453/00, NJW 2001, 2409, 2410; vom 5. Mai 2011 - 3 StR 445/10, aaO S. 333 mwN).

b) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme von Beihilfe erforderliche, vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat zutreffend in den Untreuetaten des Vorstandsvorsitzenden der N. AG, P., gesehen. Es ist mit Recht davon ausgegangen, dass P. durch die gezielte Veranlassung von Zahlungen der N. AG auf Scheinrechnungen der O.-Handelsgesellschaft mbH den Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB verwirklicht hat. Hiergegen erhebt die Revision auch keine Beanstandungen. 13 c) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 3 habe Hilfe zu den Untreuetaten des P. geleistet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 3 weder P. noch den Beklagten zu 2 bei der Tatbegehung aktiv unterstützt, so dass Beihilfe durch positives Tun ausscheidet. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, der Beklagte zu 3 habe Beihilfe durch Unterlassen geleistet.

aa) Ein Unterlassen kann dem positiven Tun gemäß § 13 Abs. 1 StGB nur dann gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Bei den unechten Unterlassungsdelikten muss ein besonderer Rechtsgrund festgestellt werden, wenn jemand ausnahmsweise dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter aktiv tätig zu werden. Der Täter muss rechtlich verpflichtet sein, den deliktischen Erfolg abzuwenden, also eine Garantenstellung innehaben (BGH, Urteile vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00, NJW 2000, 3013, 3014 mwN; vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087 Rn. 57). Eine sittliche Pflicht oder die bloße Möglichkeit, den Erfolg zu verhindern, genügen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1982 - 3 StR 34/82, BGHSt 30, 391, 394; BVerfG, NJW 2003, 1030).

Ob eine solche Garantenstellung besteht, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Erfolgsabwendung dem Herbeiführen des Erfolgs gleichzustellen, ist nicht nach abstrakten Maßstäben zu bestimmen. Vielmehr hängt die Entscheidung von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab; dabei bedarf es einer Abwägung der Interessenlage und der Bestimmung des konkreten Verantwortungsbereichs der Beteiligten (vgl. BGH, Urteile vom 25. Juli 2000 - 1 StR 162/00, aaO; vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, aaO Rn. 57 f.; vom 17. Juli 17 2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 Rn. 23 ff.; Stree/Bosch in Schönke/ Schröder, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 14).

bb) Danach kann eine Garantenstellung des Beklagten zu 3 auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat keine Umstände festgestellt, aus denen sich eine rechtliche Verpflichtung des Beklagten zu 3 gegenüber der N. AG ergab, den dieser durch die Zahlung auf die Scheinrechnungen entstandenen Vermögensschaden zu verhindern.

(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich eine entsprechende Garantenpflicht des Beklagten zu 3 gegenüber der N. AG nicht allein aus seiner Stellung als Geschäftsführer der O.-Handelsgesellschaft mbH bzw. als Mitglied des Vorstands der Beklagten zu 1.

