Landgericht Berlin:
Urteil vom 2. August 2007
Aktenzeichen: 96 O 138/07

(LG Berlin: Urteil v. 02.08.2007, Az.: 96 O 138/07)

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 5. Juni 2007 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf die Vollstreckung durch den Antragsgegner durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung einer Information in Anspruch, die in einem Angebot auf der Internetplattform ... enthalten ist.

Die Parteien vertreiben beide jedenfalls über die Internethandelsplattform ... Computerkomponenten in Form von Speicherbausteinen (RAM-Modulen).

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt bot der Antragsgegner bei ... einen solchen Speicherbaustein an. In der auf der Angebotsseite erteilten Widerrufsbelehrung heißt es unter teilweiser Verwendung des in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV vorgeschlagenen Mustertextes für eine Widerrufsbelehrung zu den Widerrufsfolgen:

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangen[en] Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Paketversandfähige Waren sind zurückzusenden. Nicht paketversandfähige Waren werden bei Ihnen abgeholt. Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der [b]estellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von 40,00 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilleistung erbracht haben. Andernfalls ist die Rücksendung für sie kostenfrei. Verpflichtungen zur Erstattung der Zahlungen müssen Sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung ihrer Widerrufsbelehrung erfüllen. Ende der Widerrufsbelehrung.

Ergänzend wird auf den als Anlage Ast 2 eingereichten Bildschirmausdruck der Angebotsseite verwiesen.

Mit Schreiben seiner jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 3. Mai 2007 (Anlage Ast 3) mahnte der Antragstellerin den Antragsgegner wegen des verfahrensgegenständlichen und eines weiteren, später nicht weiter verfolgten Verstoßes ab. Der Antragsgegner weigerte sich mit Schreiben eines von ihm beauftragten Rechtsanwaltes vom 14. Mai 2007 (Anlage Ast 4) die verlangte Unterwerfungserklärung abzugeben und forderte den Antragsteller unter Übersendung einer Vollmacht auf, weitere Korrespondenz ausschließlich mit ihm vornehmen.

Die vom Antragsteller darauf hin beantragte einstweilige Verfügung ist durch Beschluss der Kammer vom 5. Juni 2007 erlassen worden, wobei dem Antragsgegner unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken gegenüber privaten Endverbrauchern bei Fernabsatzverträgen über Speicherbausteine (RAM-Module) auf der Internetplattform "..." über die Rechtsfolgen der Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts zu informieren, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass im Falle des Widerrufs die Ware auf Gefahr des Verkäufers zurückgesandt werden kann.

Der Antragsgegner hat gegen den seinem seinerzeitigen anwaltlichen Vertreter am 15. Juni 2007 zugestellten Beschluss Widerspruch eingelegt.

Der Antragsteller beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin aufrechtzuerhalten.

Der Antragsgegner beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Parteien streiten unter anderem über die Frage, ob die Rechtsverfolgung durch den Antragsteller rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist. Insoweit und auch wegen der weiteren Einzelheiten des Streitstandes, der Rechtsfragen betrifft, wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Auf den Widerspruch des Antragsgegners ist die einstweilige Verfügung aufzuheben (§ 925 ZPO).

I. Der Antrag ist € soweit für die Entscheidung von Bedeutung € zulässig.

1. Das Landgericht Berlin ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 UWG örtlich und gemäß § 13 Abs. 1 UWG sachlich und funktionell zuständig.

2. Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, so dass die Klägerin zur Geltendmachung von Ansprüchen prozessführungsbefugt ist (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG).

3. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Geltendmachung des Anspruchs rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG erfolgt, lässt die Kammer aus Gründen der Prozessökonomie dahin stehen, da die Prüfung des Anspruchs ergibt, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung jedenfalls unbegründet ist (vgl. BGH, GRUR 1999, 509, 510 -Vorratslücken).

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht begründet. Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner nicht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG.

1. Es kommt für die Entscheidung nicht darauf an, ob die vom Antragsgegner verwendete Widerrufsbelehrung in ihrem vom Antragsteller beanstandeten Teil als unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 312c Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen ist. Nach diesen Vorschriften hat ein Unternehmer dem Verbraucher klar und verständlich die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die diese gemäß Art. 240 Nr. 1 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bestimmt ist. Hierzu gehören grundsätzlich nicht nur Informationen über das Bestehen des Widerrufsrechts, sondern auch über dessen Bedingungen, die Einzelheiten der Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufs (vgl. KG, NJW 2006, 3215; KG, MMR 2007, 185).

