Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 22. Oktober 1999
Aktenzeichen: 6 U 88/99
(OLG Köln: Urteil v. 22.10.1999, Az.: 6 U 88/99)
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.03.1999 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 209/98 - teilweise abgeändert und insge-samt wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32.360,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 27.11.1998 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden In-stanzen haben der Kläger 10 %, die Beklagte 90 % zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die mit diesem Urteil für die Beklagte verbundene Beschwer wird auf 32.000,00 DM, die des Klägers auf 3.099,82 DM festgesetzt.
Gründe
Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Während der klagende Verein mit seinem im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Vertragsstrafeanspruch in voller Höhe durchzudringen vermag, scheitert er mit der Berufung, soweit damit die für die vorprozessualen Abschlussschreiben aufgewandten anwaltlichen Kosten in einem über den durch das Landgericht zuerkannten Betrag hinausgehenden Umfang weiterverfolgt werden.
I.
Zu Unrecht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil dem Kläger den eingeklagten Vertragsstrafeanspruch versagt. Denn dem klagenden Verein steht ein solcher Anspruch nach dem auf der Grundlage der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten vom 06.03.1998 zustande gekommenen Unterlassungsvertrag sowohl dem Grunde nach als auch in der geltend gemachten Höhe von 32.000,00 DM zu.
1.
Die Klagebefugnis des Klägers kann dabei von vornherein keinem Zweifel unterliegen. Hinsichtlich der zur Zahlung verlangten Vertragsstrafe bedarf es dabei nicht des Rückgriffs auf die Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Da der Kläger diesen Zahlungsanspruch aus einer seinem Standpunkt nach zwischen den Parteien zustande gekommenen Vereinbarung herleitet, ergibt sich die Klagebefugnis unmittelbar aus seiner Stellung als Vertragspartei.
2.
Mit dem Kläger ist dabei auch davon auszugehen, dass zwischen den Parteien auf der Grundlage der Erklärung vom 06.03.1998 eine Unterlassungsvereinbarung zustande gekommen ist, nach welcher die Beklagte für jeden Fall des künftigen Zuwiderhandelns gegen die darin formulierte Unterlassungsverpflichtung die Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 8.000,00 DM versprochen hat.
Die Beklagte hat mit der vorstehenden Erklärung vom 06.03.1998, welche die zuvor gemeinsam mit der Abmahnung des Klägers übermittelte vorbereitete strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 26.02.1998 und dass darin liegende Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages (vgl. BGH WRP 1986, 680/682; Teplitzky, GRUR 1996, 696/697; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht 20. Aufl., Rdnr. 289 Einleitung UWG - jeweils m.w.N.) abänderte, ein neues Angebot auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrages gemäß dem Inhalt der - geänderten - Unterlassungserklärung unterbreitet (§ 150 Abs. 2 BGB). Dieses Angebot hat der Kläger auch angenommen. Zwar liegt keine derartige ausdrückliche Annahmeerklärung des klagenden Vereins vor. Eine solche war aber entbehrlich, weil im Streitfall dem Schweigen des Klägers auf das mit Schreiben der Beklagten vom 06.03.1998 unterbreitete Vertragsangebot ausnahmsweise die normative Wirkung einer Annahmeerklärung beizumessen ist. In aller Regel ist zwar das bloße Schweigen auf ein in der "abändernden Annahme" eines Vertragsangebots nach Maßgabe von § 150 Abs. 2 BGB liegendes neues Vertragsangebot nicht als dessen Annahme zu werten (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., Rdnr. 3 zu § 150 und Rdnr. 1 zu § 151 BGB m.w.N.). Die normative Wirkung der Annahme eines Vertragsangebotes kommt dem Schweigen jedoch ausnahmsweise dann zu, wenn der Empfänger des Angebots nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dazu verpflichtet gewesen wäre, seinen abweichenden Willen zu äußern (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O. und Rdnr. 3 zu § 148 BGB m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat in dem ihrer Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügten Begleitschreiben vom 06.03.1998 (Anlage K 11) ausgeführt, sie gehe davon aus, dass mit der geänderten Erklärung das vorangegangene Abmahnschreiben des Klägers "als erledigt angesehen werden könne" und für den Fall, dass dies nicht zutreffe, um Rückruf gebeten. Damit hat die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass aus ihrer Sicht die Wiederholungsgefahr betreffend das klägerseits angegriffene Wettbewerbsverhalten, soweit sie die Beanstandung akzeptiert, mit der vorbezeichneten strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung in Wegfall gebracht worden und ein künftiges Unterlassen dieses Verhaltens damit sichergestellt worden sei. Vor diesem Hintergrund traf den Kläger im Rahmen der durch die Verletzungshandlung und die Abmahnung begründeten rechtlichen Sonderbeziehung (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., 41. Kapitel Rdnr. 51 u. 53 m.w.N.) nach Treu und Glauben die Pflicht, die geänderte Unterlassungserklärung entweder zurückzuweisen oder in anderer Weise eindeutig zum Ausdruck zu bringen, dass ihm diese nicht ausreiche, um die Unterlassung des abgemahnten Wettbewerbsverhaltens künftig sicher zu stellen. War danach aber eine ausdrückliche Ablehnung geboten, wenn der Kläger die mit Schreiben vom 06.03.1998 übersandte Unterlassungserklärung mit diesem Inhalt nicht gelten lassen wollte, so kommt seinem Schweigen die Wirkung einer Annahme der Unterlassungserklärung zu mit der Folge, dass der Unterlassungsvertrag mit dem durch eben diese Erklärung der Beklagten bestimmten Inhalt zustande gekommen ist. Bei alledem ist weiter auch davon auszugehen, dass die Beklagte auf den Zugang einer Annahmeerklärung des Klägers verzichtet hat (§ 151 S. 1, 2. Alternative BGB). Soweit die Beklagte einen solchen Verzicht in Abrede stellen will, überzeugt das nicht. Denn nach den vorstehenden Äußerungen in ihrem Schreiben vom 06.03.1998, die aus der Sicht des Klägers als Adressaten nur so verstanden werden können, dass eine Rückäußerung lediglich für den Fall der fehlenden Akzeptanz der mitübersandten Unterlassungsverpflichtungserklärung erwartet wird, stellt sich die ausdrückliche Erklärung der Annahme des mit dieser Erklärung unterbreiteten Angebots ihr - der Beklagten - gegenüber als überflüssig dar, wenn der Kläger die Unterwerfung für ausreichend hält und diese akzeptieren will. Wird danach aber schon eine ausdrückliche Annahme für entbehrlich gehalten, so gilt das erst Recht für den Zugang einer solchen - ohnehin als überflüssig erachteten - Annahmeerklärung.
3.
Die Beklagte hat dem folglich auf der Grundlage ihrer Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 06.03.1998 zustandegekommenen Unterlassungsvertrag mit der Versendung der Mailings im April 1998, September 1998, Oktober 1998 und November 1998 auch zuwidergehandelt. Die erwähnten Werbeschreiben werden sämtlich von der in dem Vertrag begründeten Unterlassungsverpflichtung der Beklagten erfasst, so dass letztere die für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eben diese vertragliche Unterlassungspflicht versprochene Vertragsstrafe in insgesamt vier Fällen verwirkt hat.
Dem steht es von vornherein nicht entgegen, dass die vorbezeichneten Werbeaussendungen hinsichtlich der konkreten Art, wie mit Blick auf "Neuheiten" Preise unter Gegenüberstellung eines höheren durchgestrichenen Betrages mit einen niedrigeren "gültigen" Betrag angekündigt werden, von derjenigen Werbung abweichen, die Anlass und Gegenstand der Abmahnung der Klägerin und der sich darauf beziehenden Unterlassungserklärung der Beklagten war.
