Verwaltungsgericht Lüneburg:
Beschluss vom 27. Oktober 2004
Aktenzeichen: 9 A 4/04
(VG Lüneburg: Beschluss v. 27.10.2004, Az.: 9 A 4/04)
Wenn der öffentliche Arbeitgeber organisatorisch reine Ausbildungsdienststellen (hier: ein Amtsgericht als Ausbildungsgericht für den gesamten Landgerichtsbezirk) für später (gerichts-)bezirksweite Verwendungen der Ausgebildeten einrichtet, muss er im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung des § 58 Abs. 4 NPersVG (gerichts-)bezirksweit ausbildungsadäquate Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten mit unbefristeten Vollzeitstellen ausschöpfen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt nach erfolgreichem Abschluss des Berufsausbildungsverhältnisses durch die Beteiligte zu 1. am 24. Juni 2004, das zwischen ihm und der Beteiligten zu 1. auf unbestimmte Zeit begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Die Beteiligte zu 1. wurde seit dem 1. August 2001 beim Antragsteller zur Justizfachangestellten ausgebildet. Seit dem 1. April 2004 ist sie gewähltes (einziges) Mitglied der Beteiligten zu 3. Das Ausbildungsverhältnis endete mit Bestehen der Abschlussprüfung am 24. Juni 2004. Der Antragsteller ist im Landgerichtsbezirk A. neben drei anderen Amtsgerichten zum Ausbildungsgericht für den gesamten Landgerichtsbezirk - d. h. auch für die übrigen sechs Amtsgerichte, das Landgericht A. sowie die Staatsanwaltschaft A. - bestimmt worden.
Mit an den Antragsteller gerichtetem Schreiben vom 13. April 2004 - bei diesem am 14. April 2004 eingegangen - beantragte die Beteiligte zu 1. gemäß § 58 Abs. 2 NPersVG die unbefristete Weiterbeschäftigung nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung.
Am 21. Mai 2004 hat der Antragsteller bei Gericht zunächst die Feststellung beantragt, dass ein Arbeitsverhältnis mit der Beteiligten zu 1. nicht begründet wird. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, dass ihm laut Stellenplan des Amtsgerichtes B. kein freier und auf Dauer angelegter Vollarbeitsplatz zur Verfügung stehe, so dass ihm als Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1. nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 NPersVG nicht zuzumuten sei. Vielmehr müsse der Justizangestellten C. bei nächstmöglicher Gelegenheit eine unbefristete Stelle zugewiesen werden, da sie im Jahre 2003 einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten habe, aber bisher noch auf einer befristeten Stelle geführt werde. In seinem Bereich seien keine der vorhandenen Stellen unbesetzt. Mit der Angestellten D. seien bisher befristete Arbeitsverträge geschlossen worden. Die Zuweisung von Stellen durch das Oberlandesgericht Celle werde ausweislich seines Erlasses vom 17. November 2003 aufgrund der desolaten Haushaltslage in Zukunft nicht erfolgen, es würden vielmehr vorhandene Stellen gestrichen werden. Eine Beamtin des mittleren Dienstes befinde sich in der Mutterschutzfreistellung, als Ersatz habe für die Dauer dieser Freistellung von 14 Wochen die Angestellte E. befristet bis zum 8. September 2004 eingestellt werden können. Die Beamtin habe mündlich angekündigt, nach Beendigung der Mutterschutzfrist ihren Dienst mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit wieder antreten zu wollen; deshalb werde eine Verlängerung der befristeten Stelle von Frau E. vom Oberlandesgericht Celle nicht vorgenommen werden. Ihm, dem Antragsteller, werde dann ggf. lediglich eine Halbtagsstelle im Angestelltenbereich als Ersatz zur Verfügung gestellt, ein auf Dauer angelegter Vollarbeitsplatz stehe in absehbarer Zeit jedoch weiterhin nicht zur Verfügung. Ein derartiger Arbeitsplatz stehe auch bei keinem der anderen Amtsgerichte des Landgerichtsbezirkes A. und des Landgerichtes A. sowie der Staatsanwaltschaft A. zur Verfügung; diese Stellen hätten auf Nachfrage jeweils €Fehlanzeige€ gemeldet.
Nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss durch die Beteiligte zu 1. und deren Weiterbeschäftigung durch den Antragsteller beantragt dieser nunmehr, das nach § 58 NPersVG zwischen ihm und der Beteiligten zu 1. über den 24. Juni 2004 hinaus auf unbestimmte Zeit begründete Arbeitsverhältnis nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG aufzulösen.
