Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Mai 2011
Aktenzeichen: 33 W (pat) 5/10

(BPatG: Beschluss v. 17.05.2011, Az.: 33 W (pat) 5/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 152

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentund Markenamt ist am 17. Juli 2007 die Wortmarke Doktor Autoglasfür die Dienstleistungen der Klasse 37 "Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen" angemeldet worden.

Durch Beschluss vom 2. April 2008 hat die Markenstelle für Klasse 37 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG mangels sachlicher Stellungnahme des Anmelders unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 12. November 2007 zurückgewiesen. Darin ist ausgeführt, dass dem Begriff "Doktor" auch die Bedeutung eines Reparaturhandwerkers zukomme, der sich aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten in seinem Handwerk besonders auszeichne, was eine berufliche Höherbewertung zum Ausdruck bringe. Demzufolge beschreibe das angemeldete Zeichen schlagwortartig in umgangssprachlicher und werbeüblicher Weise die Art und den Gegenstand der gekennzeichneten Dienstleistungen. Es bringe zum Ausdruck, dass diese von einem ausgezeichneten Fachmann auf seinem Gebiet erbracht würden.

Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde mit Beschluss vom 9. Oktober 2008 unter Bezugnahme auf das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Ergänzend ist darin ausgeführt, dass die Bezeichnung "Doktor" häufig in fachfremden Sachzusammenhängen eingesetzt werde, um in einprägsamer und werbewirksamer Weise auf einen Fachmann hinzuweisen, der vor allem in einem Reparaturdienst, Servicebetrieb o. ä. tätig sei. Auf einen solchen Geschäftsbetrieb im Bereich Autoglas weise die Wortkombination "Doktor Autoglas" folglich ausschließlich hin. Auch die unübliche Voranstellung des Bestandteils "Doktor" begründe nicht die notwendige Unterscheidungskraft, da das angemeldete Zeichen dennoch einen unmittelbaren und unmissverständlichen Sinngehalt vermittle. Zudem würden bereits identische und vergleichbare Bezeichnungen im Verkehr verwendet.

Dagegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, den Beschluss vom 2. April 2008 in Form des Beschlusses vom 9. Oktober 2008 aufzuheben.

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Anmelder vor, dass sich der Begriff "Autoglas" lediglich dann auf die handwerkliche Tätigkeit beziehe, wenn ihrer Bezeichnung das Wort "Doktor" folge. Vorliegend sei jedoch der akademische Grad "Doktor" dem Reparaturgegenstand "Autoglas" vorangestellt. Somit sei zwischen der Wortkombination "Der Autoglasdoktor" und dem angemeldeten Zeichen "Doktor Autoglas" zu unterscheiden, das ähnlich wie ein Name und damit ein individualisierendes Betriebskennzeichen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Dem Zeichen "Doktor Autoglas" fehlt in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen die notwendige Unterscheidungskraft, so dass es dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegt.

Die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden, kommt insbesondere solchen Angaben nicht zu, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und die deshalb nicht als Unterscheidungsmittel aufgefasst werden oder aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden werden (st. Rspr. seit BGH GRUR 1999, 1089 -YES; GRUR 2006, 850, 854, Rn. 19 -FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Da die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen vor allen für Endverbraucher bestimmt sind, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft auf die normal informierten sowie angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, Rn. 24 -SAT.2).

a) Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, kommt dem Zeichenbestandteil "Doktor" neben seiner Bedeutung als akademischer Grad auch die eines Reparaturen durchführenden Handwerkers zu. Die Bezeichnung des Gegenstands der handwerklichen Tätigkeit in Verbindung mit "-doktor" drückt hierbei die berufliche Höherbewertung aus (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage Mannheim 2006, CD-ROM; Küpper, Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, 1997, Seite 168). Das zweite Zeichenelement "Autoglas" bezeichnet ausgehend von seinen Einzelbestandteilen das in Kraftfahrzeugen für die Front-, Heckund Seitenscheiben verwendete Glas (vgl. Duden, a. a. O.; "Wikipedia", Suchbegriff: "Autoglas"). Auf den ersten Blick erinnert die Wortfolge "Doktor Autoglas" an die übliche Verwendung des Doktortitels vor einem Nachnamen, so dass sich die Interpretation des Bestandteils "Doktor" im Sinne eines Handwerkers nicht sofort aufdrängen muss. Dies insbesondere auch deshalb, weil im Verkehr regelmäßig Kombinationen zu finden sind, in denen der Begriff "Doktor" an zweiter Stelle steht. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise Wortfolgen wie PC-Doktor, Pool-Doktor, Beton-Doktor, Fahrraddoktor, Beulendoktor oder Videodoktor (vgl. "Pooldoktor Schwimmbad" unter "http://onlinestreet.de/thema/doktor.html"; "Google-Trefferliste", Suchbegriff: "Doktor Computer"). Gerade auch im hier in Rede stehenden Bereich Autoglas ist die Verbindung "Scheiben-Doktor" häufiger anzutreffen (vgl. "Autoglas Magdeburg in Das Örtliche" unter "http://www.dasoertliche.de/Themen/Autoglas/Magdeburg.html"; "Scheiben-Doktor" unter "http://www.scheibendoktor.de/"; "Junited und Scheiben-Doktor" unter "http://www.autoservicepraxis.de/"; "Scheiben-Doktor Autoglas Profi" unter "http://www.linkmoney.de/content-6932.html"). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die beiden Substantive auseinanderoder zusammengeschrieben bzw. mit einem Bindestrich verbunden sind, da dies zu keiner Änderung des Sinngehalts führt.