Der Umstand, dass sich ein Unterlassungsvertrag auf eine bestimmte Werbung bezieht, muss nicht zugleich bedeuten, dass sich die vertragliche Unterlassungspflicht auf die identische Wiederholung eben dieser Werbung bezieht. Inhalt und Reichweite einer vertraglich übernommenen Unterlassungsverpflichtung sind vielmehr im Einzelfall nach den allgemein für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen zu ermitteln (vgl. für viele: BGH WRP 1993, 240 - "Fortsetzungszusammenhang" - m.w.N.). Maßgeblich ist danach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind. Da der Zweck eines Unterlassungsvertrages regelmäßig darin liegt, die mit der Vornahme einer Verletzungshandlung indizierte Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafegesicherte Unterlassungsverpflichtung auszuräumen, um die Einleitung oder Fortsetzung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen, die Vermutung der Wiederholungsgefahr allerdings nicht allein die identische Verletzungsform, sondern alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen umfasst, spricht danach erfahrungsgemäß alles dafür, dass die Vertragsparteien durch den Unterlassungsvertrag auch solche Verhaltensweisen erfassen wollen, die der Verletzungshandlung im Kern bzw. im Charakteristischen gleichkommen (vgl. BGH WRP 1997, 1067/1069 - "Sekundenschnell" - m.w.N.). Zwar ist die letztgenannte Erwägung nicht in allen Fällen zwingend. Vielmehr können die bei der inhaltlichen Ausgestaltung ihres Unterlassungsvertrages freien Parteien die Unterlassungsverpflichtung auch bewusst auf die bezeichnete Verletzungsform und ihre (nahezu) identische Wiederholung beschränken. Im Streitfall bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte für eine derartige, die Reichweite der Unterlassungsverpflichtung auf identische Wiederholungen einengende Begrenzung. Denn der Kläger hat in seiner Abmahnung vom 26.02.1998 ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung der Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung dienen solle. Wenn die Beklagte daraufhin eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, so bezweckte diese ungeachtet ihres gegenüber der klägerseits vorformulierten Fassung geänderten Wortlauts eindeutig die Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens. Nach diesem, mit dem Abschluss der Unterlassungsvereinbarung verfolgten Zweck spricht aber nach den obigen Ausführungen alles dafür, dass die Parteien in die Unterlassungsvereinbarung die Fälle einbeziehen wollten, die auch im Rahmen einer gerichtlichen Prüfung von der Vermutung der Wiederholungsgefahr erfasst werden, mithin alle im Kern gleichen Verletzungsformen. Hinzu kommt, dass weder die Abmahnung, noch die Unterlassungsverpflichtungserklärung Bezug auf eine bestimmte konkrete Aussageform der zum Anlass der wettbewerblichen Beanstandung bzw. der Unterwerfung genommenen Werbebroschüre nehmen. Vielmehr wird unabhängig von einer bestimmten konkreten Form der werblichen Präsentation der Preisstellung diese bereits deshalb für unzulässig gehalten und zu Unterlassung zugesagt, weil - sinngemäß - den im Hinblick auf "Neuheiten der Créateurs" aufgeführten "Einführungspreisen" und/oder Gegenüberstellungen eines niedrigeren "Einführungspreise" mit einem höheren Preis der Hinweis auf die zeitliche Begrenzung ermangele, wie lange die Werbeadressaten in den Genuss des niedrigeren "Einführpreises" kommen können. Auch dieser, sich von einer bestimmten werblichen Aussageform lösende Wortlaut der Abmahnung sowie der Unterlassungsverpflichtungserklärung spricht dagegen, dass die Parteien die Reichweite der vertraglichen Unterlassungsverpflichtung auf die identische Wiederholung der Verletzungshandlung beschränken wollten.