Die Beteiligte zu 1. beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, ihre Weiterbeschäftigung sei dem Antragsteller unter Berücksichtigung aller Umstände zuzumuten. Entgegen der Darstellung des Antragstellers gebe es für sie sehr wohl Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Der Antragsteller, der die Darlegungs- und Beweislast trage, habe mit seinem bisherigen Vortrag die behauptete Unzumutbarkeit nicht belegen können. Mit dem vorgelegten Stellenplan lasse sich die Unzumutbarkeit nicht nachweisen, da dort nur die gegenwärtig beschäftigten Personen aufgeführt seien und hierdurch nicht zu erkennen sei, dass neben diesen Mitarbeitern keine weiteren Arbeitsplätze vorhanden seien, auf denen ihre Beschäftigung möglich sei. Insbesondere spreche gegen die gegenteilige Behauptung des Antragstellers die Tatsache, dass dieser im Juni 2004 die Auszubildende zur Justizfachangestellten E. übernommen habe und mit Frau D. ein Arbeitsverhältnis eingegangen sei. Diese Arbeitsplätze hätten ihr, der Beteiligten zu 1., zugewiesen werden können und müssen. Beim Antragsteller bestehe auch tatsächlich ein entsprechender Bedarf an Arbeitskräften. Aus dem vorgelegten Erlass des Oberlandesgerichtes Celle vom 17. November 2003 ergebe sich zudem nicht, dass zukünftig keine Stellenzuweisungen mehr erfolgten. Er lasse vielmehr ausdrücklich offen, ob und in welchem Umfang Auszubildende übernommen würden. Angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller zum Ausbildungsgericht für den gesamten Landgerichtsbezirk bestimmt worden sei, sei zudem hinsichtlich der Beschäftigungssituation nicht nur auf die Verhältnisse beim Antragsteller, sondern bei allen Amtsgerichten, beim Landgericht A. sowie der Staatsanwaltschaft A. abzustellen. Der Antragsteller habe nicht in hinreichendem Umfang nachgewiesen, dass bei diesen keine freie Stelle oder kein freier Stellenbruchteil vorhanden sei. So sei es möglich, ihr z. B. eine halbe freie Stelle beim Antragsteller und eine weitere halbe Stelle bei einem anderen Gericht oder der Staatsanwaltschaft im Landgerichtsbezirk A. zuzuweisen. Denn zum einen stehe zumindest beim Antragsteller zwischenzeitlich eine halbe Stelle und zum anderen stünden bei anderen Stellen entsprechende Stellenbruchteile zur Verfügung. So sei zum 1. August 2004 beim Amtsgericht F. eine ¾-Stelle frei gewesen, die mit ihr hätte besetzt werden können. Ausweislich der Ausschreibung in der Nds. Rpfl. ... vom 15. August 2004 sei beim Amtsgericht F. zudem ein Arbeitsplatz einer Justizangestellten der VergGr. V c BAT (Serviceeinheit mit Sachbearbeitung in Grundbuchsachen) vorhanden. Aus der Auskunft des Amtsgerichts G. ergebe sich, dass dort eine halbe Stelle frei gewesen sei. Nach ihrer Kenntnis sei beim Amtsgericht H. zum 1. Oktober 2004 ein neuer Arbeitsplatz eines Systemverwalters geschaffen worden, der mit ihr hätte besetzt werden können.
Der Beteiligte zu 2. unterstützt den Antrag der Beteiligten zu 1. und trägt im Wesentlichen vor: Eine freie, auf Dauer angelegte Stelle stehe zur Zeit zwar nicht zur Verfügung. Für die Beteiligte zu 1. komme aber zunächst eine befristete Stelle in Betracht. Beim Antragsteller sei z. B. eine Kollegin in Mutterschutz gegangen. Da der Antragsteller im Landgerichtsbezirk A. zum Ausbildungsgericht bestimmt worden sei, habe die Beteiligte zu 1. zudem einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung auch bei den anderen Gerichten des Landgerichtsbezirkes, die nicht selbst ausbildeten.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Der Antrag hat Erfolg.
