Amtsgericht Bonn:
Urteil vom 24. August 2004
Aktenzeichen: 4 C 252/04
(AG Bonn: Urteil v. 24.08.2004, Az.: 4 C 252/04)
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 1.206,56 EUR nebst 5% Zinsen p.a. über dem Basissatz seit dem 21.02.2004 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung iHv 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen materiellrechtlichen
Kostenerstattungsanspruch aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne
Auftrag, §§ 670, 677, 683 S. 1 BGB in Höhe von 1.206,56 EUR.
1. Die Abmahnung des Beklagten stellt für die Klägerin ein fremdes Geschäft
im Sinne des § 677 BGB dar. Ein fremdes Geschäft gemäß der §§ 677 BGB ist
jede Tätigkeit, die nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche
Handlungen erfasst, die zumindest teilweise einem fremden Interessenskreis
zugehören (vgl. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 677 Rn. 2, § 662 Rn. 6). Im
Bereich wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen ist das Vorliegen eines "fremden
Geschäfts" nicht bereits aus dem Grunde abzulehnen, dass der Abmahnende u.a. eigene Interessen mit der Abmahnung, wie etwa die zukünftige Unterlassung der wettbewerbswidrigen Werbung, verfolgt. Vielmehr besorgt der Abmahnende auch ein Geschäft für den Unterlassungsschuldner, welches darin zu sehen ist, dass der Abmahnende dem Verletzer aufzeigt, wem gegenüber er sich vermittels gesicherter Unterlassungserklärungen unterwerfen kann, damit die den Unterlassungsanspruch begründende Gefahr zukünftiger wettbewerbswidriger Handlungen entfällt und der Abgemahnte - sofern er sich an seine Zusage hält - von keinem weiteren Berechtigten mehr mit Aussicht auf Erfolg auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. (vgl. Scharen, in:
Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 1999, Kapitel 18, Rn 11).
2. Die Klägerin handelte bei der Abmahnung mit Fremdgeschäftsführungswillen.
Die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist als zugleich eigenes und fremdes
Geschäft zu qualifizieren. Für die Annahme des Fremdgeschäftsführungswillens
genügt es insoweit, dass das vorgenommene Geschäft auch dem anderen zugute kommt. Bei so genannten "auchfremden" Geschäften wird das Vorliegen eines Fremdgeschäftsführungswillens grundsätzlich vermutet (BGHZ 98, 235, 240; BGH NJW 2000, 72, 72 f.). Entsprechendes gilt, wenn die wettbewerbsrechtliche Abmahnung als objektiv fremdes Geschäft verstanden wird (so Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., 2002, UWG Einl Rn 554). Einer Annahme des Fremdgeschäftsführungswillens der Klägerin steht
vorliegend nichts entgegen.
3. Die Klägerin handelte ohne Auftrag des Beklagten und war auch sonst dem
Beklagten gegenüber nicht berechtigt, § 677 BGB.
4. Die Geschäftsführung ohne Auftrag in Form der Abmahnung war berechtigt.
Eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag liegt gemäß § 683 S. 1 BGB
vor, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem
wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht.
a) Die Abmahnung war objektiv im Interesse des Beklagten. Ein Interesse des
Geschäftsherrn besteht, wenn die Geschäftsübernahme ihm nützlich ist (vgl.
Palandt, BGB, § 683 Rn. 4 mwN). Die Abmahnung war für den Beklagten nur dann nützlich, wenn sie berechtigt und an den Beklagten als den richtigen
Abzumahnenden gerichtet war.
aa) Die Abmahnung der Klägerin vom 11.11.2003 war berechtigt. Die
unberechtigte Abmahnung des Störers bei Wettbewerbsverstößen ist
grundsätzlich keine Geschäftsführung ohne Auftrag (BGH NJW 1995, 715 ff.).
Vorliegend kann die Frage offen bleiben, ob sich der Beklagte nach
Unterzeichnung der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 9.12.2003 auf
das Nichtvorliegen eines wettbewerbsrechtlichen Verstoßes zulässigerweise
berufen kann (vgl. hierzu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl.,
UWG Einl Rn. 558; Scharen, in: Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 4.