Gemäß § 357 Abs. 2 S. 2 BGB ist für das hier gemäß §§ 312d Abs. 1, 355 BGB bestehende Widerrufsrecht geregelt, dass Kosten und Gefahr der Rücksendung einer Sache bei einem Widerruf (oder einer Rückgabe im Sinne von § 356 BGB) der Unternehmer trägt. Die aufgrund der Verordnungsermächtigung des Art. 240 Nr. 1 EGBGB erlassene BGB-InfoV sieht insoweit in dem für eine Belehrung in Textform vorgesehene Widerrufsbelehrung vorgeschlagenen Muster (Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV) zur Erfüllung der Informationspflichten des § 1 Abs. 1 BGB-InfoV grundsätzlich den ausdrücklichen Hinweis vor, dass im Falle des Widerrufs "paketversandfähige Sachen € (auf Kosten und auf Gefahr) des Unternehmers vom Verbraucher zurückzusenden" sind. Der Mustertext kann gemäß dem "Gestaltungshinweis" in der Fußnote 7 dahin abgeändert werden, dass der in Klammern gesetzte Teil des Satzes entfallen kann, wenn in Ausübung des gemäß § 357 Abs. 2 S. 3 BGB für den Unternehmer bestehenden Wahlrechts der dort vorgesehene und auch vom Antragsgegner verwendete Hinweis ("Sie haben die Kosen der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Ware einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilleistung erbracht haben. Andernfalls ist die Rücksendung für sie kostenfrei") verwendet wird. Soweit hierbei die in § 357 Abs. 2 S. 2 BGB zu Gunsten des Verbrauchers getroffene Regelung zur Gefahrtragung nicht erwähnt wird, handelt es sich jedoch um ein offensichtliches Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Dies zeigt nicht zuletzt das Muster für die Rückgabebelehrung gemäß § 356 BGB in der Anlage 3 zu § 14 BGB-InfoV. Dort wird der Vorschrift des § 357 Abs. 2 S. 2 BGB ebenfalls in der Weise Rechnung getragen, dass auch auf die Gefahrtragung des Unternehmers hingewiesen wird ("In jedem Falle erfolgt die Rücksendung auf unsere Kosten und Gefahr.").

Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, dass gemäß § 1 Abs. 4 BGB-InfoV für den Unternehmer die Erfüllung seiner Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB durch Verwendung des in der Anlage zu § 14 BGB-InfoV bestimmten Musters vorgesehen ist. Insoweit wird auf die Ausführungen des Kammergerichts in dem den Parteien bekannten Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 5 W 295/06 - verwiesen (MMR 2007, 185, 186). Das Muster gilt nur für die nach Vertragsschluss in Textform geschuldete Information gemäß § 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB, nicht dagegen für die ohne Einhaltung der Textform mögliche vorvertragliche Unterrichtung des Verbrauchers.

