Bundesgerichtshof:
Urteil vom 5. Februar 2009
Aktenzeichen: I ZR 119/06
(BGH: Urteil v. 05.02.2009, Az.: I ZR 119/06)
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Mai 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen. Die Klägerin betreibt ein Telekommunikationsnetz, das keine Teilnehmeranschlüsse aufweist, sondern lediglich Teilnehmernetze miteinander verbindet (Verbindungsnetzbetreiber). Die Beklagte, die Deutsche Telekom AG, betreibt ein Telekommunikationsnetz, das Teilnehmeranschlüsse aufweist (Teilnehmernetzbetreiber), und hält für ihre Kunden auch ein Verbindungsnetz bereit. Die dauerhafte Voreinstellung (Preselection) eines Teilnehmeranschlusses auf einen Verbindungsnetzbetreiber kann auf Wunsch des Kunden mit einer Umschaltung durch den Teilnehmernetzbetreiber auf einen anderen Verbindungsnetzbetreiber geändert werden.
Der Kunde S. eines Teilnehmeranschlusses der Beklagten hatte im August 1999 mit der Klägerin einen solchen Preselection-Vertrag geschlossen, aufgrund dessen sein Telefonanschluss von der Beklagten dauerhaft für die Fernverbindungen auf die "freenet City Line" der Klägerin umgestellt worden war; für alle Ortsnetzverbindungen blieb es bei der Einstellung auf die Beklagte. Ende 2003 erteilte dieser Kunde einem Haustürvertreter des Unternehmens Starcom, das gleichfalls Telekommunikationsdienstleistungen anbietet, den Auftrag, seinen Anschluss auf den Verbindungsnetzbetreiber der Starcom, die Colt Telekom, umzuschalten. Der Kunde widerrief diesen Auftrag gegenüber Starcom mit E-mail vom 25. Dezember 2003, wurde aber gleichwohl am 2. Januar 2004 von dieser als neuer Kunde begrüßt. Am 3. Januar 2004 schickte er ein weiteres Widerrufsschreiben per Telefax an Starcom. Am 5. Januar 2004 erhielt er von der Beklagten die Mitteilung, er sei wunschgemäß auf die Colt Telekom umgestellt worden. Noch am selben Tag teilte er der Beklagten über deren Hotline mit, er habe den Preselection-Vertrag mit Starcom widerrufen, und verlangte, die neue Voreinstellung zu beseitigen und "alles wie vorher" einzustellen; das wurde ihm zugesagt. Daraufhin erhielt der Kunde das Schreiben der Beklagten vom 14. Januar 2004 mit der Einleitung: "...wir freuen uns über Ihre Entscheidung, die Ortsnetzverbindungen und die ortsnetzbereichsüberschreitenden Verbindungen von Ihrem Anschluss wieder von T-Com herstellen zu lassen...". Der Kunde verstand dieses Schreiben dahin, (auch) die vorherige Voreinstellung zugunsten der Klägerin sei wiederhergestellt worden. Tatsächlich hatte die Beklagte den Teilnehmeranschluss für alle Verbindungen auf sich eingestellt. Dies fiel dem Kunden erst Monate später auf.
Die Klägerin macht geltend, die fehlerhafte Bearbeitung der Widerrufsanzeige des Kunden beruhe nicht auf einem Einzelfallversehen. Die Beklagte organisiere ihr Unternehmen vielmehr ganz bewusst so, dass derartige "Missverständnisse" provoziert würden. Das Verhalten der Beklagten stelle eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG dar.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat die Beklagte auf die Berufung der Klägerin, die ihre auf § 20 Abs. 1 GWB gestützten kartellrechtlichen Ansprüche in der Berufungsinstanz nicht weiter verfolgt hat, verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für einen Preselection-Kunden der Klägerin, der mit einem anderen Anbieter einen zweiten Preselection-Vertrag geschlossen bzw. den Abschluss eines derartigen Vertrages angeboten und seine Willenserklärung rechtswirksam widerrufen hat, den Telefonanschluss des Kunden so einzustellen, dass alle Telefongespräche, bei denen keine Verbindungsnetzbetreiberkennzahl eingegeben wurde, über die Beklagte geführt werden, wenn der Kunde gegenüber der Beklagten den Widerruf des zweiten Preselection-Vertrags angezeigt und erklärt hat, wieder die Bedingungen des ersten Preselection-Vertrags erhalten zu wollen.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 UWG zu. Die Beklagte habe die Klägerin i.S. des § 4 Nr. 10 UWG gezielt behindert, indem sie dem ausdrücklichen und eindeutigen Auftrag des Kunden, die bisherige dauerhafte Voreinstellung wieder herzustellen, und zwar für die Fernverbindungen auf die "freenet City Line" und für alle Ortsnetzverbindungen auf die Beklagte, nicht entsprochen, sondern die Einstellung derart vorgenommen habe, dass alle Telefongespräche über sie geführt worden seien.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.
1. Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gestützt und dazu eine von der Beklagten im Januar 2004 begangene Zuwiderhandlung vorgetragen. Nach dem Zeitpunkt der behaupteten Zuwiderhandlung ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 2949; im Folgenden: UWG 2004) in Kraft getreten, das nach der Verkündung des Berufungsurteils durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949), in Kraft getreten am 30. Dezember 2008 (im Folgenden: UWG 2008), geändert worden ist. Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin sind die Bestimmungen des UWG 2008 anzuwenden. Der Unterlassungsanspruch besteht aber nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung im Januar 2004, also nach der Beurteilung auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der vor dem 8. Juli 2004 geltenden Fassung (im Folgenden: UWG a.F.), wettbewerbswidrig war.
2. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte die Klage schon deshalb abweisen müssen, weil die Klägerin auf kartellrechtliche Ansprüche in der Berufungsinstanz verzichtet habe, ist unbegründet. Die zur Begründung dieser Rüge angeführte Auffassung der Revision, es gebe kein Nebeneinander von kartell- und lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen, trifft nicht zu. Der Vorrang der kartellrechtlichen gegenüber lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen beschränkt sich auf die Fälle, in denen sich der Vorwurf der Unlauterkeit allein aus dem kartellrechtlichen Verstoß speist. Gründet sich die Unlauterkeit dagegen auf einen eigenständigen lauterkeitsrechtlichen Tatbestand wie z.B. auf eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG, stehen zivilrechtlichen Ansprüche, die sich aus dem Kartellrecht und aus dem Lauterkeitsrecht ergeben, gleichberechtigt nebeneinander (BGHZ 166, 154 Tz. 17 - Probeabonnement). Die Begrenzung des Streitgegenstands auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche ist rechtlich unbedenklich (vgl. BGH, Urt. v. 2.6.2005 - I ZR 215/02, GRUR 2005, 875, 876 = WRP 2005, 1240 - Diabetesteststreifen, m.w.N.).
3. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Klägerin nach § 1 UWG a.F. wettbewerbswidrig behindert, indem sie entgegen dem Verlangen des Kunden, die bisherige dauerhafte Voreinstellung wieder herzustellen, dessen Telefonanschluss im Januar 2004 so eingestellt hat, dass alle Telefongespräche über die Beklagte geführt wurden.
a) Das Berufungsgericht, das einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG 2004 bejaht hat, ist ersichtlich davon ausgegangen, dass sich die Anforderungen an die Annahme einer unzulässigen gezielten Behinderung von Mitbewerbern durch das Inkrafttreten des UWG 2004 gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage nicht geändert haben. Diese Beurteilung trifft sowohl hinsichtlich der gezielten Behinderung als solche als auch hinsichtlich des Erfordernisses der Vornahme einer Wettbewerbshandlung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) sowie eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs i.S. von § 1 UWG a.F. zu (vgl. BGHZ 171, 73 Tz. 12 - Außendienstmitarbeiter; BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 164/04, GRUR 2007, 987 Tz. 32 = WRP 2007, 1341 - Änderung der Voreinstellung I).
b) Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt sich als Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs i.S. von § 1 UWG a.F. dar.
