Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Oktober 2010
Aktenzeichen: 21 W (pat) 322/06

(BPatG: Beschluss v. 28.10.2010, Az.: 21 W (pat) 322/06)

Tenor

Das Patent DE 199 45 856 wird widerrufen.

Gründe

I Auf die am 24. September 1999 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent 199 45 856 mit der Bezeichnung "Sprinklervorrichtung mit einem Ventil für Löschflüssigkeit" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Erteilung ist am 29. Dezember 2005 erfolgt.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet (Merkmalsgliederung hinzugefügt): Zu den Unteransprüchen 2 bis 22 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.

M1 Sprinklervorrichtung mit M2 einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensor (11, 12, 13) angesteuert wird, derschnell auf Parameter anspricht, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3 dass mehrere Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, M3.1 die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können.

Gegen das Patent ist am 8. März 2006 Einspruch erhoben worden. Zur Begründung ihres Einspruchs verweist die Einsprechende u. a. auf die Druckschriften E8 US 3 834463 E16 Dittmer H., Lenkeit K.: Verbesserter Brandschutz und erhöhte Sicherheit durch Gasmeldesysteme. GS 70 Sonderdruck M...

GmbH in B..., 10/97, Seiten 1 bis 8 E19 Richtlinien für Sprinkleranlagen, Planung und Einbau. Verband der Sachversicherer e.V. Köln, 6/87, Seite 22.

Die Einsprechende ist u. a. der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem aus den genannten Entgegenhaltungen bekannten Stand der Technik nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, hilfsweise, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 21 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 vom 12. Oktober 2010, weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 22 gemäß Hilfsantrag 4 vom 12. Oktober 2010, weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 21 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 5, jeweils mit der Beschreibung und der Zeichnung gemäß Patentschrift.

Die Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 1 und der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 lauten jeweils gegliedert (Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 durch Streichung bzw. Unterstreichung hervorgehoben):

Hilfsantrag 1 Anspruch 1 M1 Sprinklervorrichtung mit M2' einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensoren (11, 12, 13) angesteuert wird, die schnell auf Parameter ansprechen, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3' dass mehrere die Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können, und M5 dass der Algorithmus ein signalorientierter Algorithmus ist, der die Grenzwerte von wesentlichen Einzelmessgrößen bzw. deren zeitlichen Gradienten mit festem und adaptivem Schwellwert auswertet.

Anspruch 2 M1 Sprinklervorrichtung mit M2' einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensoren (11, 12, 13) angesteuert wird, die schnell auf Parameter ansprechen, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3' dass mehrere die Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können, und M5a dass der Algorithmus ein zustandsorientierter Algorithmus ist, der kontinuierlich die Umgebung durch den Einsatz von Mustererkennungsmethoden überwacht.

Hilfsantrag 2 Anspruch 1 M1 Sprinklervorrichtung mit M2' einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensoren (11, 12, 13) angesteuert wird, die schnell auf Parameter ansprechen, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3' dass mehrere die Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können, und M5b dass die Signale eines Gassensorarrays, eines Streulichtund eines Temperatursensors mit den unterschiedlichen Auswerteverfahren kombiniert werden.

Hilfsantrag 3 Anspruch 1 M1 Sprinklervorrichtung mit M2' einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensoren (11, 12, 13) angesteuert wird, die schnell auf Parameter ansprechen, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3' dass mehrere die Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können und M5c dass das Ventil (16) an ein Wasserzuflussrohr (1) angeschlossen ist, in dem sich ein Strömungsdetektor (14) befindet, der mit einer Brandmeldezentrale (15) in Verbindung steht.

Hilfsantrag 4 Anspruch 1 M1 Sprinklervorrichtung mit M2' einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensoren (11, 12, 13) angesteuert wird, die schnell auf Parameter ansprechen, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3' dass mehrere die Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können, und M5d dass ein raucherkennender Sensor (11), eine Wärme ansprechender Sensor (12) und ein auf bestimmte chemische Produkte ansprechender Sensor (13) verwendet werden.

