Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Januar 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 92/06
(BPatG: Beschluss v. 24.01.2007, Az.: 28 W (pat) 92/06)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet für die Eintragung in das Markenregister wurde die folgende Wortkombination:
Colour Candle Collectionu. a. für Waren der Klasse 3 und für die folgenden Waren der Klasse 4:
"Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke."
Die Markenstelle für Klasse 4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung zunächst teilweise, nämlich in Bezug auf die vorgenannten Waren, gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit der Begründung beanstandet, dass der angemeldeten Wortkombination insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die einzelnen englischen Wortelemente "colour", "candle" und "collection" seien ohne weiteres für die angesprochenen Verkehrskreise verständlich. Möglichweise sei die Kombination als solche nicht sprachüblich, wegen ihrer großen sachlichen Nähe zu den in der Klasse 4 beanspruchten Waren sei jedoch damit zu rechnen, dass die angesprochenen Verkehrskreise darin lediglich eine Sachangabe zu den unter dieser Marke angebotenen Waren der Klasse 4 verstehen würden in dem Sinne, dass es sich um eine Kollektion farbiger Kerzen handeln würde. Deswegen sei die angemeldete Wortkombination nicht dazu geeignet, als Herkunftszeichen zu wirken, das die streitgegenständlichen Waren als Waren eines bestimmten Herstellers kennzeichnen könnte. Dazu hat sich die Markenstelle auch auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts über die Marke "Color COLLECTION" berufen (BPatG GRUR 1996, 410 f.).
Zu dieser Beanstandung hat die Anmelderin wie folgt Stellung genommen: Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei die angemeldete Marke unterscheidungskräftig. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe für die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durchgehend hervorgehoben, dass für die Prüfung von einem großzügigen Maßstab auszugehen sei und bereits jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreiche, um eine Marke unterscheidungskräftig zu machen. Bei Wortkombinationen wie der vorliegenden komme es auf den Gesamteindruck an, eine zergliedernde Betrachtungsweise habe zu unterbleiben. Deswegen könne auch die Kombination von für sich genommenen schutzunfähigen Bestandteilen zu einem unterscheidungskräftigen Gesamtzeichen führen. So verhalte es sich mit der angemeldeten Marke, denn diese sei nicht sprachregelmäßig gebildet. Diese Regelwidrigkeit mache das Zeichen unterscheidungskräftig. Dazu hat sich die Anmelderin auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in GRUR Int. 2002, 47 (Nr. 40) - Baby dry - berufen und auf eine Reihe von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
Mit Beschluss vom 12. September 2006 hat die Markenstelle, vertreten durch eine Beamtin des höheren Dienstes, die Anmeldung teilweise, nämlich im Umfang der vorgenannten Waren "Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke", aus den Gründen des Beanstandungsbescheids zurückgewiesen.
Mit ihrer Beschwerde betreibt die Anmelderin weiterhin die Eintragung der angemeldeten Marke im Umfang der teilweisen Zurückweisung. In ihrer Beschwerdeschrift vom 11. Oktober 2006 hatte die Anmelderin zunächst einen Antrag auf - gegebenenfalls hilfsweise - Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2007 hat sie diesen Antrag zurückgenommen und statt dessen um Entscheidung nach Aktenlage gebeten. Eine Beschwerdebegründung hat die Anmelderin nicht eingereicht.
In der Sache beantragt die Anmelderin, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. September 2006 aufzuheben.
II Der Beschluss ergeht entsprechend dem Antrag der Anmelderin im schriftlichen Verfahren.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten Wortmarke "Colour Candle Collection" - wie die Markenstelle bereits zutreffend festgestellt hat - im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Waren "Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke" die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt und die Marke deswegen nicht in das Markenregister eingetragen werden kann.
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35) - Philips; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) - Linde, Winward u. Rado; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 41) - Linde, Winward u. Rado; MarkenR 2004, 116, 120 (Nr. 50) - Waschmittelflasche). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 52) - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) - Postkantoor; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). So verhält es sich hier.
Die angemeldete Marke setzt sich zusammen aus den drei englischen Wörtern "colour" - zu Deutsch "Farbe" - "candle" - zu Deutsch "Kerze" - und "collection" - zu Deutsch "Sammlung, Kollektion". Die deutsche Bedeutung dieser Wörter ist zumindest großen Teilen der angesprochenen weitesten deutschen Verkehrskreise bekannt. Die Wörter "collection" und "colour" gehören zum englischen Grundwortschatz (vgl. Weis, Grund- und Aufbauwortschatz, Englisch, Ernst Klett Verlag 1977, neu aufgelegt 2005, Seite 30) und werden in Deutschland regelmäßig im Zusammenhang mit Oberbekleidung, Schuhen und Innenausstattung verwandt. Das Wort "candle" ist in Deutschland schon deswegen weitestgehend bekannt, weil auch in Deutschland in zahlreichen Hotels und Restaurants "candle light dinners" angeboten werden. Jedes der drei Bestandteile der angemeldeten Kombination ist für sich genommen eine einfache Sachangabe über die beanspruchten Waren und kann deswegen für sich genommen in Bezug auf die noch streitgegenständlichen Waren keine Unterscheidungskraft entfalten.