aa) Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs konnte unter der Geltung des § 1 UWG a.F allerdings zu verneinen sein, wenn es sich bei dem betreffenden Verhalten um die Verletzung vertraglicher Pflichten aus einem bereits bestehenden Vertragsverhältnis handelte. Ein durch die Vertragsverletzung erzielter Wettbewerbsvorteil reichte allein für die Annahme eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs i.S. von § 1 UWG a.F. nicht aus, wenn es sich dabei nur um eine mittelbare Folge des ausschließlich gegen den Vertragspartner gerichteten und nicht auf Außenwirkung im Wettbewerb bezogenen Verhaltens handelte (BGH, Urt. v. 7.5.1986 - I ZR 95/84, GRUR 1986, 816, 818 f. = WRP 1986, 660 - Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf I; Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft). Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs ist dagegen angenommen worden, wenn das betreffende Verhalten dazu geeignet war, neue Vertragspflichten des Kunden zu begründen oder bestehende zu erweitern, und sich deshalb zum Nachteil von Mitbewerbern auswirken konnte (vgl. BGH GRUR 1986, 816, 819 - Widerrufsbelehrung beim Teilzahlungskauf I; GRUR 2002, 1093, 1094 - Kontostandsauskunft; BGH, Urt. v. 11.1.2007 - I ZR 87/04, GRUR 2007, 805 Tz. 13 = WRP 2007, 1085 - Irreführender Kontoauszug).
bb) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich das Verhalten der Beklagten nicht als bloße Vertragsverletzung gegenüber dem Kunden ohne unmittelbare Auswirkungen auf den Wettbewerb darstellt, sondern dadurch objektiv die Klägerin als Mitbewerberin geschädigt und der Absatz des eigenen Unternehmens der Beklagten gefördert worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kunde S. der Mitarbeiterin der Beklagten ausdrücklich und eindeutig den Auftrag erteilt hat, die bisherige dauerhafte Voreinstellung wieder herzustellen, und dazu mitgeteilt hat, dies sei die "freenet City Line" für die Fernverbindungen und die Beklagte für alle Ortsnetzverbindungen gewesen. Die Beklagte hat diesen Auftrag nicht ausgeführt, sondern die Einstellung derart vorgenommen, dass alle Telefongespräche über sie geführt wurden.
(2) Die Revision beanstandet diese Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, sondern wendet sich lediglich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe dabei in Wettbewerbsabsicht gehandelt. Die Wettbewerbsabsicht der Beklagten hat das Berufungsgericht daraus hergeleitet, dass das Handeln der Beklagten objektiv geeignet sei, den Absatz ihres Unternehmens zu fördern, und die sich daraus ergebende tatsächliche Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht der Beklagten durch deren Vortrag nicht widerlegt sei. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei Vorliegen einer auf den Wettbewerb bezogenen Handlung eines Unternehmens bestehe eine tatsächliche Vermutung für eine entsprechende Absicht zur Förderung des Wettbewerbs, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGHZ 136, 111, 117 - Kaffeebohne, m.w.N.). Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei angenommen, dass diese Vermutung im Streitfall nicht widerlegt ist. Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich nicht, dass die Beklagte bei der Änderung der Voreinstellung des Telefonanschlusses des Kunden S. versehentlich entgegen dessen Weisung gehandelt hat. Vielmehr hat sie vorgetragen, der Auftrag des Kunden, die bisherige dauerhafte Voreinstellung auf die "freenet City Line" wiederherzustellen, sei für ihre Mitarbeiter nicht ausführbar gewesen, weil man diese Bezeichnung keinem bestimmten Anbieter habe zuordnen können.
(3) Nach dem vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt haben die Mitarbeiter der Beklagten, deren Verhalten ihr gemäß § 13 Abs. 4 UWG a.F. zugerechnet wird, den Auftrag des Kunden, die bisherige Voreinstellung wieder herzustellen, daher nicht etwa missverstanden und deshalb den Telefonanschluss für alle Gespräche auf die Beklagte voreingestellt. Die Voreinstellung auf die Beklagte ist nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen lediglich versehentlich erfolgt. Vielmehr ist die Voreinstellung auf die Beklagte für alle Gespräche bewusst vorgenommen worden. Aus dem Vorbringen der Beklagten, ihre Mitarbeiter hätten die Bezeichnung "freenet City Line" keinem bestimmten Anbieter zuordnen können und mehrfach vergeblich versucht, deshalb telefonisch bei dem Kunden nachzufragen, ergibt sich, dass die Mitarbeiter der Beklagten jedenfalls wussten, dass mit der Bezeichnung "freenet City Line" ein anderer Anbieter als die Beklagte gemeint war. Soweit das Berufungsgericht seine Annahme, die Beklagte habe bei der Nichtausführung des Kundenauftrags mit einer entsprechenden Wettbewerbsabsicht und nicht bloß versehentlich gehandelt, maßgeblich auch darauf abgestellt hat, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 14. Januar 2004, mit dem dem Kunden die Wiederherstellung der bisherigen Voreinstellung mitgeteilt wurde, ihre Schwierigkeiten mit der Ausführung des Auftrags des Kunden nicht zum Ausdruck gebracht und den Kunden auch nicht um eine Erläuterung der Angabe "freenet City Line" gebeten hat, ist dagegen aus Rechtsgründen gleichfalls nichts zu erinnern. Die tatrichterliche Würdigung des festgestellten oder nach dem Vortrag der Beklagten zu unterstellenden Sachverhalts (§ 286 ZPO) kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe nicht lediglich versehentlich gehandelt, auf derartigen Rechtsfehlern beruht.