Allerdings lassen sich ausweislich der nachfolgenden Beispiele auch Zusammensetzungen im Internet ermitteln, in denen wie bei dem angemeldeten Zeichen das Synonym für einen besonderen Spezialisten der Bezeichnung seines Fachgebiets vorangestellt ist:

-"Haus Service ... Doktor Haus" (vgl. "Haus Service" unter "http://www.doktorhaus.eu/doktor_haus.jpg"),

-"DOKTOR LACK ... OBERFLÄCHENBEHANDLUNGEN VON KRAFTFAHRZEUGEN, SCHIFFEN UND FLUGZEUGEN." (vgl. "Doktor Lack-Kars in Plochingen" unter "http://home.mobile.de/-DOKTORLACKKARS"),

-"Doktor-Dach bietet seinen Kunden einen umfassenden handwerklichen Service rund um's Haus an." (vgl. "Wir über uns ..." unter "http://www.doktordach.de/html/wir_über_uns_html"),

-"Danke Doktor Waschmaschine ..." (vgl. "Danke Doktor Waschmaschine" unter "http://horlbeck.info/blog/alterblog/dankedoktorwaschmaschine/") oder -"Doktor Schuh -Schuh für jedermann mit Schuh-Intensivstation" (vgl. "Online Brainstorming" unter "http://www.brainr.de/brainstorming/show/").

Daraus wird deutlich, dass es im Verkehr bei Wortkombinationen auf die Position des Begriffs "Doktor" nicht maßgeblich ankommt. Unabhängig davon, ob das Tätigkeitsfeld der Fachfrau bzw. des Fachmanns davor oder danach genannt wird, ist mit den entsprechenden Wortfolgen die gleiche Aussage verbunden. Demzufolge kommt sowohl dem Ausdruck "Autoglas-Doktor" als auch dem angemeldeten Zeichen "Doktor Autoglas" die Bedeutung eines Experten im Zusammenhang mit Autoglas zu. Eine Einschränkung auf bestimmte Tätigkeiten ist damit nicht verbunden, so dass es sich bei ihnen beispielsweise um die Herstellung, den Einbau, den Austausch, die Reparatur oder die Entsorgung von Autoglas handeln kann.

b) In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen weist die Begriffskombination "Doktor Autoglas" dementsprechend lediglich auf ihre fachmännische Ausführung und ihren Gegenstand, nicht jedoch auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hin. Die "Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen" umfassen die Pflege und Instandsetzung von Autoscheiben. Demzufolge kann dem gegenständlichen Zeichen nur die Aussage entnommen werden, dass sie und damit auch das Kraftfahrzeug meisterhaft gewartet und repariert werden. Da es für die Verneinung der Unterscheidungskraft ausreicht, wenn einem Zeichen nur für einen Teil der unter einen Oberbegriff fallenden Dienstleistungen die Eignung als Herkunftshinweis fehlt, ist der Wortfolge "Doktor Autoglas" die Eintragung insgesamt nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu versagen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rn. 65).

2. Auch handelt es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe, die dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt.

Nach dieser Vorschrift können solche Zeichen nicht als Marke eingetragen werden, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 -Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 -DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 -BIOMILD).

Entsprechend den Ausführungen unter 1. weist das Anmeldezeichen einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt auf. Ergänzend ist festzustellen, dass an ihm ein Freihaltebedürfnis besteht. Ausweislich der Recherchen im Internet wird es mindestens von einem weiteren Unternehmen für vergleichbare Dienstleistungen verwendet (vgl. "Google-Trefferliste", Suchbegriff: "Doktor Autoglas"). Es bietet unter dem Gesamtbegriff "Doktor Autoglas" Autoglas-Arbeiten und Fahrzeugstyling an (vgl. "Autoglas und Fahrzeugstyling by Doktor Autoglas" unter "http://www.doktorautoglas.de/autoglas.html"). Des Weiteren ist es nicht ausgeschlossen, dass in absehbarer Zeit weitere Unternehmen die Wortfolge "Doktor Autoglas" als Sachangabe einsetzen, da sie prägnant und aussagekräftig auf die Qualität und den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen hinweist. Dies spricht nicht nur für ein gegenwärtiges, sondern auch für ein zukünftiges Freihaltebedürfnis. Dementsprechend ist das gegenständliche Zeichen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ebenfalls von der Eintragung ausgeschlossen.

Die Beschwerde ist folglich zurückzuweisen.

Bender Dr. Hoppe Dr. Kortbein Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.05.2011
Az: 33 W (pat) 5/10


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