12Der Antrag ist zulässig (§§ 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 58, 83 Abs. 2 NPersVG i. V. m. §§ 80 f. ArbGG). Insbesondere ist er fristgemäß i. S. d. § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG, denn er durfte schon vor dem Ausbildungsabschluss im Juni 2004 gestellt werden. Ein zuvor gestellter Feststellungsantrag wandelt sich in einen Auflösungsantrag um (Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, Kommentar, 11. Aufl. 2003, § 58 Rdnr. 4 m. w. N.). Der Feststellungsantrag ist vom Direktor des Amtsgerichts und damit auch von einer nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG/§ 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG befugten Person gestellt worden. Offen bleiben kann, ob der Antragsteller der Beteiligten zu 1. - wie in § 58 Abs. 1 NPersVG gefordert - drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses die beabsichtigte Nichtübernahme in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit schriftlich mitgeteilt hat. Denn nach § 58 Abs. 5 NPersVG sind die Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift unabhängig davon anzuwenden, ob der Arbeitgeber dieser Mitteilungspflicht nachgekommen ist.
Die sachlichen Voraussetzungen für die Entbindung des Antragstellers von der Weiterbeschäftigungspflicht im Falle der Beteiligten zu 1. sind gegeben.
14Rechtsgrundlage für den Auflösungsanspruch ist § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG, der inhaltlich die gemäß § 107 Satz 2 BPersVG unmittelbar für die Länder geltende Vorschrift des § 9 BPersVG wiederholt und deshalb lediglich deklaratorischen Charakter hat. Nach § 58 Abs. 2 NPersVG gilt zwischen dem Auszubildenden, der Mitglied u. a. in einer Jugend- und Ausbildungsvertretung ist, ein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn der Auszubildende innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung verlangt. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Schutzvorschrift, die verhindern soll, dass ein Mitglied der Jugend- und Ausbildungsvertretung wegen seiner Tätigkeit in der Vertretung nicht weiterbeschäftigt wird. Die Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 NPersVG sind hier gegeben. Die Beteiligte zu 1. hat mit Schreiben vom 13. April 2004, das beim Antragsteller am folgenden Tag eingegangen ist, gegenüber dem Antragsteller ihre Weiterbeschäftigung beantragt.
15Der Arbeitgeber kann jedoch nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NPersVG spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Verwaltungsgericht beantragen festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 58 Abs. 2 NPersVG nicht begründet wird, oder wenn - wie hier - ein Arbeitsverhältnis nach § 58 Abs. 2 NPersVG begründet worden ist, die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NPersVG beantragen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes die tatsächliche und rechtliche Lage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses bestand (vgl. zu § 9 BPersVG: BVerwG, Beschl. v. 2.11.1994 - 6 P 48.93 -, NVwZ-RR 1995, 330/331; Beschl. v. 30.10.1987 - 6 P 25.85 -, BVerwGE 78, 223; Nds. OVG, Beschl. v. 30.6.2004 - 17 LP 4/03 -). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Münster ist dagegen auch die Situation drei Monate vor diesem Zeitpunkt in den Blick zu nehmen (BAG, Beschl. v. 12.11.1997 - 7 ABR 63/96 -, BAGE 87, 105; OVG Münster, Beschl. v. 25.3.1999 - 1 A 5787/98.PVL -, PersV 1999, 568).
