Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Januar 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 74/99
(BPatG: Beschluss v. 19.01.2000, Az.: 28 W (pat) 74/99)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Gegen die am 18. Juli 1996 für
"Milch, Milchprodukte, Käse, Hartkäse, Parmesankäse, geriebenen Käse"
eingetragene Wortmarke Parmesoist Widerspruch erhoben worden aus der seit 11. Oktober 1962 unter der Nummer 775 708 für
"Käse italienischer Herkunft; Milch, Butter, Margarine, Speiseöle und Speisefette"
eingetragenen Wortmarke Parmesello.
Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die von der Markeninhaberin bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke dahingestellt gelassen und den Widerspruch schon mit der Begründung zurückgewiesen, daß die sich gegenüberstehenden Marken weder identisch noch ähnlich seien. Die Widerspruchsmarke habe wegen starker Anlehnung an die Gattungsbezeichnung "Parmesan" geringe Kennzeichnungskraft. Der Schutzumfang beschränke sich auf die eintragungsbegründende Prägung. Annäherungen über den beschreibenden Teil könnten aus Rechtsgründen im Kollisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Darüber hinaus bestünden weder schriftliche noch klangliche Ähnlichkeiten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin mit dem Antrag, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Marke zu löschen.
Zur Begründung trägt sie vor: Vor dem Hintergrund identischer Waren und beteiligter breiter Verkehrskreise liege eine Verwechslungsgefahr (gegebenenfalls auch durch gedankliches Inverbindungbringen) angesichts der Übereinstimmung in den Anfangssilben auf der Hand, zumal der Widerspruchsmarke gesteigerte Kennzeichnungskraft zukomme, denn sie werde als Bestandteil der überaus verkehrsbekannten "Miracoli-Nudelfertiggerichte" für den diesem beigefügten geriebenen Hartkäse verwendet. Eine Schwächung des Widerspruchszeichens durch Drittzeichen sei demgegenüber nicht feststellbar und werde bestritten.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, daß schon nach der Drittzeichenlage von einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen sei, die sich wie eine Vielzahl ähnlicher Marken ersichtlich an die Sachbezeichnung "Parmesan" anlehne. Zwischen den Marken bestünden ohnehin deutliche schriftbildliche und klangliche Unterschiede. Für die Annahme einer Ähnlichkeit unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens fehle es bereits an der Voraussetzung eines gemeinsamen Wortstammes. Auch sei "Pamesello" keine Verkleinerungsform von "Parmeso".
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH WRP 1998, 39, 41 - Sabèl/Puma).
Was die Waren betrifft, besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit, daß die Widerspruchsmarke jedenfalls für geriebenen Hartkäse (und zwar unabhängig von der Abgabeform oder Verpackungsgröße) benutzt ist. Damit stehen sich identische bzw. sehr ähnliche Waren gegenüber, die als Artikel des täglichen Gebrauchs, von breitesten Verkehrskreisen in einer Vielzahl von Kaufentscheidungen, und zwar häufig flüchtig und auf Sicht, erworben werden, so dass im System der markenrechtlichen Wechselwirkung eher strenge Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand zu stellen sind.
Dem steht allerdings entgegen, daß die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eher unterdurchschnittlich ist und entgegen der Auffassung der Widersprechenden erst recht keine gesteigerte Verkehrsgeltung beanspruchen kann. Da das Markenregisterverfahren auf die rasche Erledigung einer großen Zahl von Fällen ausgelegt ist, können bei der Beurteilung des Bekanntheitsgrades einer Marke nur "liquide" Sachverhalte Berücksichtigung finden (vgl hierzu Amtliche Begründung zum Markengesetz, BlPMZ 1994, Sonderheft, S 67 liSp). Eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft könnte demzufolge nur dann zugebilligt werden, wenn deren tatsächliche Grundlagen unstreitig oder amtsbekannt sind. Beides ist hier nicht der Fall. Darüberhinaus weist die Markeninhaberin zu Recht darauf hin, daß sich die Widerspruchsmarke ersichtlich stark an die Käse-Gattungsbezeichnung "Parmesan" anlehnt, was gleichermaßen eine Verminderung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke bewirkt.
An den zur Vermeidung von Kollisionen zu fordernden Markenabstand sind damit letzlich doch nur durchschnittliche Anforderungen zu stellen, die von der eingetragenen Marke eingehalten werden.
In klanglicher Hinsicht bestehen deutlich wahrnehmbare Unterschiede in Sprechrhytmus und Betonung, zumal die Widerspruchsmarke um eine Silbe länger ist und beide Marken letztlich nur die klangunbetonte Mittelsilbe "me" gemeinsam haben. Im Schriftbild liegen die entscheidenden Unterschiede am Wortende.
In begrifflicher Hinsicht ist festzustellen, daß sich beide Worte an die bekannte Käsegattung "Parmesan" anlehnen. Diese "begriffliche Brücke" mag zwar eine Annäherung der Marken bewirken, scheidet jedoch für eine Bejahung der Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen aus (vgl BPatG GRUR 1989, 825, 826 - MERILUND/Merryland mwNachw), da sie ausschließlich den Hinweis auf Parmesan-Käse beinhaltet und sich die Übereinstimmung damit im beschreibenden Bereich erschöpft.
Es besteht auch keine Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Hierbei handelt es sich nicht etwa um eine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr, vielmehr soll nur deren Umfang genauer bestimmt werden (vgl hierzu EuGH aaO), wobei in der Praxis vor allem die von der Rechtsprechung zum alten Warenzeichenrecht entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Verwechslungsgefahr und zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne herangezogen werden können. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist schon deshalb zu verneinen, weil der Widerspruchsmarke kein Bestandteil entnommen werden kann, der sich als Serienzeichen eignet. Auch scheidet ein gedankliches miteinanderin-Verbindung-Bringen aufgrund gemeinsamer Originalität und Typizität beispielsweise im Zeichenaufbau aus. In diesem Sinne typisch könnte nur die Abwandlung von "Parmesan" in Verbindung mit einer italienisch anmutenden Endung angesehen werden, was jedoch im Hinblick auf die hier zu betrachtenden Waren (vor allem Käse) nicht als so phantasievoll angesehen werden kann, daß dies vom Verkehr als ein in besonderer Weise kennzeichnendes Element wahrgenommen werden wird. Die Gefahr von Verwechslungen kann damit unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen werden, was zur Folge hat, daß die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war.
Der Senat sieht keinen Grund, einer der Beteiligten gemäß § 71 Abs 1 MarkenG Kosten aufzuerlegen.
Stoppel Martens Sekretaruk Mü/Kr
BPatG:
Beschluss v. 19.01.2000
Az: 28 W (pat) 74/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d30d81491702/BPatG_Beschluss_vom_19-Januar-2000_Az_28-W-pat-74-99