Die folgliche "kerngleiche" bzw. der Verletzungshandlung in ihrem Charakteristischen entsprechende Verhaltensweisen umfassende vertragliche Unterlassungspflicht ist weiter auch nicht etwa auf die ausdrückliche Auslobung von Einführungspreisen beschränkt. In der den Anlass für den streitgegenständlichen Unterlassungsvertrag bildenden Werbebroschüre "alle Neuheiten der Créateurs - 20 %" ist an keiner Stelle von "Einführungspreisen" die Rede. Der Umstand, dass es sich bei den im Inneren der Broschüre unter Gegenüberstellung eines höheren Streichpreises angegebenen niedrigeren Preisen um "Einführungspreise" handeln soll, kann - wenn überhaupt - nur dem Umstand entnommen werden, dass sich dort die auf der Titelseite mit Bezug gerade auf "Neuheiten der Créateurs" ausgelobte Preisvergünstigung von "- 20 %" wiederfindet. Der Terminus "Einführungspreis" wurde erstmals in der Abmahnung des Klägers mit Blick auf die dort erwähnte Entscheidung - "Späterer Preis" - des Bundesgerichtshofs (WRP 1985, 96) verwendet, den die Beklagte sodann in ihrem Schreiben vom 06.03.1998 aufgegriffen und übernommen hat. Diese Umstände würdigend bezieht sich die beklagtenseits akzeptiere Unterlassungspflicht ihren Inhalt und ihrer Reichweite nach auf solche Preisstellungen, mit denen durch den Hinweis auf die Neuheit eines Produktes und die damit in Verbindung stehende Angabe eines herabgesetzten Preises lediglich der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei der Preisherabsetzung um eine der Einführung des Produkts dienende Maßnahme, mithin bei dem niedrigeren Preis um den "Einführungspreis" handelt.
Der solcher Art zu interpretierenden vertraglichen Unterlassungsverpflichtung hat die Beklagte mit sämtlichen eingangs erwähnten Mailings zuwidergehandelt.
a)
War das im April 1998 ausgesandte Werbematerial "ein Vorgeschmack auf den Sommer ..." gemäß Anlagenkonvolut K 3 angeht, so handelt es sich auch hier bei den mit Blick auf die Neuheit einiger der in dem Prospekt vorgestellten Produkte herabgesetzten Preise gerade um "Einführungspreise". Unter anderem auf den Seite 2 ("Die neue Makeup-Kollektion"), 6 ("Neue Quellen für Sanftheit und Glanz ...") und 8 ("Es gibt neues unter der Sonne ...") werden Preisherabsetzungen durch Gegenüberstellung eines höheren - durchgestrichenen - Preises und eines niedrigeren Preises angekündigt, die zudem - auf den Seiten 2, 4 und 8 - um den hervorgehobenen Hinweis "bis zu 30 % auf diese Angebote" bzw. "- 40 % auf dieser Seite" ergänzt sind. Die vorbezeichneten Preisherabsetzungen sind nach der konkreten werblichen Ankündigung, dass es sich bei den beworbenen mit den herabgesetzten Preisen ausgezeichneten Waren um "neue" handelt, dahin zu verstehen, dass gerade die Neuheit der Produkte den Anlass für die Preisherabsetzung darstellt. Soll aber gerade die Neuheit der Produkte die in Aussicht gestellte Preisvergünstigung rechtfertigen, so ist dies zwanglos dahin zu verstehen, dass der niedrigere Preis die Einführung des neuen Produktes erleichtern und fördern soll, es sich dabei also um den sogenannten "Einführungspreis" handelt. Soweit die Beklagte mit dem Landgericht demgegenüber einwendet, das nicht jedes neue Produkt sich noch in der Einführungsphase befinde, und dass nicht jede in Bezug auf ein neues Produkt bzw. dessen Neuheit angekündigte Preisvergünstigung automatisch als "Einführungspreis" zu werten sei, mag das zwar in dieser abstrakten Form zutreffen. Im hier zu beurteilenden konkreten Fall gilt jedoch etwas anderes. Denn ein anderer Anlass, der - außer gerade die