Aufl. 1999, Kapitel 18, Rn. 38). Der Werbetext "250 Visitenkarten GRATIS!"
stellt eine irreführende Angabe und einen Verstoß gegen § 3 UWG dar. Eine
Gratishergabe liegt nur bei vollständiger Kostenfreiheit vor, was gerade
nicht gegeben ist, wenn der Käufer noch die Kosten der Zusendung tragen muss (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG § 3 Rn. 338).
Soweit der Beklagte sich auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 3 UWG
im Lichte des weitergehenden Verbraucherbegriffes des EuGH beruft, ist dies
vorliegend unbeachtlich. Zusätzliches Kriterium der europarechtlichen
Vorgaben des Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 84/450/EWG ist einzig die
Einflussnahme der irreführenden Werbung auf das wirtschaftliche Verhalten
des Getäuschten (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl
UWG Rn. 650). Eine Möglichkeit der Einflussnahme auf das Verhalten der
getäuschten Verbraucher ist bei vorliegendem "GRATIS-Angebot" anzunehmen, da der Verbraucher sich länger mit dem Produkt beschäftige muss, bevor dieTragung der Versandkosten offenbart wird. Diesen Verstoß gegen § 3 UWG durfte die Klägerin nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG beanstanden.
bb) Der Beklagte war Mitstörer und damit wettbewerbsrechtlicher
Unterlassungsschuldner. Grundsätzlich ist der wettbewerbsrechtliche
Unterlassungsanspruch gegen den Störer zu richten. Neben demjenigen, der die Störung selbst begeht, kann der Unterlassungsgläubiger aber auch gegen den Mitstörer aus einem Anspruch gemäß § 1004 BGB vorgehen (vgl.
Baumbach//Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 325).
Mitstörer ist, wer willentlich und adäquat kausal an der Störung mitwirkt
und rechtlich in der Lage ist, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern (BGH
GRUR 1991, 769, 770; BGH NJW 2001, 3265, 3266). Ein Verschulden, eine
Wettbewerbsförderungsabsicht oder ein anderes Interesse des Mitstörers ist
nicht erforderlich, da es auf Art und Umfang des Tatbeitrags zur Störung
nicht ankommt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG
Einl Rn. 325 und 327 mwN; Freytag, in: Moritz/Dreier, Rechts-Handbuch zum
E-Commerce, 2002, Teil D, Rz. 113; BGH NJW 2001, 3265, 3266).
aaa) Der Beklagte hat willentlich und adäquat kausal an der Störung
mitgewirkt. Die Störung ist vorliegend der Verstoß gegen § 3 UWG durch
irreführende Angaben bezüglich des "GRATIS Angebotes" an Visitenkarten auf
der Homepage der Domain "www.x.de". Durch die Eintragung als
Adminc der betreffenden Domain und damit als Ansprechpartner der E e.G.hat der Beklagte willentlich und adäquat kausal zur Störung beigetragen
(vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen des OLG Stuttgarts, MMR 2003,
38, 39; ebenso OLG Hamburg, Urteil vom 4.11.1999, 3 U 274/98, MMR 2000, 92, 95; Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 523; zur
Haftung des Techc bzw. Zonec LG Berlin, MMR 2002, 631, 632). Den
E-Domainrichtlinien und den E-Domainbedingungen ist zu entnehmen, dass eine Domain-Registrierung und eine Aufrechterhaltung eines
Domainvertrages mit der E e.G. nur möglich ist, wenn der Anmelder einen
natürliche, inländische Person benennt (vgl. VIII. der E-Domainrichtlinien und § 3 Abs. 1 und § 7 der E-Domainbedingungen).