2. Der Verstoß des Antragsgegners ist jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb im Sinne von § 3 UWG zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Mit der Formulierung "zum Nachteil" bringt § 3 UWG zum Ausdruck, dass die Lauterkeit im Wettbewerb nicht um ihrer selbst willen geschützt wird, sondern nur insoweit, als die Wettbewerbsmaßnahmen tatsächlich geeignet sind, zu einer Beeinträchtigung geschützter Interessen der Marktteilnehmer zu führen. Die Verfälschung des Wettbewerbs muss darüber hinaus "nicht unerheblich" sein. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten Personenkreise sein muss. Die Verfolgung von Bagatellfällen, an deren Verfolgung kein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit besteht, soll ausgeschlossen werden. Die Feststellung, ob ein Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu verfälschen, setzt eine nach objektiven und subjektiven Momenten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffende Wertung voraus. Bei der Prüfung, ob die beanstandete Wettbewerbshandlung zu einer nicht unerheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigung geeignet ist, ist dementsprechend eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller vom Schutzzweck der Norm erfasster Umstände vorzunehmen. In diese sind neben der Art und Schwere des Verstoßes die zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie der Schutzzweck des Wettbewerbsrechts einzubeziehen. Eine nicht nur unerhebliche Verfälschung kann auch bei Verstößen mit nur geringen Auswirkungen auf den Marktteilnehmer im Einzelfall vorliegen, wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist oder eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. Eine Eignung zur nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der betroffenen Mitbewerber ist dann anzunehmen, wenn ihre Marktchancen durch die unlautere Wettbewerbshandlung spürbar beeinträchtigt sein können. Letzteres hängt auch von der Größe eines erzielten Wettbewerbsvorsprungs ab. Es reicht nicht aus, dass der Verstoß lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen. Von Bedeutung sind vielmehr die jeweiligen Marktverhältnisse, wie die Größe des Unternehmens und die Zahl der Mitbewerber auf dem Markt sowie die Art, Schwere, Häufigkeit oder Dauer des Wettbewerbsverstoßes. In Bezug auf die Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist darauf abzustellen, ob ihre Informationsinteressen, ihre Entscheidungsfreiheit und ihre sonstigen durch das Gesetz geschützten Interessen spürbar beeinträchtigt sein können. Auch bezüglich der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist das Ausmaß der Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit oder sonstigen Interessen maßgebend. Dementsprechend kann sich ein Anwendungsbereich besagter "Bagatellklausel" des § 3 UWG beispielsweise dann eröffnen, wenn zwar gegen zum Schutz des Verbrauchers erlassene Vorschriften verstoßen wird, der Inhalt des gebotswidrig unterlassenen Hinweises sich aber aus dem übrigen Kontext dem Verbraucher erschließt, aus sonstigen Umständen für den Verbraucher nahe liegt oder für die Kaufentscheidung von zu vernachlässigender Bedeutung ist (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 11. Mai 2007 € 5 W 116/07 € (zugänglich unter anderem über die Homepage des Kammergerichtswww.kammergericht.de) mit Hinweisen unter anderem auf OLG Koblenz GRUR-RR 2007, 23f; KG,SenatGRUR-RR 2005, 357, 358;Ullmannin: Ullmann, jurisPK-UWG, 2006, § 3 Rn. 42).

Danach ist der hier verfahrensgegenständliche Verstoß nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Marktteilnehmer mehr als nur unerheblich im Sinne von § 3 UWG zu beeinträchtigen. Der Antragsteller wendet sich in diesem Verfahren ausschließlich gegen die im Angebot des Antragsgegners auf der Internethandelsplattform ... erteilte Information gemäß § 312c Abs. 1 S. 1 BGB, die vom Unternehmer vor der Abgabe der Vertragserklärung des Verbraucher gegeben werden muss. Bei dieser handelt es sich nach der Regelungssystematik des § 312c BGB nicht um die einzige Information des Verbrauchers. Vielmehr muss der Unternehmer € den Vorgaben der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie) folgend, die unter anderem mit § 312c Abs. 1 S. 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden ist € den Verbraucher nach Vertragsschluss noch einmal eine schriftliche Bestätigung der vorher erteilten Informationen übermitteln, die dann insbesondere einen Hinweis über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrecht enthalten muss (vgl. Art. 5 der Richtlinie). Im deutschen Recht ist dies in § 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB geregelt, wonach die in Art. 240 Nr. 3 EGBGB genannten Informationen in dem in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV bestimmten Umfang und der in § 1 Abs. 4 BGB-InfoV bestimmten Art und Weise in Textform mitzuteilen sind. Obwohl damit auch ohne die gemäß § 312c Abs. 1 S. 1 BGB vor Vertragsschluss geschuldete Information der Verbraucher in der Regel durch die nach Vertragsschluss in Textform geschuldete Bestätigung über seine Rechte informiert wird, bedeutet dies natürlich nicht, dass ein Unternehmer nicht unlauter handelt, wenn er den Verbraucher nicht nach § 312c Abs. 1 S. 1 BGB über dessen Widerrufsrecht informiert. Vielmehr beeinträchtigt er insbesondere die Belange der Verbraucher, die grundsätzlich ein Interesse haben, in der vom Gesetz vorgesehenen Weise über zu ihrem Schutz erlassene Vorschriften informiert zu werden. Dieses Interesse besteht jedoch im Hinblick auf das gemäß §§ 312d Abs. 1, 355 BGB eingeräumte Widerrufsrecht je nach Art der in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV vorgesehenen Information in unterschiedlicher Intensität. Unzweifelhaft besteht dieses Interesse hinsichtlich des Bestehens eines Widerrufsrechts überhaupt, da dies für den Verbraucher, der bei Geschäftsabschlüssen über ... vor Vertragsschluss keine Möglichkeit hat, die Sache in (unmittelbaren) Augenschein zu nehmen, von besonderer Bedeutung ist. Daher ist in der Regel die Bagatellschwelle des § 3 UWG überschritten, wenn der Verbraucher über ein ihm zustehendes Widerrufsrecht nicht oder nicht zutreffend belehrt wird (vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 232, 234;Köhlerin: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 25. Aufl., 2007, § 2, Rn. 79). Dagegen ist vor Vertragsschluss für den Verbraucher die Information darüber, dass er im zu diesem Zeitpunkt nur möglicherweise erfolgenden Kaufes einer Sache im hypothetischen Falle eines Widerrufs das Recht hat die Sache zurückzusenden, ohne hierbei das Risiko des zufälligen Untergangs oder Verschlechterung, etwa des Verlustes auf dem Postweg, zu tragen, für den Verbraucher von ungleich geringerer Bedeutung.