Einführung der als neu angekündigten Produkte - eine Preisherabsetzung rechtfertigen könnte, lässt sich der vorliegend zu beurteilenden Werbeaussage der Beklagten nicht entnehmen. Gerade der saisonale Anlass ("Ein Vorgeschmack auf den Sommer ..."), vor dessen Hintergrund die Preisherabsetzungen angekündigt werden, spricht vielmehr maßgeblich dafür, dass es sich bei den als "neu" vorgestellten Produkten um solche handelt, die nicht schon eine bestimmte - gleichwohl noch den Neuheitsbegriff erfüllende - Zeitspanne auf dem Markt sind, sondern dass diese sich noch in der Einführungsphase befinden. Dieses Verständnis wird indiziell bestätigt durch den eigenen Hinweis der Beklagten "Alle Einführungspreise gültig bis ..." auf dem Titelblatt der den Begriff "Einführungspreis" im übrigen an keiner Stelle verwendenden Werbebroschüre. Dieser Hinweis belegt vor dem dargestellten Hintergrund, dass die Beklagte selbst davon ausgegangen ist, dass es sich bei den herabgesetzten Preisen der als neu angekündigten Produkte gerade um "Einführungspreise" handelt und nicht etwa um solche, die wegen der Neuheit der Produkte im übrigen gewährt werden sollen. Hinzu kommt schließlich auch, dass die Beklagte bei einer vergleichbaren Fallkonstellation in der den Anlass der Abmahnung und Unterlassungsverpflichtungserklärung bildenden Werbung davon ausgegangen ist, dass sich die für die "Neuheiten der Créateurs" angekündigten niedrigeren Preise gerade als "Einführungspreise" verstehen, wobei es - wie die Beklagte selbst ausgeführt hat - "jedem Verbraucher klar" sei, "dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis nicht um den Altpreis handele, sondern um den später geltenden Preis". Auch bei der hier zu beurteilenden Werbebroschüre stellt sich - wenn es sich bei den angegebenen niedrigeren Preisen nicht um "Einführungspreise" handeln soll - daher die Frage, welche Funktion der angegebene höhere Preis haben soll. Denn den Ausführungen der Beklagten zufolge soll es "klar" sein, dass es nicht der "Altpreis", sondern der erst künftig zu fordernde reguläre Preis ist. Welche anderen Funktion als der Einführung des neuen Produkts die Preisherabsetzung in dessen zu dienen bestimmt sein soll, hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht. Vor allem im Hinblick darauf, dass die Neuheit eines kosmetischen Produkts gerade in der Phase der Markteinführung und dem damit verbundenen Anreiz einer Erprobung für einen nicht unbeachtlichen Teil der angesprochenen Verbraucher(innen) dessen Attraktivität erhöht, ist eine Preisherabsetzung allein und nur aus Anlass der "Neuheit" nicht ohne weiteres nachvollziehbar, sondern nur dann erklärlich, wenn eine ganz bestimmte, mit der Neuheit eines Produktes verbundene Situation, nämlich konkret die Einführung des Erzeugnisses und damit dessen Plazierung auf dem Markt gefördert werden soll.
Nach alledem wird die Werbesendung "Ein Vorgeschmack auf den Sommer" bzw. die darin vorgenommene Preisstellung nicht nur vom Anwendungsbereich der vertraglichen Unterlassungspflicht erfasst, sondern die Beklagte hat dieser damit auch zuwidergehandelt. Dem steht der bereits erwähnte Hinweis auf der Titelseite der Broschüre "alle Einführungspreise gültig bis 07.05.1998" nicht entgegen. Denn dieser Hinweis ist seiner drucktechnischen Gestaltung und Plazierung nach derart unauffällig auf der den Blick des Betrachters auf farbige Bild- und Schriftelemente lenkenden Gestaltung der Titelseite angebracht, dass ein mehr als nur unerheblicher Teil der Werbeadressaten ihn schlicht übersehen wird.