Hilfsantrag 5 Anspruch 1 M1 Sprinklervorrichtung mit M2' einem Ventil, das bei vorgegebenen Kriterien öffnet, wobei dieses Ventil (16) durch einen Sensoren (11, 12, 13) angesteuert wird, die schnell auf Parameter ansprechen, die bei einem Feuer entstehen, dadurch gekennzeichnet, M3' dass mehrere die Sensoren (11, 12, 13) vorgesehen sind, die mittels eines Auswertealgorithmus das Ventil (16) ansteuern, M4 wobei die Sensoren (11, 12, 13) auf verschiedene Parameter eines Feuers ansprechen können und M5e dass einer der Sensoren (11, 12, 13) ein auf entstehende Gase ansprechender Fotound Chemo-Lumineszenz-Sensor ist, der NOx nachweist.

Hinsichtlich der Unteransprüche 3 bis 21 nach Hilfsantrag 1, der Unteransprüche 2 bis 21 nach den Hilfsanträgen 2, 3 und 5 und der Unteransprüche 2 bis 22 nach Hilfsantrag 4 wird auf die Akte verwiesen.

Die Einsprechende ist der Auffassung, dass auch die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag 1 und des Patentanspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 5 nicht patentfähig seien.

II 1.

Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig

(vgl. BGH GRUR 2002, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 449 f. -Rundsteckverbinder).

2.

Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist anhand der zu den Akten gereichten Entgegenhaltungen im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden.

3.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Einspruch auch als begründet, da der Gegenstand sowohl des Patentanspruchs 1 in der erteilten und in der Fassung nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 als auch die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 gemäß dem Hilfsantrag 1 nicht patentfähig sind. Daher kann es dahinstehen, ob der Patentanspruch 1 in der erteilten und in der Fassung nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 bzw. die Ansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 1 durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt sind und ob ihr Gegenstand den Schutzbereich des Streitpatents erweitert.

Das Patent betrifft eine Sprinklervorrichtung. Gemäß den Angaben in der Patentschrift werden bei ortsfesten Feuerlöschanlagen, die größere Flächen (z. B. Etagen von Kaufhäusern) schützen sollen, häufig Sprinkler eingesetzt, die bei einer vorgegebenen Temperatur von der Decke her Wasser versprühen. Ein Problem bei der Löschung von Bränden durch Sprinkleranlagen stellt die Ansprechzeit dar, d. h. diejenige Zeit, die vom ersten Ausbruch eines Feuers bis zum Beginn des Löschens vergeht. Diese Zeit sollte so kurz wie möglich sein, dabei aber Fehlauslösungen ausgeschlossen werden (Absätze [0001] -[0004]).

Zum Stand der Technik (GB 1 527 358, US 5 366 022, US 5 579 846, US 5 890 657) ist dargelegt, dass Sprinkleranlagen bekannt sind, die Sprinklerköpfe aufweisen, die mit einem Rohrnetz mit unter Druck stehendem Wasser in Verbindung stehen. In den Sprinklerköpfen ist jeweils ein Glasröhrchen mit einer Flüssigkeit vorgesehen, die sich bei Wärme ausdehnt und bei einer vorgegebenen Temperatur (z. B. 70¡C) das Röhrchen sprengt und das Wasser freigibt. Nachteilig sei dabei, dass es oft sehr lange dauere, bis sich bei einem Brand am Glasröhrchen eines Sprinklerkopfes eine Temperatur von ca. 70¡C entwickelt habe, und deshalb diese Sprinkler erst relativ spät ansprächen (Absätze [0005] und [0006]).

Um einen Brand frühzeitig erkennen zu können, sind bereits verschiedene schnellreagierende Sensoren vorgeschlagen worden, beispielsweise Rauchmelder (DE 197 41 853 A1) und Gasdetektoren (DE 197 41 335 C1). Mit Hilfe dieser Sensoren sei es möglich, die Feuerwehr noch vor der Aktivierung einer Sprinkleranlage zu alarmieren. Brandmelder reagierten in kritischen Fällen bisweilen auf Täuschungsgrößen, wodurch es zu Falschmeldungen und Fehleinsätzen der Feuerwehr komme. Um diese zu minimieren, seien bereits mehrere verschiedenartige Sensoren miteinander kombiniert worden. Eine Brandmeldung an die Feuerwehr erfolge beispielsweise nur dann, wenn sowohl ein chemischer Sensor als auch ein Rauchmelder Feuer erkannt habe. Die Auswertung der Sensorsignale erfolgt in einer Brandmeldezentrale, die auch eine Löschanlage steuert. Es ist auch bekannt, beim Löschen die Sprühintensität zu regeln. Hierfür sind sogenannte Löschanlagensteuerungen bekannt (Oberhagemann/Blätte: Entwicklung und Herstellung einer SPS-Löschanlagensteuerung und -anlage, VFDB 3/98, 1998), die mit Brandmeldezentralen realisiert werden. Sämtliche Steuerungen der Löschanlage erfolgen in der Steuerzentrale. Dazu werden alle erforderlichen Melder, Geberund Steuerorgane an die Zentrale angeschlossen, was bei größeren Löschanlagen mit zum Teil hohem Materialund Verdrahtungsaufwand für die Löschanlagensteuerung verbunden sei. Nachteilig sei bei diesen Löschanlagesteuerungen, dass sie zwar frühzeitig einen Brand erkennen und schnell Löschmaßnahmen treffen könnten, dass jedoch der Beginn des Versprühens von Wasser durch Sprinkleranlagen nicht beschleunigt werde, weil hierzu nach wie vor erst eine Temperatur von ca. 70¡C am Sprinklerkopf herrschen müsse (Absätze [0007] -[0009]).