(a) Eine Garantenstellung des Beklagten zu 3 zugunsten der N. AG kann insbesondere nicht aus § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG abgeleitet werden. Zwar umfassen die Pflichten zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, die dem Geschäftsführer einer GmbH bzw. den Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft aufgrund ihrer Organstellung obliegen (§ 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG), auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt (Legalitätspflicht, vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 1996 - VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 375; BGH, Urteil vom 28. April 2008 - II ZR 264/06, BGHZ 176, 204 Rn. 38; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 93 Rn. 71; MünchKommAktG/Spindler, 3. Aufl., § 93 Rn. 63 f.; Paefgen in Ulmer/ Habersack/Winter, GmbHG, 2006, § 43 Rn. 23, 32; Verse, ZHR 175 (2011), 401, 403 ff.). 20 Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden und des II. Zivilsenats besteht diese Pflicht aber grundsätzlich nur der Gesellschaft gegenüber und nicht auch im Verhältnis zu außenstehenden Dritten. Denn die Bestimmungen der § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG regeln allein die Pflichten des Geschäftsführers bzw. Vorstandsmitglieds aus seinem durch die Bestellung begründeten Rechtsverhältnis zur Gesellschaft. Sie dienen nicht dem Zweck, Gesellschaftsgläubiger vor den mittelbaren Folgen einer sorgfaltswidrigen Geschäftsleitung zu schützen. Wie sich aus § 43 Abs. 2 GmbHG und § 93 Abs. 2 AktG ergibt, lässt eine Verletzung der Pflichten zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung Schadensersatzansprüche nur der Gesellschaft, nicht hingegen der Gläubiger entstehen (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73, NJW 1974, 1371, 1372; vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 303; BGH, Urteile vom 9. Juli 1979 - II ZR 211/76, NJW 1979, 1829; vom 19. Februar 1990 - II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 359 f.; vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 375 f.; so auch BGH, Urteil vom 15. November 2002 - LwZR 8/02, MDR 2003, 581, 582; OLG Frankfurt am Main, VersR 1992, 240, 241; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, aaO § 43 Rn. 166; MünchKomm AktG/Spindler, aaO § 93 Rn. 273, 287; KK-AktG/Mertens/Cahn, aaO § 93 Rn. 224; Krieger/Sailer-Coceani in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 1, 66; Bank in Patzina/Bank/Schimmer/Simon-Widmann, Haftung von Unternehmensorganen, 2010, Kap. 10 Rn. 36 f.; Hemeling, ZHR 175 (2011), 368, 385; Goette, ZHR 175 (2011), 388, 398; MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., § 823 Rn. 393; so wohl auch BGH, Urteil vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, Rn. 37; Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288 Rn. 37). Aus diesem Grund sind die Bestimmungen der § 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG auch keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (BGH, Urteile vom 9. Juli 1979 - II ZR 211/76, WM 1979, 853, 854; vom 19. Februar 1990 - II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 359 f.; vom 13. April 1994 - II ZR 23 16/93, aaO S. 375; MünchKommGmbHG/Fleischer, 1. Aufl., § 43 Rn. 353; Hopt in Hopt/Wiedemann, AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 492) und ist zwischen den Interessen der eigenen Gesellschaft und denen außenstehender Dritter zu differenzieren (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 Rn. 29: "Trennung zwischen einerseits den Interessen des eigenen Unternehmens und andererseits den Interessen außenstehender Dritter").

Eine Außenhaftung des Geschäftsführers einer GmbH oder des Mitglieds des Vorstands einer Aktiengesellschaft kommt nur in begrenztem Umfang aufgrund besonderer Anspruchsgrundlagen in Betracht (vgl. MünchKommGmbHG/ Fleischer, aaO Rn. 339 f., 350 f.; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 308; Haas/Ziemons in Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 284 f.; Hopt in Hopt/Wiedemann, aaO § 93 Rn. 492; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, aaO Rn. 188). So haften der Geschäftsführer bzw. das Vorstandsmitglied persönlich, wenn sie den Schaden selbst durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt haben (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73, NJW 1974, 1371, 1372; vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 303 f.; vom 12. März 1996 - VI ZR 90/95, VersR 1996, 713, 714; BGH, Urteile vom 31. März 1971 - VIII ZR 256/69, BGHZ 56, 73, 77; vom 5. Dezember 2008 - V ZR 144/07, NJW 2009, 673 Rn. 12; MünchKommGmbHG/Fleischer, aaO Rn. 339, 347; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, aaO Rn. 202; KK-AktG/Mertens/Cahn, aaO Rn. 223).

(b) Eine außenstehenden Dritten gegenüber bestehende Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH oder des Mitglieds des Vorstands einer Aktiengesellschaft, Vermögensschäden zu verhindern, folgt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht aus der von ihr herangezogenen Rechtsprechung des I. Zivilsenats. Diese Rechtsprechung betrifft die hier nicht einschlägige Störerhaftung (vgl. BGH, Urteile vom 26. September 1985 - I ZR 24 86/83, NJW 1987, 127, 129 - Sporthosen; vom 14. Juni 2006 - I ZR 249/03, GRUR 2006, 957 - Stadt Geldern; vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 48 - Kinderhochstühle im Internet).