b)
Die vorstehenden Ausführungen zugrunde gelegt, hat die Beklagte ferner auch mit dem Werbemailing gemäß Anlage K 4 ("Ideen, Tips und Trends ...") der vertraglichen Unterlassungspflicht zuwidergehandelt, in dem Preisherabsetzungen ebenfalls ausdrücklich unter Hinweis auf "Herbst '98 NEUHEIT" (Seite 2, 6, 16 usw.) bzw. "NEUHEIT" (Seite 15 usw.). angekündigt sind.
c)
Mit der Versendung des Werbemailings gemäß Anlage K 5 ("festliche Angebote ...") hat die Beklagte der vertraglichen Unterlassungspflicht ebenfalls zuwidergehandelt, weil auch hier mit dem ausdrücklichen Hinweis auf "NEUHEITEN" mit Preisherabsetzungen durch Gegenüberstellung eines niedrigeren mit einem höheren - durchgestrichenen - Preis geworben wird. Auch dies wird ein nicht unerheblicher Teil der von der Werbeaussendung angesprochenen Verbraucher(innen) dahin verstehen, dass die mit Bezug auf die "NEUHEIT" der beworbenen Produkte vorgenommene Preisherabsetzung gerade der Markteinführung der Erzeugnisse dienen soll, es sich mithin bei den niedrigeren Preisen um "Einführungspreise" und bei den durchgestrichenen Preisen um die sodann - später - zu fordernden regulären Preise handele. Soweit die Beklagte demgegenüber mit Blick auf den auf Seite 3 der Werbebroschüre enthaltenen Hinweis "Einführungsangebot gültig bis 31.10.1998" einwendet, hieraus folge, dass es sich bei den hier in Rede stehenden Preisgegenüberstellungen nicht (sämtlich) um Einführungspreise handele, rechtfertigt das keine abweichende Beurteilung. Denn unabhängig davon, dass auch der genannte Hinweis nur bei außerordentlich aufmerksamen Lesen auffällt, folgt aus seiner Angabe nur bei zwei mit "NEUHEIT" gekennzeichneten Produkten nicht ohne weiteres, dass es sich bei den anderen herabgesetzten Preisen für "Neuheiten" nicht um Einführungspreise der neuen Produkte handele.
d)
Nach den obigen Ausführungen hat die Beklagte schließlich auch mit der Werbeaussendung gemäß Anlage K 6 ("Geschenkideen für ihre Schönheit") gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen, weil hier ebenfalls gerade wieder unter Hinweis auf "NEUHEIT" bzw. "Herbst '98 NEUHEIT" herabgesetzte Preise angekündigt werden, ohne dass ein Zeitpunkt genannt ist, ab wann die höheren - regulären - Preise gefordert werden.