Weitere Feuerbekämpfungsvorrichtungen sind aus der US 5 622 225, US 4 281 718, GB 1 127 443, FR 2 171 476, US 3 834 463, DE 197 20 007 C2, DE 195 36 384 A1, DE 198 08 003 A1, DE 693 14 073 T2 und US 5 548 276 bekannt (Absatz [0010]).

Dem Patent liegt daher die Aufgabe zugrunde, bei Auftreten eines Brands eine vorhandene Sprinkleranlage bereits vor dem Vorliegen einer Auslösetemperatur von ca. 70¡C am Sprinklerkopf zum Versprühen einer Löschflüssigkeit sicher zu veranlassen (vgl. Patentschrift, Absatz [0011]).

4. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) ergibt sich für den zuständigen Fachmann, einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Mechatronik mit beruflicher Erfahrung im Brandmeldewesen und der Entwicklung von Feuerlöscheinrichtungen mit zugehörigen Steuerungen, auf naheliegende Weise in Anbetracht der Druckschrift E8 unter Berücksichtigung seines Wissens und Könnens.

Aus der Druckschrift E8 ist ein Sprinkler (sensitive sprinkler 10) bekannt (vgl. Figur 1 mit Beschreibung in Spalte 2, Zeilen 3 bis 62) [= Merkmal M1] mit einer Berstscheibe als Ventil (rupture disc valve 26), das bei vorgegebenen Kriterien öffnet (im Brandfall), wobei dieses Ventil durch einen Sensor (fire detector assembly 40) angesteuert wird, der schnell auf Parameter (bspw. Wärme) anspricht, die bei einem Feuer entstehen (thermostat 46; Spalte 4, Zeilen 3 bis 10) [= Merkmal M2]. Zusätzlich zu dem auf Wärme ansprechenden Sensor (thermostat 46) ist ein weiterer Sensor (fire detector 74) vorgesehen [= Merkmal M3], der auf weitere Parameter eines Feuers, wie bspw. Rauch (smoke), spezifische Gase (ionization) oder ausgesendete Strahlung (photoelectric), ansprechen kann (Spalte 3, Zeilen 19 bis 38) [= Merkmal M4]. Die beiden Sensoren (40, 74) steuern über elektrische Leitungen (electrical conductors 52, 76) eine Zündpille (squib 34) an, mit der das Berstscheibenventil (rupture disc valve 26) gesprengt werden kann (Spalte 2, Zeilen 56 bis 59; Spalte 3, Zeilen 20 bis 22). Die Sprengung der Berstscheibe (26) öffnet den Sprinkler und gibt das Wasser zum Löschen des Feuers frei (Spalte 3, Zeile 67 bis Spalte 4, Zeile 2). Die Ansteuerung der Zündladung durch die beiden Sensoren (40, 74) erfolgt unabhängig voneinander über getrennte elektrische Leitungen (52, 76) (vgl. Figur 1). Sobald einer der Sensoren einen Brand detektiert, wird die Zündpille (34) angesteuert und damit das Berstscheibenventil (26) gesprengt. Die Parallelschaltung der beiden Sensoren (40, 74) entspricht einer Oder-Verknüpfung ihrer Ausgangssignale, mittels der die Sensoren die Zündladung des Berstscheibenventils (26) ansteuern.