Durch diese kausale und adäquate Mitwirkungshandlung der Registrierung als
Adminc erstreckt sich die Mitverantwortung des Beklagten nicht nur auf den
Internet-Auftritt unter diesem Domain-Namen, sondern auch auf die Inhalte
des Programmangebotes, deren Aufruf der Beklagte durch seine Registrierung
als adminc erst ermöglichte (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 95).
bbb) Der Beklagte war auch rechtlich dazu in der Lage, den
Wettbewerbsverstoß zu beseitigen. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand,
dass Ziffer VIII. der E-Domainrichtlinien den Beklagten als Adminc der
Domain zum alleinigen Ansprechpartner der E e.G. macht. Soweit der
Beklagte vorträgt, es sei ihm gegenüber der E e.G. nur möglich,
Dispositionen bzgl. der Domain selbst und gerade nicht bzgl. der Inhalte,
die unter dieser Domain angeboten werden, vorzunehmen, kann diesem
Vorbringen nicht gefolgt werden. Durch eine etwaige Mitteilung des Beklagten
gegenüber der E e.G. hätte der Beklagte seinen Störerbeitrag rückgängig
und damit die Möglichkeit der Publizierung der wettbewerbswidrigen
inhaltlichen Angebote unter dieser Domain beseitigen können. Diese Handlung
war dem Beklagten als Adminc rechtlich möglich. Auf eine darüber
hinausgehende rechtliche Einflussmöglichkeit auf die Inhalte der
betreffenden Domain kommt es somit nicht mehr an (a.A. Stadler, Haftung des
Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 525 f.)
ccc) Dem Beklagten oblag als Mitstörer eine zumutbare Prüfungspflicht
bezüglich der Domain-Inhalte, bei der er als Adminc registriert wurde.
(1) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die in der Rechtsprechung
entwickelte Einschränkung der Mitstörerhaftung für unbeteiligte Dritte
vorliegend Anwendung finden kann. Hiernach wird ein unbeteiligter Mitstörer
bei Wettbewerbsverstößen im Internet durch eigenverantwortlich handelnde
Dritte insoweit privilegiert, als ihm die Einhaltung einer Prüfungspflicht
nicht zuzumuten ist (vgl. BGH NJW 2001, 3265, 3266; OLG Hamburg, MMR 2000,92, 95; LG Bielefeld, Urteil v. 14.05.2004, Az. 16 O 44/04;
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 327 c). Dieser Ausnahme liegt die Prämisse zugrunde, dass im Internet vielzählige und
unüberschaubare Angebote eine Überprüfung der Inhalte für unbeteiligte
Dritte unzumutbar erscheinen lässt (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 95). Der vorliegend zu beurteilende Fall ist indes anders gestaltet. Der Beklagte
vermittelt nicht nur durch technische Leistungen den Netzzugang, d.h. er war
gerade kein unbeteiligter Dritter. So waren die Urteile des OLG Hamburg und
des LG Bielefeld gegen einen Domain Name Server gerichtet, der auch
technischer Ansprechpartner (Techc) war. Die Grundaussagen des vom
Beklagten ebenfalls angeführten "ambiente.de" Urteils des BGH können aus
denselben Gründen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. In der
"ambiente" Entscheidung des BGH ging es um die kennzeichenrechtliche
Inanspruchnahme der E e.G. Die E e.G. trifft, anders als den
Beklagten, aufgrund ihrer Stellung als einziger Anbieter der Top Level
Domains ".de" ein Kontraktionszwang (vgl. Dieselhorst, in: Moritz/Dreier
(Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil B., Rz. 841 ff.). Sie
nimmt ihre Aufgaben ohne eigene wirtschaftliche Interessen für sämtliche
Internetnutzer war (BGH NJW 2001, 3265, 3267). Auch eine solche exponierte
Stellung als "unabhängiger Dritter" nimmt der Beklagte als Adminc gerade
nicht ein. Weder vermittelt der Beklagte in technischer Hinsicht die Inhalte
der Domains, noch war er aufgrund einer monopolartigen Stellung zu einer
Vielzahl von Vertragsschlüssen gezwungen. Der Beklagte handelte vielmehr bei
der Registrierung als Adminc für die Domain "www.x.de"
eigenverantwortlich und im Bewusstsein, dass er der Ansprechpartner für alle
rechtliche Angelegenheiten, die die Domain betreffen, gegenüber der E
e.G. sein wird.