Bei der Gewichtung des vom Antragsgegner unterlassenen Hinweises zu berücksichtigen ist dabei auch, dass das weder die Fernabsatzrichtlinie noch die Richtlinie 2005/29/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken so weitgehende Informationspflichten vorsehen, wie dies in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV geschieht. Gemäß Art. 4 der Fernabsatzrichtlinie ist für die Unterrichtung des Verbrauchers vor Vertragsschluss lediglich eine Information über das Bestehen des Widerrufsrechts vorgesehen. Auch in Art. 7 Abs. 4 lit. e) der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, wird als irreführende Unterlassung nicht etwa das Fehlen jeder Information zum Widerrufsrecht angesehen, sondern im Falle einer Aufforderung zum Kauf zu Produkten, für die ein Rücktritt- oder Widerrufsrecht besteht, wird als wesentlich nur die Information über das Bestehen dieses Rechts angesehen (vgl. auchUllmannin: Ullmann, jurisPK-UWG, § 3 Rn. 41, wo für die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG ausdrücklich auf Art. 7 Abs. 4 lit. e) der Richtlinie hingewiesen wird). Im Diskussionsentwurf eines "Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)" vom 8. Mai 2007 ist zur Umsetzung des Art. 7 der Richtlinie daher als § 5 Abs. 4 UWG n.F. auch (nur) vorgesehen, dass es bei der Beurteilung, ob das Verschweigen eines Umstandes irreführend ist, insbesondere darauf ankommt, ob dieser Umstand nach der Verkehrsauffassung für die geschäftliche Entscheidung wesentlich und dazu geeignet ist, die Entscheidung zu beeinflussen, wobei zu berücksichtigen ist, ob das für die Wettbewerbsbeschränkung verwendete Kommunikationsmittel räumlichen oder zeitlichen Beschränkungen unterliegt und ob eine unterbliebene Angabe in einem solchen Fall anderweitig mitgeteilt wird.

Mit diesen Erwägungen ist das Fehlen einer Angabe zur Gefahrtragung bei Rücksendung einer Sache nach Ausübung des Widerrufsrechts vor Vertragsschluss nicht als geeignet anzusehen, den Wettbewerb mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. Ausreichend ist die nach Vertragsschluss erfolgende Belehrung, die vom Unternehmer in Textform und in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form geschuldet ist. Hiervon zu trennen ist die € gegebenenfalls zu bejahende € Frage, ob der der Antragsgegner nach Vertragschluss im Rahmen der gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB geschuldeten Informationen zu einem Hinweis auch auf § 357 Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet ist. Das Unterlassen einer solchen Information ist nicht Gegenstand des Antrages des Antragsstellers und damit auch nicht Gegenstand der Entscheidung der Kammer.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 S. 1 u. 2, 709 S. 2 ZPO.






LG Berlin:
Urteil v. 02.08.2007
Az: 96 O 138/07


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