Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 341/03
(BPatG: Beschluss v. 22.11.2006, Az.: 7 W (pat) 341/03)
Tenor
Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Gegen das Patent 100 46 315 mit der Bezeichnung "Hochdruckpumpe für ein Speichereinspritzsystem sowie Speichereinspritzsystem", dessen Erteilung am 14. November 2002 veröffentlicht wurde, ist am 14. Februar 2003 per Telefax ein Einspruch eingegangen. Das Telefax umfasst 11 Seiten, nämlich 3 Seiten eines Einspruchsschriftsatzes mit den Seitennummern 1, 4 und 5 sowie 8 Seiten Anlage (Bosch, Dieselmotor-Management, 2. Aufl., S. 1, 2 und 266 bis 271). Zum Stand der Technik sind auf der Seite 1 des Einspruchsschriftsatzes folgende Druckschriften genannt:
1. DE 198 02 476 A1, 2. DE 197 26 572 A1, 3. EP 10 13 921 A2, 4. US 4 258 674, 5. Dieselmotor-Management, Vieweg Verlag 1998, Seiten 266 bis 271, 6. EP 0 990 792 A2.
Die Druckschriften 1 bis 3 waren bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogen worden.
Auf den Seiten 4 und 5 des Einspruchsschriftsatzes wird zu den Ansprüchen 7 bis 20 des angefochtenen Patents Stellung genommen und ausgeführt, dass die Gegenstände dieser Ansprüche nicht neu seien bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Im letzten Absatz auf Seite 5 wird die Auffassung vertreten, dass die Merkmale sämtlicher Ansprüche durch die genannten Dokumente bekannt seien bzw. sich in naheliegender Weise ergäben.
Die Einsprechende hat beantragt (Einspruchsschriftsatz S. 1), das Patent in vollem Umfang aus den Gründen des § 21 PatG zu widerrufen.
Die Patentinhaberin, der ein Doppel der vollständigen Urschrift des Einspruchsschriftsatzes zugestellt wurde, hat der Auffassung der Einsprechenden zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des angefochtenen Patents widersprochen.
In einer Zwischenverfügung des Senats vom 12. April 2005 ist den Beteiligten mitgeteilt worden, dass der am letzten Tag der Einspruchsfrist per Telefax eingegangene Schriftsatz unvollständig war und dass deshalb Bedenken gegen die Zulässigkeit des Einspruchs bestünden.
Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 20. Mai 2005 eine Kopie des Sendeberichts über die Versendung des Telefaxes, mit dem der Einspruch eingelegt wurde, vorgelegt und darauf hingewiesen, dass gemäß diesem Sendebericht 11 Seiten ohne Störungen versandt worden seien. Sie könne daher nicht nachvollziehen, warum die Seiten 2 und 3 des Einspruchsschriftsatzes gefehlt haben sollten. Sie hat weiter die Auffassung vertreten, dass auch aus den Angaben auf Seite 4 des Einspruchschriftsatzes, erster Absatz in Verbindung mit drittem Absatz, hergeleitet werden könne, dass beim Dokument (4) der Deckel der Hochdruckpumpe 20 mit dem Adapter des Anspruchs 1 des Streitpatents gleichzusetzen sei, der die beiden Hochdruckanschlüsse 80 aufweise. Somit sei der Seite 4 des Einspruchsschriftsatzes bei verständiger Würdigung der dort gemachten Angaben zu entnehmen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber dem Dokument (4) nicht patentfähig sei, so dass ein substantiierter Tatsachenvortrag vorhanden sei.
In einer weiteren Zwischenverfügung des Senats sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass in Übereinstimmung mit dem von der Einsprechenden vorgelegten Sendeprotokoll tatsächlich 11 Seiten beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen seien, nämlich 3 Seiten Einspruchsschriftsatz und 8 Seiten Anlage. Daher sei nach wie vor davon auszugehen, dass die Seiten 2 und 3 der Einspruchsbegründung nicht innerhalb der Einspruchsfrist beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen seien. Da diese Seiten sämtliche Ausführungen zu den nebengeordneten Ansprüchen 1 und 15 des angefochtenen Patents enthielten, sei der Einspruch als nicht begründet anzusehen.
Nach Erhalt dieser Zwischenverfügung hat die Einsprechende ihren Antrag, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzusetzen, zurückgenommen und statt dessen Entscheidung im schriftlichen Verfahren beantragt. Der bereits angesetzte Termin für eine mündliche Verhandlung ist daraufhin von Amts wegen aufgehoben worden.
Die Patentansprüche 1, 7, 9 und 15 lauten:
"1. Hochdruckpumpe für ein Speichereinspritzsystem, welche mehrere Fördereinheiten aufweist, wobei die Hochdruckpumpe mindestens zwei Hochdruckanschlüsse aufweist, welche jeweils direkt mit einem Speicherrail verbindbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Hochdruckpumpe einen Adapter aufweist, an welchem die Hochdruckanschlüsse angeordnet sind.
7. Hochdruckpumpe nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Hochdruckanschlüsse an einer Seite des Adapters angeordnet sind.
9. Hochdruckpumpe nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl der Hochdruckanschlüsse der Anzahl von Speicherrails in dem Speichereinspritzsystem entspricht.
15. Speichereinspritzsystem mit einer Hochdruckpumpe nach einem der vorhergehenden Ansprüche."
Laut Beschreibung [0006] soll die Aufgabe gelöst werden, eine Hochdruckpumpe bzw. ein Speichereinspritzsystem bereitzustellen, welche einen einfacheren Aufbau und eine einfachere und kostengünstigere Herstellbarkeit aufweisen.