(2) Auch bei einer Anwendbarkeit der vorstehenden Haftungsprivilegierung
trifft den Beklagten als Admin-C eine zumutbare Prüfungspflicht, der er
nicht nachgekommen ist.
(a) Der Beklagte hat als Adminc eine Prüfungspflicht bezüglich der Inhalte
der Domain, für die er sich hat registrieren lassen. In Rechtsprechung und
Literatur wurde die Haftung des Adminc wegen Verletzung von
Kennzeichenrechten im Zusammenhang mit dem Domain-Namen bereits diskutiert und unterschiedlich beurteilt. Die wohl überwiegende Ansicht sieht eine persönliche Verantwortung des Adminc für kennzeichenrechtliche Verstößedurch die Benennung der Domain als gegeben an (vgl. OLG Stuttgart, MMR 2004, 38 ff.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 175, 178; OLG München, MMR 2002, 277 ff.; LG Berlin, MMR 2002, 631, 632; Dieselhorst, in: Moritz/Dreier,Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil B, Rz. 901; Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia Recht, Stand. 2004, Teil. 6.1, Rn. 347;Köhler/Arndt, Recht des Internets, 4. Aufl. 2003, S. 48;
Schwarz/Peschel-Mehner (Hrsg.), Recht im Internet, Stand: März 2004, Teil 7,
Rn. 134 ff.; Ernst, Verträge rund um die Domain, MMR 2001 714, 715; Junker,
Haftung des Admin-C, JurPC Web-Dok. 98/2004, Abs. 16 ff.; a.A. OLG Koblenz, MMR 2002, 466 ff.; dem folgend Flechsig, Subdomain: Sicher versteckt und unerreichbar€, MMR 2002, 347, 351). Diese Verantwortung trifft den Admin-C auch bezüglich der Inhalte der Domain, für die er sich bei der E e.G.hat registrieren lassen. Er tritt als Ansprechpartner für alle rechtliche
Angelegenheiten, die die Domain betreffen, gegenüber der E e.G., aber
auch gegenüber jedem Dritten, der eine Abfrage der Whois-Daten bei der E e.G. vornimmt, in Erscheinung und erklärt, diese Angelegenheiten auch
verbindlich entscheiden zu können. Insofern tritt die Verletzung von Rechten
Dritter durch die registrierte Domain in seinen Verantwortungsbereich und
die zukünftige Unterlassung und Beseitigung der Rechtsverletzung in seine
Zuständigkeit (Köhler/Arndt, Recht des Internets, 4. Aufl. 2003, S. 48).
Dies muss insbesondere gelten, wenn - wie vorliegend - der Domain-Inhaber im
Ausland weilt.
(b) Die Einhaltung dieser Prüfungspflicht war dem Beklagte zuzumuten.
(aa) Eine Unzumutbarkeit lässt sich nicht daraus herleiten, dass - wie der
Beklagte vorbringt - aufgrund der dynamischen Inhalte und der Hohen Anzahl
an betreuten Domains eine sorgfältige Überprüfung der Domain-Inhalte
faktisch nicht möglich sei. Der Beklagte bestimmt willentlich über die Art
und Anzahl der Domains, für welche er sich als Adminc registrieren lässt.
Er selbst muss bestimmen, ob er sich in der Lage sieht, seiner
Prüfungspflicht in ausreichendem Maße nachzukommen. Die Aufnahme einer
Vielzahl haftungsgeneigter Tätigkeiten kann nicht zu einer Haftungsreduzierung gegenüber Dritten führen.