(2) Das Berufungsgericht hat auch keine Umstände festgestellt, die die Annahme rechtfertigten, dass der Beklagte zu 3 - über die ihm gegenüber der O.-Handelsgesellschaft mbH bzw. der Beklagten zu 1 obliegenden Pflichten aus der Organstellung hinaus - weitere Pflichten übernommen hatte, die er nicht nur für diese Gesellschaften als deren Organ zu erfüllen hatte, sondern die ihn aus besonderen Gründen persönlich gegenüber der N. AG trafen und den Schutz ihrer Vermögensinteressen zum Gegenstand hatten (vgl. zur Garantenstellung aus Gewährsübernahme: BGH, Urteile vom 19. April 2000 - 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754, 2756; vom 31. Januar 2002 - 4 StR 289/01, BGHSt 47, 224, 229; vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, BGHSt 54, 44 Rn. 23; vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087 Rn. 59; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 13 Rn. 20). Soweit das Berufungsgericht eine Garantenstellung des Beklagten zu 3 zugunsten der N. AG daraus ableiten möchte, dass diese "Vertragspartner" gewesen sei, übersieht es, dass nach seinen Feststellungen vertragliche Beziehungen allein zwischen der N. AG und der O.-Handelsgesellschaft mbH, nicht aber zwischen der N. AG und dem Beklagten zu 3, bestanden. Abgesehen davon reichen vertragliche Pflichten aus gegenseitigen Rechtsgeschäften zur Begründung einer Garantenpflicht nicht ohne weiteres aus (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, aaO Rn. 58 mwN).

d) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 3 habe Kenntnis von der zwischen P. und dem Beklagten zu 2 getroffenen Absprache über die Durchführung der Scheingeschäfte gehabt. 26 aa) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisionsrechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13 mwN).

bb) Derartige Rechtsfehler sind vorliegend gegeben. Die Beweiswürdigung ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht die erforderliche Kenntnis des Beklagten zu 3 maßgeblich daraus abgeleitet hat, dieser habe die Beklagte zu 1 im Rahmen der Vorbereitung der Aufstockung seines Anteils "sehr gründlich durchleuchtet und sich eingehend und umfassend Kenntnis über die Geschäfte und die wirtschaftliche Lage der Beklagten zu 1" verschafft, ohne tatsächliche Feststellungen dazu zu treffen, welche Unterlagen dieser Prüfung zugrunde lagen. Damit hat das Berufungsgericht der Prüfung eine Indizwirkung zuerkannt, die sie in der festgestellten Form nicht hat (vgl. dazu Senatsurteile vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, VersR 1991, 566; vom 24. April 2001 - VI ZR 36/00, VersR 2001, 1298, 1301 insoweit in BGHZ 147, 269 nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 23. Juni 2010 - VIII ZR 256/09, NJW 2010, 2648 Rn. 15). Ohne konkrete Feststellungen zum Gegenstand der vom Beklagten zu 3 vorgenommenen Prüfung oder zu weiteren in diese Richtung weisenden Umständen ist die Annahme nicht gerechtfertigt, ihm habe nicht verborgen bleiben können, dass Eingangsrechnungen über Beträge in Millionenhöhe Ausgangsrechnungen 28 an die N. AG über dieselbe Ware korrespondierten und diese Geschäfte bei objektiver Betrachtung nur einem Zweck, dem der Veräußerung an Factoring-Unternehmen, dienen könnten, ohne dass reale Absatzbemühungen geplant seien und durchgeführt würden. Dies gilt umso mehr, als die Scheingeschäfte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für einen mit der Absprache nicht Vertrauten nicht ohne weiteres erkennbar waren, sondern von den Beteiligten durch das Erstellen von Lieferscheinen und die Vornahme realer, ordnungsgemäß abgerechneter Geschäfte gezielt verschleiert wurden. Konkrete Feststellungen zum Prüfungsgegenstand sind auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte zu 2 als "Auskunftsperson" zur Verfügung stand. Denn das Berufungsgericht hat weder festgestellt, dass der Beklagte zu 3 den Beklagten zu 2 um Auskunft ersucht noch dass der Beklagte zu 2 dem Beklagten zu 3 Auskunft erteilt hat. Der bloße Umstand, dass der Beklagte zu 2 in die Absprache über die Durchführung der Scheingeschäfte eingeweiht war und der Beklagte zu 3 ihn diesbezüglich hätte befragen können, vermag eine Kenntnis des Beklagten zu 3 von der Durchführung der Scheingeschäfte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu begründen.