Hat die Beklagte nach alledem mit den vorbezeichneten 4 Werbeaussendungen der vertraglichen Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt, so erweist sich die klägerseits geltend gemachte Vertragsstrafe von jeweils 8.000,00 DM - zusammen 32.000,00 DM - als berechtigt und ist die Klage daher insoweit begründet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt dabei auch die Festsetzung einer niedrigeren - einheitlichen - Vertragsstrafe unter dem Gesichtspunkte des Fortsetzungszusammenhangs nicht in Betracht. Allein die - wie das vorliegend nach dem Wortlaut der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten der Fall ist - Vereinbarung einer Vertragsstrafe für "jeden Fall der Zuwiderhandlung" schließt zwar für sich genommen eine Zusammenfassung gleichartiger Einzelhandlungen zu einer einheitlichen Zuwiderhandlung nach den Grundsätzen des zivilrechtlichen Fortsetzungszusammenhangs nicht aus (vgl. BGH WRP 1993, 240/243 - "Fortsetzungszusammenhang" -; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einleitung UWG Rdnr. 290 und Rdnr. 375 m.w.N.). Ungeachtet der Frage, inwiefern - nachdem für den strafrechtlichen Bereich das Rechtsinstitut des Fortsetzungszusammenhangs weitgehend preisgegeben worden ist (vgl. BGHST 40, 138 = NJW 1994 1663) - der Begriff des Fortsetzungszusammenhangs im Zivilsenat, wo er einen eigenen, vom Strafrecht losgelösten Bedeutungsgehalt gewonnen hat, weiterhin unverändert Geltung beanspruchen kann (dafür: OLG Frankfurt am Main WRP 1995, 647/648; dagegen wohl: Teplitzky, a.a.O., 20. Kapitel Rdnr. 17 und 58. Kapitel Rdnr. 35), besteht jedenfalls im Streitfall kein Anlass, die oben genannten 4 Zuwiderhandlungen gegen das vertragliche Unterlassungsgebot nach den Grundsätzen des zivilrechtlichen Fortsetzungszusammenhangs zu einer Handlungseinheit zusammenzufassen. Dem widersprechen nicht nur die jeweils unterschiedlichen Gestaltungen der hier fraglichen Werbeaussendungen sowie der zeitliche Abstand, in dem diese ausgesandt wurden, sondern maßgeblich auch der Umstand, dass die in Rede stehenden Mailings nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (Schriftsatz vom 02.09.1999 - dort Seite 5 = Bl. 181 d.A.) jeweils einer eigenständigen Prüfung durch die konzerninterne Rechtsabteilung unterworfen wurden. Die streitbefangenen Werbeaussendungen und die damit jeweils bewirkten Zuwiderhandlungen gegen die vertragliche Unterlassungsverpflichtung stellen sich damit als selbständige Handlungen dar, die unabhängig voneinander mit der vertraglichen Unterlassungspflicht kollidieren und deren Zusammenziehen zu einer Handlungseinheit sich daher verbietet.
II.
Ohne Erfolg macht der Kläger allerdings die für die beiden anwaltlichen Abschlussschreiben ersetzt verlangten weitergehenden Anwaltskosten geltend. Zu Recht hat vielmehr das Landgericht in dem angefochtenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug genommen wird, (§ 543 Abs. 1 ZPO) dem Kläger einen derartigen Ersatzanspruch aberkannt. Dem Kläger steht zwar dem Grunde nach ein materieller Kostenerstattungsanspruch, gerichtet auf den Ersatz der für die Abschlussschreiben aufgewandten Kosten, unter dem Gesichtspunkte der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 670, 683 BGB zu. Der Höhe nach ist dieser Anspruch jedoch auf alle diejenigen Aufwendungen beschränkt, die er nach verständigem Ermessen aufgrund sorgfältiger Prüfung der Umstände des Falls für notwendig halten durfte. Soweit sich der Kläger im Streitfall anwaltlicher Hilfe für das Abfassen und die Versendung der in Rede stehenden beiden Abschlussschreiben bedient hat, erweist sich dies nicht als erforderlich. Nicht notwendig sind Kosten, die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstanden sind, wenn dem Gläubiger zugemutet werden kann, das Abschlussschreiben ohne anwaltliche Hilfe zu formulieren. Ebenso wie dies für den insoweit ähnlich gelagerten Fall der vorprozessualen Abmahnung Geltung beansprucht (vgl. BGH GRUR 1984, 691/692 - "Anwaltsabmahnung" -), ist den gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugten und anspruchsberechtigten