(bb) Die Einhaltung der Prüfungspflicht wird dem Beklagten ferner nicht
dadurch unzumutbar, dass er infolge der persönlichen Inanspruchnahme als
Adminc erhebliche wirtschaftliche Einbußen befürchtet. Zum einen wird der
Beklagte nicht anders als andere am Wirtschaftleben teilnehmende Personen
für die Abmahngebühren in Anspruch genommen (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 96). Zum anderen hat der Beklagte die Möglichkeit sich gegenüber dem Domain-Inhaber schadfrei zu halten. Regelmäßig wird der Adminc und der Domain-Inhaber eine vertragliche Vereinbarung über die Inhalte des
Domain-Betreuungsverhältnisses abschließen. Die als Adminc registrierte
Person kann somit ihre Interessen durch die drohenden zivilrechtlichen
Risiken, die auch die Abmahnkosten beinhalten, in einer so genannten
"Adminc-Vereinbarung" wirksam absichern (vgl. Junker, Haftung des Admin-C,
JurPC Web-Dok. 98/2004, Abs. 16 ff.; entsprechend für die Haftung von
Internetprovidern Freytag, in: Moritz/Dreier (Hrsg.), Rechts-Handbuch zum
E-Commerce, 2002, Teil D., Rz. 89). Der Beklagte trägt hierzu selbst vor,
dass zwischen ihm und der Domaininhaberin eine entsprechende Vereinbarung
besteht. Aufgrund der Unterzeichnung der strafbewehrten
Unterlassungsklärung, mittels derer der Beklagte ohnehin persönlich für
fremde Inhalte der Domain haftet, ist davon auszugehen, dass zwischen dem
Beklagten als Rechtsanwalt und der ausländischen Domaininhaberin auch eine
Vereinbarung über den Innenausgleich im Falle einer Inanspruchnahme des
Beklagten geregelt wurde. Zumindest erscheint eine derartige Absprache dem
Beklagten als Rechtsanwalt zumutbar.
ddd) Auf sonstige Haftungsprivilegierung kann der Beklagte sich nicht
berufen.
(1) Insbesondere die Vorschriften des Teledienstegesetzes (TDG) können
vorliegend keine direkte oder analoge Anwendung finden. Der Beklagte kann
sich somit nicht darauf berufen, dass er erst ab dem Zeitpunkt der
Kenntnisnahme durch die Abmahnung Störer gewesen sei. Die unmittelbare
Anwendung der Haftungserleichterungen des TDG würde voraussetzen, dass der Beklagte als Teledienstanbieter im Sinne des TDG kommunikative Inhalte
anbietet (vgl. OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 93; Köhler/Arndt, Recht des
Internets, 4. Aufl. 2003, S. 48). Der Beklagte ist an der inhaltlichen oder
technischen Gestaltung der Domain nicht beteiligt. Für eine analoge
Anwendung der Vorschriften des TDG fehlt es damit schon an einem
vergleichbaren Sachverhalt (vgl. in Abgrenzung hierzu die entsprechende
Anwendung der Gedanken des TDG auf die Haftung des Techc im Falle des OLG Hamburg, MMR 2000, 92, 94).
(2) Eine Haftung des Beklagten als Mitstörer scheidet auch nicht aus
Billigkeitsgründen aus. Eine uneingeschränkte gerichtliche Inanspruchnahme
abhängiger Hilfspersonen wird zum Teil auch als unbillig angesehen
(Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn. 327 b).