Der in § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG enthaltene Begriff der €Zumutbarkeit€ ist ebenso wie der in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht mit dem identisch, den § 626 Abs. 1 BGB bei der Kündigung eines Dienstverhältnisses aus wichtigem Grunde verwendet. Zwar ist § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG im Wortlaut an diese Kündigungsvorschrift angelehnt; er ist mit ihr aber nicht inhaltsgleich. Vielmehr muss auf Erfordernisse abgestellt werden, die für eine Einstellung in den öffentlichen Dienst maßgebend sind. Wenn die Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden nach § 58 Abs. 2 NPersVG eine durch einseitige Erklärung bewirkte, von einer Entscheidung der Behörde unabhängige Einstellung nach Beendigung der Ausbildung darstellt, so ist eine solche Einstellung in den öffentlichen Dienst jedenfalls dann unzumutbar, wenn - abgesehen von in der Person des Weiterbeschäftigungsberechtigten liegenden Gründen, die hier unstreitig nicht einschlägig sind - in der Ausbildungsdienststelle keine freie Planstelle bzw. Stelle zur Verfügung steht sowie wenn ihr gesetzliche und tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen. In diesem Fall ist der öffentliche Arbeitgeber sogar verpflichtet, ein Verfahren nach § 58 Abs. 4 Satz 1 NPersVG einzuleiten, weil er anderenfalls gegen das Gesetz verstoßen und eine nach § 41 Abs. 1 NPersVG verbotene Begünstigung zulassen würde. Aus diesem Grund ist nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung der Arbeitgeber u. a. nicht verpflichtet, bei Vorhandensein einer geeigneten Stelle im Falle eines Weiterbeschäftigungsverlangens dem Auszubildenden den Vorzug zu geben, wenn ein objektiv wesentlich geeigneterer Bewerber zur Verfügung steht (BVerwG; Beschl. v. 17.5.2000 - 6 P 9.99 -, PersR 2000, 421 m. w. N.; Nds. OVG, Beschl. v. 30.6.2004 - 17 LP 4/03 -; Beschl. v. 17.5.1995 - 18 L 7343/94 -). Als ein zwingender betrieblicher Grund ist es anzusehen, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung keine ausbildungsgerechten Arbeitsplätze vorhanden und besetzbar sind, auf denen der Betreffende dauernd beschäftigt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 2.11.1994, a. a. O.; Beschl. v. 17.5.2000 - 6 P 9.99 -, a. a. O. m. w. N.; Nds. OVG, Beschl. v. 16.2.2000 - 18 L 1794/98 -). Dabei besteht kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einer befristeten Stelle oder auf Zusammenlegung mehrerer Teilstellen zu einer vollen Stelle; ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Schaffung einer Stelle zur Weiterbeschäftigung (Bieler/Müller-Fritzsche, a. a. O., § 58 Rdnr. 6 m. w. N.). Der Arbeitgeber ist insbesondere auch nicht verpflichtet, durch betriebsorganisatorische Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit zu schaffen oder gehalten, betriebliche und finanzielle Vorkehrungen zu treffen, um dem Mitarbeiter nach Abschluss seiner Ausbildung einen auf Dauer angelegten ausbildungsgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können (Nds. OVG, Beschl. v. 9.9.1994 - 17 L 2791/94 -, PersR 1995, 90 m. w. N.). Wenn der Arbeitgeber - wie hier - organisatorisch reine Ausbildungsdienststellen für später gerichtsbezirksweite Verwendungen der Ausgebildeten einrichtet, muss er aber gleichermaßen gerichtsbezirksweit Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausschöpfen, da andernfalls der Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 58 Abs. 2 NPersVG/§ 9 Abs. 2 BPersVG umgangen würde, indem Auszubildende in Dienststellen konzentriert würden, in denen von vornherein Weiterbeschäftigungen Ausgebildeter schon von der Aufgabenstellung her praktisch ausschieden (vgl. hierzu OVG Schleswig, Beschl. v. 20.4.1998 - 11 L 4/97 -, PersR 1998, 430 - dieser Beschluss ist wegen Erledigung in der Rechtsbeschwerdeinstanz vom BVerwG mit Beschl. v. 20.11.1998 - 6 P 8/98 -, PersR 1999, 128 = ZBR 1999, 308 aber für wirkungslos erklärt worden).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist des Weiteren anerkannt, dass die Weiterbeschäftigung eines Mitgliedes der Jugend- und Ausbildendenvertretung auch dann unzumutbar sein kann, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses eine durch den Haushaltsgesetzgeber veranlasste Stellenbesetzungssperre besteht, von der nur im Falle etwa eines €unabweisbar vordringlichen Personalbedarfs€ oder anderer klar und eindeutig gefasster objektiven Kriterien Ausnahmen zugelassen sind (BVerwG, Beschl. v. 13.9.2001 - 6 PB 9.01 -, PersR 2001, 524).
18Die Regelungen des § 9 BPersVG und des § 58 NPersVG führen zu einer Verschiebung der materiellen Beweislast: Nicht der Beschäftigte muss die Rechtswidrigkeit der Ablehnung seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst darlegen und beweisen, sondern der Arbeitgeber hat sich über die Gründe seiner ablehnenden Entscheidung zu erklären und sie im Einzelnen darzulegen, um jeden Verdacht auszuräumen, die Tätigkeit des Auszubildenden in einem Personalvertretungsorgan könne seine Entscheidung beeinflusst haben. Lässt sich das nicht einwandfrei aufklären, so trägt der Arbeitgeber den Nachteil der tatsächlichen Unklarheit. Er muss also den Nachweis führen, dass und aus welchen gewichtigen Gründen ihm die Weiterbeschäftigung ausnahmsweise unzumutbar ist (BVerwG, Beschl. v. 31.5.1990 - 6 P 16.88 -, PersV 1990, 528/531 f.; Beschl. v. 2.11.1994 - 6 P 39.93 -, NVwZ-RR 1995, 333; Nds. OVG, Beschl. v. 16.2.2000 - 18 L 1718/98 -).