e) Wie die Revision zu Recht geltend macht, fehlt es auch an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen dazu, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte zu 3 Kenntnis von dem "Geschäftsmodell" des P. und des Beklagten zu 2 erlangt hat. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Beihilfe nur bis zur Beendigung der Haupttat geleistet werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Oktober 2007 - 3 StR 384/07, NStZ 2008, 152; vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, NStZ 2011, 637 f.; Fischer, aaO, § 27 Rn. 6, jeweils mwN). Im Fall der Untreue tritt die Beendigung der Tat mit dem endgültigen Vermögensverlust beim Geschädigten ein (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - 4 StR 550/02, NStZ 2003, 540 f.; Fischer, aaO, § 266 Rn. 187; Perron in Schönke/Schröder, aaO § 266 Rn. 51). Nach den Feststellungen des Beru-30 fungsgerichts ist der N. AG infolge der Untreuehandlungen des P. ein endgültiger Vermögensverlust jeweils durch Zahlung auf die jeweiligen Scheinrechnungen entstanden. Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen erfolgten die Zahlungen der N. AG aber zum Großteil vor der Anteilsübernahme durch den Beklagten zu 3. So zahlte die N. AG auf die Rechnungen gemäß Anlage K 6 und 8 im Februar 2003, auf die Rechnung gemäß Anlage K 10 im März 2003, auf die Rechnungen gemäß Anlagen K 12 und 14 im Mai 2003, auf die Rechnung gemäß Anlage K 17 im Juli 2003 und auf die Rechnung gemäß Anlage K 19 am 1. August 2003.

II. Revision des Beklagten zu 2:

Auch die Verurteilung des Beklagten zu 2 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.000.000 € hält den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2 dem Kläger dem Grunde nach wegen Beihilfe zu den Untreuetaten des P. zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 Abs. 1, § 27 StGB). Gegen diese Beurteilung erhebt die Revision auch keine Beanstandungen.

2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Höhe des dem Kläger zuerkannten Schadensersatzanspruchs.

a) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht seiner Schadensberechnung die auf die Scheinrechnungen erfolgten Zahlungen der N. AG in Höhe der Bruttobeträge zugrunde gelegt und dem Kläger damit unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zugesprochen hat, als er beantragt hat. Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil und des 31 Tatbestands des landgerichtlichen Urteils, auf den das Berufungsgericht ergänzend Bezug genommen hat, macht der Kläger gegen die Beklagten zu 2 und 3 einen auf 10.000.000 € begrenzten Teilbetrag des von ihm insgesamt auf 15.376.391,17 € - in der Berufungsinstanz um den Aufrechnungsbetrag in Höhe von 10.575,76 € reduziert - bezifferten Schadens geltend. Dabei stützt er seinen Ersatzanspruch auf die in den Tabellen unter Ziffer 1 und 2 im Einzelnen aufgeführten Zahlungen der N. AG in Höhe der Nettobeträge. Die auf die einzelnen Beträge entfallende Mehrwertsteuer ist nicht Gegenstand seines Begehrens.

Diese tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sind bindend. Sie erbringen gemäß § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz. Die Revisionserwiderung hält ihnen ohne Erfolg entgegen, der Kläger habe den gegen die Beklagten zu 2 und 3 geltend gemachten Teilbetrag von 10.000.000 € in Wirklichkeit auf den Gesamtbruttoschaden in Höhe von 18.420.883,77 € gestützt. Die Beweiskraft des Tatbestands kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden. Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden. Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO oder - wie hier - eine entsprechende verfahrensrechtliche Gegenrüge des Revisionsbeklagten, die auf ein im Berufungsurteil nur allgemein in Bezug genommenes schriftsätzliches Vorbringen gestützt wird, kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 Rn. 11; vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, NJW 2011, 1513 Rn. 12 mwN; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 559 Rn. 16; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 559 Rn. 1).

Bei den Einzelforderungen, aus denen sich der geltend gemachte Teilbetrag zusammensetzt, handelt es sich auch nicht um unselbständige Rech-35 nungsposten eines einheitlichen Anspruchs, die der Tatrichter der Höhe nach verschieben und dabei hinsichtlich einzelner Rechnungsposten über das Geforderte hinausgehen darf, sofern die Endsumme nicht überschritten wird (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 260/10, VersR 2011, 1008 Rn. 7; BGH, Urteil vom 16. November 1989 - I ZR 15/88, NJW-RR 1990, 997, 998), sondern um rechtlich selbständige, jeweils einen eigenen Streitgegenstand begründende Ersatzansprüche. Denn sie beruhen auf jeweils selbständigen Scheingeschäften und Zahlungen (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO Einl. Rn. 72 f.).