Die Kombination von "candle collection" ist sprachregelmäßig und bedeutet "Kerzen Kollektion" (vgl. "stamp collection" in Pons Großwörterbuch für Experten und Universitäten, 2002, Englisch-Deutsch, Seite 1843). Dieser Kombination das Wort "colour" voranzustellen, steht insoweit im Gegensatz zu den englischen Sprachregeln, als nach der englischen Grammatik an dieser Stelle ein Eigenschaftswort stehen müsste und das wäre "coloured". Diese eine Abweichung zwischen der angemeldeten Wort-Kombination "Colour Candle Collection" und dem korrekten Ausdruck "Coloured Candle Collection" ist jedoch so geringfügig, dass dadurch die im Vordergrund stehende, unmittelbar verständliche Gesamtaussage der Marke in keiner Weise verunklart wird. Der Gesamtausdruck "Colour Candle Collection" ist ohne weiteres im Sinne einer Kollektion farbiger Kerzen zu verstehen. Es kommt hinzu, dass das Englische eine Reihe von Wortkombinationen kennt, in denen einem Hauptwort das Hauptwort "colour" vorangestellt wird in dem Sinne von "Farb-". So hat bereits die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss auf die englischen Begriffe "colour variation" (Farbabweichung), "colour photo" (Farbphoto) und "colour printer" (Farbdrucker) hingewiesen. Dieselbe grammatische Konstruktion haben "colour television" (Farbfernseher) und "colour graphics adapter" (Farbgraphikadapter) (vgl. Pons Großwörterbuch für Experten und Universitäten, 2002, Englisch-Deutsch, Seite 274). An diese ganz sprachregelmäßige Konstruktion ist die angemeldete Marke erkennbar angelehnt.
Diese tatsächlichen Verhältnisse hat die Anmelderin auch im Beschwerdeverfahren nicht bestritten.
Es ist nachvollziehbar, wenn die Anmelderin meint, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof über die Marke "Baby dry" (EuGH GRUR Int. 2002, 47 ff.) ein Anhaltspunkt für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke auch im Zusammenhang mit den noch streitgegenständlichen Waren sein könnte. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch in seiner späteren Entscheidung über die Marke "BIOMILD" (EuGH GRUR 2004, 680 ff.) die in der "Baby dry"-Entscheidung definierten Kriterien weiterentwickelt. In der Entscheidung heißt es u. a.:
"(39) Im Allgemeinen bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst für diese Merkmale beschreibend i. S. von Art. 3 I lit. c der Richtlinie, auch wenn sie eine sprachliche Neuschöpfung darstellt. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können.
(40) Einer solchen Kombination kann jedoch der beschreibende Charakter i. S. von Art. 3 I lit. c der Richtlinie fehlen, sofern der von ihr erweckte Eindruck hinreichend weit von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenfügung ihrer Bestandteile entsteht. Handelt es sich um eine Wortmarke, die sowohl gehört als auch gelesen werden soll so muss eine solche Voraussetzung sowohl in Bezug auf den akustischen als auch den visuellen Eindruck von der Marke erfüllt sein.
(41) Somit hat eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter i. S. von Art. 3 I lit. c de Richtlinie, es sei denn, dass eine merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung auf Grund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenführung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht."
Demnach stellt sich die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den noch streitgegenständlichen Waren "Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke" entweder als eine Gruppe grammatisch unverbundener Hauptwörter dar, die jedes eine beschreibende Angabe enthalten, oder die angemeldete Wortkombination wird als ein einheitlicher Gesamtausdruck aufgefasst im Sinne einer "Kollektion farbiger Kerzen". In beiden Fällen kann die Marke keine Unterscheidungskraft entfalten. Dafür fehlt ihr - auch bei einer Deutung als Gesamtausdruck - ein Sinngehalt, der über die Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinausgehen würde. Soweit bei einem Verständnis der Marke als einheitlicher Gesamteindruck die Wortkombination nicht ganz sprachregelmäßig gebildet ist, ist diese Abweichung von der korrekten englischen Grammatik geringfügig und deswegen unbeachtlich.
BPatG:
Beschluss v. 24.01.2007
Az: 28 W (pat) 92/06
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