Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Februar 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 70/99

(BPatG: Beschluss v. 09.02.2000, Az.: 29 W (pat) 70/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Farb - Harmonie System"

soll für die Waren und Dienstleistungen

"Dienstleistungen eines Friseursalons; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Haarpflegemittel; ausgenommen dekorative Kosmetika"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehe für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen ein Freihaltungsbedürfnis entgegen. Außerdem fehle der angemeldeten Marke jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die angemeldete Marke ausschließlich als Sachhinweis, daß die angemeldeten Waren und Dienstleistungen ein System von harmonischen Farben bzw. eine Farbberatung auf Basis eines solchen Systems beträfen. Der angemeldete Begriff sei sprachüblich gebildet und leicht verständlich. Er sei beschreibend für die angemeldeten Dienstleistungen eines Friseursalons, weil die Haarfarbe auf den Typ des Kunden abgestimmt sein müsse. Die angemeldete Marke habe für die angemeldeten nicht dekorativen Kosmetika ebenfalls beschreibende Bedeutung, da auch diese für ein attraktives und gepflegtes Erscheinungsbild eingesetzt würden und farblich harmonisch aufeinander abgestimmt sein müßten. Im übrigen seien die Grenzen zwischen dekorativer und nicht dekorativer Kosmetik in der Praxis fließend und nicht klar abgrenzbar. Vom angemeldeten Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen seien auch Haarpflegeprodukte erfaßt, die gefärbtes Haar im Farbton stabilisierten. Die von der Anmelderin genannten eingetragenen Marken seien mit der vorliegenden Anmeldung nicht vergleichbar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die angemeldete Marke deute die Beschaffenheit der Waren und Dienstleistungen nur an. Eine beschreibende Bedeutung sei von der Markenstelle nicht belegt worden. Im übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Color" in das Markenregister eingetragen.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Der Senat hat eine Internetrecherche zur Bedeutung des Begriffs "Farb - Harmonie System" durchgeführt, deren wesentliches Ergebnis (Beleg 1 bis 6, Bl. 15 bis 22 der Akten) der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gegeben wurde. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und die Amtsakte 396 21 367.7 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr jedenfalls der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Marken nicht eingetragen werden, denen für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG), d.h. schutzunfähig sind Marken, die von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Unterscheidungsmittel für Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH GRUR 1995, 408, 409 "PROTECH"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 8 Rn. 12; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 8 Rn. 15). Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unterscheidungskraft (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"). Dies ist vorliegend der Fall.

Die angemeldete Marke setzt sich aus den durch einen Bindestrich verbundenen Wörter "Farb" und "Harmonie" sowie dem Wort "System zusammen. Zwar ist die angemeldete Wortzusammensetzung nicht nachweisbar und mag inhaltlich auch zu unbestimmt sein, um ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) an ihr zu begründen. Jedoch ist die angemeldete Marke in sprachüblicher Weise nach Art einer Sachangabe für die beanspruchten Dienstleistungen und Waren gebildet. Es gibt lexikalisch nachweisbare Ausdrücke wie "Harmonie von Farben" oder das Wort "Farbenharmonie" (DUDEN Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 2. Auflage, Stichwort "Farbenharmonie"). Die Verwendung des Singulars "Farb.." ist nicht außergewöhnlich (vgl. "Farbdruck, Farbfilm, Farbbild"). Außerdem ist es üblich, eine Vielzahl von aufeinander abgestimmten Produkten als "System" zu bezeichnen und dieses Wort weiteren beschreibenden Wörtern nachzustellen, wie etwa auch die auf dem hier angesprochenen Waren- und Dienstleistungsgebiet verwendeten Ausdrücke "Struktur-Vital-System", "1-2-3-System" oder "cosmetic system" zeigen.

Der Begriff "Farb - Harmonie System" wird für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen ohne weiteres als eine Sachangabe verstanden werden. Die hier angemeldeten "Dienstleistungen eines Friseursalons; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Haarpflegemittel; ausgenommen dekorative Kosmetika" beinhalten Haarfärbemittel und Kosmetika in deren Umfeld, denn die dekorative Kosmetik beschäftigt sich nur mit Makeup-Präparaten (vgl. Fey, Otte Wörterbuch der Kosmetik, 4. Aufl., Stichwort "Kosmetik"; Umbach, Kosmetik, 2. Aufl. S. 311). Wie sich aus der Internetrecherche ergibt, werden von verschiedenen Herstellern Haarfärbemittel in zahlreichen Nuancen produziert. Auf diesem Warengebiet wird damit geworben, daß man mit diesen zahlreichen verfügbaren Tönen flexibel in der Haarfarbe sein und eine typengerechte Wunschhaarfarbe finden könne. Es wird für Haartönungssysteme geworben, die aus einer umfangreichen Palette von Farbtönen bestehen. In diesem Zusammenhang Haarfärbemittel Produkte in verschiedenen Haltbarkeitsstufen angeboten, die ein Produktsystem bilden. Auch gibt es Systeme aufeinander abgestimmter Produkte wie Shampoo, Kurschaum und Stabilisator, die u.a. pflegende Wirkung haben. Außerdem wird in der Werbung häufig darauf hingewiesen, wie wichtig die farbliche Harmonie und die persönliche Abstimmung von kosmetischen Farben auf die jeweilige Person sind. So wirbt etwa die Firma F... auf ihren Internet-Seiten für ihr Kosmetiksystem, das darauf ausgerichtet ist, für jeden Kunden eine ganz genau auf diesen abgestimmte Farbharmonie zu erreichen. Der Verkehr erkennt darum die angemeldete Wortkombination ohne weiteres als Hinweis auf die Beschaffenheit und Bestimmung der Waren. Hinsichtlich der "Dienstleistungen eines Friseursalons" wird der Verkehr ebenfalls von einem reinen Sachhinweis, nämlich einem Hinweis auf den Gegenstand der Dienstleistung, ausgehen, weil die Beratung zu typengerechter Haarfarbe, die Auswahl des passenden Haarfärbesystems bzw. der passenden Farbtöne eines Systems von Haarfärbungen und das Färben der Haare sowie sogar Makeup-Beratung zu den typischen berufsspezifischen Tätigkeiten von Friseuren gehören, die in erheblichem Umfang beworben werden.

Diesem Ergebnis können nicht die im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt genannten eingetragenen Marken entgegengehalten werden. Zum einen handelt es sich um Marken, die sämtlich den Bestandteil "Color" enthalten, der in der hier zu beurteilenden Marke nicht vorkommt, um Marken, die zum Teil ersichtlich schutzfähige Bestandteile aufweisen oder als Gesamtbegriff nicht reine Sachangaben darstellen und bei denen außerdem nicht klar ersichtlich ist, aus welchen Gründen die Anmelderin sie mit der angemeldeten Marke für vergleichbar hält. Zweitens ist die Frage der Schutzfähigkeit nicht anhand eingetragener Drittzeichen zu beurteilen. Eine Bindung des Gerichts besteht selbst bei einer abweichenden Eintragungspraxis nicht (vgl. BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today").

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth Cl/Na






BPatG:
Beschluss v. 09.02.2000
Az: 29 W (pat) 70/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d34d07bbcf50/BPatG_Beschluss_vom_9-Februar-2000_Az_29-W-pat-70-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share