Bei dem aus der Druckschrift E8 bekannten Sprinkler können auch mehr als zwei verschiedene Sensoren vorgesehen werden (vgl. Spalte 3, Zeilen 30 bis 34: "... the detector 74 may comprise all three or more or any combination thereof ..."). Sind mehrere Sensoren parallel geschaltet, so ist jeder Sensor unabhängig von den anderen Sensoren in der Lage, den Sprinkler auslösen. Da hierzu bereits die Detektion eines Brandparameters durch einen der Sensoren ausreicht, unabhängig davon, ob noch weitere Brandparameter durch die anderen Sensoren detektiert werden, kommt es leicht zu einer Fehlauslösung des Sprinklers. In der E8 findet sich zusätzlich der Hinweis, dass der Betriebszustand (operational status) der elektrischen Komponenten der Sensoren (detectors) überwacht werden kann (vgl. Spalte 3, Zeilen 36 bis 38). Für den Fachmann liegt es daher auf der Hand, bei mehreren Sensoren die Sensorsignale in einer Steuerung so zu verknüpfen bzw. auszuwerten, dass Fehlauslösungen des Sprinklers vermieden werden. Dies umso mehr, als eine derartige Maßnahme für Brandmelder bereits bekannt sei (vgl. Beschreibungseinleitung [0007]). Dies kann bspw. dadurch erreicht werden, dass der Sprinkler erst dann ausgelöst wird, wenn mehrere Sensoren gleichzeitig einen Brandfall detektieren. Hierzu genügt eine einfache Und-Verknüpfung der betreffenden Sensorsignale in einer Steuerung (= Auswertealgorithmus) [= Merkmal M3.1]. Dies ist eine einfache Maßnahme, die ohne Weiteres dem Wissen und Können des zuständigen Fachmanns entspricht. Damit ist der Fachmann aber bereits auf naheliegende Weise beim Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 angelangt.

Im Übrigen ist die Auswertung von Signalen verschiedener Brandsensoren mit Hilfe eines Algorithmus zur täuschungssicheren Branderkennung auch aus der Veröffentlichung E16 bekannt (vgl. Seite 3, Abschnitte "Zusammenfassung" und "1. Einleitung", und Seite 6, Abschnitt "3. Intelligente Multisensortechnik in kombinierten Brandund Gasmeldesystemen").

5. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 1 beruhen gegenüber einer Zusammenschau der Druckschriften E8 und E16 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

5.1. Patentanspruch 1 Die Merkmale M2' und M3' des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 entsprechen in ihrem Inhalt den Merkmalen M2, M3 und M3.1 des erteilten Anspruchs 1. Das Merkmal M5, das dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügt ist, wird dem Fachmann durch die Veröffentlichung E16 nahegelegt. In dieser Druckschrift ist ein verbesserter Brandschutz durch den Einsatz unterschiedlichster Sensoren und intelligenter Alarmauswertung beschrieben. Dadurch soll eine schnelle und täuschungssichere Brandund Gaserkennung möglich sein, um zuverlässig Löschanlagen anzusteuern (vgl. Seite 3, Abschnitt "Zusammenfassung"). Als Sensoren zur Branderkennung sind Wärmemelder, Rauchmelder, Flammenmelder und Gasmelder genannt (vgl. Seite 3, Abschnitt "1. Einleitung"). Diese Gasund Brandmelder lassen sich zu Brandmelderanlagen zusammenschalten und zur Steuerung von Löschanlagen einsetzen (vgl. Seite 7, Abb. 9). Gemäß Seite 6, Abschnitt "3. Intelligente Multisensortechnik in kombinierten Brandund Gasmeldesystemen", werden die Sensorsignale normiert und mit Hilfe von Algorithmen ausgewertet. Dadurch können Brände bereits in der Entstehungsphase erkannt werden. Dem Fachmann ist klar, dass zur Auswertung der Sensorsignale von Brandoder Gasmeldern die gemessenen Werte mit Schwellwerten als Grenzwerte verglichen werden müssen, um deren mögliche Überschreitung festzustellen und bei der Alarmauswertung zu berücksichtigen. Als gemessene Werte werden sowohl Einzelmessgrößen, bspw. bei einem Wärmemelder die gemessene Temperatur, als auch deren zeitliche Gradienten, bspw. die Temperaturänderung, ausgewertet (vgl. Seite 3, Abschnitt "1. Einleitung", erster Absatz). Der Fachmann wird diese Anregung aufgreifen und zur Verbesserung und Weiterentwicklung des aus der Druckschrift E8 bekannten Sprinklers die Signale der Sensoren (fire detector assembly 40, fire detector 74) über einen Mikrocontroller mit Hilfe eines entsprechenden Algorithmus auswerten, um damit ein täuschungssicheres und zuverlässiges System zur Ansteuerung des Sprinklers zu erhalten. Für den Fachmann ist es dabei selbstverständlich, dass Schwellwerte als Grenzwerte, mit denen Messwerte verglichen werden sollen, einstellbar bzw. adaptiv sein sollten, um die Auswertung der Sensormesswerte ggf. verändern oder anpassen zu können [= Merkmal M5]. Damit ist der Fachmann aber bereits in naheliegender Weise bei der Sprinklervorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 angelangt.