Entwickelt wurde diese Ausnahme, um eine Inanspruchnahme von untergeordneten Arbeitnehmern ohne eigenen Verantwortungsbereich in Großunternehmen zu verhindern (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., UWG Einl Rn.327 b). Das OLG Stuttgart hat die Übertragung dieser Privilegierung auf die Stellung eines Adminc angedeutet (OLG Stuttgart, MMR 2004, 38, 39), wobeiauch hier von den Fällen auszugehen sein wird, bei denen der Adminc ein Angehöriger des die Domain haltenden Unternehmens ist (vgl. Junker, Haftung des Admin-C, JurPC Web-Dok. 98/2004, Abs. 20; Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 523; Viefhues, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia Recht, Stand. 2004, Teil. 6.1, Rn. 347). Vorliegend ist der als Rechtsanwalt tätige Beklagte als Adminc für die in den USA ansässige Domain-Inhaberin eingetragen. Die nur für Ausnahmefälle konstruierte Nichthaftung aus Billigkeitsgründen kann vorliegend nicht greifen, da der Beklagte keine abhängige Hilfsperson der Domaininhaberin mit einer
untergeordneten Stellung in einem fremden Unternehmen ohne eigenen
Verantwortungsbereich ist. Es erscheint vielmehr umgekehrt unbillig, eine
Haftung des Adminc in einem Fall wie dem vorliegenden abzulehnen, wenn
hierdurch eine effektive Verfolgung der rechtlichen Interessen der
Geschädigten durch verfahrensrechtliche Schwierigkeiten verzögert und
schlimmstenfalls ganz vereitelt wird (vgl. Dieselhorst, in: Moritz/Dreier
(Hrsg.), Rechts-Handbuch zum E-Commerce, 2002, Teil B., Rz. 901). Von den
deutschen Entscheidungsträgern wird daher auch auf Beschränkungen im
Anmeldeverfahren aufgrund der fremden Nationalität der Anmelder verzichtet,
da eine persönliche Haftung des Adminc für Rechtsverletzungen möglich ist
(vgl. hierzu den Bericht der deutschen Ländergruppe der Internationalen
Vereinigung für den Schutz des Geistigen Eigentums (AIPPI), GRUR Int. 2003,
608, 612). Auch in der Literatur findet sich diese Auffassung wieder. Eine
primäre Inanspruchnahme des Domaininhabers sei dann nicht geboten, wenn
dieser Heranziehung des Hauptstörers Hindernisse entgegenstehen (vgl.
Stadler, Haftung des Admin-C und des Tech-C, CR 2004, 521, 523).
b) Die rechtmäßige Abmahnung des Beklagten entsprach demzufolge auch dessen mutmaßlichen Willen. Dieser bestimmt sich danach, ob der Geschäftsherr bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde (vgl. Palandt, BGB, § 683 Rn. 7).
5) Der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz der
Aufwendungen aus §§ 670, 683 S. 1 BGB besteht in Höhe von 1.206,56 EUR.
a) Die Abmahnung durch einen Anwalt war erforderlich im Sinne der §§ 670 und 249 BGB. Grundsätzlich trifft den Abmahnenden eine Prüfungspflicht, ob die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich ist (vgl. Palandt, BGB,
§ 249 Rn. 39). In einfach gelagerten Fällen ist die Hinzuziehung eines
Rechtsanwaltes ausnahmsweise erforderlich, wenn der Geschädigte geschäftlich unerfahren oder die Schadensregulierung verzögert wird (BGHZ 127, 348, 350).
Die Klägerin ist eine auf dem Gebiet des Printmedienvertriebs erfahrene
Aktiengesellschaft. Im Bereich medienrechtlicher Auseinandersetzungen ist
indes die Beauftragung eines Rechtsanwaltes aufgrund der Komplexität der
Auseinandersetzungen grundsätzlich zu bejahen (vgl. Prinz/Peters,
Medienrecht, 1999, Rn. 736 mwN). Damit kann der Beklagte sich nicht darauf
berufen, die Klägerin hätte auf rechtsanwaltliche Hilfe verzichten können.
b) Der Klägerin steht der Kostenerstattungsanspruch in voller Höhe zu. Es
sind dem Abmahnenden die tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ersetzen
(Scharen, in: Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß, 1999, Kapitel 18, Rn
17). Die Klägerin hat dem beauftragten Rechtsanwalt Gebühren in Höhe von
1.206,56 EUR erstattet.
II. Der Zinsanspruch in Höhe von 5% p.a. über dem Basissatz für 1.206,56 EUR
ab dem 21.02.2004 ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB. Der Beklagte befand sich
seit dem 14.2.2004 im Verzug mit der Zahlung der Rechtsverfolgungskosten.
Der Beklagte wurde durch das Schreiben der Klägerin vom 29.1.2004 zur
Zahlung der Kosten bis zum 13.2.2004 aufgefordert.
II. Der Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 91 ZPO.
III. Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils folgt
aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
AG Bonn:
Urteil v. 24.08.2004
Az: 4 C 252/04
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