Zum Wortlaut der übrigen Patentansprüche, bei denen es sich um rückbezogene Unteransprüche handelt, und für weitere Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Der Einspruch ist durch das Patentgesetz § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 in der Fassung des Kostenbereinigungsgesetzes Art. 7 Nr. 37 vom 13. Dezember 2001, geändert durch das Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Vorschriften des gewerblichen Rechtsschutzes Art. 1 Nr. 2 vom 9. Dezember 2004 dem Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zur Entscheidung zugewiesen.
2. Der Einspruch ist unzulässig, da innerhalb der Einspruchsfrist die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen Umstände nicht so dargelegt worden sind, dass das Gericht und die Patentinhaberin daraus ohne eigene Ermittlungen abschließende Folgerungen für das Vorlegen oder Nichtvorlegen des Widerrufsgrundes ziehen konnten.
Aus den rechtzeitig eingegangenen Teilen der Anspruchsbegründung ergibt sich, dass trotz des undifferenziert auf die Widerrufsgründe nach Patentgesetz § 21 abgestellten Antrags der Einsprechenden lediglich der Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit des Patentgegenstandes gemäß Patentgesetz § 21 Absatz 1 Nr. 1 geltend gemacht wird.
Aus den fristgerecht beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Seiten 1, 4 und 5 des Einspruchsschriftsatzes geht nicht hervor, ob es sich bei den auf Seite 1 genannten Druckschriften um eine abschließende Aufzählung handelt, oder ob auf der fehlenden Seite 2 weitere Druckschriften genannt sind. Daher ist unklar, ob sich der erste Absatz auf Seite 4 überhaupt auf eine der auf Seite 1 genannten Druckschriften bezieht. Selbst wenn aber in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Einsprechenden im Schriftsatz vom 20. Mai 2005 unterstellt wird, dass der Absatz 1 ebenso wie der Absatz 3 auf Seite 4 der Einspruchsbegründung Bezug auf die Entgegenhaltung 4 (US-PS 4 258 674) nimmt, ist auf der Seite 4 nicht ausreichend dargelegt, inwiefern der Fachmann die in dem Anspruch 7 und in dem in Anspruch 7 in Bezug genommenen Anspruch 1 angegebenen Merkmale aus der Entgegenhaltung 4 entnehmen kann. Hinsichtlich des Adapters ist nämlich auf der Seite 4 nur ausgeführt, dass der Deckel der Hochdruckpumpe 20 den Adapter bilde. Aus der Entgegenhaltung 4 ist aber ohne Weiteres kein Deckel der Hochdruckpumpe ersichtlich, der einen Adapter bilden könnte. Die Hochdruckpumpe bzw. eines ihrer Elemente, sind schematisch in den Figuren 1 und 4 dargestellt. Aus keiner dieser Abbildungen und auch nicht aus der Beschreibung ist ein Deckel entnehmbar. Diesbezüglich fehlt in den rechtzeitig eingegangenen Teilen der Einspruchsbegründung jeder Vortrag dazu, dass und wo die Entgegenhaltung 4 einen Deckel einer Hochdruckeinspritzpumpe offenbart, der als Adapter aufgefasst werden könnte. Bei ausschließlicher Kenntnis der Seiten 1, 4 und 5 der Einspruchsbegründung müssen diese Ausführungen auf den fehlenden Seiten 2 und 3 vermutet werden. Im Übrigen fehlen auf den Seiten 1, 4 und 5 auch Ausführungen dazu, dass die Entgegenhaltung 4 die im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 des angefochtenen Patents angegebenen Merkmale, insbesondere mehrerer Fördereinheiten, aufweist.
Da die Merkmale des Patentanspruchs 1 durch die Rückbeziehung jeweils auch in den auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 14 enthalten sind, gilt das Vorstehende auch im Hinblick auf den Angriff gegen die Patentansprüche 7 und 9, die in den von der Einsprechenden in ihrem Schriftsatz vom 20. Mai 2005 besonders herausgestellten Absätzen 1 und 3 angesprochen sind.
Der Anspruch 15 und die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 16 bis 20 des angefochtenen Patents haben ein Speichereinspritzsystem mit einer Hochdruckpumpe nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 16 zum Gegenstand. Ausführungen zum Anspruch 15 und seiner Patentfähigkeit fehlen in den rechtzeitig eingegangenen Teilen der Einspruchsbegründung. Die sich auf die Ansprüche 16 bis 20 beziehenden Ausführungen auf der Seite 5 der Einspruchsbegründung beschäftigen sich offensichtlich lediglich mit denjenigen Merkmalen, die in den kennzeichnenden Teilen dieser Ansprüche stehen. Durch die Bezugnahme auf die Hochdruckpumpe nach einem der vorhergehenden Ansprüche im Anspruch 15 weist das dort spezifizierte Speichereinspritzsystem eine Hochdruckpumpe auf, die zumindest die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist. Ein Angriff gegen die Patentfähigkeit dieses Speichereinspritzsystems ist daher unvollständig, wenn er nicht auf diese Hochdruckpumpe eingeht.
Die Berücksichtigung der übrigen auf Seite 1 des Einspruchsschriftsatzes angegebenen Entgegenhaltungen ergibt kein anderes Bild. Solches hat die Einsprechende auch nicht vorgetragen.
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
BPatG:
Beschluss v. 22.11.2006
Az: 7 W (pat) 341/03
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