(4) Durch die bewusste Voreinstellung des Telefonanschlusses für alle Gespräche auf die Beklagte hat diese erreicht, dass der Kunde bei der Wahl von Fernverbindungen über seinen Telefonanschluss in Unkenntnis der tatsächlich entgegen dem von ihm erteilten Auftrag vorgenommenen Voreinstellung Dienstleistungen der Beklagten in Anspruch genommen hat, obwohl er diese Gespräche über die Klägerin führen wollte. Das Verhalten der Beklagten stellt sich daher nicht als bloße Vertragsverletzung dar, die sich lediglich mittelbar auf die Klägerin auswirkt. Die Nachteile, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass der Kunde S. ihr jedenfalls für einen gewissen Zeitraum entzogen worden ist, beruhen vielmehr unmittelbar darauf, dass die Beklagte den Auftrag des Kunden, die bisherige Voreinstellung wieder herzustellen, bewusst nicht so ausgeführt hat, wie er ihr eindeutig und unmissverständlich erteilt worden ist. Sie hat daher im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt.
c) Im Verhalten der Beklagten liegt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, auch eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin.
aa) Die Änderung der Voreinstellung entgegen dem erteilten Kundenauftrag hatte zur Folge, dass der betreffende Kunde der Klägerin entzogen wurde, und war daher geeignet, sich nachteilig auf deren Absatz auszuwirken. Ein Mitbewerber hat zwar keinen Anspruch auf Erhaltung seines Kundenstammes. Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie Abfangen von Kunden, auch wenn diese an einen Mitbewerber gebunden sind, gehören vielmehr grundsätzlich zum Wesen des Wettbewerbs (vgl. BGHZ 110, 156, 171 - HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 124/99, GRUR 2002, 548, 549 = WRP 2002, 524 - Mietwagenkostenersatz). Das Ausspannen und Abfangen von Kunden ist jedoch wettbewerbswidrig, wenn besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers ist gegeben, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten (vgl. BGHZ 148, 1, 8 - Mitwohnzentrale.de, m.w.N.). Eine solche unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt nach der Rechtsprechung insbesondere dann vor, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (BGH, Urt. v. 30.10.1962 - I ZR 128/61, GRUR 1963, 197, 200 f. = WRP 1963, 50 - Zahnprothesen-Pflegemittel; Urt. v. 27.2.1986 - I ZR 210/83, GRUR 1986, 547, 548 = WRP 1986, 379 - Handzettelwerbung; Urt. v. 15.1.1987 - I ZR 215/84, GRUR 1987, 532, 533 = WRP 1987, 606 - Zollabfertigung; BGHZ 148, 1, 8 - Mitwohnzentrale.de).
bb) Einer solchen unangemessenen Einwirkung steht es gleich, wenn das betreffende Verhalten nicht auf eine Änderung des Kundenentschlusses gerichtet ist, sondern derjenige, der eine zur Ausführung des Entschlusses des Kunden notwendige Mitwirkungshandlung vornehmen muss, diese weisungswidrig so vornimmt, dass der Kunde auf sein Unternehmen umgelenkt wird. Eine unangemessene Einwirkung auf den Kunden ist deshalb gegeben, wenn dessen Auftrag, eine Telekommunikationsdienstleistung (hier: Voreinstellung des Telefonanschlusses) derart zu erbringen, dass (auch) Telekommunikationsdienstleistungen eines anderen Anbieters in Anspruch genommen werden können (hier: Fernsprechverbindungen über die Klägerin), auftragswidrig bewusst so ausgeführt wird, dass nicht die Dienstleistungen des anderen Anbieters, sondern die eigenen in Anspruch genommen werden (vgl. BGH GRUR 2007, 987 Tz. 32 - Änderung der Voreinstellung I; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 10.25; Omsels in Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rdn. 84).
4. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin auch nach §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG 2008 zu.
a) Das beanstandete Verhalten der Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG 2008 dar. Der Begriff der geschäftlichen Handlung ist infolge der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG, die insoweit den Begriff der geschäftlichen Praxis oder Praktik verwendet, in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 aufgenommen worden. Die Richtlinie betrifft zwar nur Praktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Durch den Begriff der geschäftlichen Handlung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 sollen jedoch auch weiterhin Verhaltensweisen im Verhältnis "Unternehmen zu Unternehmen" erfasst werden, wie namentlich auch die Fälle horizontaler Behinderung nach § 4 Nr. 10 UWG 2008 (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Nr. 2, BT-Drucks. 16/10145 S. 39 f.).
Der Begriff der geschäftlichen Handlung erfasst nunmehr ausdrücklich auch Verhaltensweisen bei oder nach einem Geschäftsabschluss. Die bisherige Abgrenzung, nach der Verhaltensweisen, die im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses nach Vertragsschluss erfolgen, nur ausnahmsweise als Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs i.S. von § 1 UWG a.F. bzw. als Wettbewerbshandlung i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 anzusehen waren (vgl. die Nachweise oben unter II 3 b aa), ist damit überholt (Begründung des Regierungsentwurfs zu § 2 Nr. 2, BT-Drucks. 16/10145 S. 40; vgl. auch Sosnitza, WRP 2008, 1014, 1017).
b) Die im Beispielskatalog des § 4 UWG unter der Nummer 10 enthaltene Regelung der unlauteren Mitbewerberbehinderung hat gegenüber der bisherigen Rechtslage keine Änderung erfahren. Die Generalklausel des § 3 UWG ist hinsichtlich geschäftlicher Handlungen im Verhältnis der Unternehmen zueinander in § 3 Abs. 1 UWG 2008 gegenüber der bisherigen Rechtslage lediglich insoweit neu gefasst worden, als die Unzulässigkeit einer geschäftlichen Handlung nunmehr ihre Eignung voraussetzt, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Bei einer gezielten Behinderung von Mitbewerbern i.S. von § 4 Nr. 10 UWG ist davon auszugehen, dass die Spürbarkeitsschwelle grundsätzlich schon deshalb erreicht ist, weil die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Wettbewerber schon im Rahmen der Prüfung zu erfolgen hat, ob eine gezielte Behinderung i.S. von § 4 Nr. 10 UWG gegeben ist (vgl. BGHZ 148, 1, 5 - Mitwohnzentrale; 171, 73 Tz. 22 f. - Außendienstmitarbeiter; vgl. ferner Köhler, WRP 2009, 109, 113). Die Frage, ob bei einem unzulässigen Abfangen von Kunden auch eine geschäftliche Handlung gegenüber Verbrauchern i.S. von § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG 2008 vorliegen kann (vgl. Köhler, WRP 2009, 109, 111), braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden, weil das Unterlassungsbegehren hier allein auf eine gezielte Behinderung der Klägerin als Mitbewerberin gestützt ist.
5. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot geht auch nicht deshalb zu weit, weil die Umschreibung der der Beklagten nach dem Unterlassungstenor verbotenen Verhaltensweisen nicht darauf abstellt, ob die auftragswidrige Voreinstellung auf die Beklagte bewusst - und nicht bloß versehentlich (vgl. BGH GRUR 2007, 987 Tz. 24 f. - Änderung der Voreinstellung I) - erfolgt. Aus den zur Auslegung des Unterlassungstenors heranzuziehenden Gründen der Entscheidung ergibt sich hinreichend deutlich, dass sich das ausgesprochene Verbot (nur) auf eine bewusste vertragswidrige Änderung der Voreinstellung bezieht.
III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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LG Köln, Entscheidung vom 18.11.2005 - 81 O (Kart) 93/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 6 U 236/05 -
BGH:
Urteil v. 05.02.2009
Az: I ZR 119/06
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