Nach diesen Kriterien ist dem Antragsteller die Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1. unzumutbar, weil weder beim Antragsteller noch bei den anderen Gerichten und der Staatsanwaltschaft des Landgerichtsbezirkes A. hierfür freie ausbildungsadäquate Planstellen für dauerhafte Arbeitsplätze mit voller Arbeitszeit zur Verfügung stehen. Der Antragsteller hat dies in hinreichendem Umfang nachgewiesen. Für die Richtigkeit dieses Vortrages des Antragstellers spricht zudem das Vorbringen des Beteiligten zu 2., wonach eine freie dauerhafte Stelle nicht verfügbar sei. Die Finanzierung der befristeten Verträge erfolgt nicht aus Planstellen. Bei den von der Beteiligten zu 1. angesprochenen Beschäftigungsverhältnissen von Frau D. und Frau E. handelt es sich lediglich um befristete Stellen. Da es keinen Anspruch auf Zusammenlegung mehrerer Teilzeitstellen gibt, führt auch der Umstand, dass an einigen Gerichten freie Stellenbruchteile vorhanden sind, nicht zum Misserfolg des Auflösungsantrages. Die im August 2004 in der Nds. Rpfl. ... ausgeschriebene Stelle einer Justizangestellten und die von der Beteiligten zu 1. angeführte zum 1. Oktober 2004 neu eingerichtete Stelle eines Systemverwalters beim Amtsgericht H. rechtfertigen keine andere Entscheidung, da zum einen in der die Justizangestellte betreffenden Stellenausschreibung ausdrücklich eine langjährige Berufserfahrung in Grundbuchsachen einschließlich Sachbearbeitung gefordert wird; die Stelle eines Systemverwalters ist nicht ausbildungsadäquat. Gerade Ausgebildete wie die Beteiligte zu 1. haben aber keinen Anspruch auf eine Stelle im Ausbildungsberuf, wenn eine erhöhte Qualifikation wie besondere Leistungen oder längere Erfahrung erforderlich ist (Bieler/Müller-Fritzsche, a. a. O., § 58 Rdnr. 6 a. E.). Zum anderen kommt es nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes und des Nds. Oberverwaltungsgerichtes maßgeblich auf die Umstände im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung an - im Fall der Beteiligten zu 1. mithin auf die Umstände im Zeitpunkt Ende Juni 2004, während die von der Beteiligten zu 1. angeführte Ausschreibung vom August 2004 und der neue Arbeitsplatz des Systemverwalters vom Oktober 2004 datieren. Aber auch nach der genannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des OVG Münster gilt nichts anderes, da auch innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten vor der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses der Beteiligten zu 1. ein freier ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz mit voller Arbeitszeit bei keinem der Gerichte und der Staatsanwaltschaft im Landgerichtsbezirk A. zur Verfügung stand. Auf den von der Beteiligten zu 1. angeführten Umstand, dass gleichwohl ein Arbeitskräftebedarf bestehe, kommt es nicht. Das Vorhandensein von entsprechender Arbeit und das Bestehen eines Stellenbedarfs reicht nicht aus, erforderlich ist vielmehr die Zuweisung einer Stelle (OVG Münster, Beschl. v. 25.3.1999 - 1 A 5787/98.PVL -, a. a. O.), an der es hier aber wie ausgeführt fehlt.
Einer Kostenentscheidung im personalvertretungsrechtlichem Beschlussverfahren bedarf es nicht, da das Verfahren frei von Gebühren und Auslagen des Gerichts ist (§ 12 Abs. 5 ArbGG) und eine Erstattung der Aufwendungen der Beteiligten nicht vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.5.1957 - II C 02.56 -, BVerwGE, 4, 357/359; Bieler/Müller-Fritzsche, a.a.O., § 81 Rdnr. 36).
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 8 Abs. 2 Satz 2, 10 Abs. 1 BRAGO i. V. m. § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG i. d. F. des Art. 3 KostRMoG v. 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718).
VG Lüneburg:
Beschluss v. 27.10.2004
Az: 9 A 4/04
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