Der Verstoß gegen § 308 ZPO ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Kläger Zurückweisung der Revision beantragt und sich damit die Entscheidung des Berufungsgerichts zu eigen gemacht hat. Denn eine Klageerweiterung ist in der Revisionsinstanz nicht zulässig (vgl. Senatsurteile vom 7. März 1989 - VI ZR 183/88, NJW-RR 1989, 1087; vom 30. September 2003 - VI ZR 78/03, VersR 2004, 219; BGH, Urteil vom 14. März 2012 - XII ZR 164/09, NJW-RR 2012, 516 Rn. 16).

b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die vom Kläger selbst den streitgegenständlichen Scheingeschäften zugeordneten Einnahmen der N. AG in Höhe von 777.600 €, 853.028,49 €, 1.080.000 € und 900.000 € netto, d.h. insgesamt 3.610.628,49 € netto bei seiner Schadensberechnung nicht anspruchsmindernd berücksichtigt hat. Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil ist der Kläger bei seiner Schadensberechnung zwar von den (Netto)Beträgen der im Berufungsurteil in den Tabellen unter Ziffer 1 und 2 im Einzelnen aufgeführten Zahlungen der N. AG in Höhe von insgesamt 14.394.972,21 € ausgegangen. Er hat hiervon aber die der N. AG aufgrund der Scheingeschäfte zugeflossenen und im Berufungsurteil im Einzelnen aufgelisteten Nettoeinnahmen in Höhe von insgesamt 7.151.368,49 € schadensmindernd in Abzug gebracht und damit zum Ausdruck gebracht, dass 37 er seinen Ersatzanspruch insoweit nicht auf die in den Tabellen unter Ziffer 1 und 2 im Einzelnen aufgeführten Vorgänge stützt. So hat er durch die ausdrückliche Zuordnung der ersten drei in der Tabelle aufgeführten Einnahmen zu den Vorgängen Nr. 6, Nr. 8 und Nr. 10 klargestellt, dass er in Hinblick auf die Zahlung der N. AG vom 17. Juni 2003 (Rechnung Nr. 6) nur eine Einzelforderung in Höhe von 364.740 € (1.628.340 € - 1.263.600 €), in Hinblick auf die Zahlung vom 2. September 2003 (Rechnung Nr. 8) nur eine solche von 207.360 € (1.425.600 € - 1.218.240 €) und in Hinblick auf die Zahlung vom 20. Oktober 2003 nur eine solche von 181.200 € (1.240.100 € - 1.058.900 €) geltend macht. Die weiteren Zahlungszuflüsse in Höhe von 777.600 €, 853.028,49 €, 1.080.000 € und 900.000 € netto hat der Kläger zwar nicht ausdrücklich bestimmten Scheingeschäften zugeordnet. Durch seine Erklärung, der mit der Teilklage geltend gemachte Betrag in Höhe von 10.000.000 € setze sich aus den im Berufungsurteil unter den Ziffern 1, 2 und 3 dargestellten Sachverhalten in der Reihenfolge ihrer Auflistung zusammen, hat er aber konkludent zum Ausdruck gebracht, dass die weiteren der N. AG aufgrund der Scheingeschäfte zugeflossenen Einnahmen von den in den Tabellen aufgeführten (begründeten) Einzelforderungen "von oben nach unten", d.h. in der Reihenfolge ihrer Auflistung, in Abzug gebracht werden sollten. Denn andernfalls wäre die Teilklage mangels nachvollziehbarer Aufschlüsselung des geltend gemachten Teilbetrags auf die Einzelansprüche unzulässig (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88, NJW 1990, 2068, 2069 mwN; vom 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142 Rn. 7). Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger eine unzulässige Teilklage erheben wollte.

III.

Das Berufungsurteil war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den in den Revisionsschriftsätzen weiter vorgebrachten Einwänden der Parteien zu befassen.

Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 04.02.2009 - 23 O 13765/07 -

OLG München, Entscheidung vom 16.11.2010 - 5 U 2234/09 - 39






BGH:
Urteil v. 10.07.2012
Az: VI ZR 341/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d28fbc7a7aa4/BGH_Urteil_vom_10-Juli-2012_Az_VI-ZR-341-10




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