Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juli 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 60/01

(BPatG: Beschluss v. 23.07.2002, Az.: 33 W (pat) 60/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die am 2. Oktober 1996 unter der Nummer 395 24 200 eingetragene Wortmarke AGCO, zuletzt eingetragen für Waren der Klassen 7, 12, 25 und 28, u.A. für

"Modelle von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen, soweit in Klasse 28 enthalten", hat die Inhaberin der Wortmarke 1 048 129 ARCO, seit dem 9. Mai 1983 eingetragen für

"Spielwaren, nämlich Spielfiguren", Widerspruch eingelegt, den sie inzwischen nur noch für die oben wörtlich benannten Waren der jüngeren Marke aufrechterhält.

Mit Schriftsatz vom 11. September 1997 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Daraufhin hat die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgelegt.

Mit Beschluss vom 3. Juli 2000 hat die Markenstelle für Klasse 7 durch ein Mitglied des Patent- und Markenamts wegen des Widerspruchs die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, und zwar (antragsgemäß) für die Waren

"Modelle von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen, soweit in Klasse 28 enthalten".

Zur Begründung führt die Markenstelle aus, die Widersprechende habe die rechtserhaltende Benutzung für "weichgestopfte Plüschtiere" glaubhaft gemacht, so dass allein diese Waren Gegenstand der Kollisionsprüfung seien. Weichgestopfte Plüschtiere seien mit den angegriffenen Waren der jüngeren Marke im Hinblick auf deren gemeinsamen Verkauf in Spielwarengeschäften mittel- bis hochgradig ähnlich. Außerdem seien die Marken klanglich hochgradig ähnlich. Silbenzahl und Vokalfolge stimmten überein, während die Abweichungen bei den Konsonanten in der Wortmitte nur geringfügig seien. Trotz der Kürze der Markenwörter liege daher eine Verwechslungsgefahr vor.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke. Nach Ihrer Auffassung ist die Markenstelle zu Unrecht von einer mittel- bis höhergradigen Ähnlichkeit der angegriffenen Waren mit den Waren "Plüschtieren" der Widerspruchsmarke ausgegangen, für die allein eine rechtserhaltende Benutzung nachgewiesen worden sei. Die beiderseitigen Waren seien aus verschiedenen Materialien beschaffen und stammten nicht aus den gleichen Herstellerbetrieben. Der gemeinsame Verkauf der Waren in Spielwarengeschäften sei angesichts der Vielfältigkeit dort verkaufter Waren nicht geeignet, eine mittel- bis hochgradige Warenähnlichkeit zu begründen, zumal die Waren in unterschiedlichen Abteilungen solcher Geschäfte verkauft würden. Die gemeinsame Einordnung der Waren unter die Zweckbestimmung der Spielzwecke sei schon unter der Geltung des Warenzeichengesetzes von der Rechtsprechung als für eine Warengleichartigkeit unzureichend angesehen worden, und bewirke allenfalls eine geringe Ähnlichkeit. Damit seien die Unterschiede zwischen den Marken ausreichend, um eine Verwechselungsgefahr auszuschließen. Die Schwierigkeit bei der Artikulation der Konsonantenkombination "GC" innerhalb der angegriffenen Marke führe nicht zu einer verschwommenen, sondern zu einer Aussprache von zwei scharf getrennten Silben ("AK-KO"). Demgegenüber verbinde das weiche "R" die beiden Silben der Widerspruchsmarke. Angesichts ihrer Kürze ließen sich die Marken daher leicht auseinanderhalten.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den angefochten Beschluss aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen, hilfsweise, den Widerspruch soweit zurückzuweisen, wie er über eine Beschränkung der angegriffenen Waren durch einen Disclaimer "aus Metall und/oder Hartplastik" hinausgeht.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung sind die Marken klanglich und schriftbildlich ähnlich, was sich auch schon aus entsprechenden Verwechselungen der beiden Marken in der Beschwerdebegründung ergebe. Es bestehe auch eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren. Sie würden zu demselben Zweck (Spielzeug für Kinder und Sammelgegenstände auch für Erwachsene) in Spielwarengeschäften und Spielwarenabteilungen von Kaufhäusern verkauft, wobei sie auch in räumlicher Nähe zueinander angeboten werden könnten. Aus der Entscheidung BPatGE 19, 175 "Cosy Issy" gehe hervor, dass der Verkehr auf die gleiche betriebliche Herkunft von Plüschtieren und Miniaturmodellen schließe, wenn diese identisch bezeichnet seien. Angesichts der hochgradigen Ähnlichkeit der Marken bestehe daher eine Verwechselungsgefahr.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist nicht begründet.

Zwischen den sich gegenüber stehenden Marken besteht eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

1. Für den markenrechtlichen Vergleich zwischen den beiderseitigen Marken sind auf Seiten der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG "Spielfiguren, nämlich weichgestopfte Plüschspieltiere" zugrunde zu legen. Für diese Waren hat die Inhaberin der jüngeren Marke mit dem in der Beschwerdebegründung enthaltenen Satz "..., für die allein eine rechterhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nachgewiesen wurde, ..." einen beschränkten Verzicht auf die Nichtbenutzungseinrede erklärt, da sie die rechtserhaltende Benutzung insoweit erkennbar nicht mehr bestreiten will. Im Übrigen ist die Nichtbenutzungseinrede weder fallengelassen worden, noch sind überhaupt Benutzungsunterlagen vorgelegt worden, so daß unter Fortführung der in den Entscheidungen BPatGE 19, 175 - Cosy Issy; BPatG (27. Sen.) v. 24.09.1996 - COKE/Cockie und (32. Sen.) v. 12.04.00 - Gimmy/Ginny enthaltenen Erwägungen zur Integration benutzter Warenunterbegriffe nur noch Spielfiguren, nämlich weichgestopfte Plüschspieltiere zugrunde zu legen sind.

2. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren und Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd, EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß z.B. ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Marken durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke oder durch einen höheren Grad an Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl EuGH aaO - Canon; BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine Gefahr klanglicher Verwechslungen zu bejahen.

a) Die zu berücksichtigenden Waren der Widersprechenden sind mit den angegriffenen Waren der jüngeren Marke zumindest mittelgradig ähnlich.

Hierfür spricht zunächst, dass nach den Feststellungen des 27. Senats des Bundespatentgerichts Kleinstautos sowie Kleinstwagen, nämlich Miniaturmodelle, in denselben Herstellungsbetrieben gefertigt werden wie weichgestopftes Spielzeug (BPatGE 19,175,178). Die angegriffenen Waren der jüngeren Marke fallen unter den Oberbegriff Kleinstwagen, nämlich Miniaturmodelle, zumindest überschneiden sie sich damit weitgehend, da die Hersteller von Fahrzeugminiaturmodellen häufig auch den Bereich miniaturisierter landwirtschaftlicher Fahrzeuge, Geräte und Maschinen mit abdecken. Insofern lassen sich die Feststellungen des 27. Senats auch auf die sich hier gegenüber stehenden Waren übertragen.

Weiterhin haben die beiderseitigen Waren einen gemeinsamen Verwendungszweck. Sie dienen hauptsächlich dem Spielzweck, teilweise werden sie aber auch gesammelt und/oder in Wohnungen zur Dekoration ausgestellt. Innerhalb dieser gemeinsamen Zweckrichtungen kann es nicht ausgeschlossen werden, dass die beiderseitigen Waren in gewissem Umfang zueinander auch in einem Alternativverhältnis stehen, etwa wenn sich Käufer (z.B. Eltern, die nur in beschränktem Umfang Spielzeug für ihre Kinder erwerben wollen) zwischen der einen oder der anderen Art von Spielzeug entscheiden müssen.

Darüber hinaus werden die beiderseitigen Waren in Spielwarengeschäften und Spielwarenabteilungen der Kaufhäuser gemeinsam verkauft. Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, in welchen Regalen oder mit welchen anderen Artikeln zusammen die beiderseitigen Waren in solchen Verkaufsstätten angeboten werden, kommt es nicht an. Auf solche Details hat die Rechtsprechung schon bisher nicht entscheidungserheblich abgestellt (vgl. z.B. BPatG a.a.O), was angesichts der ohnehin verminderten Bedeutung des Kriteriums der gemeinsamen Verkaufsstätten und Vertriebswege auch nicht sachgerecht wäre.

Schließlich liegen auch noch weitere, wenngleich nachrangige Kriterien vor, die für eine Ähnlichkeit der Waren sprechen können: Die Waren werden von gemeinsamen Abnehmerkreisen bezogen, sie lassen sich als Spielwaren unter den gleichen Oberbegriff subsumieren und werden in eine gemeinsame Warenklasse eingeordnet. Trotz der unterschiedlichen stofflichen Beschaffenheit stellt der Senat angesichts der Vielzahl wirtschaftlicher Berührungspunkte eine insgesamt noch mittelgradige Ähnlichkeit zwischen den beiderseitigen Waren fest.

b) Weiterhin liegt eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit zwischen den Marken vor. Die Marken stimmen in ihrer Vokalfolge, Silbengliederung und Betonung überein. Außerdem ist in beiden Marken der jeweils vorletzte Laut, der Konsonant "C" (vor dem dunklen Vokal "O" gesprochen wie "K") identisch. Lediglich die in der Wortmitte befindlichen Konsonanten "G/R" unterscheiden sich. Dabei wird - wie auch die Widersprechende nicht in Abrede stellt - der Konsonant "G" in der jüngeren Marke wie "K" gesprochen. Dann aber verschmelzen die beiden gleichlautenden Konsonanten in der Aussprache "AKKO" zu einem einheitlichen Laut (wie etwa bei "Sakko") und führen gerade nicht zur Aussprache von zwei scharf getrennten Silben.

In der Widerspruchsmarke wird das vor einem weiteren Konsonanten stehende "R" - abgesehen von mundartlichen Besonderheiten - nicht deutlich als eigenständiger Laut gesprochen, sondern führt im Wesentlichen nur zur Dehnung der ersten Silbe. Dieser unterschiedliche Sprechrhythmus ist damit der einzige klangliche Unterschied zwischen den Marken, der jedoch in keiner Weise einen abweichenden Gesamtklangcharakter bewirken kann.

c) Unter Berücksichtigung einer mangels abweichender Anhaltspunkte normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muß daher die Gefahr klanglicher Verwechselungen der Marken festgestellt werden.

3. Dies gilt auch, soweit man den Hilfsantrag der Inhaberin der jüngeren Marke zugrunde legt. Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist der Senat bereits von einer unterschiedlichen stofflichen Beschaffenheit der Waren ausgegangen und hat dennoch eine mittelgradige Warenähnlichkeit festgestellt. Auch die gemäß Hilfsantrag vorgeschlagene Einschränkung der Waren der angegriffenen Marke mit dem Zusatz "aus Metall und/oder Hartplastik" würde daher zu keinem anderen Ergebnis führen.

4. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 23.07.2002
Az: 33 W (pat) 60/01


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