Wettbewerbsvereinen abzuverlangen, dass sie in durchschnittlich schwierig gelagerten, standardisierten Textformulierungen zugänglichen Fallkonstellationen zunächst selbst ein Abschlussschreiben verfassen, bevor sie sich - bleibt dies erfolglos - gegebenenfalls anwaltlicher Hilfe bedienen. Sinn eines Abschlussschreibens ist es, dem Gläubiger in einer angemessenen Zeitspanne Klarheit über die Erforderlichkeit einer Hauptsacheklage zu verschaffen und außerdem dem Schuldner die Gelegenheit zu eröffnen, innerhalb einer durch das Schreiben gesicherten Zeitspanne den Rechtsstreit durch Abgabe einer Abschlusserklärung ohne weiteren Prozess zu Ende zu bringen. Dieser Zweck gebietet es nicht, die vom Schuldner verlangte Abschlusserklärung vorzuformulieren. Die Formulierung und Abgabe einer hinreichenden Abschlusserklärung, die den Gläubiger letztlich so stellt, als hätte er einen Titel im Hauptsacheverfahren erwirkt, ist vielmehr Sache des Schuldners selbst. Etwaige, vom Gläubiger im Abschlussschreiben vorformulierte Erklärungen haben vor diesem Hintergrund lediglich den Rang von Anregungen, was dafür spricht, inhaltliche Mängel oder sogar unrichtig vorformulierte Abschlusserklärungen nicht auf die Wirksamkeit und Beachtlichkeit eines Abschlussschreibens durchschlagen zu lassen. Denn die Warnung, dass nach Ablauf der gesetzten Frist eine Hauptsacheklage droht, wird dem Schuldner auch durch ein zu weit gehendes oder sogar unrichtiges Verlangen des Gläubigers vermittelt (vgl. Teplitzky, a.a.O., 43. Kapitel Rdnr. 19). Vor diesem Hintergrund ist es aber einem nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigten bzw. klagebefugten Wettbewerbsverein in aller Regel zumutbar, das Abschlussschreiben zunächst selbst abzufassen, was jedenfalls dann gilt, wenn er ein begründetes streitiges Verfügungsurteil erstritten hat, welches der materiellen Berechtigung seines Verlangens, die Auseinandersetzung ohne Hauptsacheverfahren einer endgültigen Regelung zuzuführen, auch ohne die fachliche Autorität anwaltlicher Formulierung Gewicht verleiht (anderer Ansicht: Hanseatisches OLG Hamburg WRP 1982, 477; LG Köln, GRUR 1987, 655). Das mag in den Fällen abweichend zu beurteilen sein, in denen unabhängig von dem gegebenenfalls nach Widerspruch des Schuldners erstrittenen Verfügungsurteil oder erst danach besondere Rechtsprobleme aufweisende Sachverhaltskonstellationen auftreten, deren Prüfung und Beurteilung anwaltliche Sachkenntnis erforderlich macht. Eine solche Situation liegt im Streitfall jedoch nicht vor. Das gilt auch mit Blick auf die vom klagenden Verein vorgebrachte Notwendigkeit der Überprüfung der materiellen Verjährungsfrist. Denn dass diese im Streitfall besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der klagende Wettbewerbsverein, der den für das Ingangsetzen der Verjährungsfrist maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnisnahme der hier in Rede stehenden Zuwiderhandlungen gegen das vertragliche Unterlassungsgebot ohne weiteres selbst festlegen kann, die materielle Verjährungsfrist aus eigener Sachkunde zu ermitteln in der Lage ist. Lässt sich im Streitfall daher keine, die Heranziehung anwaltlicher Hilfe im Zusammenhang mit der Abfassung der Abschlussschreiben gebietende Situation feststellen, erweist sich die Beauftragung der Rechtsanwälte bei objektiver Betrachtung nicht als erforderlich und kann die Klägerin die insoweit entstandenen Kosten nicht von der Beklagten ersetzt verlangen.
III.
Soweit sich die Klageforderung nach alledem als berechtigt erweist, stehen der Klägerin die ferner geltend gemachten Zinsen gem. § 284 Abs. 1, 285, 286 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzugs seit der mit Zustellung der Klage herbeigeführten Rechtshängigkeit zu.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die gem. § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des jeweiligen Unterliegens der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 22.10.1999
Az: 6 U 88/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/d4564b61ba21/OLG-Koeln_Urteil_vom_22-Oktober-1999_Az_6-U-88-99