5.2. Patentanspruch 2 Bei der Sprinklervorrichtung nach Anspruch 2 wird alternativ zur Auswertung der Sensorsignale mit einem signalorientierten Algorithmus (Merkmal M5 des Anspruchs 1) gemäß dem Merkmal M5a ein zustandsorientierter Algorithmus eingesetzt. Auch diese Alternative wird dem Fachmann durch die Veröffentlichung E16 nahegelegt. Dort ist auf Seite 6, Abschnitt "3. Intelligente Multisensortechnik ...", angegeben, dass die Sensorsignale u. a. mit Hilfe von Mustervergleichen (= zustandsorientierter Algorithmus) ausgewertet und so Brände bereits in der Entstehungsphase eindeutig erkannt werden können. Dadurch angeregt wird der Fachmann auch bei dem aus der Druckschrift E8 bekannten Sprinkler die Sensorsignale mit Hilfe von Mustervergleichen (= zustandsorientierter Algorithmus) auswerten [= Merkmal M5a].

6.

Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht in Anbetracht der Druckschriften E8 und E16 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Merkmale M2' und M3' des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 entsprechen in ihrem Inhalt den Merkmalen M2, M3 und M3.1 des erteilten Anspruchs 1. Das Merkmal M5b, das dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügt ist, wird dem Fachmann durch die Zusammenschau der Druckschriften E8 und E16 nahegelegt. Bereits in der E8 ist angegeben, dass zur Ansteuerung der Zündpille (squib 34) des Berstscheibenventils (rupture disc valve 26) des Sprinklers ein Temperatursensor (thermostat 46) mit weiteren Sensoren (fire detector 74) wie bspw. einem Rauchdetektor (smoke detektor; = Streulichtsensor) kombiniert werden kann (vgl. Spalte 3, Zeilen 28 bis 36). Auch die E16 zeigt den Einsatz unterschiedlicher Sensoren zur Branderkennung, wie bspw. Gasmelder mit Sensorarrays, optische Rauchmelder (= Streulichtsensor) und Wärmemelder (= Temperatursensor), deren Signale mit unterschiedlichen Auswerteverfahren (Mustervergleich, Auswertealgorithmen) kombiniert werden können. Dadurch wird ein täuschungssicheres System zur Ansteuerung von Löschanlagen erhalten (vgl. Seite 3, Abschnitt "1. Einleitung" und Seite 6, Abschnitt "3. Intelligente Multisensortechnik ...") [= Merkmal M5b]. Für den Fachmann bietet es sich daher an, zur sicheren Branderkennung die aus der Veröffentlichung E16 bekannten, unterschiedlichen Sensoren und Auswerteverfahren auch bei dem in der Druckschrift E8 gezeigten Sprinkler vorzusehen.

7.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 wird dem Fachmann durch die Zusammenschau der Druckschriften E8 und E19 i. V. m. seinem Wissen und Können nahe gelegt.

Die Merkmale M2' und M3' des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 entsprechen in ihrem Inhalt den Merkmalen M2, M3 und M3.1 des erteilten Anspruchs 1. Das Merkmal M5c, das dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügt ist, ist aus der Druckschrift E19 bekannt, die Richtlinien für Sprinkleranlagen betrifft. Dort ist auf Seite 22, Abschnitt "7.1 Nassanlage", angegeben, dass bei einer Versorgung von drei oder mehr Geschossen über eine Alarmventilstation durch den Einbau von Strömungsmeldern (= Strömungsdetektor) in die Sprinkleranlage eine Alarmunterteilung vorzusehen ist. Solche Strömungsmelder zeigen das Auslösen der jeweiligen Sprinkleranlage an, die notwendigerweise an ein Wasserzuflussrohr angeschlossen ist, in dem sich der Strömungsmelder befindet (vgl. auch die Darstellung 7/01, die den Einbau eines Strömungsmelders 1 in eine Sprinkleranlage zeigt). Da die Strömungsmelder anzeigen, wenn im Brandfall Wasser aus einer Sprinkleranlage austritt, sind diese selbstverständlich auch mit der zugehörigen Brandmeldezentrale verbunden. Dadurch kann bei einer Anlage mit mehreren Sprinklern im Alarmfall festgestellt werden, welche Gebäudeabschnitte mit den jeweiligen Sprinklern betroffen sind und der Brandherd genauer lokalisiert werden. Der Fachmann wird daher diese Anregung aufgreifen und auch bei der aus der Druckschrift E8 bekannten Sprinkleranlage einen mit einer Brandmeldezentrale verbundenen Strömungsmelder (= Strömungsdetektor) im Wasserzuflussrohr des Berstscheibenventils (rupture disc valve 26) vorsehen [= Merkmal M5c].

8.

Auch in der Fassung der Hilfsanträge 4 und 5 beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Merkmale M2' und M3' des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 bzw. 5 entsprechen ihrem Inhalt nach den Merkmalen M2, M3 und M3.1 des erteilten Anspruchs 1.

8.1. Das Merkmal M5d, das dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügt ist, wird dem Fachmann durch die Zusammenschau der Druckschriften E8 und E16 nahegelegt. Bereits in der E8 ist angegeben, dass zur Ansteuerung der Zündpille (squib 34) des Berstscheibenventils (rupture disc valve 26) des Sprinklers ein auf Wärme ansprechender Sensor (thermostat 46) mit weiteren Sensoren (fire detector 74) wie bspw. einem raucherkennenden Sensor (smoke detektor) kombiniert werden kann (vgl. Spalte 3, Zeilen 28 bis 36). Auch die E16 zeigt die Verwendung verschiedener Sensoren zur Branderkennung, wie bspw. Gasmelder, die auf bestimmte chemische Produkte (bei Bränden entstehende Gase) ansprechen, Rauchmelder und Wärmemelder (vgl. Seite 3, Abschnitte "1. Einleitung" und "2. Detektion von Gasen zur Gefahrenund Brandfrüherkennung") [= Merkmal M5d]. Damit soll eine schnelle und täuschungssichere Brandund Gaserkennung garantiert werden (vgl. Seite 3, Abschnitt "Zusammenfassung"). Für den Fachmann bietet es sich daher an, diese aus der Veröffentlichung E16 bekannten Sensoren auch bei dem in der Druckschrift E8 gezeigten Sprinkler vorzusehen.

8.2.

Die alternative Vorgabe gemäß dem Merkmal M5e des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 wird dem Fachmann ausgehend von der Druckschrift E8 durch die Veröffentlichung E16 i. V. m. seinem Fachwissen nahegelegt. Bereits dort ist angegeben, dass NO bzw. NO2 (= NOx) Gase sind, die auf einen Brand hinweisen. Dem Fachmann ist bekannt, dass ein Fotound Chemo-Lumineszenz-Sensor, bei dem ein chemischer Stoff eine Verbindung mit dem gesuchten Gas eingeht und daraufhin elektromagnetische Strahlung aussendet (leuchtet), die von einem Fotodetektor empfangen wird, auch zum Nachweis von NOx eingesetzt werden kann. Dies ist seinem grundlegenden Fachwissen zuzurechnen. Für den Nachweis von NOx einen Fotound Chemo-Lumineszenz-Sensor als Gassensor auszuwählen [= Merkmal M5e], ist daher eine rein fachmännische Maßnahme.

9.

Die Patentinhaberin hat beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten, hilfsweise in eingeschränkten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5. Dass sie daneben auch eine Aufrechtrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der erteilten Unteransprüche 2 bis 22 begehrt, hat sie weder ausdrücklichnoch stillschweigend zu erkennen gegeben. Darüber hinaus lassen diese Unteransprüche, ebenso wie die verbleibenden Unteransprüche nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 keine patentbegründenden Merkmale erkennen, was die Patentinhaberin im Übrigen auch nicht geltend gemacht hat (vgl. dazu BGH GRUR 2007, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II in Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 ff. -elektrisches Speicherheizgerät).

Dr. Morawek Baumgärtner Bernhart Veit Ko






BPatG:
Beschluss v. 28.10.2010
Az: 21 W (pat) 322/06


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